»Mein Buchstabenkarussell dreht größere Runden.«

Interview mit Martin Wenzel über seine neue Schrift FF Duper

siebert_wenzel

Gestern hatte Fontblog den Schriftentwerfer Martin Wenzel zu Gast, um ein Gespräch über seine neue FF Duper zu führen. Eine Besonderheit der vitalen Druckbuchstabenschrift ist der Letter-Loop, der drei neben­ein­ander getippten glei­chen Buchstaben (wie in Schifffahrt) indi­vi­du­elles Aussehen verleiht. Wie es funk­tio­niert und was Duper noch kann … weiterlesen.

duper_schriftmuster

Fontblog: Wie kamst Du auf die Idee, eine Schrift mit Automatik zu entwerfen.

Martin: Die erste Idee für diese Art Schrift hatte ich schon vor 10 Jahren: Eine spontan anmu­tende Handschrift sollte es werden, deren Druckbild nicht nach Computer aussieht. Vor andert­halb Jahren entschloss ich mich dann dazu, das Projekt ernst­haft anzugehen.

Deine Schrift nutzt OpenType-Automatiken. Sicherlich hat die zuneh­mende Verbreitung dieses Fontformats deine Projekt angefeuert.

Ja, OpenType bietet die entschei­dende Unterstützung für den Effekt. Mit seiner Hilfe lassen sich ganz auto­ma­tisch Schriftbilder erzeugen, die sich immer wieder verändern.

Deine Duper erin­nert an zwei andere Schriften, und scheint das Beste aus beiden Welten zu vereinen: FF Kosmik und Comic Sans.

Die Nähe zur Comic Sans sehe ich nicht. Das ist eine konstru­ierte Schrift, ich glaube sogar mono­line, also ohne Dynamik in der Strichstärke. Meine ist tatsäch­lich aus der Handschrift herge­leitet, genauer gesagt: Aus 3 x 4 = 12 Fassungen meiner Handschrift.

Wie meinst Du das?

Na ja, Duper besteht aus den Schnitten Regular, Italic, Bold und Bold Italic. Damit sie später ein leben­diges, authen­ti­sches Schriftbild ergibt, habe ich für jeden dieser Schnitte den kompletten Zeichenvorrat 3 mal auf Papier gezeichnet.

Holla, sogar die Satzzeichen und Akzente? Das sind doch ein paar tausend Glyphen.

Um es genau zu sagen: Es waren 5700. Das ist auch der Grund dafür, warum das Projekt schließ­lich 12 Monate statt 12 Wochen gedauert hat. Aber ich glaube: Es hat sich gelohnt.

Wie unter­scheidet sich deine Loop-Technik von der Flipper-Technik der Kosmik?

Meines Wissens zählt die Flippertechnik von Erik van Blokland – der Pionier, unser aller Vorbild – die drei Formvarianten konse­quent durch: 123123123 …. Das heißt bei den drei s im Wort ›Messschraube‹ gibt es eine 100-prozen­tige Wechselquote, bei ›Messestand‹ jedoch nur eine 66-prozen­tige, weil das dritte s im Wort wieder auf denselben Takt wie das erste s fällt.

vgl_duper_kosmik_klein

Die Wechselautomatiken von FF Duper und FF Kosmik basieren auf zwei unter­schied­li­chen Algorithmen, wobei Duper mit getrennten Zyklen für Vokale und Konsonanten arbeitet (diese Abbildung als PDF)

Bei meiner Loop-Technik laufen zwei Zählzyklen parallel, einer für die Konsonanten und einer für Vokale. Ich habe nämlich in Tests fest­ge­stellt, dass man auf diese Art die unge­wollte Wiederholung deut­lich verrin­gern bzw. so ausein­ander ziehen kann, dass unser Auge die Schrift nicht mehr als maschi­nell wahrnimmt.

Und noch etwas: Bei Duper zählen die Wortabstände nicht mit, was die zwei Loops aber­mals hori­zontal streckt. Fazit: Mein Buchstabenkarussell dreht größt­mög­liche Runden.

Mit welchem OpenType-Feature wurde dieser Automatismus realisiert?

Mit der Funktion »kontext­be­dingte Varianten«, im Englischen als »contex­tual alter­nates« bezeichnet. Übrigens wuchs der Programmiercode von 6 Zeilen auf das Zehnfache an, als ich den einfa­chen Loop zum zwei­fa­chen aufbohrte.

duper_schriftprobe_klein

Wir sollten noch kurz auf den Zeichenvorrat der Duper zu spre­chen kommen, denn sie ist sehr gut ausgebaut.

Das stimmt. Neben diversen Ziffernarten, Brüchen und netten Ligaturen enthält Duper auch Pfeile, Bullets, Etiketten und andere Raffinessen.

Und sie ist ein Sprachtalent, oder?

Richtig, die Pro-Variante der Schrift unter­stützt 64 Sprachen.

Vielen Dank für das Gespräch, Martin.

duper_t_shirt

Weil sich FF Duper wunderbar für sympa­thi­sche Botschaften auf T-Shirts eignet – Martin Wenzel, bitte mal weghören –, als raffi­nierte Alternative zur Comic Sans, gibt es nicht nur das oben abge­bil­dete (unver­käuf­liche) Shirt, sondern die ersten Fan-Shirts über Spreadshirt. Besucht einfach den Shop Words on Shirts, der hier zu finden ist.

Die OpenType-Schrift FF Duper selbst gibt es natür­lich im FontShop, wer sie als OpenType-Pro oder im (nicht auto­ma­ti­schen) PostScript-Format wünscht greife hier zu.

duper_words_on_shirts


12 Kommentare

  1. sir

    Technik mag toll sein, Arbeit wars anschei­nend ne Menge, nur die Schrift finde ich gar nicht toll… schade eigentlich

  2. verena

    Martin, Du Teufelskerl!

  3. Benjamin Hickethier

    Ja, Martin, wunder­schöne Form (schönes Buchstabenprofil!), groß­artig-pfif­figer tech­ni­scher Hintergrund, sehr beein­dru­ckend und sehr sympa­thisch. Und endlich ein neuer ‹großer› Wenzelfont! Ich freue mich auf einen Anwendungsbereich – viel­leicht den aller­ersten in Norwegen?!

    PS. «Erik van Blokland – der Pionier, unser aller Vorbild – …» ;-)

  4. Indra

    Ich möchte den Film sehen!

  5. Eigi

    die Duper gibt’s im (nicht auto­ma­ti­schen) PostScript-Format?

    Wo?

    Eigi

  6. jamie oliver

    die Idee finde ich super, hab mir dasselbe Prinzip auch schon über­legt, nur wusste ich nicht wie umsetzen. Die Schrift gefällt mir auch. Ist natür­lich eine Schrift die man nicht überall einsetzen kann.

  7. Jürgen Siebert

    ie Duper gibt’s im (nicht auto­ma­ti­schen) PostScript-Format?

    Ich meinte TrueType-Format.

  8. Erik van Blokland

    Tolle Schrift und Technik!

  9. Detlef D. Seiner

    Ich muss echt auch sagen, wenn demnächst ein Kunde felsen­fest an seiner – ich kann dieses Wort eigent­lich gar net ausspre­chen – Ccccccomic S… klebt, dann werde ich ihm diesen Font höchst­per­sön­lich ans Herz legen.

  10. Ina

    Also ich find sie super und keines­falls vergleichbar mit Comic Sans, aber es hängt natür­lich davon ab, was man daraus macht… :-)

  11. Martin Wenzel

    Ich danke euch – wenn auch verspätet – für die Kommentare (außer dem 1.).

    Kurz nochmal zum Programmieraufwand: für einen Standard-Loop (123-123-123) braucht man 2 Zeilen, der Duper-Loop ist 222 Zeilen lang.

    PS. Inrda, es ist was in Arbeit :-)

  12. R::bert

    Gefällt mir ja immer noch sehr! Schade nur, dass es keine l-Alternative mit Bogen gibt, sonst könnte man sie sogar für Leseanfänger verwenden. Das Versaleszett müsste natür­lich auch noch rein ;-)
    Trotzdem: Hut ab für den Aufwand und das gelun­gene Ergebnis!

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