Popikonen (2): Fleetwood Mac: »Oh Well«

»Popikonen« im Fontblog: persön­liche Erinnerungen an Popsongs, die musi­ka­lisch und oft auch visuell Maßstäbe setzten (ange­regt durch Radio Eins’ »Bermudadreieck – Versunkene Songs«).

Fleetwood Mac vor dem Album »Rumors« (1977) und danach sind zwei sehr verschie­dene Bands. Eigentlich könnte man die Grenze bereits 1969 ziehen, als der Gitarrist Peter Green die Gruppe verließ. Zum endgül­tigen Kurswechsel kam es nach einer Amerika-Tournee 1971, als das zweite Gründungsmitglied Jeremy Spencer ausstieg. In den darauf folgenden Monaten stießen Bob Welch, Danny Kirwan, Christine McVie und Lindsey Buckingham zur Band hinzu, man siedelte sich in Kalifornien an und produ­zierte ab der Mitte der 70er Jahre asep­ti­schen US-Hitparadenpop.

Ich möchte an dieser Stelle auf zwei unter­be­wer­tete Songs der frühen Fleetwood Mac eingehen, gegründet 1967 und hervor­ge­gangen aus John Mayalls Bluesbreakers. Black Magic Woman stammt aus der Feder des genialen Peter Green und erschien 1968. Ein Chart-Erfolg wurde die Komposition erst 2 Jahre später in der Version der Latino-Rock-Truppe Santana (Gesang: Gregg Rolie), wodurch er für Millionen Fans ewig mit dieser Band in Verbindung gebracht wurde. Das Original – ein druck­voller Blues-Rock – erreichte nur Platz 34 der briti­schen Charts. Mick Fleetwood nannte die eigene Fassung »Drei Minuten stehende Gitarrentöne mit Hall, dazwi­schen zwei exqui­site Soli von Peter (Green).« Carlos Santana verliebte sich in den Titel im Spätsommer 1969, während eines Konzerts von ›Peter Green’s Fleetwood Mac‹ im Alembic Auditorium in San Francisco. Black Magic Woman, Standbild-Video auf YouTube …

Im Herbst 1969 benei­dete ich meinen Klassenkameraden Michael um seine Fleetwood-Mac-Single Oh Well. Mir fehlten einfach die 5 Mark für die Scheibe, was nicht nur damals viel Geld war, sondern heute wieder viel Geld für einen Song wäre. Das Ungewöhnliche an dieser Single war aller­dings, dass sie eigent­lich nur einen Titel enthielt, aufge­teilt in Part 1 (3:28 min) auf der A-Seite und Part 2 (5:40 min) auf der B-Seite. Doch die beiden Tracks unter­scheiden sich so stark, dass man sie auch als zwei Titel betrachten konnte.

Part 1 ist ein Gitarrenrocker mit einem turbu­lenten, spanisch ange­hauchten Intro, auf das abwech­selnd Blues- und Jimi Hendrix-Lautmalereien folgen, bevor die Instrumente fast abrupt verstummen … worauf sich Part 2 anschließt, ein medi­ta­tives Instrumental und Reminiszenz an den Italo-Filmkomponisten Ennio Morricone. Die erste Minute des Instrumentalstücks wurde für die Single an Teil 1 auf Seite A ange­hängt und langsam ausge­blendet, auf der B-Seite wieder­holte sie sich als Beginn von Part 2. Die Stop-und-Start-Technik im rockigen Part 1 inspi­rierte übri­gens Led Zeppelin zur glei­chen Finesse in »Black Dog.«

Auf YouTube gibt es eine schlechte aber gleich­wohl mitrei­ßende Kopie eines Beat-Club-Videos von »Oh Well«, life einge­spielt bei Radio Bremen, mit dem genialen Peter Green an der Leadgitarre. Leider spielt er das Intro nicht, wie in der Studiofassung, auf einer akus­ti­schen sondern der E-Gitarre. Bei Minute 1:44 erlauben sich die Musiker einen Scherz, als Drummer Mick Fleetwood nach einem Break nicht dyna­misch auf die Glocke schlägt, sondern phleg­ma­tisch die Bongos im Stil von Santana erklingen lässt – ein Seitenhieb auf die Nachahmer?


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