Kopie or not Kopie?

Strahletitel

Ich spiele gern’ mit offenen Karten und rege gerne auch Diskussionen an. Am Samstag bekam ich eine nette E-Mail von Jens Fassmann (SignForm24): »Gestern ist mir auf dem Nachhauseweg dieses Citylight-Poster aufge­fallen: Hat das was mit euch, den Moniteurs oder den ›100 besten Schriften‹ zu tun oder hat sich da durch Zufall etwas überschnitten?«

Ich antwor­tete ihm, dass es kein Zufall sei, sondern ein Zusammenhang bestehe. »Damit unser Strahle-Cover nicht nach Lenor oder Dash aussieht (vgl. form-Cover Packaging), suchte ich nach ›poeti­schen Waschmittel-Strahlen‹ … was ich jedoch nicht weiter beschreiben konnte. Im Dezember dann fielen mir die Heinrich-Plakate ins Auge, bei dem die Strahlen nicht gerade, sondern gebogen ange­legt sind. Ich mailte den Moniteurs ein Foto, um mich verständ­lich zu machen. Sie griffen die gebo­genen Strahlen auf und haben trotzdem etwas eigenes geschaffen. Wäre ich nicht zu dieser Bewertung gekommen, hätte ich mein OK nicht gegeben. Fazit: Beeinflussung ja, Kopie nein!«

Im Januar, kurz nach Erscheinen von »100 beste Schriften«, hatte Bernd Kreutz bereits eine erste Inspirationsquelle enttarnt, nämlich die Musik-Rankings der Zeitschrift Rolling Stone. Sein schmei­chelndes Fazit: »… es ist etwas komplett Eigenständiges und Großartiges geworden, eine Pflichtlektüre für alle an visu­eller Gestaltung Interessierten. Und zwar deshalb, weil es sein Vorbild nicht verleugnet, sondern es feiert, preist und ehrt. Weil es ihm seine Referenz erweist, nicht durch nach­ma­chen und nach­ahmen, sondern durch aufgreifen und weitertragen.«

Labyrinthisches

Ich hole an dieser Stelle etwas weiter aus und betreibe eine Nabelschau, weil ich mich vor jemanden stellen möchte. Heute morgen erhielt ich nämlich eine E-Mail unseres Designer-Kollegen Benjamin Hickethier, einen der am besten vernetzten Pragmatiker der Branche. »Ein guter Freund von mir (Sandy, www​.image​-shift​.net) gestal­tete das Labyrinth-Cover einer G8-kriti­schen Broschüre mit dem Titel ›Die Deutung der Welt‹. Vor ein paar Tagen stieß er in einem Werbeflyer zufällig auf den Titel des Buches ›Orientierungssysteme und Signaletik‹, das eben­falls auf der Idee eines Typo-Labryinths basiert. ›Lustiger Zufall‹ dachte sich Sandy und rief den Entwerfer an, der wohl anfangs eher gelassen reagierte und Sandy bat, ihm das Cover zuzu­schi­cken. Nachdem er das getan hatte, bekam Sandy am folgenden Tag eine Mail, in der dieser Entwerfer bei Verwendung des Covers mit juris­ti­schen Schritten drohte.«

Wenn die Geschichte so stimmt, wie Benjamin sie erzählt, dann hielte ich eine solche Reaktion für über­zogen. Erst recht, wenn Sandy die »Vorlage« nicht kannte, was ziem­lich wahr­schein­lich ist, denn seine typo­gra­fi­sche Konstruktion ist eine völlig andere als die auf dem Buchtitel. Und deshalb stelle ich mich vor Sandy.


31 Kommentare

  1. Oliver Adam

    Könntet Ihr Eure Inspirationsquelle Rolling Stone hier auch zeigen? Ich habe auf deren Website nichts entde­cken können. Oder ist nur das Cover gemeint?! Nee, oder?

  2. Jürgen

    Das Heft gibt es nicht mehr und es scheint auch online nicht verfügbar. Es erschien 2005 und war ein Supplement zum Hauptheft. Es ist nicht das Cover gemeint, sondern die (auch nicht sooooo origi­nelle) Grundidee, ein Beste-aller-Zeiten-Ranking auf die Beine zu stellen. Ansonsten war unsere Dramaturgie ähnlich der des RS-Supplements: begin­nend mit Platz 1 (ausführ­liche, ganz­sei­tige Story), und immer kleiner werdenden Portraits bis Platz 100.

  3. thomas

    hmm dann verklage ich das »i/o magazin« auf idee- und titel­klau. wunderbar. denn da war ich auch über­rascht, dass zwei leute auf die geiche idee gekommen sind, mit dem unter­schied, dass meine nur im fh-kurs gezeigt wurde und die jungs und mädels ihre zur veröf­fent­li­chung grbracht haben. 

    aber mal im ernst, finde ich ein wenig über­zogen, da mit klage zu drohen, ich fände es gerecht­fer­tigt, wenn es deckungs­gleich wäre, aber so … es ist eine idee mit einer anderen ausfer­ti­gung, das buch­cover ist ausserdem viel mehr typo und das g8-cover mehr grafi­isch gelöst.

  4. Roman

    Inspiration hin oder her – es handelt sich offen­sicht­lich um zwei völlig unter­schied­liche Labyrinthe und damit zwei indi­vi­du­elle Designs. Dem konkreten Labyrinth-Design mag ich ja durchaus eine schüt­zens­werte Schöpfungshöhe zuge­stehen, nicht aber schon allein der Idee, ein Labyrinth auf ein Cover zu drucken. Sonst ist man ganz schnell da, wo man dann auch Ansprüche auf Farben (Magenta, Magenta! ;-) oder Formen („Wir haben das Quadrat zuerst benutzt!“) erheben könnte. Kurz: Die Idee allein ist zu trivial – einer Klage würde ich gelassen entgegen sehen …

  5. Jens

    so ähnlich wie Bernd Kreutz sehe ich das auch, es ist eigen­ständig. By the way – kann es nicht auch sein, das diese Strahlen die ‚Hochblüte‘ der »Swooshes« wie zB beim Nike-Logo darstellen? (http://​www​.thestreet​.com/​p​f​/​t​e​c​h​/​i​n​t​e​r​n​e​t​/​9​8​6​1​5​0​.​h​tml)

  6. Fritz

    für mich ist das ein »skandal«! :-)
    font­shop möchte nicht seine vertrie­benen schriften abge­kup­fert wissen (siehe infiniType), begibt sich aber mit bewer­bung derselben auf ähnlich treib­san­digen boden. und die gestalter lassen sich auch noch drauf ein.
    es reicht nicht keine eigenen ideen zu haben. man muss auch noch unfähig sein diese auszudrücken.
    p.s. an jürgen: gibt es nicht einen ortho­gra­phisch kompe­tenten korrek­tur­leser, der den font­blog vor veröf­fent­li­chung glatt­bürsten könnte? die gänse­haut beim lesen würde ich mir nämlich lieber bei der krimi­lek­türe holen …

  7. Jürgen

    Ich dachte, es wäre allge­mein bekannt, dass ich nicht der Erfinder des Rankings bin …

  8. Schnock

    Den letzten Fall betrach­tend, ist es immer wieder erstaun­lich, in welchen Sphären sich manche Designer sehen. Glaubt der Designer des Buchcovers tatsäch­lich, er ist der erste mit dieser Idee? Solch ein Labyrinth-Muster, das Wörter darstellt, habe ich vor einigen Jahren in einer Kirche in Athen foto­gra­fiert. Sogar die Farben stimmen mit dem des Buchcovers überein! Leider ist der Schöpfer vor einigen hundert Jahren gestorben und kann so den Coverdesigner nicht mehr in Regress nehmen. Zu dumm aber auch.

  9. jamie

    Gerade vor ein paar Tagen habe ich ein Eintrag in meinem Blog zum Thema »Denn ich hab alles nur geklaut« geschrieben.

    Fazit darin: Egal wer, was, wen oder wie inspi­riert oder kopiert – schluss­end­lich ist immer jener der erste, dessen Gestaltung am Ende hängen bleibt. Ganz egal ob es (zeit­lich betrachtet) stimmt.

  10. Schnock

    Übrigens kann man froh sein, dass zumin­dest das Design von Webseiten nach bishe­riger Rechtsprechung als nicht schüt­zens­wert einge­stuft wird. Hoffentlich bleibt es so, kleine Dienstleister hätten keine Chance mehr am Markt, da sie gnadenlos in den Ruin geklagt würden. Martkbereinigung eben.

  11. Jürgen

    Juli Gudehus schreibt mir eben: »Ich dachte auch, als ich das Buch sah: kommt mir bekannt vor. Paßt jeden­falls in die Reihe, wenn es auch kein Labyrinth ist. Hast Du schon mal von Doppelschöpfung gehört?«

    Von Doppelschöpfung spricht man, wenn eine Schöpfung im Sinne des § 2 UrheberG unab­hängig vonein­ander von zwei Personen entwi­ckelt wurde, ohne dass die eine Person von der anderen Person wusste. Rühmt sich eine Person eines Urheberschutzes und geht gegen einen anderen im Sinne des Plagiats oder der Nachahmung vor, ist die Verteidigung i.d.R. die Behauptung der D. Derjenige, der sich darauf beruft, hat diese zu beweisen. Es gilt der Prioritätsgrundsatz, d.h. derje­nige, der die Schöpfung zeitl. vorrangig nach­weisen kann, gilt als Urheber. Möglichkeiten, diese zu beweisen sind: Eine Schöpfung […] in einem Umschlag per Einschreiben oder Rückschein sich selbst oder einem Anvertrauten zuzu­senden. Die Möglichkeit besteht auch, das entspr. Werk in der Urkundsrolle mit Datum versehen eintragen zu lassen. (Maia Steinert, Rechtsanwältin, »Lexikon Urheberrecht«)

  12. Heinrich

    jürgen, haben die »Moniteurs« auch ein alter­nativ vorschlag gehabt? wenn ja. könnte man den sehen.

  13. paul

    na ja – aber bei dieser geschichte handelt es sich doch gar nicht um die »gleiche schöp­fung« – es sei denn einer will das laby­rinth für sich geltend machen. ansonsten ist beim ausgangs­fall der umgang mit der typo­graphy sehr unter­schied­lich – bei einem ist die schrift teil des laby­rinths – beim anderen ist sie eher drin.

  14. flxb

    Hatte Fons M. Hickmann nicht auch mal ein Poster mit einem Typo-Labyrinth gemacht? Grün auf weiss mit der DS Clone? Das fand ich super… besser als beide cover…. meiner beschei­denen Meinung nach

  15. Jürgen

    @Heinrich: Ich habe diesen ersten Ansatz aus einer E-Mail vom 20. November heraus­ge­fischt, mit goldenem Rand, ganz verhal­tenen Strahlen aber einer fast endgül­tigen Typografie. Bis zum druck­reifen Entwurf vergingen dann noch mal fast 6 Wochen. Das Endergebnis lebt vor allem von den Transparenzen der Druckfarben und dem deckenden Gold-Ton darunter und darüber.

  16. Jens

    …die Strahlen erin­nern auch etwas an Guillochen von Wertpapieren oder Geldschein-Design.

    Den Plagiat-Vorwurf bei den Buchcovern halte ich auch für über­zogen. Beide Entwürfe haben gute, eigene Ideen drin. 

    Klasse das »finden, führen, fliehen«, was man regel­recht suchen muss, wie den Weg aus dem Labyrinth und auch die Integration des Textes im anderen Beispiel halte ich für sehr eigenwertig…

  17. Bernd

    Eine Träne für unsere gleich­ar­tige Welt.*hehe

  18. Ivo

    Das Ursprungscover erin­nert dafür aber tatsäch­lich umso mehr an das Rolling-Stone-Magazin. Hat auch was.

  19. Heinrich

    danke, jürgen.
    das endergebnis ist dann doch besser geworden.

  20. Jürgen

    Genau das war unser Ziel, Heinrich.

  21. Stefan

    Eine viel­leicht inter­es­sante Nebenbemerkung: Ein Labyrinth hat bloß eine mögliche Lösung. Der Irrgarten, oder auch Lustgarten, bietet viele Lösungswege (im wahrsten Sinne des Wortes) und um einen solchen handelt es sich (dem Thema entspre­chend) bei Herrn Uebeles Buch. Um so bedau­er­li­cher, dass er andere, wenn auch ähnliche Lösungen, nicht akzep­tieren mag und seinen Entwurf als einzig gültigen darstellen möchte. Das stellt sein Buch unter ein frag­wür­diges Licht, bestä­tigt mir aber meine Meinung über ihn.

    Ich bin gespannt, welchen Ausgang dieser unsin­nige Streit nehmen wird. Der Irrgarten auf dem Titel der G8-Publikation hat bezeich­nen­der­weise keinen.

  22. andreas uebele

    liebe leser,

    lustige zufälle im design, wie hier geschrieben wird, kommen sicher vor. meis­tens entsteht aber eine gute lösung durch eine sinn­fäl­lige inhalt­liche umset­zung eines problems und durch harte arbeit. so vermeidet man ähnlich­keiten. im vorlie­genden fall gibt es zwei arbeiten, die sich so sehr ähnlich sehen, dass sie hier bespro­chen werden. als desi­gner ist man doch bemüht origi­näres zu schaffen, neues zu erfinden, und nicht etwas, worüber man dann hinterher streiten kann, ob es nun ein biss­chen, sehr wenig oder doch viel­leicht ein biss­chen mehr einem anderen entwurf ähnlich sieht. der von unserem büro gestal­tete buch­ein­band kommu­ni­ziert den inhalt, form und gestalt sind hier eine einheit. gestal­te­ri­sche momente aufzu­nehmen, zu verän­dern und weiter­zu­ent­wi­ckeln ist eine selbst­ver­ständ­lich­keit, darüber muss man nicht streiten. auch wir bedienen uns aus dem formen­schatz des designs. unsere rechte als desi­gner werden aber so wenig geschützt und geachtet, dass ich über­rascht bin, dass einige kollegen dies unter­ein­ander auch nicht tun. auch wenn zufall im spiele gewesen wäre, hätte ich meinen entwurf zurück­ge­zogen, wenn mir bekannt geworden wäre, dass es etwas mehr oder weniger ähnli­ches bereits schon gibt, weil es mir sonst pein­lich wäre. unser cover ist seit über einem jahr in dem bekann­testen deut­schen fach­verlag für grafik-design zu sehen gewesen und in den einschlä­gigen fach­zeit­schriften mit einer abbil­dung des covers renzen­siert worden. eine doppel­schöp­fung liegt hier also offen­sicht­lich nicht vor. egal. wir sind stolz auf jedes plagiat, jede nach­emp­fin­dung, jede anleh­nung und jede ähnlich­keit, egal von welcher arbeit. alles auf der welt ist eben ein biss­chen laby­rin­thisch. so gar nicht laby­rin­tisch war der weg meiner e-mail-korre­spon­denz mit dem kollegen an die öffent­lich­keit. das ist bedau­er­lich, denn da design so schwer zu schützen ist, sollten es wenigs­tens persön­liche schrift­sa­chen sein. da der desi­gner des g8-umschlags, wie er schreibt, kein honorar für seine arbeit bekommen hat, werde ich ihn wohl nicht verklagen. abge­sehen von der nega­tiven energie, die diese sache hat. dass ich dies ange­droht habe (was eine reak­tion war, die gelas­sen­heit vermissen lässt), möge jeder verab­scheungs­würdig finden, der noch nie in der situa­tion war, dass er seine arbeit, an der man selbst sehr lange gear­beitet hat, nun – plötz­lich und ganz zufällig – sehr ähnlich (wie, darüber kann hier treff­lich gestritten werden) woan­ders, ein biss­chen anders von anderen sieht.

    mit freund­li­chen grüßen
    andreas uebele

  23. Jürgen

    Lieber Andrea Uebele, ich freue mich über dieses offene Statement, aus dem ich lerne, wie unter­schied­lich Menschen empfinden und werten. Und ich freue mich beson­ders, dass die »nega­tive Energie« aus der Debatte raus ist. Damit steht das Tor wieder weit offen für neue, leiden­schaft­liche Debatten … und was den Schutz grafi­scher Ideen angeht: da haben Sie mich auf Ihrer Seite.

  24. paul

    lieber herr uebele

    sie schreiben: »auch wenn zufall im spiele gewesen wäre, hätte ich meinen entwurf zurück­ge­zogen, wenn mir bekannt geworden wäre, dass es etwas mehr oder weniger ähnli­ches bereits schon gibt, weil es mir sonst pein­lich wäre.«

    frage: wie verhält es sich denn dann mit dem titel der PAGE 9.2006?

    Ist der nach oder vor ihrem entwurf entstanden? Oder anders gefragt: Ist es nicht so, dass ihr buch erst im oktober 2006 erschienen ist – und dieser PAGE titel ja schon einen monat vorher?

  25. peter

    Na ja, Herr Uebele – ich finde ja, dass sich die zwei Entwürfe gar nicht so ähneln, außer dass beide ein Labyrinth und Schrift auf einer Fläche orga­ni­sieren. Insofern finde ich ihr Drohen mit recht­li­chen Schritten gegen den Kollegen recht irri­tie­rend – zumal nachdem ich den Kommentar von Paul (s. o.) gelesen habe.

    Ich denken, dass neben der gestal­te­ri­schen Auseinandersetzung unter Kollegen auch die Form der Auseinandersetzung eine Rolle spielt. Sie schreiben nun selbst­kri­tisch über ihre Reaktion (in ihren Zeilen unten in Klammer). Aber dass sie dem Kollegen nun ein Plagiat unter­stellen, ist leider auch wieder kein schöner Stil – das gilt auch für die Unterstellung, dass er ihren Buchtitel kannte (aus dem ersten Beitrag von Jürgen geht etwas anderes hervor und der Kollege hatte sie wohl auch noch angerufen).

    Noch etwas weiteres stört mich: Sie tun so, als ob die Kombination von Typographie und Labyrinth »durch harte Arbeit« von ihnen erfunden wurde. Dass sie hart arbeiten, stellt niemand in Zweifel – aber bei solch einem Entwurf, bei dem jeder Grafiker sofort denkt: »Na klar!« und »Kommt mir bekannt vor« ihren Genius geltend zu machen, finde ich etwas selbstüberschätzend.

    Ich finde Ähnlichkeiten – im Gegensatz zu ihnen – nicht proble­ma­tisch, sondern viel­mehr span­nend wie verschie­dene Gestalter ein Problem inhalt­lich-gestal­te­risch umsetzen, in Form bringen. In diesem Fall ist es aber wohl auch so, dass es inhalt­lich zwei verschie­dene thema­ti­sche Felder sind: Bei ihrem Werk geht es um im weitesten Sinne um »Orientierungssysteme«, bei dem G8-Entwurf wohl um eine poli­ti­sche »Deutung der Welt«.

  26. andreas uebele

    sehr geehrter herr paul,

    die darstel­lung eines laby­rinths ist nicht unsere idee. die dürfte sehr alt sein. in der grie­chi­schen mytho­logie gibt es das laby­rinth und den ariadne-faden. wahr­schein­lich gibt es noch viel mehr arbeiten zu diesem thema. wir haben zu diesem thema eine eigen­stän­dige inter­pre­ta­tion gelie­fert mit der typo­grafie, die sich aus dem laby­rinth entwi­ckelt. wäre das nicht der fall, wäre der titel tasäch­lich nur ein entwurf unter vielen und belanglos. es kommt eben darauf an, was man daraus macht. die ähnlich­keit zwischen dem page-titel und unserem bzw. dem g8-entwurf ist von völlig anderer qualität. ich bin über­rascht, dass in diesem forum, wo sich, wie ich vermute, gestalter zu wort melden, die wahr­neh­mung so unter­schied­lich ausfällt. das räum­liche laby­rinth ist etwas ganz anderes wie die flächige umset­zung. selbst wenn wir nach dem page-titel unsere arbeit veröf­fent­licht hätten, was nicht der fall ist, sähe ich darin kein problem. der g8-titel und unserer ist bis auf die details sehr ähnlich. die kleine typo ist bei beiden entwürfen in den posi­tiven elementen inte­griert, die größen­ver­hält­nisse sind ähnlich, ledig­lich der titel ist bei uns auf einer ruhigen roten fläche, bei dem anderen entwurf wurde diese fläche wegge­lassen. abge­sehen davon wurde unser entwurf sehr lange vor dem page-titel im programm­ver­zeichnis des verlags veröf­fent­licht. aber der später erschie­nene page-titel (den ich ja als abon­nent kenne) ist unserem so gar nicht ähnlich, und deswegen halte ich diesen titel als eine legi­time und eigen­stän­di­geund gute arbeit. 

    sehr geehrter herr peter,

    an keiner stelle habe ich behauptet, dass der g8-titel ein plagiat ist. 

    liebe font­blog-leser,

    ich habe, und das ist mein gutes recht, den kollegen darauf aufmerksam gemacht, dass ich meine rechte tangiert sehe, dafür muss und will ich mich nicht recht­fer­tigen. alle unsere arbeiten sind frei von jedwel­chem vorwurf der ähnlich­keit mit anderen exis­tie­renden. wir leiden auch nicht, wie unter­stellt, an selbst­über­schät­zung. die wert­schät­zung der branche hat ihre regeln, an diese halten wir uns. die einschät­zung unserer arbeit kommt von außen, von kollegen, die in jurys über unsere arbeit befinden. ähnlich­keiten gibt es und wird es immer geben, das ist in ordnung. es wird aber auch immer einzig­ar­tige gestal­te­ri­sche lösungen geben, bei denen man nicht über die span­nung der ähnlich­keit mit anderen entwürfen disku­tiert, das inter­es­siert mich nicht. sonden über eine span­nung, die dem entwurf innewohnt.

    guds­nächdle

  27. paul

    lieber herr uebele –
    hmmm… noch mal meine perspek­tive (wie auch schon andere hier geschrieben haben) zu dem was sie zum PAGE cover schreiben: 

    das räum­liche laby­rinth ist etwas ganz anderes wie die flächige umsetzung 

    ich finde: was ihren entwurf vor allem ausmacht ist, dass die TYPO TEIL DES LABIRINTHES IST – also inte­graler bestand­teil der labi­rinth mauern – ich denke daran besteht kein zweifel. – und GENAU DIESER ASPEKT findet sich – wenn auch drei­di­men­sional – wieder in dem PAGE cover. – also finde ich DAS KONZEPT des PAGE covers um längen näher an ihrem buch­titel als wie bei der G8 broschure – wo typo und das labi­rinth zwei getrennte dinge bleiben!
    so seh ich das – aber ich kann mir vorstellen das sie das nicht so sehen wollen nach der ganzen geschichte.
    ich finde das die diskus­sion nun auch an einem punkt ist wo klar geworden ist das es eigent­lich mehr um den umgang / vorgang als um autoren­schaft geht. denn aus urhe­ber­rech­tilcher perspek­tive haben sie die sache einfach mal falsch einge­schätzt. so was kann vorkommen …

  28. Benjamin Hickethier

    Sehr geehrter Herr Uebele,
    es ist ja offenbar doch gut, dass eine solche Diskussion in einer Fachöffentlichkeit geführt wird. Fragen nach Idee/Schöpfergeist, Copyright und Urheberrecht sollen und werden nicht erst in der letzten Zeit debat­tiert, und gerade weil »die wahr­neh­mung so unter­schied­lich ausfällt«, auch und gerade unter mit Wahrnehmung beruf­lich Beschäftigten, zeigt es sich doch sinn­voll, vor Reaktionen, »die gelas­sen­heit vermissen lassen«, erst einmal das Terrain genauer zu sondieren.

    Ich denke, hier in diesem »forum« sind viele kluge Beiträge einge­gangen, die viele Leserinnen und Leser und offen­sicht­lich auch Sie weiter­ge­bracht haben. Bei aller aufge­tre­tenen »nega­tiven energie« ist das doch eine gute Sache.

    Trotzallem vermisse ich immer noch eine Stellungnahme von Ihnen zu der bereits im Ursprungsartikel abge­bil­deten T26-Broschüre aus dem Jahre 2000. Zugegeben, die Abbildung ist sehr schlecht aufge­löst, aber es sollte doch nicht verborgen bleiben, dass das Cover dieser Broschüre, verteilt unter anderem auf der Typo Berlin (welt­weit vertrieben, vorhanden in unzäh­ligen Designerbibliotheken, -archiven, -privat­be­ständen; T26 ist eine, wenn auch inzwi­schen nicht mehr ganz so contem­po­rary, der bekann­testen Typefoundries der Welt), sehr inter­es­sant für unsere Diskussion ist:
    Unzweifelhaft findet sich hier eine Grafik des antiken Labyrinthmotives, nicht drei­di­men­sional, mit einer »typo­grafie, die sich aus dem laby­rinth entwickelt«.

    Äußern Sie sich dazu? Ich würde mich freuen.

    Viele Grüße nach Düsseldorf.

  29. Florian Schommertz

    In aller Kürze:
    ziel­ge­richtet kata­ly­siert, alles schon X-mal dage­wesen, die Frage stellt sich also nicht. In keinem der Fälle.

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