Nicht lesen, nichtlesen! (1)

Hallo liebe Zielgruppe und herz­lich will­kommen bei der Lektüre für Nichtleser: »Sie haben kaum Zeit, große Romane zu lesen, ich habe keine Zeit, welche zu schreiben. Daher hier erfri­schend bekloppte Mikrotexte für zwischen­durch, nebenbei und unter­wegs.« (Michael Bukowski). Ab jetzt jeden Freitagmorgen im Fontblog eine kurze Geschichte aus der lustigen Werbewelt. Los geht’s:

Meeting!

Springen wir gleich rein ins Geschehen, und zwar mitten in die aktu­elle Montagskonferenz der »Werbeagentur Auweier Unhold & Partner – die Agentur mit dem Kunden!«. Damit Sie sich ein Bild vom Team machen können, haben wir diesen charak­te­ris­ti­schen Schnappschuß aus dem Alltag organisiert.

Wir sehen das Team von Auweier Unhold & Partner in einer hoch­kon­zen­trierten Besprechung im Konfi bei besten Witterungsbedingungen: draußen 17 Grad, drinnen 3,7 Gigagähn. Die Teilnehmer in der Einzelkritik: v.l.n.r.: Long Dong Copy (Werbetexter), Charming Heinz (Fachwirt für schlechte Laune), Eisi Verspeisi (Junior-Texterin), Grabowski (Agentur-Oberhirn); rechts ein unbe­kannter Kunde beim Rumnerven.

Bitte beachten: Dass hier offen­sicht­lich etwas mit der Geschlechterzuordnung nicht stimmt, läßt sich leicht erklären. In Bilddatenbanken finden sich zwar unend­liche Mengen an mehr oder weniger glei­chen Meeting-Motiven, aber kaum in einer Besetzung mit über­wie­gend männ­li­chen Teilnehmern. Letzteres ist wahr­schein­lich poli­tisch nicht korrekt. Wir bitten daher, mit diesem Stockbild vorlieb zu nehmen.

Trotzdem sagt das Bild ja einiges aus: Sehr schön sieht man zum Beispiel, daß Long Dong Copy ein paar hübsche Balkendiagramme getextet hat, die für den wohl­wol­lenden Gesichtsausdruck bei Grabowski und dem Kunden sorgen. Davon abge­sehen ist klar, was hier läuft: Auf Weisung von Grabowski werden die kommenden Marketing-Aktionen storm­ge­brained. (Das Stormbraining ist übri­gens eine paten­tierte Erfindung von Projekt-Oberhirn Grabowski. Im Prinzip handelt es sich dabei um den glei­chen Quatsch wie beim Brainstorming; nur eben umgekehrt.)

Nach diesem ersten Einblick ins opera­tive Tagesgeschäft von Auweier Unhold & Partner konzi­pieren wir mit Deadline zu nächstem Freitag weitere packende Geschichten aus dem Business-Alltag. Bis dahin!

(© Michael Bukowsk 2010, lektuere​-fuer​-nicht​leser​.de; Abb: © OJO Images, ZOOM by FontShop)


25 Kommentare

  1. Michael Bukowski

    Was, noch keine Kommentare!? ;) Na ja, die Leute müssen sich erst mal an das Format gewöhnen, denke ich. Dann aber wird es Bewerbungen bei Auweier Unhold & Partner hageln!

  2. chris

    Langweilig, ohne erkenn­baren Sinn, bei null Prozent Unterhaltungswert!

  3. Detlef D. Seiner

    Ich schau mir weiter Burkahäuser in Google maps street view an!

  4. dieter meister

    *gähn*

  5. Michael Bukowski

    Was? Drei nega­tive Kommentare! Skandal. Aber abwarten, muss sich erst einspielen.

  6. Name

    ich fand‘ das sehr geil.
    und musste zwischen­durch sogar laut aufla­chen -was nicht oft vorkommt.
    also für meine humo­ran­spruch hat es gereicht.
    danke dafür :)

  7. Jürgen Siebert

    Kaum zu glauben, schon zwei Anfragen beim Fontblog zu dieser Geschichte. Vor 30 Minuten rief eine Trainerin für effi­zi­en­tere Meetings an und ließ sich die Nummer von Auweier Unhold & Partner geben. Dann traf eben die E-Mail von einer Berliner Bioküche ein, die einen spezi­ellen Speiseplan für Kreative im Programm hat (Energiebällchen und dgl. mehr). Scholz & Friends und Heimat seien angeb­lich seit 2 Jahren Kunden.

  8. martin

    naja, dass diese art der peri­flage noch zieht mag ich dir nicht so recht abnehmen jürgen … zu dem nicht­leser ein wenig kunstgeschichtliches :

    »
    Leseschwierige, Ihnen kann geholfen werden!
    Wenn es Ihnen schwer­fällt Bücher zu öffnen oder Zeitschriften vom haken zu nehmen, wenn Sie Züge, Flugzeuge und Boote verpassen — wegen Nichtlesenkönnen der entspre­chenden Dringendfahrpläne —, dann Sie sind der die oder das Kandidat für unseren
    Leseabgewöhnungskurs ohne Reue!
    der eigent­lich heißen sollte:
    L E S E WILLENS U N T E R D R Ü C K U N G S K U R S!!
    Sie weder öffnen noch schliessen, weder begehren noch fürchten, weder schreiben noch lesen Gedrucktes, Geschriebenes, Gebuchtes, Geplantes, Bestelltes.
    Schreiben Sie nur noch ein einziges Mal, und zwar an unseren Verlag, und lesen Sie nur noch ein einziges Mal: Unsern Kursbriefhaufen. Danach aber seien Sie frei von oben beschrie­benem Übeln, möchten wir Ihnen garantieren.
    «

    (Dieter Roth, INSERATE [1991])

  9. Jürgen Siebert

    Dieter Roth, Dieter Roth, Dieter Roth … ist das nicht der Erfinder der Literaturwurst? Der hat doch Romane von Grass und Böll zerschred­dert, mit Fett und Würze vermischt und in Schweinedärme gefüllt. Das ist mal eine Art (= große Kunst), Literatur zu konsu­mieren, ohne zu lesen.

  10. R::bert

    … irgendwie billig und fad. Typische Klischees werden bedient und ziehen die Branche in den Dreck. FontShop macht auch noch mit. Wer’s braucht!

    Aber – wer braucht’s?

  11. Bukowski

    @R::bert „… ziehen die Branche in den Dreck“!? Mit Verlaub, aber jetzt kommen mir ein biss­chen die Tränen. Die arme, kleine Branche, aber auch!

  12. Grabowski

    Wie bitte? „gähn“, „lang­weilig“ , „… ob solche Persiflage noch zieht …“? Wenn ich da als Agentur-Chef auch mal was sagen darf: Seit wann ist denn unser Alltag witzig? Und wer veröf­fent­licht hier über­haupt Interna aus unserer Montagskonferenz? Und wo steckt eigent­lich schon wieder mein Katzenkostüm? Wir haben gleich Präsentation und ohne Katzenkostüm kann ich nicht präsen­tieren. Mann, Mann, Mann, was’n Tag schon wieder …

  13. robertmichael

    grup­pen­fotos aus stock­be­ständen (vorwie­gend ameri­ka­ni­schen) erkennt man auch schön an dem ‚quoten­schwarzen‘ — damit es ja PC bleibt.

    ansonsten, wo war die story… ich hoffe da kommt noch was nach.

  14. Bukowski

    Ja, da kommt aller­dings noch was nach ;) Das war erst der Auftakt.

  15. dieter meister

    ja herr grabowski, kaum zu glauben … aber *gähn*.

  16. Grabowski

    Also gut, Herr Meister, einigen wir uns auf *gähn*.

  17. R::bert

    @ Michael Bukowski
    Ja Herr Bukowski, es gibt eben nicht nur die Großen, sondern auch die Kleinen unter den Agenturen. Und die haben manchmal so ihre Mühe ein gutes Vertrauensverhältnis zum Kunden (der auch eher aus der »Basis« kommt) auf zu bauen. Der nämlich hat nicht zuletzt auch aufgrund solcher Beiträge, wie dem Ihren, ein recht verschro­benes Bild von soge­nannten Werbeagenturen, oder besser Werbefuzzis um Ihrer Lektüre etwas näher zu kommen. Denen kann man in seinen Augen nämlich nicht wirk­lich über dem Weg trauen. Da muss man immer schön skep­tisch und vorsichtig bleiben. Die könnten einen ja über den Tisch ziehen und irgend­eine Maßnahme einreden, die ja dann sowie so nichts bringt.

    Habe ja nichts gegen ein gesundes Maß an Selbstironie und -kritik. Wenn sie meine Kommentare zum Thema »G R A Z« lesen würden, wüssten Sie das. Aber gerade aufgrund der sich häufenden Fälle, wie das eben genannte Beispiel, sehe ich eine sich vergrö­ßernde Kluft zwischen den Kreativen und deren (poten­ti­ellen) Auftraggebern und habe nicht gerade den Eindruck, dass Ihre Polemik zur »Linderung« des Problems dient. Verstehe ich auch nicht, warum FontShop das Ganze noch unter­stützt, denn der lebt ja gerade von den Agenturen … aber viel­leicht sehe ich das ja alles auch viel zu eng.

    @ Herr Grabowski
    Kein schönes Dasein, oder? Sicher, dass Sie in diesem Job jemals glück­lich werden?
    ; )

  18. Michael Bukowski

    @ R::bert Hui, was für eine Tragweite hier aufkommt. Dann lassen Sie mich bitte möglichst dees­ka­lie­rend meine Perspektive erklären. Vorab zu meiner Person: Ich arbeite selbst in dieser Branche und das schon einige Jahre. Mein Anliegen ist nicht, in die Hand zu beißen, die mich füttert. Es geht mir gene­rell auch gar nicht darum, die Werbung gene­rell für meschugge und mich für was besseres zu erklären. Tatsächlich mache ich mich zwischen den Jobs gerne mal weniger explizit über die Werbung, als viel­mehr allge­mein über unsere beschwingte Business-Moderne lustig.

    Ich bin ansonsten sowohl mit den spezi­fi­schen Besonderheiten des Business‘ bei klei­neren und großen Agenturen vertraut. Wenn eine solche humor­voll gemeinte Note für Sie eine ernste Bestätigung von Vorurteilen gegen­über unserer Branche nach sich zieht, dann staune ich darüber etwas, aber das ist ganz sicher nicht meine Intention.

    Wie Sie hoffent­lich den folgenden Beiträgen werden entnehmen können, zielen meine Geschichten auch nicht dahin, auf plumpe Weise andere der Idiotie zu bezich­tigen. Es handelt sich für mich um eine Art Ventil und meine Figuren machen sich in der Regel mehr über sich selbst lustig als über andere.

    Zum Ausgleich biete ich Ihnen an, sich davon selbst zu über­zeugen: Ich lege Ihnen gerne ein Exemplar vom aktu­ellen Band 10 in die Post, wenn Sie mir Ihre Postanschrift an mail ät bukowski-berlin punkt de mailen. Sie werden dort auch ganz unab­hängig von der Werbung (meine Bücher drehen sich bei Gott nicht nur darum) sehen, dass mindes­tens der Herr Grabowski seinen Spaß hat und mit ihm auch der eine oder andere Leser.

    Einverstanden?

  19. R::bert

    Jetzt weiß ich gleich gar nicht, was ich schreiben soll! Wohl doch etwas eng in der Sicht gewesen? Möglicherweise kann man das aber auch alles so heraus­lesen, wenn man den Autor und seine Stücke nicht wirk­lich kennt … wäre in diesem Fall wohl schade.

    Wie dem auch sei, freue ich mich über Ihre »dees­ka­lie­rende Perspektive« und die kleine Offerte. Ein Zeichen, dass Kommunikation auch etwas Verbindendes haben kann ; ) Danke!

  20. Dominik

    Also lustig ist das nicht. Selbst wenn man keine Zeit für ganze Romane hat, ist es witziger, eine belie­bige Seite eines Douglas-Adams-Romans aufzu­schlagen und zu überfliegen.

  21. Immer noch die gleiche Vroni

    @ r::bert
    „… ein recht verschro­benes Bild von soge­nannten Werbeagenturen, oder besser Werbefuzzis um Ihrer Lektüre etwas näher zu kommen. “

    Ja aller­dings. Das hat dieser Auftraggeber.

    Ob das jedoch davon kommt, dass er solche Texte liest, in der sich die Szene mehr oder weniger gekonnt auf die Schippe nimmt, bezweifle ich.

    Das Klischee der Werbefuzzies wird in den Medien von der Serie „Mad Men“ aufge­wärmt. Vorher war es das Buch von Frédéric Beigbeder (39.90), dann der Film über die Koksnasen dazu.

    Den Texten des guten Bukowski allein wird es also nicht anzu­lasten sein, wenn der Durchschnittskleinauftraggeber der kleinen Agentur vor der Stadt miss­trau­isch herum­zickt, wenn sie neue Ideen vorschlägt :-) Das Klischee-Ding ist so gut wie histo­risch. Ich würde fast sagen: Es ist gelaufen, der Ruf der Branche dahin^^, egal ob zu Recht oder zu Unrecht. Nicht Bukowski prügeln.

    Was Bukowski aber gern machen darf: Noch einen Zahn zulegen, damit es wirk­lich Satire wird und nicht lahmes Klischee. Das ist gar nicht so einfach, denn die Werbeagenturwelt hat real bereits sehr sati­ri­sche Züge. :-)

  22. R::bert

    @ Vroni (die gleiche oder die selbe? ; )
    Schön, dass Du verstehst, was ich meinte! »Den Texten des guten Bukowski allein« lastet ja auch niemand etwas an. Und geprü­gelt wird sich hier auch nicht. Mein Schreiben war eher ein Versuch, die Sensibilität für das Thema und das Verantwortungsbewusstsein dazu etwas zu schärfen. Ein Blick auf die andere, erns­tere Seite der Medaille sozu­sagen. Ich glaube schon, dass unsere Worte und Äußerungen etwas auslösen, Bilder zeichnen, Haltungen bewirken (von der Tragweite erstmal ganz abge­sehen). Daher sollten wir uns eben genau über­legen, was wir da so in der Öffentlichkeit verstreuen. Ich glaube aber auch, unser kleiner »Disput« war für beide Seiten zumin­dest nicht ganz unfruchtbar ; )

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