Städtelogos satt
Wilfried Weisenberger ist Leiter der Standort- und Kommunalberatung von GfK GeoMarketing, einer Tochter der Gesellschaft für Konsumforschung, einem der größten und angesehensten Marktforschungsunternehmen weltweit. Weisenberger betreibt ein Hobby, das mit seinem Beruf eng verwandt ist: Er sammelt Städtelogos und ihre Geschichte.
Zu finden ist seine Sammlung unter der Adresse www.stadtlogo-design.de, auf einer ungewöhnlich strukturierten Website, die kein Ende zu haben scheint. Daher fällt es mir auch schwer zu schätzen, wie groß seine Sammlung ist. Eines der Menüs verrät wenigstens, dass er Logos aus rund 30 Ländern zusammengetragen hat. Die Schlagwortsuche erlaubt das Anzeigen visuell ähnlicher Signets, also Logos mit Flüssen (23), Kirchen (10) oder Wäldern (7). Die Zwischenbilanz einer großen Leidenschaft … wir werden das weiter beobachten, Herr Weisenberger … und folgen Ihnen auf Twitter: @stadtlogodesign.
13 Kommentare
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Stephan
schön zu lesen, dass unsere Städe alle so lebendig, dynamisch, pulsierend, voller Lebensfreude, so reizvoll und unverwechselbar sind.
Die meisten Erläuterungen zur Entstehung dieser Logos lesen sich wie Auszüge aus einem Handbuch für Taschenspielertricks. An vielen Beispielen ist schön zu sehen wie einfallslos Stadtmarketing sein kann.
Ich bewundere die Fleißarbeit von Herrn Weisenberger. Respekt.
Johannes
sauinteressant. und annähernd überall dasselbe disaster…
mal vorausgesetzt, dass viele dieser erscheinungsbilder in irgendwelchen stadtöffentlichen gremien gefunden wurden, beweist dies vor allem, dass überall auf der welt subjektiver geschmack und objektive gestaltungsqualität lichtjahre auseinander liegen. und das ist eine tatsache, der wir uns stellen müssen, auch, wenn es unangenehm ist.
eine lösung kenne ich nicht, aber fakt ist: demokratische abstimmungsprozesse im design funktionieren nicht.
Immer noch die gleiche Vroni
Und zwar deswegen, weil man sich bei demokratischen Abstimmungsprozessen immer auf den kleinsten gemeinsamen Nenner einigt. Und das ist meist das Nichtssagendste, Schwächste, Tantigste.
Mache und machte auch immer wieder diese leidvolle Erfahrung bei Gremien.
Die Stadt Alzey scheint da eine wunderbare Ausnahme, weil sie sich darum gekümmert hat, zu erfahren, wie das speziell mit Design funktioniert. Design ist ja keine Schraubenfabrik und kein kommunaler Maschinenbauhof. Auch kein Catwalk. Und ihre Prozesse entsprechend darauf eingestellt hat.
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Tolle Suchmaschine, dieses Stadtlogodesign-Dingens.
Nach welchen Kriterien kommen da die Städte rein? München fehlt.^^
Johannes
hat nicht nur was mit dem gemeinsamen nenner zu tun. hat vor allem auch mit der fachlichen und handwerklichen inkompetenz zu tun. und mit diesem ständigen rückzug auf das geschmackliche. und da ist eben kein kraut gegen gewachsen.
die ausnahmen entstehen immer da, wo die sache in die vetrauensvollen hände von fachleuten gelegt werden. wir immer geht es also um einzelpersonen, deren wissen und deren durchsetzungsfähigkeit. es gibt keine andere lösung.
TJ
Die meiner Meinung nach beste Identity einer Stadt ist ungeschlagen die Melbourns:
http://www.behance.net/Gallery/City-of-Melbourne/276451
Hintergrund:
http://www.melbourne.vic.gov.au/AboutMelbourne/MelbourneProfile/Pages/CorporateIdentity.aspx
mir ist nicht eine deutsche Stadt bekannt, die auch nur in die Nähe davon kommt.
Aber warum funktioniert es bei uns nicht? gut, 250.000$ sind kein Schnäppchen, aber von den 300€ Logos habe ich persönlich nicht mehr als Augenkrebs.
Schade eigentlich, denn man sieht ja, dass es auch anders geht..
Tobias
@TJ
Die City of Melbourne ist definitiv auch mein Favorit unter all den CI’s da draußen. Bei der Bevölkerung scheiden sich da allerdings auch die Geister. Soll heißen, hätte es in Melbourne einen Volksentscheid gegeben, wäre es wahrscheinlich nicht zu diesem Ergebnis gekommen.
Hat eigentlich schonmal jemand die Website von New York besucht? Es ist mir nicht schlüssig, wie nun das Logo der Capital of the World exakt aussieht. Da gibt es irgendwie ein buntes Sammelsurium mit verschiedensten Abwandlungen für verschiedenste Anwendungsbereiche…
Und noch ein Satz zur Website: Ich halte es für verkehrt, die Möglichkeit der anonymen positiven/negativen Bewertung einzelner Städtelogos zu bieten. Das beeinflusst m.E. die nötige Objektivität, bei der Auseinandersetzung mit CityCI’s, obgleich konzeptionelles Hintergrundwissen geliefert wird. Nicht selten wird der gestalterische Prozess / ist das gestaltete Ergebnis Kompromissen zu schulden, die dem Designer einen Strich durch die Rechnung machen.
Immer noch die gleiche Vroni
@ Joannes
Das Geschmäcklicherische ist doch deren gemeinsamer kleinster Nenner.
Wir beide sind da überhaupt nicht auseinander.
Julia
Ich habe im Juni mit Herrn Weisenberger ein sehr aufschlussreiches Interview über seine Arbeit geführt und dem, was dahinter steht. Zu lesen unter http://www.slanted.de/eintrag/stadtlogodesign
tom
Ich halte das ganze Gewese um das Stadtmarketing für überbewertet und allein nicht zielführend. Das Design der Logos mal außer Acht gelassen.
Oft wirkt es einfach nur aufgesetzt, unehrlich und austauschbar. Stadtmarketing setzt vermarktbare Inhalte vorraus! Aus einem Furz lässt sich auch durch geschicktes Marketing kein Donnerschlag kreieren. Ich befürchte, dass viele Stadtväter das anders sehen und versuchen mit Schlagworten und Grafiken für ihre Stadt eine billige mediale Fassade zu errichten. Gerade bei kleinen und mittleren Städten, wo der demographische Wandel so richtig zubeißt. Das wird so allein nicht funktionieren.
Ein geiles Logo und flotter Claim nützen auch nichts, wenns in der Stadt an allen Ecken und Kanten knirscht.
pzg
Gegen manches in der Kategorie „Kirche“, worauf mein erster kurzer Blick fiel, ist das dort nicht vertretene Logo Ellwangens Gold (Stadtfarben rot/blau, Positivform Basilika unter blauem Himmel, Negativform „Pferdestadt“).
Immer noch die gleiche Vroni
@ tom
Sehe ich auch so.
Man kann es sogar noch weiter fassen: Ersetze das Wort Stadtmarketing generell durch Marketing: „Marketing setzt vermarktbare Inhalte voraus!“
Das daran anschließende Design ebenfalls.
Erfahre das immer wieder leidvoll, da ich an Logos sitze und von Auftraggeberseite durchgehend mit kommunizierbaren Inhalten mal wieder recht sparsam umgegangen wird. Trotz Briefing, Re-Brief und freundlich hartnäckiger Befragung, um deren Kern herauszuschälen.
Garbage in – garbage out! Wobei ich die Hoffnung habe, doch kein Garbage produzieren zu müssen und bei extrem wenig ergiebigen Inhalten oder gar fehlenden Inhalten den Ansatz versuche, den entsprechenden Logoentwurf im Nachhinein mit Bedeutung aufladen zu lassen. Was der letzte halbwegs ehrenvolle Notnagel ist,
Welcher leider stark vom Können und weiteren Wollen des Auftraggebers abhängt, denn es muss in einem solchen Fall nachträglich viel mehr Kommunikationsarbeit nach daußen geleistet werden.
In der Theorie
… ist ihnen bekannt (weil das immer am Anfang meiner und hoffentlich auch der Präsentationen anderer Designer steht und von mir auch pausenlos während des Prozesses wiederholt wird. Und Voll-Profis auf Aufraggeberseite müsste das eh bekannt sein), dass CI = CC+ CB + CD. Übersetzt: CI besteht immer aus Corporate Communication, Corporate Behavior und Corporate Design.
In der Praxis:
Die meisten Auftraggeber (Unternehmen oder Stadtmarketing ist egal, da sind sie sich sehr ähnlich) lassen dann meist stark nach, wenn sie ihr Corporate Design endlich haben – es passiert nichts mehr. Dann wird die Formel unbewusst umgeändert: CI= CD. Das Design soll alles leisten.
:-D
Wenn nicht, hat man rasch den Schuldigen gefunden.
sncr
In der Theorie sollten freie Designer erst nach einem inhaltich erfolgreichen Re-Brief entscheiden dürfen, ob sie den Job überhaupt machen. Denn es herrscht eigentlich Auftragsfreiheit. In der Praxis kommt das nicht vor, weil der freie Designer, nachdem das Angebot angenommen wurde, in der Verpflichtung steht, das Ding auf alle Fälle durchzuziehen. Egal ob man ihn mit fehlenden Inhalten hängen lässt oder nicht.
(Wobei es tatsächlich viele Grafiker gibt, die nicht nur inhaltlich, sondern einfach auch formal schwach sind. Und es einfach nicht beherrschen, den Nullinhalt wenigstens formal geschickt rüberzubringen. Bei Cottbus Klappe 1 und Klappe 2 ist das der Fall: inhaltlich minus und formal minus.)
Jürgen Siebert
@Julia Danke für den Hinweis zu den vertiefenden Informationen. Ich hatte es damals übersehen.
Regiograph
Schön das zu hören. Danke für die Aktie.