Sport und Typografie

Wenn ich in den folgenden Absätzen von Sport spreche, wird es nicht um Spiele, Kampf, Tore, Punkte, Sieg oder Niederlage gehen. Ich betrachte den Sport (leider nur) als Produkt, und dies – soweit es mir möglich ist – wert­frei. Gerne würde ich über Fragen disku­tieren wie »Darf man die Namen von Fußballstadien verkaufen?«, »Muss Wimbledon werbe­frei werden?« oder »Warum sieht man beim Handball vor lauter Firmenlogos das Spielfeld nicht mehr?« Das sind Themen für Fans und Funktionäre. Designer helfen gerne dabei, neue ethi­sche Werte visuell umzu­setzen. Im Moment stecken viel zu viele Sportarten bis zur Unkenntlichkeit in den Klauen des Kommerzes. Meine Meinung. Ende.

Warum ist der Sport ein mäch­tiger Wirtschaftsfaktor? Drei Gründe sind hierfür verantwortlich:

  • die breiten, teils gefil­terten Zielgruppen,
  • die hohe mediale Präsenz und
  • das posi­tive Image von Sportlichkeit.

Hieraus ergibt sich ein großes Potential für den Einsatz von Sport im Rahmen einer Marketingkommunikation. Trotzdem eignet sich Sport nicht für jede Marke oder jedes Produkt als Werbefundament. Das Profitieren von seiner Aufmerksamkeit ist verlo­ckend, doch Zielgruppen, Image, Etats, Medien und Gestaltungsdimensionen wollen wohl unter­sucht sein.

Typografie begegnet uns im Sport auf zwei Ebenen:

  • bei der (zweck­dien­li­chen) Ausstattung des Sportes selbst, also beispiels­weise in Form von Rückennummern, Anzeigetafeln, Leitsystemen, Merchandising und dergleichen
  • bei der Selbst- und Fremdvermarktung, zum Beispiel beim Sponsoring, der klas­si­schen Werbung, im Event -Maketing, auf Messen, in der Direktkommunikation und vielem mehr.

Wer durch eine deut­sche Fußgängerzone schlen­dert, wird sich kaum der Kommunikation mit und über den Sport entziehen können. Junge Fußballfans tragen die Trikots mit dem Namen ihrer Helden, Gutverdiener zieren sich mit Golf- und Segelsport-Accessoires, auf Basecaps  begegnen wir den Logos der Formel-1-Sponsoren … von den jähr­lich wech­selnden Schuhmoden der Sporthersteller ganz zu schweigen. Auch Lebensmitteln haftet das Etikett sport­lich an, selbst wenn sie nicht auf dem Ernährungsplan eines Athleten stehen, wie zum Beispiel Alkoholika, Süßwaren oder Zigaretten. Sport ist überall.

Aus diesem Grund ist die Frage von gestern durchaus berech­tigt: Gibt es sport­liche Schriften? Freilich kann man im Prinzip fast jede Schrift für die Sportkommunikation einsetzen … es geschieht aber nicht. Ganz im Gegenteil. Als gäbe es eine geheime Absprache unter den Artdirektoren in den Werbemetropolen dieser Welt … ihre Schriftwahl scheint einem gemein­samen Beuteschema zu folgen: geome­trisch, fett, eng, schräg gestellt – die 4 typi­schen Eigenschaften einer sport­taug­li­chen Schrift.

Würde man den Sport alleine aus der Sicht eines Typografen beur­teilen, müsste die Quintessenz lauten: extrem rück­stän­dige Angelegenheit. Sicherlich hat der Sport eine stark konser­va­tive Komponente, wenn man an die teils hunderte Jahre alten Spielregeln denkt, die Struktur der natio­nalen Ligen oder die Tradition der stetig wieder­keh­renden jähr­li­chen, zwei­jähr­li­chen oder vier­jähr­li­chen Turniere. Dagegen spre­chen sich wandelnde Trainingsmethoden, neue Materialien und Geräte, atem­be­rau­bend gestal­tete neue Sportstätten und der Hunger nach Vermarktung – mit allen damit verbun­denen Ideen, Kampagnen, Stars und Sternchen.

Sportbegeisterte Typografen leiden wie Hunde, wenn sie ihre Nationalmannschaft mit dilet­tan­tisch entwor­fenen Schriften aufs Spielfeld einlaufen sehen. Einer von ihnen ist der hollän­di­sche Designer Sander Neijnens (Letterbeeld). Bereits vor der WM 2006 beklagte er sich hier im Fontblog über die furcht­baren Ziffern auf den Trikots der Oranjes: Rote Karte für die WM-Trikot-Ziffern. Er schrieb sogar einen Kommentar zu dem Thema (Die Angst des Schrägstrichs beim Elfmeter), in dem er die Ziffern auf dem Rücken der Nationalspieler als »Klopapier«-Gestaltung brand­markte. Ein Jahr später legte er seinen Unmut über die schlechte Sporttypografie in einem TYPO-Vortrag dar und rich­tete die Website www​.shirtn​um​bers​.nl ein. Es half alles nichts: Auch in diesem Jahr bei der WM in Südafrika traten die Holländer mit den glei­chen naiven Rückennummern an.

Vielleicht sind manche Sportberater, Modedesigner und Beschrifter tatsäch­lich der Auffassung, eine geome­tri­sche, tech­noide Schrift sei sowohl sport­lich, als auch zeit­gemäß. Drohen Aufträge, sollten Designer diese Auffassung nicht gleich wider­spre­chen. Doch neben manie­rierten, unles­baren Techno-Monstern (siehe Abb. oben links) gäbe es zeit­ge­mäße Alternativem (siehe Abb. oben rechts), die sich aufgrund ihrer gestal­te­ri­schen Qualität bei den Fans nicht nur tiefer einprägen würden, sondern auch noch besser lesbar wären. Auch die Merchandising-Crew würde sich ange­sichts einer bezau­bernden Fanshirt-Beschriftung vor Freude in die Arme fallen …

Dies sind FontShops Schriftvorschläge für eine ansehn­liche, nicht-exklu­sive Sporttypografie – ablö­se­frei, geringe Transfergebühr:

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Fotos: Fontblog (2), adidas (1); Schriftmuster: Fontblog


14 Kommentare

  1. Martin John

    Die Trikotbeispiele finde ich nicht wirk­lich gelungen. Der Name im rechten Beispiel ist zwar etwas besser lesbar, dafür kommt die Softsoul-2 aber bei flüch­tigem Hinsehen wie eine 8 daher.

  2. Jürgen Siebert

    Ich stimme Dir zu :)

    Hab’ ganz vergessen, was ich genau mit dem Beispiel zeigen wollte: Wahrscheinlich, dass die Eigenschaften thea­tra­lisch, lesbar und schön in der Sporttypografie nie gemeinsam auftreten können:

    Ist eine Schrift lesbar und thea­tra­lisch, ist sie nicht schön (links)
    Ist eine Schrift schön und thea­tra­lisch, ist sie nicht lesbar (rechts)
    Ist eine Schrift schön und lesbar, ist sie nicht thea­tra­lisch keine Sportschrift

    Wäre ich Ausstatter dieser Elf, würde ich eine Bearbeitung der Ziffern bei Donald Beekman in Auftrag geben.

  3. thomas junold

    ich befürchte das dilemma wird sich mit diesen schrift nicht legen. :(
    da ist nicht wirk­lich was dabei, was nicht absolut klischee­haft ist. schade!

    also »passend« ja, weil gewohnt, aber die geht es doch um die verschönerung/verbesserung der typografie.

  4. Martin

    Typografisch ganz weit vorne war meines Erachtens die deut­sche EM-Truppe 1996. Die hatten eine magere Corporate vorne und hinten drauf, das sugge­rierte Eleganz, Schönheit, Selbstbewusstsein, Willensstärke, in ihrer schlanken Linie auch Stolz.

    In diesem Sinne frage ich mich auch, warum beim Typo-Battle hier immer noch so viel mit fetten Lettern hantiert wurde. Sport in seiner schönsten Form ist schließ­lich oft (nicht immer) fili­gran, ästhe­tisch, auch wohl­ge­formt und harmonisch.

    Wie kriegt man so etwas besser hin als mit Thin-Schnitten und Serifen?

    Kleiner Schönheitsfehler war 1996 aller­dings, das erwähne ich vorsichts­halber: Die Typo kam vom DFB-Sponsor Mercedes, nicht aus den Design-Departments der Trikot-Schneider. Schön sah’s trotzdem aus.

    Habe hier jetzt wegen Urh.-Recht nix hinter­legt an Bildmaterial, einfach mal „EM 1996“ googeln.

  5. Mark

    Warum muss jeder dritte Beitrag durch Eigenwerbung verwäs­sert werden?
    Zumal die 15 Schriften echt Grotte sind. Das sind die übelsten Klischee Schriften.

    Ich hoffe niemals die deut­sche 11 mit einer DIN Round auf dem rücken sehen zu müssen.

  6. robertmichael

    @mark, du willst keine din rounded? ich glaube da waren sie die letzten jahre nahe dran.

    EM 2008
    http://​img155​.imageshack​.us/​i​m​g​1​5​5​/​1​9​4​/​n​e​u​e​s​t​r​i​k​o​t​d​f​b​c​i​1​.​jpg
    WM 2010
    http://​www​.fanandmore​.info/​D​F​B​-​L​u​k​a​s​-​P​o​d​o​l​s​k​i​-​T​r​i​k​o​t​-​H​o​m​e​-​2​0​1​0​.​htm

    din rounded wäre mir auch noch eine der liebsten von den hier vorge­stellten, zuge­geben, eher gewöhn­li­chen vorschlägen. besser als diese bret­zel­zahlen von diesem jahr ist sie trotzdem.
    das ist übri­gens ein corpo­rate blog, ich erwarte hier eigenwerbung. ;-)

    das ’94er trikot ist auch so eine typi­sche vorlage, diese schat­ten­zif­fern sieht man heute bei jeder besseren landesliga.

  7. Felix

    Ich muss auch sagen, dass die DIN Rounded noch am ehesten geht. Die anderen Vorschläge sind meiner Meinung nach nicht wirk­lich besser als die Realität. Vielleicht sollte man mal wirk­lich gute Schriften vorschlagen, und nicht diese Sachen hier.

    Besonders die zwei Beispiele zum Schluss sind echt hart – die Farbkombi macht aber auch viel aus.

  8. Daniel

    Kann mich den Vorrednern nur anschließen… außer der DIN Round (wobei es auch hier „schö­neres“ gibt) wider­spre­chen sämt­liche Schriften eurer Kritik an aktu­eller Typografie sowie dem Aufruf nach mehr Mut zu guter Typografie im Sport… oder ich habe Ihn schl­cihtweg falsch verstanden. Die Schriften sind ganz ganz ganz Klischee. So Typen wie #1, #4, #8, #9, #12 und #15 können nur ein schlechter Witz sein…

  9. Jürgen Siebert

    da ist nicht wirk­lich was dabei, was nicht absolut klischee­haft ist.

    Das war auch nicht mein Ziel, sondern ich wollte Schriften zeigen, die dem Klischee Sport entspre­chen, aber ästhe­tisch eine höhere Qualität aufweisen als die vielen Schriften, die man bei Sportübertragungen im Fernsehen so sieht.

    Ich hoffe niemals die deut­sche 11 mit einer DIN Round auf dem rücken sehen zu müssen.

    Das hoffe ich auch nicht, weil die Schrift viel zu statisch ist für eine Feldsportart. Daher habe ich sie für das Beispiel »Deutschland-Achter« gewählt, eine Sportart, bei der nicht nur die Athleten an ihrem Platz gefes­selt sind, sondern auch das Sportgerät einen schnur­ge­raden Weg zurück­legt. Hinzu kommt, das die DIN eine weiche (Wasser) Schrift ist und sehr deutsch.

    Klischee, Klischee, Klischee, …

    Für wie mächtig halten sich manche Designer eigent­lich? Oder: Verstehen sie nichts vom Sport (-busi­ness)? Ich halte die Sportwelt für eine der konser­va­tivsten über­haupt – weitaus rück­stän­diger als Banken oder poli­ti­sche Parteien. Ein Markenmanager im Sport ist den glei­chen Zwängen ausge­setzt wie ein Fußballtrainer: von oben keulen die mäch­tigen Funktionäre, an der Basis kochen die Fans. Und weil ein Corporate Design immer sowohl Chefsache ist, als auch öffent­lich (sichtbar für die Fans), sind die Handlungsspielräume für neue Akzente enger als der 5-Meter-Raum eines Fußballfeldes.

  10. Hans

    Mal wieder ein Beitrag voll heisser Luft und Selbstgefälligkeit der heiligen Designerkaste.

    Die kriti­sierte Beschriftung der Niederländer ist noch um Längen besser als sämt­liche Alternativvorschläge in diesem Artikel.

    Viel Freude dann noch im Elfenbeinturm.

  11. R::bert

    Hier ein Versuch zu zeigen, dass es sehr wohl auch im Sportbusiness hoch­wer­tiges Design geben kann. Selbst die eher sach­liche und stati­sche Typo wirkt den Emotionen keines­falls entgegen, da man dafür andere Designelemente fand. Sie ordnet sich eher wohl­tuend unter und stiehlt den Akteuren nicht die Show.

    Bundesliga multich­annel brand design (gb) from Mutabor Design GmbH on Vimeo.

  12. Christian Speelmanns

    Ein kurzer Bericht aus der Ruderszene, die mit dem Deutschlandachter hier oft erwähnt wird: Für den Deutschen Ruderverband (DRV) verwenden wir seit 2007 die TheSans. Ich denke, die Schrift passt durch ihre Schlichtheit, aber auch durch ihren Schwung sehr gut zu unserem Sport. Nichtzuletzt hat sie ja auch alle passenden Schnitte, um selbst Zeitungen heraus­zu­geben. Leider ist es sehr schwierig bei den knappen finan­zi­ellen Ressourcen, das Design überall durch­zu­setzen (Wir betreuen das Ressort Öffentlichkeitsarbeit mit 5 Mitarbeitern ehren­amt­lich). Bisher setzen wir es bei Publikationen, im Pressematerial und einer kleinen Zeitung zur jähr­li­chen WM ein. Beim nächsten Umbau der Internetseite wollen wir die Schrift aber auch als Webfont einsetzen.

    Die beiden Rudermagazine Rudersport (offi­zi­elles Verbandsmagazin) und Rudermagazin werden jeweils von zwei verschie­denen Verlagen betreut. Hier sieht es mit der Typografie gut aus: Amplitude (tatsäch­lich fett, schmal und vertikal betont) für den Ruderpsort und FF Dax für das Rudermagazin.

    Der Deutschlandachter wird von einer eigenen Vermarktungsagentur betreut. Diese hatte 2006 auch ein eigenes Design in Auftrag gegeben, bei der dann die Frutiger ausge­wählt wurde. Diese wird aber sofern ich es weiß, fast nicht mehr richtig einge­setzt. Neuerdings hat die Stiftung Deutsche Sporthilfe einen großen typo­gra­fi­schen Einfluss auf die Mannschaften des Deutschlandachter: Das Logo in einer Rounded und die Überschriften in der LF Taz.

    Was die Trikotbeschriftungen der rest­li­chen Mannschaften (Frauenachter, Skullbootklassen) angeht, herrscht im Rudern wildes Chaos, da es noch zwei oder drei betreunde Vermarktungsagenturen gibt: Die Ausstattung aller Mannschaften wird von der Firma NewWave besorgt und auch das Design in enger Abstimmung mit den Manschaftssprechern und dem Sportdirektor bestimmt. Leider hat dies dann nichts mehr mit dem Verbandsdesign zu tun. Die typo­gra­fi­sche Qualität der Firma lässt wirk­lich zu wünschen übrig und die verant­wort­li­chen sind auch sehr bera­tungs­re­sis­tent. Leider hat sie großen gestal­te­ri­schen Einfluss.

    Die offi­zi­elle Typografie und Werbung der WM 2007 in München war das völlige Desaster: auf den Plakaten waren KEINE Ruderboote in Aktion zu sehen, aber dafür Ruderer in Akrobatikpyramiden und weiße Blubberblasen. Wann hat man als Ruderverband schon einmal die Chance, in ganz Deutschland Plakate aufzu­hängen, auf denen dann aber nichts von der Sportart zu sehen ist… :-(

    Insgesamt würde ich mir da auch mehr Einheitlichkeit im Logo- und Schriftendschungel wünschen. Ein einheit­li­ches Leitbild und ein großer runder Tisch würden sicher­lich helfen. Und sicher­lich mehr Mittel.

  13. Sander Neijnens

    (Sorry for writing in English, my German is too bad to write about such a deli­cate subject)
    The theme Sports & Typography is very broad, because there are many sports and within each sport you can concen­trate on teams (e.g. FC Bayern), leagues (e.g. Bundesliga) or special events (e.g. WM 2010). The subject I am concerned about is shirt numbers. They are so fasci­na­ting because they are not neces­s­a­rily linked to a corpo­rate style. At the same time it’s the most deter­mi­na­tive element on the (foot­ball) shirt. And last but not least, the design is very limited: just ten characters.
    In my opinion shirt numbers should be readable and charac­te­ristic. Characteristic means that the design has some­thing to do with the sport (if you like the sport the design will thus be beau­tiful) and on the other hand it means that the design is diffe­rent from other designs so that it ‚brands‘ the shirts.
    Sports wear compa­nies are more and more aware of this bran­ding power. But their choices are often incom­pre­hen­sible (e.g. the Adidas numbers during the WM 2010).
    The posi­tive thing is that most compa­nies and teams change the design of their numbers every two or four years. So, there’s always hope that things will change for the better (some time).

  14. FrischFisch

    Ist die 15%-Aktion noch aktuell? Von 15 Schriften sind jetzt auf der Aktionsseite nur noch 13 enthalten. Die Dispatch z.B. ist nicht mehr dabei …

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