Traditionsbruch: das neue Warsteiner-Logo
Noch ist es die »Königin unter den Bieren«. Oder »das einzige Wahre?« Beim Claim herrscht durchaus Verwirrung, doch das soll 2014 anders werden. Die »Königin« verschwindet auf Nimmerwiedersehen im Signet und in den Werbeauftritten der westfälischen Biermarke. Stattdessen rücken Jahreszahl und ein vergrößerter Schriftzug ins Blickfeld der Konsumenten. Allerdings werden sich deutsche Schriftkenner wenig über das Facelifting freuen, denn Warsteiner bricht auch mit den Satzregeln für die gebrochenen Schrift. Leserlichkeit geht vor …
Wie das Branchenorgan W&V heute berichtet, hätte der Markenname vor allem im Ausland zu Verständnisproblemen geführt, weil die Menschen mit dem langen deutschen s nicht zurechtkämen und meistens Warfteiner statt Warſteiner läsen. Um die Modulation der Buchstabenkette im Logo zu erhalten, griff der für die Marke verantwortliche Designer John Wiebelitz zu einem typografischen Trick: Er verwendet in der Wortmitte das (an dieser Stelle falsche, aber) besser lesbare Schluss-s und vergrößert zusätzlich das t nach oben und unten. Clever gemacht, aber nicht gern gesehen, wie der Kommentar von Ralf Herrmann auf Twitter zeigt:
Typo-Murks: Wenn man das ſ schlecht lesen kann, tauschen wir es halt gegen ein schlecht lesbares t aus http://t.co/LaIVADO0Rd #warsteiner
— Ralf Herrmann (@TypoJournal) 16. Dezember 2013
Ergänzend heißt es bei W&V: »Der Slogan ›Eine Königin unter den Bieren‹ wird durch einen anderen Hinweis ersetzt: ›Familientradition seit 1753‹ – dafür ließ Warsteiner eine eigene Schriftart anfertigen. Hiermit will das Unternehmen die eigene Geschichte stärker betonen.« Die neue Schrift für den Markennamen »Warsteiner« und der verkürzte Claim tauchen in Flächen außerhalb des Signet auf (siehe Abbildung unten). Der zweite typografische Eingriff wirkt eher unbeholfen. Aus den einst stabilen Antiqua-Kapitälchen entstanden Versalien mit Stummelserifen, mit Buchstaben im Ungleichgewicht (W, S) und teils amputierten Körperteilen. Die Deformationen irritieren nicht nur beim Lesen, man könnte sie auch als Indiz werten, dass ihr Designer Buchstabenberührungen nicht in den Griff bekommen hat.
Die Warsteiner Gruppe ist eines der ältesten und bekanntesten Brauereiunternehmen Deutschlands. Zum 1753 gegründeten Familienunternehmen zählen heute weltweit rund 120 Einzelfirmen. Groß geworden ist die Warsteiner Gruppe mit ihrer Stammmarke Warsteiner.
13 Kommentare
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Neuropol
Das Redesign des Logos finde ich durchaus gelungen. Aus der Sicht des Marketing macht es auch Sinn, die Fraktur-Schrift den Lesegewohnheiten anzupassen und den Slogan da weg zu nehmen. Nur den Schriftzug samt Unterzeile finde ich ziemlich daneben.
Jürgen W
Typographisch so schlecht wie das Bier schmeckt …
Georg
Ich find’s ja nur konsequent was die da bei Warsteiner veranstalten: Die Qualität des Logos/Klaims der Qualität des Bieres anpassen. Denn wer mit Hopfenextrakt statt Hopfen braut hat im Premium-Segment eigentlich nichts verloren.
philipp
Kopfweh.
Nico
Ich finde die Entscheidung gut. Von sonderlich viel Traditionsbewusstsein, darf man bei einem Unternehmen dieser Größe nicht ausgehen (und das finde ich auch nicht negativ). Daher ist die Entscheidung hier für eine bessere Lesbarkeit des Markennamens zu sorgen nachvollziehbar. Den Weg dahin kann man gewagt nennen, aber ich finde ihn vor allem kreativ und ausgesprochen gelungen, denn die Optik bleibt größtenteils erhalten (ich würde mal behaupten >90% fällt es nicht mal auf) und das Ziel wird erreicht. Das dabei die typographischen Grundwerte mancher Designer den Bach runtergehen, finde ich verschmerzbar, denn die waren vorher sicherlich auch nicht begeistert von der Marke. Typographie ist ja kein Selbstzweck.
Worin ich allerdings mit den anderen Kommentatoren übereinstimme, ist, dass der Schriftzug unter dem Logo nicht sonderlich gelungen ist…
Ralf H.
P.S. Nur damit meinen oben eingebettet Tweet keiner falsch versteht:
Ich spreche mich nicht grundsätzlich gegen die Aufgabe des ſ aus – das ist eine natürliche Entwicklung nach Aufgabe des gebrochenen Schriftstils in Verkehrsschriften und andere Brauereien sind diesen Weg längst gegangen oder werden ihn irgendwann gehen.
Die Kritik und die Bezeichnung »Typo-Murks« bezieht sich auf die handwerklich mangelhafte Ausführung der neuen Schriftzüge.
CB
würde ich gerne Warsteiner trinken, würde ich mich ärgern. Kein Ruhmesblatt für die In-house-Designabteilung.
Interessierter Laie
Die Sache mit dem s und dem t ist etwas irritierend – wenn man es überhaupt bemerkt. Aber ansonsten gefällt mir der neue Auftritt gut. Die Kritik am Schriftzug unter dem Logo kann ich nicht nachvollziehen. Möglicherweise wird das Erscheinungsbild einmal gealtert sein, aber das dauert bei Bier ja etwas länger. Dass das Gründungsjahr jetzt hervorgehoben wird, ist sehr gut. Kurzum: Ein beherzter Relaunch, der der Marke zumindest nicht schaden wird!
Wolfgang
Ich zitiere die Biermösl Blosn und schließe mich damit den Vorkommentatoren Jürgen W, Georg und philipp an:
„Wer freiwillig so a Warsteiner sauft und hat Schädelweh hinterher, mit dem hab ich kein Mitleid, dem ghört einfach nicht mehr.“
„Zum Trinkwasser gehört Wasserschutz und zur Büchs’n gehört das Blei und des Warsteiner Bier gehört in Castor Behälter nei.“
„Zur Frage g’hört a Antwort, zur Gülle a Urin. Und zu einem Warsteiner, unbedingt ein Aspirin“
Tom
schade, sehr schade! eine weltweit so gut bekannte Marke so zu verunstalten
Barbara
Das neue Logo habe ich jetzt erst beim Einkaufen entdeckt. Ich trinke kein Warsteiner und werde es auch zukünftig nicht tun. Aber als gelernte Schriftsetzerin mit Meisterbrief ist mir beim Anblick des Logos so ziemlich alles aus dem Gesicht gefallen. Lesbarkeit, Moderne, Ausland – alles schön und gut. Aber man kann doch nicht eine Jahrhunderte alte Tradition einfach so aufgeben, nur weil einige Menschen heute mit dem langen s nichts mehr anfangen können?! Dann müssen sie es eben lernen! Müssen sich heute alle am niedrigsten Niveau der Bildung orientieren, damit ja keiner zu kurz kommt? Wenn man schon deswegen das Logo verändert, dann bitte die Fraktur ganz aufgeben und nicht so einen Murks veranstalten! Das runde Schluss-s völlig falsch verwendet und mal eben ein langes t kreiert, das tut in den Augen weh. Den neuen Schriftzug finde ich auch nicht gelungen, die halben Serifen irritieren mich und der Ausgleich zwischen den Buchstaben hätte auch besser sein können. Das W sieht einfach nur schlimm aus. Ich habe das alles in meiner Ausbildung ganz anders gelernt. Warsteiner werde ich allein wegen dieser typografischen Panne nicht trinken…
gfeller walter
Als Zeichnungslehrer und autodidaktischer Schriftkenner und Kalligraph schließe ich mich der fundierten Kritik von „Barbara“ an. Der neue Schriftzug ist ein Bastard, ein Murx und lädt nicht zum Biertrinken ein. Warum in Teufels Namen muß man die Frakturschrift derart verhunzen, und das noch in einem der Länder, in denen sie beheimatet war und ist?
Martin
Das Bier heisst jetzt Wars-tei-ner (und nicht mehr War-stei-ner)?