Polierte Verbandsmarke: Ein Pfeil für die Buchkunst

Der Börsenverein des Deutschen Buchhandels – Veranstalter der Buchmesse Frankfurt, Träger der Stiftung Buchkunst (Wettbewerb »Schönste Deutsche Bücher«), Verleiher des Friedenspreis des Deutschen Buchhandels, ideeller Träger der Leipziger Buchmesse u. a. – spen­diert sich und seinen Mitgliedern einen neuen, einheit­li­chen Auftritt. Auffälligstes Signal für das Zusammenwachsen ist ein neues, verbin­dendes Zeichen, das nur noch entfernt an das gedruckte Buch erin­nert. Statt aufge­schla­gener Buchseiten symbo­li­siert jetzt ein (nach oben zeigender) Pfeil die deut­sche Buchbranche. Schaut man genauer hin wird deut­lich, dass für den Pfeil ledig­lich ein Teil des aufge­schla­genen Buches ausge­schnitten und gedreht wurde.

Hintergrund des neuen Auftritts sind die Veränderungen in der Branche. Der Börsenverein möchte moderner und nicht mehr mit dem Buch als allei­nigem Medienformat auftreten, sondern mit dem »Prinzip Buch«, das in unter­schied­li­chen Erscheinungsformen (Print, E-Book, Hörbuch, App …) ange­boten wird. Das Fachmagazin Buchreport zitiert dazu als Beweggrund: »Weil das ›Prinzip Buch‹ nicht anschau­lich … zu visua­li­sieren ist, wurde ein abstrak­teres Symbol gesucht, das für alle Erscheinungsformen stehen kann.«

Auf der Leipziger Buchmesse soll das Zusammenrücken unter dem Motto »Ein Gedanke, eine Zukunft, ein Logo: Die Börsenvereinsgruppe wächst zusammen« vorge­stellt werden. Dort werden Alexander Skipis (Hauptgeschäftsführer des Börsenvereins), Andreas Auth (Sprecher der Landesverbände im Börsenverein) und Ronald Schild (Geschäftsführer der MVB Marketing und Verlagsservice des Buchhandels GmbH) bei einem Sektempfang das neue Corporate Design des Verbands und seiner Wirtschaftstöchter vorstellen und die Idee, die dahinter steht.


40 Kommentare

  1. rainer

    ach du … . ich bin sprachlos. : /

  2. Philsen

    Come to where the flavor is.

  3. chris

    schade. das alte logo hat gefallen

  4. charly

    also ich sehe im logo der natio­nal­bi­blio­thek eigent­lich nur ein anfüh­rungs­zei­chen und kein buch!

  5. Karin SchmidtFriderichs

    Es ist der Börsenverein des Deutschen Buchhandels, der das neue Logo hat und visuell damit den Wandel anzeigt sowie einen Gesamtauftritt zusammen mit den Wirtschaftsbetrieben wie etwa der Frankfurter Buchmesse anstrebt. Anlass ist sowohl der Medienwandel als auch ein Umzug: die Börsenvereinsgruppe zieht unter ein Dach, war bislang über Frankfurt verstreut. Der Börsenverein ist einer der Stifter der Stiftung Buchkunst, ihr inso­fern verbunden, aber nur einer von vier gleich­be­rech­tigten Stiftern.

  6. Jürgen Siebert

    Danke Karin, ich präzi­siere das mal im Text.

  7. JP

    ad Charly:
    Walter Bohatsch, der das ÖNB-Logo erstellte, hat auf seiner Website sogar eine Flash-Animation, aus der klar wird, dass es sich um ein aufge­schla­genes Buch handelt: http://​www​.bohatsch​.at/​i​n​d​e​x​.​p​h​p​?​b​e​r​e​i​c​h​=​3​&​l​a​n​g​=​0​&​s​u​b​k​a​t​=​1​&​e​i​n​t​r​a​g​=43; auf der Website zum Buch „Continuesly“: http://​conti​nuously​.bohatsch​.at/ (dort Link: ÖNB-Logo) steht sogar: „Das schnelle Durchblättern eines Buches, unter­bro­chen durch plötz­li­ches Innehalten gene­riert das Logo der Österreichischen Nationalbibliothek.“

  8. erik spiekermann

    Diese Unternehmung zeigt einmal mehr die Panik, die die Branche befallen hat. Es gibt über­haupt keinen Grund, das alte wunder­bare Zeichen (es ist kein Logo, weil ohne Buchstaben) zu ändern. Blättern als Aktivität hat sich auch im elek­tri­schen Buch nicht erle­digt und Einzelseiten wird es auch immer geben, weil das ein Buch von anderen Mitteilungsformen unterscheidet.

    Ein Aufwärtspfeil wird immer gerne genommen, wenn man dyna­misch auftreten will. Wenn das aller­dings aussieht wie der Ausschnitt aus einer Baustellenabsperrung, dann kommu­ni­ziert das unab­sicht­lich, aber unüber­sehbar, dass sich die Leute keine Gedanken gemacht haben über das Wesen des Buches, gleich in welcher Erscheinungsform. Stattdessen wollen sie modern aussehen, tragen mit diesem Zeichen aber zu genau der Verärmlichung von Inhalten bei, die auf vielen „Neuen Medien“ betrieben wird. Im alten Zeichen war angeb­lich das „Prinzip Buch” nicht anschau­lich darge­stellt, was Blödsinn ist, weil Blättern, Seiten, Abfolge usw immer das Buch unter­scheiden werden von anderen typo­gra­fi­schen Medien, s.o . Mit einem platten Pfeil soll das jetzt besser sein? 

    Tolle Methode: „Wir können das intel­lek­tuell nicht lösen, also gehen wir dem Thema einfach aus dem Wege.“ Diese Leute sollen das deut­sche Buchwesen reprä­sen­tieren? Da wirft man 500 Jahre Geschichte weg und biedert sich der allge­meinen Verdeppung an. Immer wieder Watzlawicks Erstes Axiom:
    Man kann nicht nicht kommunizieren.

  9. Michael

    Meine Assoziation: ein lang­wei­liges Buch. Man hat es aufge­schlagen, ein paar Seiten darin gelesen und dann umge­dreht. Nun sieht man den Einband. Wird man das Werk je wieder in die Hand nehmen?

  10. Sven Gelhaus

    Wenn sich jetzt schon der Börsenverein des Deutschen Buchhandels mit aller Macht von alten Werten trennen will und das meiner Meinung nach sehr gute alte Zeichen gegen ein unper­sön­li­ches und flaches ersetzt, dann mache ich mir wirk­lich Sorgen um das Wort Buch. Hoffentlich kommt niemand auf die Idee, auch das zeit­ge­mäßer zu gestalten.

  11. Alexander Vieß

    Schön, dass unsere Bildmarke auch hier kommen­tiert wird. Nicht so schön, dass die Informationen hier leider auf dem – zurück­hal­tend formu­liert – bruch­stück­haften Text im Buchreport beruhen. Natürlich haben Sie, Herr Spiekermann, recht: Das Bild oben gibt nicht das Logo, sondern ledig­lich die Bildmarke wieder. Und selbst das Logo sollte zumin­dest im Kontext seiner Genese und des erneu­erten Corporate Designs beur­teilt werden.

    Ich würde Sie alle, die Sie hier kommen­tieren, deswegen gerne einladen, an der Präsentation des gesamten CD’s kommenden Donnerstag auf der Leipziger Buchmesse teil­zu­nehmen. Schreiben Sie mir einfach an viess (at) boev​.de. Und denen, die das zeit­lich nicht einrichten können, schi­cken wir gerne auch ein Päckchen mit allen Materialien, analog oder digital – denn wir können durchaus beides ;)

    Alexander Vieß
    (Redakteur Web & Social Media im Börsenverein)

  12. erik spiekermann

    Mein Kommentar wurde vor allem durch dieses Statement ausge­löst Weil das ›Prinzip Buch‹ nicht anschau­lich … zu visua­li­sieren ist, wurde ein abstrak­teres Symbol gesucht, …
    Das ist eine Bankrotterklärung, die Kapitulation vor einer intel­lek­tu­ellen Auseinandersetzung. Hat es über­haupt jemand versucht? Ging der Auftrag gleich aus dem Meeting in die Reinzeichnung? Bei diesem defä­tis­ti­schen Briefing ist es völlig gleich, ob wir nur das halbe Logo, Symbol, Zeichen oder Signet zu sehen bekommen. Da kann es nur noch bergab gehen.
    Wieder einmal muss ein biss­chen Grafik herhalten, wo eigent­lich erst einmal die Inhalte geklärt werden sollten. Vielleicht hätte der Vorstand etwas Hilfe gebraucht bei dieser Findung. Oder sind das alles Juristen, die bekannt­lich sowieso alles wissen? Ich kenne genü­gend Gestalter, die sich dieser Aufgabe inhalt­lich gestellt hätten, obwohl – oder gerade weil – es dabei bestimmt ans Eingemachte gegangen wäre. Dieses Zeichen geschieht Leuten recht, die malen lassen, bevor sie denken.
    Darf man denn wenigs­tens wissen, welche Kollegen das machen mussten bzw. durften? Sieht sehr aus nach kosten­losem Pitch, wo man ja nie die Gelegenheit hat zu einem vernünf­tigen Austausch, bevor es ans Mäuseklicken geht.
    Noch ein Zitat (nicht von Watzlawick): „Jeder Auftraggeber hat die Gestaltung, die er verdient.“

  13. Vroni

    „Der Börsenverein möchte moderner und nicht mehr mit dem Buch als allei­nigem Medienformat auftreten“

    Tonality
    „Möchten moderner auftreten …“ Naja, solche flachen Tonality-Briefings kennt man ja. Oft zeigen sich Auftraggeber völlig über­rascht, wenn dem Designbüro das nicht ganz langt.
    :-)

    Sprache und Bild-Symbolik (Semiotik):
    Denkfehler: Wenn das „Prinzip Buch“ bei den Neuen Medien aber doch auch in der Sprache als text­li­ches Zeichen weiter­lebt: „E-Book“ (sic!), „Hörbuch“ (sic!) …, dann darf das „Prinzip Buch“ als symbo­li­sches Zeichen doch bitte eben­falls weiter­leben. Quod licet …

    Wie ist die Rufnummer deren Marketingabteilung? Gleich ruf ich an.

  14. Vroni

    Das Buchsymbol müsste bei den vielen neuen Medienverwendbarkeiten eher reicher (beweg­li­cher, farbiger, tönend) werden,
    aber auf keinen Fall abge­ma­gerter, dürrer.
    Das wird dem immer viel­ge­stal­tiger werdenden Medium keines­falls gerecht.

    Vielleicht sollten sich die Buchbörsenmarketer so etwas mal anschauen:
    http://​www​.design​ta​ge​buch​.de/​e​i​n​-​l​o​g​o​-​m​i​t​-​4​0​-​0​0​0​-​p​e​r​m​u​t​a​t​i​o​n​en/

  15. thomas junold

    das ist ein börsen­ori­en­tieres 0815-zeichen. haupt­sache »up, up and away«.

  16. HD Schellnack.

    Das alte Zeichen, sorry, war drin­gend über­ar­bei­tungs­be­dürftig. Wer einmal mit den Daten arbeiten durfte, wird das bestä­tigen – ich habe selten ein unsau­beres Logo gesehen. Und auch in Sachen Typographie dürften sich Fontblog-Leser einig sein, dass TIMES und ARIAL nicht gerade Schriften sind für a) ein bibli­philes Unternehmen und b) jemanden, der sich die Thematik Copyright auf die Fahne geschrieben hat. Ich bin nicht ganz so neutral, weil es von uns einen leider nicht gezo­genen Gegenentwurf zu Meta gab – der das Buchlogo durch eine tolle Weiterentwicklung von Iconwerk beibe­hält, aber modi­fi­zierte – und typo­gra­phisch auf die Milo-Familie aufsetzt (statt Fago und die Daimler-Antiqua in Light)… aber das es etwas neues sein musste, ist schon richtig. Beide Schriften stimmen irgendwie nicht für den Auftraggeber, tech­nisch nicht, aber auch «ideo­lo­gisch» nicht. Man moder­ni­siert sich nicht dadurch, dass man von Serif auf Sans wech­selt – und vor allem hätte gerade ein Verbund wie der BOEV, der als Wirtschaftstöchter ja auch die MVB und die Frankfurter Buchmesse umfasst, von einer gut ausge­bauten «Sippe» wie der Milo (oder etwas ähnli­chem, wobei die Milo einfach perfekt war) profitiert. 

    Um das alte Logo ist es inso­fern schade, als dass die GRUNDIDEE toll ist und eigent­lich hätte man es nur sorg­fältig über­ar­beiten und moder­ni­sieren müssen, nicht alles ganz neu machen. 

    Tatsächlich geht der Entwurf weiter als unserer und die reine Bildmarke finde ich weitest­ge­hend okay, wenn auch das Gesamt-CD aus meiner Sicht etwas neben dem liegt, was für den BOEV «passend» wäre. Man darf aber nie unter­schätzen, wieviel Leute an solchen Prozessen betei­ligt sind und wieviel von den Ideen von Meta Düsseldorf da noch übrig ist – viel­leicht ist es 1:1 was die Designer wollten, maybe not. 

    Das ÖNB-Logo ist groß­artig, finde ich. Und zeigt, wie frisch Serif aussehen kann :-D

    Das alles ändert aber wenig daran, dass der Auftritt – wenn er viel­leicht in den kommenden Jahren in der Praxis von Zündung, die das BOEV-Design nach dem Relaunch jetzt meines Wissens machen, noch etwas modi­fi­ziert wird – durchaus eine Verbesserung darstellt und vor allem, dass der Börsenverein als solcher ein Verein mit vielen wirk­lich enga­gierten und tollen Menschen ist (zumin­dest die, die wir kennen­ge­lernt haben und die, mit denen wir zusam­men­ar­beiten durften), die die Häme, die hier vergossen wird, nicht nähe­rungs­weise verdient haben.

  17. Anne-Mette Noack

    Herr Spiekermann Sie haben recht, wir haben die Bildmarke bekommen, die wir verdienen. Ein wegwei­sendes Symbol für das Prinzip Buch, das sowohl Tradition als auch Zukunft in sich vereint. 

    Ich kann mich meinem Teamkollegen Alexander Vieß nur anschließen: der Text des Buchreports sollte nicht Grundlage dieser Diskussion sein – kommen Sie zur Präsentation auf der Leipziger Buchmesse und betrachten Sie die Bildmarke im Kontext des gesamten Corporate Designs.

    Anne-Mette Noack
    (Marketingleitung im Börsenverein)

  18. Jürgen Siebert

    Wir sind alle gespannt auf das komplette Bild. Fontblog wird es ausführ­lich vorstellen.

  19. erik spiekermann

    Corporate Speak: Ein wegwei­sendes Symbol für das Prinzip Buch, das sowohl Tradition als auch Zukunft in sich vereint.
    Sie haben einen platten Pfeil bekommen und ein Erscheinungsbild mit einer Schrift von Daimler, laut HG Schellnack. Aber es nach eigenen Angaben nicht geschafft, das Prinzip Buch anschau­lich zu visua­li­sieren. In der Schule hieß das: Thema verfehlt.

  20. erik spiekermann

    @HD:
    War das ein Wettbewerb oder ein Pitch? Und wie lief das ab? Du setzt Insiderwissen voraus in deinem Kommentar, aber das werden die meisten hier nicht haben.

  21. Vroni

    Einen ersten Eindruck, wie das neue Zeichen als Wortbildmarke mit Typo arbeitet, hat man hier beim Deutschen Buchpreis : http://​www​.deut​scher​-buch​preis​.de/​d​e​/​4​1​4​204

    Da wird das rote Pfeilzeichen eben­falls genommen und wird zum grünen Pfeil.
    Die Schrift sieht aus wie die Milo, könnte condensed/gestreckt sein.
    Was es bei der Milo aber nicht gibt (habe auf dem Fontshop gekuckt).

  22. thomas junold

    vroni: das ist die FAGO.

    geschickt ist die anord­nung hier nicht. der börsen-pfeil kann nicht abheben, ohne sich die ecke am »deut­scher« einzu­kni­cken, oder schlimmeres.

    weiter drinnen gibts noch ein pdf, welches ich aber ordent­lich finde. nix zu meckern.

    http://​www​.deut​scher​-buch​preis​.de/​s​i​x​c​m​s​/​m​e​d​i​a​.​p​h​p​/​1​2​5​7​/​d​b​p​_​1​1​_​A​u​s​s​c​h​r​e​i​b​u​n​g​.​pdf

  23. erik spiekermann

    FF Fago ist nun nicht gerade die Buchschrift an sich. Aber die Hausschrift von MetaDesign (nachdem sie die FF Meta nach meinen Ausstieg abge­schafft hatten) und von N24.

  24. erik spiekermann

    @ Anne-Mette Noack
    kommen Sie zur Präsentation auf der Leipziger Buchmesse
    Das werde ich ganz sicher nicht tun, denn ich muss in der Zeit arbeiten.

  25. Vroni

    @ thomas junold

    …“der börsen-pfeil kann nicht abheben, ohne sich die ecke am »deut­scher« einzuknicken …

    Ne, der Pfeil wird kraft­voll durch die Buchstaben durch­stoßen und sieg­reich nach oben abheben (wohin auch immer…) wie Raketen tun … :-)

  26. Andreas Stötzner

    Der Argumentationsrichtung des verehrten Koll. Spiekermann ist inso­fern entschieden beizu­springen: die neue Version wird als inhalt­liche Modernisierung verkauft, aber diese kommt graphisch als Verflachung daher, wo Durchdringung und gedank­liche Destillation gefragt gewesen wären, die sich in graphi­scher Formfindung nieder­schlagen sollten.
    Nicht ganz leichte Aufgabe, zugegeben.
    Zeigt bitte diese »Pfeil«form (lach­haft) dem Mann auf der Straße und des Achselzuckens wird kein Ende sein.
    Das ›Prinzip Buch‹, wie es seit hunderten von Jahren exis­tiert und wie es jetzt gerade hoch­auf­re­gend neue Formen annimmt, davon vermag ich in dem neuen Zeichen nichts zu entde­cken. Die Form ist einfach zu unspe­zi­fisch! Denn sie sagt über die neuen, »modernen« Buchformen – NICHTS aus. Gar nichts.
    Das ist die entschei­dende Schwäche des neuen Zeichens: es kommt daher als versim­pelnde Paraphrase des bishe­rigen Zeichens – und verfehlt gerade deshalb die inhalt­liche Neuausrichtung, die doch angeb­lich gewünscht war.

  27. erik spiekermann

    Das ›Prinzip Buch‹, wie es seit hunderten von Jahren exis­tiert und wie es jetzt gerade hoch­auf­re­gend neue Formen annimmt, davon vermag ich in dem neuen Zeichen nichts zu entdecken.

    Du hast recht, Andreas. Auch im ursprüng­li­chen Zeichen ist das Buch nur auf seine äußere Formreduziert, also Seiten zwischen Buchdeckeln. Das war seiner­zeit in Ordnung, mangels Konkurrenz. Da diese Form aber nicht mehr die einzige ist, hätte man sich fragen können, was denn ein Buch heute noch ausmacht. Sagen wir mal: im Gegensatz zur Zeitschrift, zu anderen Drucksachen. Da gäbe es schon ein paar Gedanken (zu Inhalt und Form), die sich aber anschei­nend niemand gemacht hat. 

    Ich habe immer vertreten, dass Gestaltung zual­ler­erst eine intel­lek­tu­elle Disziplin sei. Hier haben die Kollegen mit ihren Auftraggebern leider den Gegenbeweis ange­treten. Ich kann mir die Präsentation schon vorstellen, wo dann Worte fallen wie dyna­misch, zeichen­haft, auffällig, modern, zukunft­wei­send – alle diese Begriffe, die in jedem Workshop sofort an der Tafel stehen, wenn sich Unternehmen ihre Selbstdarstellung wünschen dürfen. Das höflichste Wort dafür ist englisch: Bullshit.

  28. Andreas Stötzner

    Offenbar können wir von unseren Auftraggebern noch immer nicht erwarten, daß sie das, was wir für sie tun (könnten), ernst nehmen. Das »Logo« (schon die Wortwahl!!) wird als aufge­klebtes Schnucki ange­sehen, nicht als substan­zi­eller Teil der Unternehmung. Es reicht die Sihouette eines fallen­ge­las­senen Buchdeckels und schon schwa­dro­niert man von Pfeil, Dynamik, Modernität &cª &cª. Wozu werden wir eigent­lich an Hochschulen ausgebildet?!
    Allerdings habe ich auch erlebt, daß es anders geht. Wenn man den Auftraggeber ordent­lich an die Hand nimmt. Wenn man ihn dazu bringt, an einem metho­di­schen Entscheidungsprozeß mitzu­wirken, der den Entwurfsprozeß begleitet. Dies muß jedoch mode­riert werden – und das kann nur jemand leisten, der Gestaltung versteht.

  29. HD Schellnack.

    Erik, es war eine unter dem dama­ligen Marketingleiter Holger Volland laufende, aus meiner Sicht faire Agenturvorstellung – bis auf die Tatsache, dass wir es nicht wurden, dann ich mich da über nichts beschweren und fand die Erfahrung Börsenverein eigent­lich eine sehr posi­tive, vor allem weil wir mit dem Vorlesetag-Auftritt auch eine Arbeit machen konnten, mit der wir weit­ge­hend zufrieden sind und die wohl auch bei den Jugendlichen sehr gut ankam. Im Kontext der Arbeit haben wir für Verband und Töchter eine Art Neuauftritt konzep­tio­niert, der das alte Buchlogo bear­beitet, etwas moderner macht, hand­werk­lich sehr sauber macht. Und – getreu dem Motto, je weniger die Leute es merken, desto besser – haben wir die Times durch MiloSerif und die Arial durch MiloSans ersetzt. 

    Volland kennt sich übri­gens absolut mit Gestaltung aus – er war schließ­lich selbst vor seiner Tätigkeit beim BOEV bei MetaDesign in Berlin im Branding aktiv – und ich kann nur sagen, man hat es nicht alle Tage, dass man so fundiert mit einem Marketing-Partner über einen Job reden kann. Das war schon ange­nehm. Ich denke, am Ende ging es aber auch um die Frage, ob eine «große» Agentur (und es gibt ja kaum eine größere als diese) nicht sicherer und souve­räner ist, wenn es um die Durchsetzung geht – was ich nicht beur­teilen kann. Ich selbst glaube ja an das briti­sche Prinzip, wo durchaus «große» und namhafte Agenturen ja über­ra­schend klein sind. Wir sind 5 Leute und wären mit diesem Klienten sicher punk­tuell auf 6-8 ange­wachsen und das ist natür­lich nicht EdenSpiekermann oder Meta (wobei Meta DD ja auch gar nicht so viele Mitarbeiter hat), hätte aber für einen Klienten dieser Größenordnung allemal gereicht – zumal wir gern sowohl CD als auch konkrete Umsetzung machen… ich glaube, es ist besser, nicht einen abstrakten Guide zu machen, sondern selbst zu imple­men­tieren, man arbeitet viel moti­vierter, wenn man mit dem Auftritt selbst weiter leben will :-D.

    Ich selbst wollte an dem aufge­schla­genen Buch nicht viel ändern, weil manchmal das nahe­lie­gende eben auch das gute ist – ich kann aber auch verstehen und sogar auch gut finden, wenn der BOEV da einen Schritt weiter geht. Mich wundern eher die hand­werk­li­chen Sachen im Detail des StyleGuides, das hätte ich nicht erwartet. Ich glaube, der Auftraggeber wäre mit einer klei­neren Agentur viel­leicht enga­gierter beraten worden – dabei geht es gar nicht um node­sign per se, sondern gut wäre sicher auch eine der vielen wirk­lich ja sehr guten Designagenturen aus Frankfurt/Wiesbaden/Mainz gewesen. 

    So oder so – da ist trotz Kritik im Einzelnen ein Neustart da und das ist an sich eine gute Sache. Wer Verbände etwas kennt – und das wird auch Erik sicher wissen – hat eine Ahnung, wie schwer eine solche Geburt ist und dass die Änderung an sich ein großer Schritt nach vorne ist. Besser als der alte Auftritt ist es unbe­dingt, vor allem, wenn man im Detail noch nach­bes­sert – und das passiert im Laufe der Jahre ja unweigerlich.

  30. R::bert

    @ HD
    Wie wär’s, wenn man Deinen Dayshot zum Thema auch hier betrachten könnte? Jetzt wo Du – in sicher vielen Lesern – großes Interesse geweckt hast.

  31. HD Schellnack.

    Ich werden den Teufel tun ;-). Mir geht es auch denkbar wenig darum, Meta hier zu dissen – das steht mir nicht an – und das ist auch hoffent­lich klar geworden, ich bin sicher, die haben im Rahmen des Machbaren ihr bestes gegeben und inso­fern die harsche Kritik in den Kommentaren so nicht verdient. Es geht also nur darum, solche Arbeiten nicht öffent­lich hinzu­richten sondern im Kontext dessen zu sehen, was Realität ange­wandten Designs für real exis­tie­rende Kunden nun mal ist.

  32. erik spiekermann

    harsche Kritik in den Kommentaren

    Meine Kritik geht vor allem an den Auftraggeber. Wenn der das Problem gleich so flach redet, kann ja nichts dabei heraus­kommen. So haben sie die Gelegenheit verpasst, das Thema Buch neu zu denken und die Gestalter haben sich leider nur als Grafiker verkauft. Das Thema Buch ist mehr als eine Markenpositionierung, sondern ein Nachdenken wert über die Vergangenheit und die Zukunft dieses Mediums, das über­haupt erst die Aufklärung ermög­licht hat – den Aufbruch des Menschen aus seiner Unmündigkeit. Diese Geschichte des Fortschritts in eine flache, gewöhn­liche und verbrauchte grafi­sche Form zu packen mag auf den ersten Blick als glor­reiche Vereinfachung wirken, ist am Ende aber nur eine Banalisierung.

  33. HD Schellnack.

    >Meine Kritik geht vor allem an den Auftraggeber.
    Ich kann da nur meine eigene Erfahrung wider­spie­geln und die ist, dass ich mit dem Klienten wirk­lich gute Gespräche über Buch, Inhalte, Kultur geführt habe und mit einigen anderen Leuten, mit denen wir in der Arbeit beim BOEV zu tun habe, wirk­lich gute Erfahrungen hatten. Kompromisse gehören bei einem so großen Laden dazu und da ist nicht alles so, wie wir das selbst gern hätten – wir sind aber auch echte Erbsenzähler, zuge­geben – aber sowohl in FFM als auch in Düsseldorf arbeiten tolle Leute beim Börsenverein und genau deshalb hab ich mich ja so geär­gert, dass wir den Job nicht gekriegt haben :-D. Gibt ja auch Sachen, da verliert man und es ist dir weitest­ge­hend egal – bei anderen wurmt es einen noch etwas länger. 

    Nicht nur, weil wir alle Bücher echt lieben und der Laden einfach perrr­fekt zu uns gepasst hätte – sondern auch, weil durch die Entscheidung gegen uns auch eine gut ange­lau­fene, mitunter auch mal anstren­gende, aber immer auch tolle Arbeit auslief. Mich reizen ja so Projekte, wo man möglichst viel umkrem­peln kann/muss und zugleich aber viel Potential für echte Fortschritte da ist. Bei solchen Change Management Prozessen dabei zu sein und mitzu­wirken ist ja – wem sag ich das – der eigent­liche Kick des Berufes :-D

  34. Vroni

    Kann es sein, dass ich jetzt das Gefühl nicht los werde,
    HD Schellnack und Erik Spiekermann reden anein­ander vorbei?

    HD: Im Börsenverein sind tolle Leute!

    Erik: Das Zeichen ist bana­li­siert worden.

    @ HD: Gegen tolle Leute kann niemand was haben.
    Zum neuen Zeichen selbst hast du dich jedoch nicht geäußert.

    Erik Spiekermanns Eindruck, dass Grafiker hantierten, während intel­lek­tu­elle Gestalter notwendig gewesen wären, ist so falsch nicht.

    Das Thema Buch, Lesen und neue Medien hätte es verdient, nicht als rotes Ziegeldach von oben darge­stellt zu werden.
    Welches beim Buchpreis unmo­ti­viert in Grün wech­selt. Ja ich weiß verschie­dene Sparten und Farbleitsystem…
    (Doofe Frage: Ist der Buchpreis neur­dings öko oder geht er auf die Jagd … ?)

  35. R::bert

    @ HD
    Dann wäre auch mehr Zurückhaltung an der Tagesordnung, meinst Du nicht?

  36. HD Schellnack.

    Vroni, wir reden nicht anein­ander vorbei. Erik schließt vom Design auf den Auftraggeber – und ich sage nicht viel mehr als er SELBST an anderer Stelle in Bezug auf sein Berlin-Logo gesagt hat. Es ist ein Prozess, es ist ein Kompromiss, usw. 

    Und weil mich Grafik als solche denkbar lang­weilt, sondern es um Prozesse geht, betrachte ich natür­lich den Prozess. Das CD vorher war ein totaler Alptraum, weiße Kästen in roten Flächen, und wieder rote Flächen mit dürren Linien, die nur als Outlines gebaut waren, Times, Arial, der Horror. Das neue ist ein deut­li­cher Schritt nach vorn und den Pfeil finde ich jetzt als Idee nicht SO schlimm. Handwerklich flirrt mir das irgendwie, obwohl mathe­ma­tisch alles stimmt, kippt das Ding visuell etwas, viel­leicht habe ich auch nur einen Knick in der Linse. Typographie und einige Ideen im Manual finde ich tatsäch­lich unglück­lich und sicher nach­be­ar­bei­tungs­be­dürftig. habe ich oben aber alles auch gesagt. 

    >Dann wäre auch mehr Zurückhaltung an der Tagesordnung, meinst Du nicht?
    Ichglaub nicht, dass man mir im FB noch mangelnde Zurückhaltung vorwerfen kann, oder? Aber ich verstehe den Wink und bin dann auch wieder off.

  37. Vroni

    @ Lieber HD
    Den Prozess kann man als Fontblogleser aber nicht wissen und nicht sehen.
    Was man sieht ist das Ergebnis.

    Entweder man geht also her, wenn man ein neues Bildzeichen vorstellt und erläu­tert nicht nur kurz die Ziele, sondern auch den Prozess (gibbet wohl einen Riesenartikel, den keiner recht lesen mag, das würde ich auch Jürgen Siebert nicht ernst­haft auch noch aufbürden wollen…). Oder man macht das nicht (es ist halt ein Blog und kein White-Paper-Portal ) und nimmt damit in Kauf, dass eben nur das Ergebnis disku­tiert wird.

    Was einem so ein biss­chen auffallen kann ist, wenn das Ziel dieses hier war:
    „Der Börsenverein möchte moderner und nicht mehr mit dem Buch als allei­nigem Medienformat auftreten..,“ dann lässt das eben auf einen Prozess schließen, der nicht gerade ideal war.

    Ich bin nur eine kleine Butze und kann weder Dir noch Erik Spiekermann das Wasser reichen, eher unter­ir­disch vor mich hintropfen, aber so eine Zielformulierung lasse ich keinem meiner Auftraggeber durch­gehen. Wenn so eine etwas dünne Tonality-Zielvorgabe passiert, wird von mir nach­ge­schärft und hinterfragt. 

    Ich schlage dann Analyse der Situation und gemein­same Positionierungsarbeiten vor. Ist Arbeit an der DNA des Unternehmens und die gehört ihm allein. Dazu braucht es also Erlaubnis und Auftrag, statt­ge­geben. Große Gremien sind klar schwie­riger zu handeln, bin da auch letztes Jahr an einem bös geschei­tert. (Diese bezeich­neten das nicht als Scheitern, sondern freuten sich über ihr Deko-Bonbon, das sie trotz meines Widerspruchs von mir letzt­end­lich einfor­derten, Schicksal Werkvertrag… – aber ich sehe es als Scheitern, es wäre so viel mehr möglich gewesen…)

    Und das muss man doch disku­tieren dürfen. Eigentlich über­fällig und nicht überflüssig.

    Ich finde es gut, dass Gremien auf Blogs nach­lesen können, wie es ankommt, was bei Greminen gerne so heraus­kommt und in den Augen der Fachwelt nicht ideal ist. Möglicherweise gebiert dies gute Ideen auf Gremiumseite, wie man denn den Prozess verbes­sern könnte, damit der Kreative ohne Behinderung arbeiten und besser aus dem Vollen schöpfen kann …

    Nur so in den Raum geworfen^^

  38. Vroni

    Haha, Greminen … :-)
    Man weiß nie, wodurch man tief wird.

  39. R::bert

    Ich glaub nicht, dass man mir im FB noch mangelnde Zurückhaltung vorwerfen kann, oder?

    Stimmt, da könnte ruhig manchmal mehr kommen, wobei die längeren Texte am Bildschirm immer auch etwas anstren­gend sind ; ) 

    Schön, Du verstehst.

    PS.: Die Milo ist wirk­lich eine vorzüg­liche Wahl. Für den »Pfeil« oben wiederum zu fili­gran und verspielt. Schade.

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