Noch mal SpOn und Buchmesse

Spiegel Online legt gerade dar, »warum E-Reader das Buch nicht verdrängen werden«. Dass das E-Book eine Sackgasse ist, war auch die Meinung vieler Experten auf der Buchmesse (zum Beispiel die des Schriftentwerfers Gerard Unger auf unserem Podiumsgespräch in Halle 4.0, gestern). Wir kamen gemeinsam zu der Überzeugung, dass die wahre Bedrohung für das Buch Handys und iPods seien. Robert Klanten (Gestalten Verlag) zitierte ein Beispiel aus Japan. Dort werde »Der Herr der Ringe« inzwi­schen fast ausschieß­lich für Handy verkauft: die gedruckte Ausgabe verschwindet. Die Japaner lesen das Buch in der U-Bahn auf dem Weg zur Arbeit. Dieses Beispiel zeigt mir, dass das (Lese-)Buch für viele Menschen nicht mehr kompa­tibel zu ihrem Leben ist.


24 Kommentare

  1. thomas | BFA

    wobei lesen in der u-bahn in japan eine art volks­sport ist. das ist eigent­lich bekannt. ob das für die ganze rest­liche welt glei­cher­maßen abzu­leiten ist, weiss ich nicht.

    die bishe­rigen lösungen sind eher krampfig.
    ich warte auf die kata­ly­sa­to­ri­sche lösung von apple. :-)
    mit dem iphone sind sie auf dem besten weg dahin.
    ein stück hard­ware, dass sich indi­vi­duell mit inhalten wie soft­ware etc. beschi­cken lässt.

  2. amica

    nicht uner­wähnt sollte auch die Tatsache werden, dass gerade Japan einer der größten Papierverbraucher der Welt sei.

  3. fjord

    Was für eine lang­wei­lige Idee, stati­sche Texte auf einem trag­baren Bildschirm abzu­bilden! Mal im Ernst: Das ist vom Mikrofilmlesegerät nicht weit entfernt. Allenfalls kompakter und mit Lifestyle bis zum Erbrechen aufge­laden. Und das soll fort­schritt­lich und inno­vativ sein? Das ich nicht lache. Liebe Entwickler, beläs­tigt uns nicht mit Ideen von vorgestern.

    Ich erin­nere mich, dass damals auf dem 10. Forum Typografie 1993 schon ein junger Mensch namens Brody (nein, nicht der Brody) in seinem Vortrag von trag­baren elek­tro­ni­schen Büchern träumte. Was der damals immerhin schon erkannt hatte, war, dass es sich dabei nicht allein um die 1:1-Übertragung des Konzepts Buch auf einen elek­to­ni­schen Träger handeln kann, das elek­tro­ni­sche Buch also mehr sein muss, als ein trag­barer Scrollbalken oder eine Batterie zwischen Buchdeckeln. Insofern ist die aktu­elle Entwicklung ein Rückschritt bis nach 1993 zurück.

  4. Frank

    äähm, wie war das? In Japan verschwinden Bücher, weil die Japaner in der U-Bahn auf dem Handy lesen und darum keine Bücher kaufen? Wieso sollte man in der U-Bahn keine Bücher lesen können? Ich lese auch auf dem Weg zur Arbeit, käme aber nie darauf, deswegen vom Buch aufs Handy umzusteigen.

  5. johannes

    herr der ringe verschwindet nicht, weil die japaner es nicht in der u-bahn lesen *können*, sondern weil sie es nicht *tun*.

  6. sukisouk

    Ich denke das Buch wird noch erhalten bleiben. Daß „die Japaner den Herrn der Ringe am Handy lesen“ liegt daran daß man sich so den Aufwand sparen kann das Buch mitzu­schleppen (im Gegensatz zum E-Reader, der genauso Ballast ist wie n Buch). Genauso wie ich auf langen Zugfahrten am Telefon Zeitung lese oder sogar ein bißchen fern­sehe. Aber wenn ich ne echte Zeitung zur Hand habe, oder n echten TV-Schirm, werd ich ja nicht aufs Handy starren.
    Mag sein daß für die Japaner der Weg zur Arbeit einer der wenigen Freiräume ist, um ein Buch zu lesen – bei uns ist es nicht so :) So lange HD-Screens nicht direkt in die Retina gebaut werden können, wird das Buch weiter­leben. Mindestens.

  7. robertmichael

    warum nicht buch mit pdf kombi­nieren? auf cd, stick oder per down­load mit dem gedruckten buch mitlie­fern, dann kann sich jeder aussu­chen wie er sein buch lesen will.

  8. Fabian

    Ich glaube, dass viele Menschen einfach vergessen, dass es sich bei solchen Prognosen nicht um das Buch von Morgen handelt, sondern um das von Übermorgen. Und wer meint das so ein Gerät unhand­lich sei und zu teuer, der hat natür­lich recht, denkt aber nicht weit genug.

    Ich vermute, es wurde ja auch hier mehr­fach ange­deutet und die jüngere Vergangenheit beweist dies, es geht dahin, das man ein Universalgerät mit sich herum­trägt, welches dann auch diese Technologie beherrscht, dass der Screen wie eine Buchseite aussieht. Das wird ja wohl nicht mehr all zu lange dauern, bis die Technik so weit ist. Hinzu kommen dann noch die ganzen Multimedialen Inhalte, welche das gute Buch einfach nicht wieder­geben kann, solch ein Universalgerät bestimmt. Es ist ein Erweitertes Buch.

    Ich lese schon bei dem Spiegel artikel in den Kommentaren irgendwas von Bibliothek, mehr­stö­ckig mit Kamin und ohne Technik und muss unwei­ger­lich an Vinyl denken…

    Da wird sich einiges tun!
    Wie auch immer es geartet sein wird, es wird bestimmt noch ein Weilchen dauern, aber als jemand wie ich, der am anfang des Kommunikationsdesign-Studium steht, der muss sich heute darüber Gedanken machen, denn in 15 Jahren werd ich noch arbeiten und dann wird es einge­treten sein, was heute zuhauf ange­zwei­felt wird und ich muss gewappnet sein… (Wie auch immer!?)

  9. Suzu

    Wer schon mal in Tokio U-Bahn gefahren ist, weiß dass man dort (in der Rushhour) gar keine Bücher lesen KANN, weil die Menschen viel zu dicht gedrängt stehen. Sich ein Handy vor die Nase zu halten geht wohl gerade noch. Auch in seiner Wohnung hat der Durchschnitts-Japaner nicht allzu viel Platz, so dass digi­tale Bücher dort auch keinen wegnehmen…. Insofern wäre der natür­liche Lebensraum der Bücher bei uns, zumin­dest was das betrifft, wohl gesichert…Ich könnte mir ein Leben ohne meine Lieblings-Bücher jeden­falls nicht vorstellen, von denen einige schon mit mir zusammen etwas älter und etwas knitt­riger geworden sind…

  10. thomas | BFA

    warum nicht buch mit pdf kombi­nieren? auf cd, stick oder per down­load mit dem gedruckten buch mitlie­fern, dann kann sich jeder aussu­chen wie er sein buch lesen will.

    weil haupt­säch­lich um das WIE geht. das die geräte von heute es nicht sein können, liegt auf der hand. im grunde wird es wohl mit der weiteren entwick­lung der display­tech­no­logie einher­gehen. papier­ar­tiges mate­rial, das flexibel inhalte darstellen in farbe. in s/w scheint das ja schon möglich zu sein.

    in usb-sticks kann keine lösung sein, denn es fehlt ja nach wie vor der reader, der in sachen hand­ling an das buch heranreicht.

  11. HD Schellnack

    Es wird eine lange Koexistenz geben. Aber lang­fristig wird Buch – und vor allem Zeitung, Zeitschrift, Fachbuch und Comic – zu umwelt­schäd­lich, zu teuer, zu aufwendig sein und digital ersetzt werden. Ich frage mich, woher die blinde Überzeugung kommt, dass das Buch über­lebt, was Film und Musik bereits im vollen Stil erleben. Auch hier bestehen alte Formen fort (Kino, Vinyl) und werden durch neue mediale Formen ergänzt und teil­weise, zumin­dest im Mainstream, ersetzt. Das Buch ist eh ein Nischenprodukt, inso­fern denke ich, wird die Belletristik, das gute Buch, noch eine Weile länger ordent­lich dabei sein – schon von der Zielgruppe her… aber bei Comics dürfte es nicht mehr allzu lange dauern, denke ich – viele Leser ziehen sich jetzt schon illegal die immer teurer werdenden Floppies und lesen digital, so unge­müt­lich das derzeit noch ist… bei 3.99 Dollar pro Heft und einer vergleichs­weise kurzen Lesedauer über­steigen die Produktionskosten langsam den User-Nutzen.

    Langfristig werden wir unsere Medien in der Wolke haben – einem Server, auf dem unsere Musik, Photos, Daten, Filme, Texte und und und aufge­spei­chert sind, und natür­lich auch unsere Bücher. Die Medien, mit denen wir konsu­mieren werden sich grund­le­gend geän­dert haben – lassen wir uns ein Buch in Echtzeit von einer glaubhften Stimme vorlesen, sehen wir den Film zum Buch oder lesen wir selbst? Aber eine Art mobi­leme-meets-iTunes, wobei das gesamte OS online laufen wird und nur noch ein Minimum an Soft/Hardware beim User nötig ist, wird sich mittel­fristig etablieren. ich denke, wir werden das noch persön­lich erleben – die Vorboten dafür sind ja längst da.

    Und nicht umsonst sind Hardcover inzwi­schen fast genau so teuer wie Paperbacke. Über den Kindle zu lachen ist einfach, weil er so albern ist – aber was haben die Audiophilen auch über die ersten klobigen MP3-Player von iRiver und Co gelacht… bis der iPod kam und den Markt aufrollte.

  12. Simon Wehr

    Gut gespro­chen, HD!
    Ich denke, den gesam­melten Goethe wird es noch sehr, sehr lange als echtes Buch geben. Tageszeitungen werden wohl auch noch eine Weile bestehen, denn Flachbildschirme rascheln nicht so schön und taugen nicht zum Fischeinwickeln.
    Ich vermute mal, dass Fachzeitschriften und Fachbücher als erstes dran glauben müssen. Multimedia und Aktualität sind einfach Killerargumente in dem Segment. Was das e-Book angeht halte ich das für ebenso sinn­voll, wie diese komi­schen Musik-Download-Gutscheine die Jürgen hier mal vorge­stellt hat.
    Wenn iPhone / iPod Touch schon Realität sind, was soll sowas dann bitte noch?
    Dann doch lieber gleich warten, bis das »digi­tale Papier« Serien- und Marktreif ist.

  13. Simon Wehr

    Nachtrag zu den Zeitungen: Dass der Markt aller­dings schon deut­lich schrumpft, spüren die Verlage glaube ich schon ganz deut­lich, das wirk­liche Aussterben, war das was ich meinte.

  14. HD Schellnack

    PS:
    Einer der beiden größten Comicverlage der USA; Marvel, bringt, nachdem er bereits ein riesiges Online-Archiv aufge­baut hat, jetzt auch EXKLUSIVEN Content nur noch Online heraus: http://​www​.news​a​rama​.com/​c​o​m​i​c​s​/​1​0​0​8​1​6​-​M​a​r​v​e​l​n​e​w​t​i​t​l​e​s​.​h​tml

    Wie der finale Reader aussieht, ist eigent­lich relativ egal – wer hätte sich ange­sichts des ersten Walkman einen iPod-Shuffle oder iPhone vorstellen können? Generell geht aber der Trend zur Entstofflichung (und kein Trend ohne Gegentrend, weswegen es im Cairo-Katalog und bei Ikarus anschei­nend derzeit von Kaminöfen für die Miet-Loft wimmelt) und da macht das Buch keine Ausnahme.

    Das Schlimme: Es wird mich umbringen. Wenn ich in der Badewanne lese, wird mich dann ein Stromschlag töten, wenn ich meine eBooks ins Wasser fallen lasse? der wird der Text gemüt­lich an die Decke gebea­mert? Oder trag ich eine Art Brille oder gibt es eine Art Implantation? Was immer heute noch absurd klingt, ist morgen schon passiert. Unsere Großeltern fanden die Idee, sich aus Spaß die Zunge aufteilen zu lassen wahr­schein­lich ebenso abstrus wie wir heute die Idee, sich kyber­ne­tisch aufzumotzen.

  15. fjord

    Langfristig werden wir unsere Medien in der Wolke haben – einem Server, auf dem unsere Musik, Photos, Daten, Filme, Texte und und und aufge­spei­chert sind, und natür­lich auch unsere Bücher.

    Werden das lang­wei­lige und leere Wohnungen sein in denen die voll­ends vernetzten Future-alli­none-iPhone-Singles leben werden. Nachts kuscheln sie sich an ihre wand­aus­fül­lenden Plasmagroßbildschirme, in der Hoffnung, das digi­ta­li­sierte Kaminfeuer werde sie schon wärmen. … Und viel­leicht wünschen sie es sich ja fast, ein Stromschlag aus ihrem Multifunktionsgerät, würde sie mit einem Schlag von dieser Trübsal befreien? Wer weiß? ;)

    Nennt mich ruhig altmo­disch. Damit kann ich gut leben. Aber ich finde, dass Lebensqualität weit über die Funktionalität elek­tro­ni­scher Gadgets hinaus­geht. Das hat Jürgen letz­tens mit seinem Lavendelsäcken-Beitrag „Glück“ wunder­schön thema­ti­siert. Die Gadgets sind nette Spielzeuge. Aber nicht wirk­lich lebensnotwendig.

    Mein Kompromissvorschlag: Habt viel Spaß mit Euren „Wolken“ und mit Euren Tamagotchis und digi­talen Totems. Ein echtes Glück ist es, dass es jedem frei­ge­stellt ist, sich die Nische auszu­su­chen, in der er sich wohl und zuhause fühlt. In meiner wird es weiterhin auch Bücher geben und Schallplatten. Ganz wie mir das gefällt. ;)

  16. thomas | BFA

    tech­no­logie muss und wird auch humaner werden, je mehr sie zu einem teil des menschen wird. davon bin ich über­zeugt. das wäre der wunsch­blick in die zukunft.
    ich meine, wir reden hier von einer entwick­lung von nicht einmal 100 jahren, das ist gar nichts. die computer, das ist doch immer noch kinder­spiel­zeug vergli­chen mit den theo­re­ti­schen möglichkeiten.

    viel­leicht wird ja auch der wunsch nach »alt« abge­deckt. dorn­bracht hat die ästhe­tisch spar­samsten arma­turen im angebot, aber auch eine retro-linie.

    im aller­schlimmsten fall wir die produk­tion von büchern oder plastik wie vinyl­schall­platten gesell­schaft­lich nicht mehr konsens­fähig sein.

    und dann? aussen­seiter sein?

    das andere ist, du fährst sicher auto fjord? deine urgroß­el­tern werden die ablö­sung der pfer­de­kut­sche durch das auto erlebt haben. werden die genauso gedacht haben, wie du?
    ist das auto, abge­sehen von aktu­ellen problemen mit dem antrieb, der über­holt ist, nicht ein elemen­tarer bestand­teil unserer gesellschaft?

  17. katinka

    Ich persön­lich würde mir nie ein e-Book kaufen, weil ich einen längeren Text nicht vom Bildschirm lesen will und kann. Selbst ausführ­li­chere Artikel aus dem Internet, drucke ich zum entspannten lesen lieber aus. Ausserdem fehlt das hapti­sche Erlebnis, das Seiten umblät­tern, der Geruch langsam vergil­bender Seiten (ja, den mag ich) etc.

    Ein e-Book mag zwar platz­spa­render sein als ein herkömm­li­ches Buch, aber mich über­zeugt es nicht.

    In Bayern sagt man „d’Katz frisst Meis, i mogs net“ (über­setzt „Die Katze frisst Mäuse, ich mag sie nicht essen“).

    Wer das e-Book super findet soll glück­lich damit werden, ich aber gehe weiter in eine Buchhandlung.

  18. thomas | BFA

    nur mal so. ich gestalte buch­cover. was werd ich wohl lesen?
    wir reden hier von der zukunft. das das momen­tane noch nichts taugt ist glaube ich allen ausser den herstel­lern dieser modelle klar, oder?

  19. fjord

    @ Thomas (#16)

    Es geht nicht um besser oder schlechter. Es geht auch nicht um alt oder neu, um retro oder moder­nis­tisch. Man muss nunmal nicht jeder digi­talen Sau hinter­her­laufen, nur, weil alle anderen es tun. ;)

  20. fjord

    @ Thomas (#16), Ergänzung

    Besonders, weil einmal
    • diese digi­tale Sau hier seit den Neunzigerjahren schon unzäh­lige Male durchs Dorf getrieben wurde, ohne, dass sich weder die Sau noch die Diskussion um sie nennens­wert weiter­ent­wi­ckelt hätte (siehe meinen Einlass #3),

    zum anderen,
    • weil es hier nicht um eine epochale tech­no­lo­gi­sche Wende geht (Pferd versus Verbrennungsmotor bzw. Abakus versus Lochkarte, wie Du sie ansprichst), sondern um eine vergleichs­weise mini­male Differenzierung bereits exis­tie­render Gerätschaften (etwa Mobiltelefon versus iPhone), die uns aller­dings als Megainnovation verkauft werden soll.

  21. Joachim

    Das Buch in der grund­le­genden Form des Codex exis­tiert seit der Spätantike (1. und 2. Jh. u.Z.) und hat dann im Mittelalter (12. Jh.) noch einmal eine entschei­dende Innovation in Form des Layouts erfahren (wunderbar nach­zu­lesen bei Ivan Illich: Im Weinberg des Textes); diese Form ist selbst durch die Revolution des Buchdrucks nur gering­fügig modi­fi­ziert worden (Seitenidentität und damit Vergleichbarkeit mehrerer Exemplare, Seitenzahlen). Es kann sich ange­sichts dieses hohen Alters also gemüt­lich zurück­lehnen gegen­über angeb­li­chen Bedrohungen durch elek­tro­ni­sche Ersatzmedien.

    Ich versuche oft, meinen Studenten die Differenz von Buch und digi­talem Medium klar­zu­ma­chen, indem ich ein Buch mit einge­legtem Lesezeichen vorzeige, das auf den ersten Blick erkennen läßt, wie weit ich beim Lesen vorge­drungen bin und wieviel ich noch vor mir habe, was ein Scrollbalken defi­nitiv nicht leisten kann, da der Bildschirm nun mal nur zwei Dimensionen gegen­über den dreien des Buches aufweisen kann.

    Alle vorgeb­li­chen Innovationen des digi­talen Zeitalters in Bezug auf den Umgang mit Text hinken den genannten Errungenschaften hinterher, sei es in der internen und externen Verweisung durch Links (Inhalts- und andere Verzeichnisse, Querverweise über Kapitelnummern oder Seitenzahlen, Fußnoten, Register, Literaturverweise und Bibliographien), sei es in dem aus purer Not aufgrund der fehlenden Dimension gebo­renen Drang, die mangel­haften Orientierungsmöglichkeiten (lost in hyper­space) zu kompen­sieren durch künst­liche Einteilung in Seiten mit entspre­chender Nummerierung, Lesezeichenfunktionen etc.

    Es handelt sich also hier nicht um die ange­führten Nostalgie- oder Wohlfühlfaktoren, sondern um ganz hand­feste Unterschiede in der Rezeption der unter­schied­li­chen Medien, Ästhetik nicht im Sinne von Geschmacksfragen, sondern im ursprüng­li­chen Sinne von Wahrnehmung (gr. aisthesis).

    Der ange­führte Vergleich mit Konservenmusik oder -film ist irre­füh­rend, weil die Wahrnehmung dort immer noch weit­ge­hend linear und irrever­sibel über Auge und Ohr verläuft. Ob ich dagegen einen Text selber lese oder ihn (per Hör›buch‹) vorge­lesen bekomme, sind zwei völlig unter­schied­liche Rezeptionsformen, da bei letz­terem auch noch die Selbstbestimmungsmöglichkeiten in Bezug auf Dauer und Geschwindigkeit sowie die aktive Einbringung von Vorstellungskraft erheb­lich redu­ziert werden.

    Gerade das ange­führte Beispiel Comic zeigt zur Zeit einen eher umge­kehrten Trend hin zur Buchform, sehr schön zu zeigen an Alison Bechdels »Fun Home«, das in Hardcover mit Schutzumschlag und relativ kleinem Format (16 x 23,5 cm) von außen in nichts von dem durch­schnitt­li­chen zeit­ge­nös­si­schen Roman unter­scheidbar ist und auch in Literatur-, nicht in Comic-Verlagen, erschienen ist (Houghton Mifflin bzw. dt. Kiepenheuer & Witsch); die gesam­melten Ausgaben (in den USA bezeich­nen­der­weise als graphic novels vermarktet) ursprüng­lich in Heftform seriell publi­zierter Werke wie Alan Moores »Watchmen« oder »From Hell«, Charles Burns’ »Black Hole«, Dave McKeans »Cages«, oder, hier in Deutschland, Joe Saccos »Palästina« oder Marjane Satrapis »Persepolis« (Hardcover mit Halbleinenumschlag) zeigen dasselbe Bild, wie auch die monu­men­talen, sorg­fältig designten Sammelausgaben von Zeitungs-Strip-Klassikern wie den »Peanuts« oder Frank Kings »Gasoline Alley«.

    Allein die sehr unter­schied­li­chen Buchformate (Querformat bei den beiden letz­teren, je nach Umfang verschieden große Hochformate bei den graphic novels, groß­di­men­sio­nales Zeitungsformat von 53,5 x 41 cm bei den gesam­melten Sonntagsbeilagen von Winsor McKays »Little Nemo in Slumberland«) können von keinem e-Book-Reader der Welt wieder­ge­geben werden; das beim gedruckten Comic übliche und von raffi­nierten Künstlern wie z.B. Moore und Zeichner Dave Gibbons bei den »Watchmen« exzessiv ausge­nutzte simul­tane Wahrnehmen aller Panels der aufge­schla­genen Doppelseite fällt natür­lich bei einer Umsetzung in digi­tale Medien weit­ge­hend flach. Von Unterschieden diverser Papiersorten in Bezug auf Kontrast, Farbigkeit, Haptik etc. – alles konkrete, nicht auf indi­vi­du­ellem Geschmack beru­hende Phänomene – brauche ich in diesem Forum sicher nicht zu reden.

    Langer Rede kurzer Sinn: Das e-Book wird ›das Buch‹ defi­nitiv nicht ersetzen können (wie es auch der Film nicht getan hat), sondern wird an seine Seite treten für bestimmte Leseumgebungen und für teils schon erwähnte Textsorten. »Der Herr der Ringe« mag zur Not auf dem Handy rezi­pierbar sein, ähnlich umfäng­liche Werke wie Musils »Mann ohne Eigenschaften« oder Prousts »Recherche« ernst­haft wohl kaum.

    (Ich muss mich für den Umfang meines Sermons entschul­digen, aber hier schienen mir im Eifer des Gefechts einige grund­le­gende Tatsachen in Vergessenheit geraten zu sein.)

  22. Sebastian

    warum gleich in Panik ausbre­chen? Das hapti­sche Erlebnis eines Romans wird man nicht auf elek­tro­ni­schem Wege ersetzen könne – aber wozu muss man jeden Tag, Neuigkeiten auf Papier drucken und das dann am nächsten Tag wieder wegwerfen? Und wer sich mal ein e-Ink Display ange­schaut hat, wird schnell fest­stellen, dass das etwas völlig anderes ist, als ein Handy-Bildschirm.

  23. tamagotchi mametchi

    I purchased tama­gotchi v4 device for my children to main­tain them away from computer. It appears cute to even an adult like me.

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