Politiker und das Internet

Was ist von deut­schen Spitzenpolitikern zu halten, denen zum Thema Internet gerade mal einfällt: »Dafür habe ich meine Mitarbeiterinnen …« oder »Im Internet war ich so ein oder zwei mal«. Die fassungs­lose ARD-Morgenmagazin-Moderatorin präsen­tiert einen aufschluss­rei­chen Schüler-Report zum Thema »Politiker und Internet«.

Auch noch mal nach­lesen bei Thomas Knüwer: Generation Web 0.0 – »›Ich habe Gott sei Dank Leute, die für mich das Internet bedienen.‹ Wirtschaftsminister Michael Glos während der IT-Messe Cebit«. Via: Basic Thinking und Dittes.


19 Kommentare

  1. Stefan

    In unserem Beruf ist die Auseinandersetzung mit diesen Medien unab­dingbar. Ich kann aber gut verstehen, dass es schwer ist mitzu­halten und dass man diese Hatz irgend­wann aufgibt. Ich selber war noch nie mit meinem Handy im Internet, habe noch nie eine MMS geschickt, ich skype nicht und ich arbeite noch mit CS, nicht mit CS3. Webseiten bau ich mit tables, nicht mit divs, zum Frühstück gibt es keinen Drink, sondern Brot und Brötchen und wer jetzt das Maul aufreisst, dem sei gesagt, dass das Alter vor nichts und niemandem halt macht. 

    Ich ziehe meinen Hut vor all denen, die Ihre Briefe noch mit dem Füllfederhalter schreiben anstelle des Computers, die sich nicht kirre machen lassen und die bei all der Technik den Menschen nicht außer acht lassen.

    Stefan

  2. Harki

    Das war ein herr­lich vier­schrötig-reak­tio­närer, knur­riger Kommentar von Stefan… Applaus!

    Ich ziehe meinen Hut vor all denen, die Ihre Briefe noch mit dem Füllfederhalter schreiben anstelle des Computers, die sich nicht kirre machen lassen und die bei all der Technik den Menschen nicht außer acht lassen.

    Ein Tip, wie die alten Bekannten, die schon längst nicht mehr aufs E-Mails, IMs und den ganzen Handy-Schnickschnack reagieren und die sich sogar bei der ehrwür­digen FAX-Technik bockig zeigen und schon mal gar nicht ans Telefon gehen – die Unerreichbaren also -, doch noch erreicht werden können: Man schreibt ihnen eine Postkarte. Das funk­tio­niert fast immer. (Bitte wirk­lich eine Postkarte, keinen Brief, Briefe werden dann wieder zu lang.)

    Zum Ausgangspost: Was erwartet man von einem „Politiker“? Daß er nach dem Morgenkaffee nach­schaut, was sich in der „Blogosphäre“ tut? Oder den Spon liest? Na… Dazu sollte er seine Domestiken haben.

  3. Jürgen

    Einverstanden … und ich ersetze meine über­heb­liche Headline.
    Dennoch: Das Internet ist ein wich­tiges Medium geworden, das Zeitungen und Fernsehen ergänzt. Und es ist ein demo­kra­ti­sches Medium, in dem sich Menschen darstellen, äußern und ausein­an­der­setzen. Ich verstehe, dass Spitzenpolitiker in hohem Maße Zuarbeit brau­chen: sie lassen Zeitung lesen, tele­fo­nieren und »surfen«.
    Pressefreiheit: Ein hohes Gut, das jeder Politiker sofort versteht und für das er sich einsetzen wird.
    Zensur auf Flickr (nur ein Beispiel, aber weitere werden folgen): Da dürfen wir keine schnelle Hilfe von der Politik erwarten, wenn sie nicht weiß, wie das Internet tickt? Erschwerend kommt hinzu, dass Zeitung lesen etwas leichter ist als Webseiten und Blogs zu verfolgen. Hoffen wir auf web-affine Staatssekretäre, die ihnen das alles erklären.

  4. Eric Eggert

    Wir haben halt eine reprä­sen­ta­tive Demokratie, und die Politiker, die inter­viewt wurden sind ja alle auch nicht mehr die jüngsten. Für viele Menschen ist das Internet ein Buch mit 7 Siegeln, und so geht es diesen Politikern auch.

    Aber es ist auch gar nicht nötig mit allem und jedem Umgang zu haben als Politiker. Schließlich haben die wenigsten BWL studiert und sind trotzdem für das Budget des Landes zuständig. Es gibt da Expertenkomissionen und Lobbygruppen, die manchmal die Politiker sogar so gut infor­mieren, dass rich­tige Entscheidungen getroffen werden können.

    Und wer mal eine Stichprobe machen möchte, der gehe mal zu seinem Bäcker oder zu seinem Friseur und frage den mal, was ein Browser ist. Gerade mit solchen Fachtermini sind doch die meisten Leute überfordert.

  5. Jürgen

    Bei alle Rücksicht: Bäcker und Frisöre entscheiden nicht über Zensur, Urheberrechte, Datenspeicherung, Gewalt in Computerspielen, …

  6. Eric Eggert

    Sie haben aber auch keine Expertengruppen, die Leitlinien ausar­beiten und sie beraten. Das ist halt der Unterschied. Der Politiker setzt sich mit den Sachen dann ausein­ander, wenn sie für ihn wichtig sind und sie gerade anstehen. Leider ist es aber auch so, dass viele Politiker oft über Dinge abstimmen über die sie sich nicht genü­gend infor­miert haben.
    Die Vorratsdatenspeicherung ist da so ein Beispiel, bei dem ich die Erfahrung gemacht habe, dass sich manche Abgeordnete einfach darauf verlassen, dass das was Schäuble sagt schon stimmen wird. Oder, dass es heißt: Es wird ja nichts so heiß gegessen wie es auf den Tisch kommt. Da fehlt dann auch mir das Verständnis.
    Letztlich gibt es nur einen Ausweg um diesem Teufelskreis zu entkommen: Selbst gewählt zu werden.
    Ich habe kein Verständnis für Entscheidungen bei denen sich Politiker schlecht haben beraten lassen, ich habe aber verständnis dafür, dass sie Internet nicht so leben wie du und ich. Vielleicht ist das auch ganz gut so :)

  7. Harki

    Zensur auf Flickr (nur ein Beispiel, aber weitere werden folgen): Da dürfen wir keine schnelle Hilfe von der Politik erwarten, wenn sie nicht weiß, wie das Internet tickt?

    D’accord, ich muß zugeben, daß meine Bemerkung über die „Domestiken“ auch verfehlt oder zumin­dest zu kraß war. Ich hatte mich ange­sichts der Flickr-Affäre gerade über die irrwit­zige bundes­deut­sche Rechtslage aufge­regt, und man kommt nicht umhin, sich einzu­ge­stehen, daß sie sicher auch der Ahnungslosigkeit der Entscheider in der Legislative (und wohl auch in der Justiz) geschuldet ist.

    Ja, eigent­lich sollte es diese Beratergremien geben, nur zu merken ist nicht viel davon.

    In der neuesten Nummer der Computerzeitschrift c’t hat es übri­gens einen schönen und gutre­cher­chierten Artikel über die ätzendste Urheberrechts-Abmahnwelle des Jahres. Es geht um vorgeb­li­chen Diebstahl von Online-Fotos, viel­leicht inter­es­siert es daher auch hier jemanden:

    http://​www​.heise​.de/​c​t​/​0​7​/​1​4​/​0​80/

  8. Hilde

    Was soll man bitte­schön von jemandem halten, der nicht mal in der Lage ist, sich seine Schnürsenkel zuzubinden?

    Gar nichts.

    Ein weiterer Hinweis darauf, das unsere ach so kompe­tenten Volksvertreter weder klug noch selb­ständig handeln können. Würde man diese Luschen auf die freie Wirtschaft loslassen, dann wären die inner­halb kürzester Zeit arbeitslos. Und so jemand erwartet von der deut­schen Bevölkerung die Bereitschaft auf lebens­langes Lernen.

    Das sind doch alles Zauberlehrlinge!

  9. robertmichael

    »Das Automobil ist nur eine vorüber­ge­hende Erscheinung.« Kaiser Wilhelm II

    ich schließe mich stefans meinung an, jedoch ist es doch schon traurig das unsere welt von solchen leuten regiert und bestimmt wird, die von internet und co. null ahnung haben. selbst ein herr schäuble der von internet sicher genauso wenig ahnung hat wie meine oma, will uns über­wa­chen. ich glaube manche wissen da gar nicht um was es eigent­lich geht und lassen sich nur von ihren experten falsch beraten bzw. irgend­welche flausen ins ohr setzten.

  10. Michael Hartmann

    Ich würde mich Jürgens Meinung anschließen: Meiner Meinung nach hat das Internet heut­zu­tage eine so hohe Relevanz, dass sich Politiker damit ausein­ander setzen sollten. Auch wenn es sicher­lich nicht möglich ist, alle Bereiche der Medien persön­lich zu »durch­forsten«, sollten sie dennoch wissen, wie man sich im Internet bewegt, wie das Medium funk­tio­niert, was machbar ist und was nicht.

    Ich sehe ein ähnli­ches Problem derzeit bei Video- und Konsolenspielen: All jene Politiker, die Amokläufe in direkte Verbindung mit elek­tro­ni­schen Spielen bringen, diese aber selbst nie genutzt haben, kann ich nicht ernst nehmen. Es gibt sehr viele Untersuchungen, teil­weise mit unter­schied­li­chem Ergebnis, die leider kaum Beachtung finden. Aber hier wird oftmals nur ein Sündenbock gesucht, weshalb darauf keine Rücksicht genommen wird.

    Naja, ich schweife ab… :-)

  11. Stephan

    robert­mi­chael: ich glaube manche wissen da gar nicht um was es eigent­lich geht und lassen sich nur von ihren experten falsch beraten bzw. irgend­welche flausen ins ohr setzten.

    Genau deswegen sind sie doch alle Politiker geworden. Sie sind Ideenverkäufer aber keine Entwickler von Visionen. Ganz normale Menschen. Und wenn sie gut aussehen, gewählt reden können und in einen Armani-Anzug passen, dann stellt man sie in Rampenlicht und offen­bart dabei auch ihre all zu mensch­li­chen Schwächen. Aber wie heißt es doch so schön: Du musst nicht alles wissen, du musst nur wissen wo es steht.

  12. chriz the wiz

    Also Hildes Kommentar empfinde ich als äußerst einseitig. Man darf das Internet nicht vergöt­tern. Es ist nicht der einzige Weg um erfolg­reiche poli­ti­sche Arbeit zu leisten. Es ist auch nur einer von vielen Kommunikationskanälen, der zwar eine immer größere Rolle einnimmt, den man aber trotzdem nicht über­be­werten solle, gerade im Hinblick auf die Politik. Da kommt es doch eher auf andere Qualitäten an. Verhandlungsgeschick auf inter­na­tio­naler Ebene gibts es noch nicht als Downloadpaket im Web2.0

  13. Daniel

    Ich bin über­haupt nicht der Meinung, dass _jeder_ Politiker sich mit dem Internet auszu­kennen hat. Wichtiger scheint es mir, dass jeder Experte inner­halb der Grenzen seines Aufgabenbereichs ist. Alles was darüber hinaus­geht ist zwar löblich, aber nicht unabdingbar.

    Viel inter­es­santer hätte ich ein Interview mit Schäuble zu diesem Thema gefunden.

  14. Paul

    @Eric Eggert
    Was haben wir? Eine reprä­sen­ta­tive Demokratie, die reprä­sen­tativ für die Bevölkerung ist? Demnach sind die meisten Bundestagsabgeordnete einfache Handwerker und es gibt maximal 10 Rechtsanwälte.
    Wir haben aber quali­fi­zierte Leute im Bundestag, die meisten mit Abitur, sehr viele davon haben studiert.

    Sie regieren unser Land und verhalten sich aber teil­weise(!) genauso reak­tionär wie die alternde Bevölkerung.

    Ein Politiker der das Internet nicht nutzt, versäumt eine der wich­tigsten Informationsquellen, hat längere Kommunikationswege, verbaucht mehr Geld, wenn er bei jeder Kleinigkeit seinen Staab für eine kleine Google-Suche braucht und arbeitet schlicht ineffizienter!

    Fast jeder, der in dem Alter einen anständig bezahlten Job außer­halb des Bundestages will, kann das Internet nicht einfach so igno­rieren wie Herr Ströbele!

    Ich erwarte nicht, dass ein Abgeordneter weiß was Firefox ist, aber dass man ein Grundwissen in dieser Richtung benö­tigt und sich von Zeit zu Zeit infor­miert, sollte, nein muss heute einfach selbst­ver­ständ­lich sein!

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