Wie jetzt, Lange Nacht der Wissenschaften …!?

Die Lange Nacht der Wissenschaften in Berlin und Potsdam ist eine Erfolgsgeschichte. Im kommenden Jahr findet sie zum 13. Mal statt. Universitäten, Fachhochschulen, Forschungsinstitute und rund 70 tech­no­lo­gie­ori­en­tierte Unternehmen in Berlin und Potsdam wollen in der »klügsten Nacht des Jahres» einen Besucherrekord aufstellen. Ein neues Corporate Design soll der hete­ro­genen Veranstaltung ein klares Profil verleihen. Hierfür gibt es eine Ausschreibung, die in Designerkreisen für Entsetzen sorgte.

Der Berufsverband der Kommunikationsdesigner (BDG) rät ab von Wettbewerben, die keine Jury bekannt­geben, kein Gesamtbudget und keine Entscheidungskriterien nennen. Allein das Beschaffen der Unterlagen für die Vorauswahl braucht zwei Tage und niemand weiß, wer danach und warum einge­laden wird. Und dann mal schnell die krea­tive Aufgabe lösen, ohne Honorar?!

Erik Spiekermann twit­terte gestern: »Kostenlose Konzepte! Nicht mitmachen!«

 

Gegenüber Fontblog äußert er: »Ein Skandal! Wer sich die Mühe macht, endlose Fakten beizu­bringen, der wird einge­laden. Unter den Eingeladenen entscheidet dann eine ›Entscheidungsstelle‹, die natür­lich zusätz­lich zum finan­zi­ellen Angebot auch gleich ein ›Grobkonzept‹ mit Skizzen will. Über den Honorarumfang der vom Gewinner zu erwar­tenden Leistungen wird kein Wort verloren.«

Was meinen die Fontblog-Leser?


19 Kommentare

  1. Daniel Bendl

    Die Ausschreibung in ihrer büro­kra­ti­schen Form ist für jeden krea­tiven Prozess schon mal das erste Hindernis. Man fragt sich, ob hier ein Amt von Handwerksfirmen ein Angebot über eine Dachsanierung haben möchte. Wer bitte schön defi­niert solche Kriterien? Viele krea­tive Freiberufler fallen von vorn herein schon durchs Raster, denn wer von denen hat schon eine Betriebshaftpflichtversicherung sowie eine Vermögensschadenshaftpflichtversicherung? Das ganze dann bitte schön noch in doppelter Ausführung per Post zusenden? Kennen die keine digi­talen Bewerbungsformulare? Zwei Möglichkeiten: Absolut Unerfahrene wollten es perfekt machen und an jede Kleinigkeit denken oder im Hintergrund sind die Entscheidungen für einen Dienstleister bereits gefallen und man hat die Hürden bewusst hoch ange­setzt. Mein Bauchgefühl sagt mir, dass es letz­terer Umstand ist.

  2. Arne

    Unter aller Kanone! Die sollen sich einfach umbe­nennen in LANGE LACHT DER WISSENSSCHATTEN e.V.. Dann kann alles so bleiben wie es ist und es wird kein öffent­li­ches Geld durch ein solch unter­ir­di­sches Verfahren verschmiert.

  3. Marlene

    Bei der langen Nacht 2011 hat man einfach mal die Klasse Hickmann an der UdK machen lassen und sich davon das beste ausgesucht.
    Auch eine Möglichkeit möglichst breit gefä­cherte Entwürfe zu bekommen und sich die vermeint­li­chen Rosinen raus zu picken…

  4. Mick

    Nur nicht ausbeuten lassen, es sei denn man macht es als Ehrenamt.

  5. Christian Büning

    lieber Jürgen, danke, dass du auf unseren BDG Fairward hinweist. (www​.bdg​-fair​ward​.de). An vier einfa­chen Regeln kann man faire Designwettbewerbe erkennen, sonst lieber die Finger davon lassen.

  6. Johannes

    Vergütung, nicht Honorar: Gutes Geld für gute Arbeit, nicht eine Ehrengabe. Ganz grund­sätz­lich, unab­hängig von dieser Ausschreibung.

  7. fox

    Das gibts trau­ri­ger­weise überall:

    Grade aktuell aus Bremen. Da ruft die bremer Entorgungsfirma u.a. „profes­sio­nelle Designer“ auf ein kosten­loses Design zu machen + Abtritt aller Rechte daran! Das schlimme daran: Das Bezeichnung „profes­sio­nell“ beinhaltet, dass der Designer mit Design seinen Lebensunterhalt verdient. Er also statt seine Miete zu zahlen doch bitte sein Geld einem Unternehmen schenken soll. UNGLAUBLICH …

    http://​www​.entsor​gung​-kommunal​.de/​s​i​x​c​m​s​/​d​e​t​a​i​l​.​p​h​p​?​g​s​i​d​=​b​r​e​m​e​n​2​0​6​.​c​.​4​7​0​2​.de

    Ich glaube viele Unternehmen legi­ti­mieren sich die Aufforderung kosten­loser Arbeit durch den Ausruf eines Wettbewerbes. Viellicht sollte man als Designer auch einfach seine Entsorgungsgebühren nicht mehr zahlen mit Hinweis auf einen „Wer holt meinen Müll kostenlos ab“- Wettbewerb.

  8. Berliner

    Agenturen, die von der Berlinale zum jähr­li­chen Pitch einge­laden werden, erhalten ein Ausfallhonorar von 200,— Euro.

  9. carlos

    Die Frage ist ja, warum ausge­rechnet in unserer Branche Auftraggeber auf die Idee kommen, Leistungen gratis oder für ein lächer­li­ches Honorar – siehe Berlinale-Pitch – zu verlangen.

    Ich fürchte die Antwort ist: Wir sind es selbst schuld.
    …Weil es in unserer Branche eben genug Büros und Agenturen gibt, die für einen Hungerlohn arbeiten – Hauptsache ’n geiles Projekt und ’ne schnieke Referenz. 
    …Weil es keine vernünf­tige und geschützte Berufsbezeichnung gibt.
    …Weil die Ausbildung verdammt schlecht ist. (Ihr solltet euch mal das Gestotter bei irgend­wel­chen Präsentationen anhören – kein Wunder, dass wir nicht ernst genommen werden.
    …Weil es eine Branche ist, in der die eigenen Mitarbeiter ausbeutet werden – denn anders kann ich mir diese Gehälter nicht erklären.

    Und so weiter.

    Wer ernst genommen werden will, muss anders auftreten. Wer ernst genommen werden will, darf nicht an 200-Euro-Pitches teil­nehmen. Wer ernst genommen werden will, muss seine eigenen Mitarbeiten erst nehmen.

  10. Christian Büning

    @ Carlos: ich fürchte, den Architekten und den Journalisten gehts nicht wesent­lich anders, aber das recht­fer­tigt nicht dieses Wettbewerbsgebahren hier. Wir bieten als Berufsverband Unterstützung für faire Wettbewerbe an, können aber kein Kind retten, das schon im Brunnen ertrunken ist. Ärgerlich ist, dass hier öffent­liche Mittel einge­setzt werden, um von prekären Arbeitsumständen zu profi­tieren. Wirtschaftlicher Sachverstand geht anders, können sogar Wissenschaftler bestätigen…

  11. koni

    Tja, auch das ist der Markt. Wenn man so zu brauch­baren Resultaten kommt ist es ein legi­times Vorgehen. Find die Entrüstung vor allem dann ein wenig arg wutbür­ge­risch-gespielt wenn die Spiekermänner dieser Welt Geld mitbringen um sich in Wettbewerben anderer Art pres­ti­ge­trächtig gegen­seitig zu deko­rieren. Grad bei einem nonprofit-Projekt kann man schon auch gern mal etwas groß­zü­giger über nicht ganz so profes­sio­nell ausge­ar­bei­tete Wettbewerbskonditionen hinweg­sehen und denen die Teilnahme nicht vermiesen, die darin eine (wie auch immer gear­tete) Chance sehen.
    Und eben weil es öffent­liche Gelder sind ist auch sparsam damit umzugehen.
    Braucht nicht viel Phantasie um zu sehen, daß womög­lich hier zu viel inves­tiertes Geld ander­weitig drin­gender benö­tigt würd.

  12. carlos

    @Christian Büning
    Architekten haben ja auch ähnliche Probleme – siehe beispiels­weise die Ausbeutung der eigenen Mitarbeiter, die Gier nach Prestigeträchtigen Projekten usw.

    Ich glaube, wir brau­chen endlich mal einen vernünf­tigen Diskurs über die Problematik. Aber leider stehen auf den ganzen Veranstaltungen nur die Lombardos dieser Republik auf der Bühne und lassen sich für ihre Projekte feiern.

  13. Christian Büning

    @ carlos: Vielleicht kann ein Schlaglicht diesen Diskurs beleuchten. In unserem aktuell laufenden Report haben wir gefragt, wie gut die Designer sich kauf­män­nisch auf den Beruf vorbe­reitet sehen. Die 1.800 Designer vergaben die Durchschnitts-Schulnote 5,0. Da sehen wir Handlungsbedarf in der Ausbildung.

  14. carlos

    @Christian Büning

    Sicher, das ist ein großes Problem. An unseren Hochschulen gibt es ’ne Menge lässiger Workshops mit den Eike Königs dieses Landes, aber es fehlt komplett die Vorbereitung auf den Beruf. Übrigens ist das nicht nur in kauf­män­ni­scher Hinsicht so: Auch gestal­te­risch, bzw. design­theo­re­tisch scheint die Ausbildung bei uns sehr schlecht zu sein. Jedenfalls schließe ich das A) aus meinem eigenen Studium und B) aus meinen Erfahrungen mit ehema­ligen Kollegen.

  15. koni

    In Deutschland gibt es ganz tolle Gestaltung. Also wird wohl auch die Ausbildung gut sein. Ich glaub sogar sie ist hervor­ra­gend. Mit dem bischen kauf­män­ni­schem Wissen, das in einem GESTALTUNGSstudium zu vermit­teln ist, läßt sich die hier disku­tie­rete Problematik sicher nicht lösen. Ist eine ganz simple Frage von Angebot und Nachfrage.
    Wenn es eben mehr Leute gibt die solche Jobs haben wollen als es solche Jobs gibt ist derje­nige, der die Jobs anbietet eben in der komfor­ta­bleren Situation. Da kann man kauf­män­nisch bilden was man mag.
    Zudem ist es jetzt nicht die Aufgabe einer Ausbildung in allen Details auf die Selbständigkeit vorzu­be­reiten. Wer das vor hat, hat schon selber dafür Sorge zu tragen daß er auch jenseits gestal­te­ri­scher Kompetenzen für den Job gewappnet ist.

  16. carlos

    @Koni

    Echt?
    Hast du mal gehört, wie der durch­schnitt­liche Designer über Gestaltung redet (Ja… äh… die Schrift finde ich ganz schön, weil die so modern ist.)
    Hast du mal gesehen, wie die durch­schnitt­li­chen Diplomarbeiten aussehen? Also die, die nicht beim ADC oder TDC ausge­zeichnet sind, die ganz gewöhn­li­chen Abschlussarbeiten?
    Und wie kommst du darauf, dass das Studium sich auf bloße Gestaltung redu­zieren muss? Was ist mit Designtheorie, Designrecht usw.? Nicht nötig?

    Und die Frage ist ja: Warum gibt es so viele Leute, die diese Jobs haben wollen? Warum gibt es Designer, die an 200-Euro-Pitchs teil­nehmen? Warum gibt es Designer, die für 2.000 Euro im Monat arbeiten? Und was kann man dagegen tun?

  17. koni

    Und wie kommst du darauf, dass das Studium sich auf bloße Gestaltung redu­zieren muss? Was ist mit Designtheorie, Designrecht usw.? Nicht nötig? 

    Wie kommst Du darauf daß ich darauf komm?

  18. carlos

    Du beton­test GESTALTUNG, was mich vermuten ließ, dass du wärest dieser Überzeugung. Wenn dem nicht so ist, tut es mir leid, dass ich dich falsch verstanden habe.

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