Ist Grafikdesign Kunst?
Ein klares NEIN von mir. Wie seht Ihr das? Hier abstimmen … Zustimmung und Gegenrede auch gerne hier in Kommentaren. (Via).
63 Kommentare
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<em>kursiv</em> <strong>fett</strong> <blockquote>Zitat</blockquote>
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philipp
vorher kommt die frage »was ist kunst?« ;)
Juli Gudehus
ob Design Kunst ist … ist das wirklich noch ein Thema?
DanU
…auch wenn „kunst“ ein weites feld ist – und „grafik design“ ebenso, und beide auch „schnittmengen“ haben können – NEIN. das „IST GLEICH“ ist für mich einfach zu viel. ♥ oder ≈ würden schon mir besser gefallen. lustig ist, dass es solche diskussion seit anbeginn der disziplin GD gibt. und selbst wenn JA oder NEIN bei dieser abstimmung rauskommt – es bleibt einem doch selbst überlassen wo man sich sieht und was man macht. hauptsache spass dabei :)
_Sven
ich finde »Nein!«
florian
Natürlich!!
Was wenn nicht Kunst wäre in einem Museum ausgestellt?
siehe hier:
http://www.graphicdesignmuseum.nl
dkor
^ aber sonst alles klar oder was da oben!?
http://de.wikipedia.org/wiki/Museum
fjord
Aua, nicht schon wieder diese Debatte! Und, sorry, jedesmal der gleiche Fehler: Was ist denn Design für Euch und was Kunst? Was macht was aus? Was unterscheidet, was überschneidet sich?
Ich bezweifele, dass wir alle das Gleiche unter Kunst bzw. Design verstehen. Also: Erst die Begriffe klären. Vorher können wir nicht diskutieren. (Worüber denn auch?)
bomira
NEIN.
Klar, es gibt Überschneidungen, graphic designer
bedienen sich z. B. der Kunst, um Aufträge zu erfüllen.
…was auch im Ursprünglichen den Unterschied macht:
Form follows function oder so.
/)
fjord
@ Phillipp (#1): Interessant, dass Du die Diskussion mit genau dieser Frage eröffnest, und keinerschert sich drum.
HD Schellnack
Da möcht ich wissen, wie die Leute ihr NEIN oder ihr JA begründen, ehrlich gesagt.
Was ist Kunst?
Was ist – heute – Design?
Ist ein Film Kunst?
Ist Architektur Kunst?
Ist Musik Kunst?
Ist Popmusik Kunst?
Ist Gitarrespielen Kunst?
Ist Belletristik Kunst?
Sind Thrillerromane Kunst?
Ist Theater Kunst?
Ist Oper Kunst?
Ist Brotbacken Kunst?
Ist Uhrenbauen Kunst?
Ist Schlingensief Kunst?
Ist Carson Kunst?
Ist Richter Kunst?
Ist Reich Kunst?
Die Debatte, so spaßig sie ist und so wichtig sie ist, ignoriert, dass diese ganzen Begriffe recht undefinierbar sind (zum Glück) und vor allem dynamisch, lebendig, individuell.
Die Sache ist, im Kern – und zwar völlig ohne sich um den Begriff der Kunst jetzt mal scheren zu wollen,um ihn schön weit offen zu lassen – Design KANN Kunst sein, muss aber nicht. Und umgekehrt :-D.
Wer aber denkt, Design ist pauschal keine Kunst, sondern ein grafischer Lösungsmechanismus – und ich bin der erste, der zugibt, auch mal so gedacht zu haben – liegt eventuell falsch.
Ist vor allem auch gar nicht so wichtig.
Wichtig ist die Frage
MACHT DESIGN SPASS?
;-D
Friedrich
Kunst kann Grafik sein; das wär es dann aber auch schon.
Jonathan (Weg Eins)
@ Florian:
Es gibt auch Museen zu Autos, iPods etc. Ich will deren Ästhetik nicht bestreiten, aber dass sie ausgestellt werden macht sie nicht zu Kunst. Es sind Objekte / Mittel zum Zweck. Grafikdesign ist das auch, ganz egal wieviel künstlerisches Können darin steckt.
Das ist meine subjektive Meinung, die es in zwei Stunden auch auf meinem W1.log geben wird.
sufl
Die Frage, ob Grafikdesign AUCH Kunst sein kann, wäre sicher eindeutiger gewesen.
Kommt halt immer darauf an in welchem Kontext Grafikdesign verwendet wird.
Liz
Und dann?
seb
Ich erinnere mich an eine private Diskussion mit Kollegen aus und in Holland: dort fand man das Graphik Design sehr nah an der Kunst (bzw. schon fast eine Kunstform) sei, weil doch ein (Groß-)Teil der Gestaltung aus dem »Herzen« des Gestalters kommt, also nicht durch Wissenschaft etc. begründbar.
Ich denke auch, daß Graphik Design Kunst sein kann, aber oft nicht ist. So ein »Mischmasch« eben… hehe :-)
marc
Ist Kunst heute noch Kunst oder auch nur ein weiterer Beruf?
Mit Design wird meiner Meinung nach eindeutig der Plan verfolgt Geld zu verdienen, Kunst hingegen sollte einen anderen Grund haben, was ich leider bei den meisten (wenn nicht sogar bei allen) aktuellen Künstlern vermisse. Heute wird Kunst studiert um anschließend als Künstler Geld zu verdienen aber Kunst sollte aus andern Gründen entstehen sonst ist sie nicht mehr intuitiv sondern geplant …
m.
… meine Antwort ist ein klares NO!
jamiro
Wenn ich mir manchen im wörtlichen Sinne Haufen Müll anschaue, der als moderne Kunst bezeichnet wird, dann kann man Grafikdesign durchaus als Kunst bezeichnen. Allerdings ist der Begriff Kunst sowieso unglaublich weit gefächert und überstrapaziert.
amica
„Es irrt der Mensch solang er strebt.“
HD Schellnack
Wenn der persönliche Geschmack entscheidet,was Kunst ist und was nicht – au weia. Das darf und kann keine Rolle spielen, wenn man so diskutiert. Individuell kann alles und nix Kunst sein.
Und mit Design wird der Plan verfolgt, Geld zu verdienen? Heißt das, dass Design, dass im Rahmen eines Studiums (also nonkommerziell) entsteht, KUNST wäre, egal, was Intention und Wirkung wäre? Und… ist Auftragskunst dann… keine Kunst? Also so ziemlich alle «Kunst» vom 15-20. Jahrhunderts?
Da verwischen ganz viele Begriffe – auch bei mir. Der Kunstbegriff der Moderne und Postmoderne ist ein ganz anderer als der in Barock oder Romantik – die Welt ist eine andere. Things change. Die moderne Kunst ist – völlig vereinfacht gesagt – dem Handwerk weitgehend entbunden und eine rein konzeptionelle, planerische Tätigkeit. Das KANN Design auch sein. KANN. Muss nicht. Jeff Koons und Sagmeister können sich – wieder verinfacht – mitunter schon fast die Hand geben. Und warum auch nicht.
Design kann sehr viel sein. Viel mehr, viel viel mehr, als Kunst. Design kann nach Kunst aussehen und schmecken und trotzdem noch was anderes sein. Sicher ist: Eine Visitenkarten für Bäcker Müller ist sicher keine Kunst, sondern Diestleistung. Aber die Grenzen schwimmen in anderen Bereichen – und werden zukünftig, wenn die Produktion von Artwork aller Sorten (also auch Texte und Musik oder Video) am Rechner die Barrieren noch softer macht, noch durchlässiger werden.
Es gibt einen lösungsorientierten, klassischen Designbereich, in dem Kunst keine Rolle spielt, außer in der schieren Emulation bestimmter Stilistiken. Aber Design bewegt sich längst außerhalb dieses reinen funktionalistischen Lösungsansatzes. Und gott sei dank. Ich selbst bin noch so ein Rahms-scher Lösungs-Designer, aber die neue Generation von Designer hat kapiert, dass das nicht mehr reicht.
ICH mach sicher keine Kunst – und andere Designer auch nicht – aber ich sehe immer wieder Arbeiten aus unserem Segment, die federleicht die Grenzen zu Kunsthandwerk und Konzeptkunst durchbrechen, aber trotzdem von «Designern» stammen. Die ganz andere psychosoziale Reflektionsgrade aufweisen und da weitermachen, wo Beuys und Staeck Möglichkeiten aufgezeigt haben.
Die spannende Frage ist vielleicht gar nicht, ob Design Kunst ist, sondern ob KUNST Kunst ist.
Oder je war :-D
Kunstfehler
Ein Werber sagte mal irgendwo, daß das was Design ist, Kunsthandwerk wäre.
Gibt es eine Nachfrage, bediene ich diese mit einem Angebot = Kunsthandwerk
Erschaffe ich mein eigenes Angebot ohne auf eine Nachfrage zu reagieren = Kunst
Schön ist es dann noch, wenn auf mein Angebot jemand eine Nachfrage ankündigt = $
Schwierig ist es dann mit der Definition, wenn jemand anderem mein Angebot auch gefällt und ich mehr Angebote erschaffen muss, weil es der Markt will.
Da gibt es zwei Möglichkeiten
1. ich schaffe eh immer von mir aus genug Angebote ohne auf die Nachfrage zu achten = Kunst
Dann muss der Markt aber auch alles akzeptieren, was man so als Angebot anbietet. Und das tut der Markt ja nicht er reagiert mich nachlassender Nachfrage auf evtl. Stilbrüche und Experimente
2. ich richte mich nach dem was die Nachfrage will und schwupps wird aus dem Künstler, der Kunsthandwerker = $
Der arbeitet sich mit Angeboten ab, an dem was der Markt mit Nachfrage verlangt.
Bis der Gipfel erreicht ist mit Sättigung und dann gehts solange abwärts, bis es wieder aufwärts geht
Ergo, die Übergänge sind fließend, zwischen Kunst und Design, oder?!
thomas | BFA
und wir zahlen alle für die zulieferer und die kunden für uns in die künstlersozialkasse. so seltsaml kann die welt sein …
Danny
„Kunst und Alltäglichkeit“ Jan Hoet!
Für mich stellt sich die Frage, ob der Vergleich überhaupt gezogen werden muss… Mittlerweile existiert Beides mit einem Bein aus der Gesellschaft und geht in meinen Augen wunderbar Hand in Hand.
fuzzipelz
Wie heißt es so schön >Design ist Kunst die sich nützlich macht<
thomas
Hallo,
ich finde es sehr schwierig den Begriff Kunst zu definieren, da er sich ja im Laufe der Geschichte stark gewandelt hat. Allein die Bedeutung des Wortlautes hat sich gewandelt. Zunächst bedeutete Kunst wohl „Fertigkeit“ oder „Können�?. Inzwischen hat der Begriff allerdings mit der ursprünglichen Bedeutung nicht mehr viel gemein. Beim lateinischen „ars“ sieht es ja ganz ähnlich aus – die Übersetzungsmöglichkeiten beginnen bei „Handfertigkeit“ gehen über „Wissenschaft“ bis hin zum „gekünselten Wesen�?. Also ist der Begriff an sich schon alles andere als eindeutig.
Meine Definition für das, was im allgemeinen als Kunst verstanden wird, ist eine Mischung aus folgenden beiden Thesen:
Für mich wird etwas dann zu Kunst, wenn der Schaffende mit seinem Werk kein direkt greifbares Ziel erreichen will. Der Künstler will zum Nachdenken anregen, oder etwas „Schönes“ schaffen (Geldverdienen will er auch, aber das ist eine andere Sache), Ohne dass ein anderer Nutzen im Vordergrund steht. Für mich ist Kunst also zunächst einmal etwas Nutzloses oder besser etwas nicht unbedingt notwendiges. Aber auch hier verschwimmen die Grenzen wieder…
Eine weitere Definition des Kunstbegriffes ist für mich, wenn etwas geschaffen wird, was alles bisher dagewesene übertrifft. Vielleicht verdeutlicht der Begriff Ingenieurskunst meinen Gedanken. Wobei sich da Bedeutung der Kunst wieder in Richtung Fertigkeit oder Wissenschaft bewegt.
Auch macht ein Kunststudium niemanden zum Künstler. Ich denke niemand sollte sich anmaßen sich selbst als Künstler zu bezeichnen oder das, was er produziert als Kunst zu bezeichnen. Künstler werden von der Gesellschaft gemacht. Design, Graphik, Architektur, etc. wird dann zu Kunst, wenn die Qualität ausgezeichnet ist und es revolutionär ist. Dann wird das auch von der Gesellschaft so verstanden.
thomas
thomas | BFA
auch ein designstudium macht einen nicht zum künstler, auch wenn studenten und leider auch professoren meinen, dass das durch eifrige ölmalerei und steinhauerei möglich ist.
flo
@thomas nichts anderes definiert den Künstler als die Ausübung seiner Kunst. Der Begriff Kunst sagt per se nichts über die Qualität der Arbeit aus. Das Urteilen darüber obliegt allein dem Betrachter/dem Publikum. Daraus folgt das jeder der Ölmalerei oder Steinhauerei betreibt Künstler ist, ob jetzt Graphik Design Student oder selbstgelernter freischaffender Künstler, ob ein guter ist etwas anderes.
Andreas
Abseits aller kommerziellen Differenzierungen steckt doch die Frage des Umgangs damit dahinter. Vielleicht tun wir uns deshalb mit der Antwort auf diese Frage schwer, weil die – theoretische – Trennung von Kunst und Handwerk immer weiter schwindet. Eine Entwicklung, die sich in verschiedensten Aspekten unserer Gesellschaft gerade vollzieht.
Im Mittelalter hat man zwischen Handwerkern und Künstlern nicht unterschieden. Ein Handwerker arbeitete genauso nach seinen Vorstellungen wie ein Künstler. Erst seit dem 16. Jhd. signieren Künstler Ihre Werke.
Im Zuge der Massenproduktion durch die Industrialisierung wurde auch die MassenREproduktion von Kunst (und damit einhergehende „Normierung“) möglich. Es entstand – das Grafik Design.
Heute haben wir wieder eine gegenläufige Entwicklung. Stichwort mass customization – „Marke Eigenbau“ (das Buch) ist ein Indiz dafür. Vielleicht erleben wir gerade, wie sich Kunst und Handwerk durch das Ende des Industriezeitalters wieder annähern und dadurch die Unterscheidung eher irrelevant wird. In diesem Sinn kann man Grafik Design auch als Bindeglied zwischen Kunst und Handwerk betrachten, dessen Bedeutung in dieser Funktion immer weiter schwindet. Alles ist Kunst, alles wird designed – die Trennung ist eher abstrakt und philosophisch (geworden).
Für mich persönlich besteht der Unterschied zwischen Kunst und Grafik Design darin, dass (gute) Kunst Fragen stellt, während (gutes) Grafik Design Antworten gibt. Nicht zwingend Antworten im Sinne einer Lösung für ein Problem, das zum Teil auch, manchmal aber eben auch eher in der Art der Antwort „Warum nicht!“ auf die Frage „Warum?“.
jamie oliver
Der amerikanische Comiczeichner Scott McCloud hat in seinem Standartwerk „Comics richtig lesen“ Kunst als etwas betitelt das in uns allen Steckt.
„Sei es die unnötig Showeinlage am Fliessband oder der individuelle Fahrstil eines Fahrradkuriers oder auch nur ein persönlich Unterschrift. Bei manchen Tätigkeiten ist der Spielraum zur Entfaltung der eigenen Persönlichkeit grösser als bei anderen. Ich denke man kann sagen dass manche Tätigkeiten mehr mit Kunst zu tun haben als andere. Wenn man aber – wie viele es tun von etwas behauptet..DAS IST DOCH KEINE KUNST – klingt das, als handle es sich bei dieser Tätigkeit um ein entweder oder – was meiner Meinung nach nicht stimmt. Es gibt kaum ein menschliche Tätigkeit bei der NICHTS zum Ausdruck gebracht wird. „
Andreas
… noch ein paar mehr Zustände, auf die wir uns zubewegen und die schon einmal waren:
Elektronisch übermittelte Informationen sind sehr leicht von Jedermann änderbar. Ganz so wie zu Zeiten vor dem Buchdruck, als Texte weitererzählt oder abgeschrieben wurden (mittelalterliche Abschreiber haben Texte teilweise auch nach ihrem Gusto abgeändert).
Wir können zwar mit der ganzen Welt kommunizieren, dennoch sind persönliche Kontakte wichtiger denn je, fast schon, als lebten wir wieder in (globalisierten, okay) Dorfgemeinschaften.
Vielleicht ergeht es Kunst und Grafik Design ja genauso. Vielleicht wird man in ein paar Jahren ja sagen: Kunst und Grafik Design WAREN MAL unterschiedliche Dinge.
sharif
Design: Kunst oder Handwerk? Interessiert mich nicht. Ich spiele ganz mittelmäßig Klavier. Und damit habe ich schon genug Chancen bei den Frauen. ;)
meistermochi
die kunst ist frei. werbliches oder kommerzielles grafik-design ja eher nicht.
Etienne
NEIN.
kux
definiert mal was design überhaupt ist. wenn das geklärt ist, diskutiert weiter.
nur weil man einen beruf mit dem zusatz „design“ im namen erlernt hat, ist man noch längst kein designer.
bevor es den medien“designer“ gab, war man noch grafiker….davor noch schriftemaler….. und noch weiter in der vergangenheit war man schriftsetzer.
unser beruf ist aus dem bedürfniss entstanden, informationen zu verbreiten und nicht aus dem bedürfniss die welt mit schönheit zu beglücken. die schönheit der information soll lediglich helfen diese besser und einfacher wahrzunehmen.
in der masse der publikationen, wurden die schriftsetzer immer gewiefter und entwarfen irgendwann mal andere formen (fonts) um sich vo der masse abzuheben usw.. die enkelkinder der enkelkinder nennen sich heute mediendesigner und haben das gefühl kunst zu schaffen. dabei ist ihre arbeit zu 99,9 % ungenügender natur und hält sich nicht mal an die einfachsten regeln der ästhethik, geschweige den an die regeln der gestaltung.
wie gesagt, definiert mal was design ist.
vielen dank
kux
ps. wer schreib- und formulierungsfehler findet, soll sich beim migratonsamt beschweren.
Berliner Kindl
Eine Kunst ist es auch hier drüber soviel und teilweise so lange zu schreiben.
Ein Wahnsinnskunstdiskurs!
Kann man alles gar nicht durchlesen, wenn das alles gesprochen worden wäre in einer Runde. Alles durcheinander, … . Ihr müsstet soviel Wasser trinken, weil eure Kehlen trocken wären und eure Ohren taub!
PROST!
Nathanel
Das Problem ist eher das der Begriff „Kunst“ mittlerweile so aufgeweicht ist, das man heute alles mögliche als Kunst definieren kann. Selbst Popmusiker auf Viva und MTV bezeichnen sich ja als Künstler. Jeder Pfurz will Kunst sein.
Beuys lässt grüßen …
fjord
Richtig, Nathanel! Deshalb beantrage ich (und werde das auch ab jetzt so halten), den Begriff „Kunst“ wenn überhaupt, dann nur noch in Anführungszeichen zu verwenden. Gleiches gilt für „genial“, „kreativ“ und alle ähnlichen in diesem Kontext zu Marketingsprech verkommenen Bezeichnungen. (Wenn alles „Kunst“ ist, ist leider gar nichts mehr „Kunst“.)
Und um mal aus dem Design-Kontext auszubrechen: Lest mal das Interview mit Thomas Quasthoff auf Spiegel Online: Paul Potts macht Popsülze.
thomas | BFA
fjord: wer entscheidet objektiv, was kunst ist?
ich glaube das kann man nicht, das sind höchst subjektive ansätze zu sagen »ich verstehs nicht, es ist keine kunst«. so eine haltung ist im grunde auch nicht besonders produktiv im umgang mit dem, was uns so tag für tag umgibt.
die frage ob design kunst ist oder nicht ist im grunde nicht zu beantworten. auch wenn sie HD die größte mühe gibt gründe für und wider anzuführen. das ist eine endlose diskussion. da gebe ich vielmehr juli gudehus recht.
HD Schellnack
Bei dem Clownfisch-Kultursymposium in Wuppertal im September saßen ja mit Martin Woodtli, Markus Hanzer, Chris Rehberger, Olaf Bargheer, Björn Syffus und Reinhard Wiesemann Profis in der Runde, die sich seit Jahren mit Architektur, Design und Kunst beschäftigen. Und im Rahmen der lustig sprunghaften Diskussion über die Schnittstellen zwischen all diesen Bereichen kam eins immer wieder klar durch:
Jeder der anwesenden Gäste hatte eine TOTAL ANDERE Definiton von «Kunst».
Ich denke, es ist eine der Stärken kreativer Bereiche, aber eben insbesondere der Kunst, dass sie sich Definitionen mittelfristig immer entziehen. Man kann rückblickend einiges bestimmen, im Fluß aber kaum. es gibt sozusagen auf der LP immer die Schwingung, die die Platte zum springen bringen wird, jede Definition versagt an ihrem Objekt.
Ich finde übrigens, trotzdem, dass man mit dieser Nicht-Definierbarkeit sehr gut hantieren kann und dennoch schnell intersubjektiv erarbeiten kann, mit welchen eigenen Kriterien der jeweilige Gesprächspartner Kunst versteht. Das macht die Sache ja spannend.
Zugleich gilt: Design ist vielleicht nicht Kunst, aber Popkultur. Kunst, so undefinierbar sie ist, ist zumindest partiell auch Popkultur. Popkultur ist vielseitig, kurzlebig, langlebig, schillernd, lebendig, historisch… und so weiter. Design ist längst ein Teil unserer Allags-Poptextur, so wie Musik, so wie Filme, so wie Libeskind- oder HdM-Bauten, so Matussek-Essays, so wie Jerry-Cotton-Romane und so wie der neue amerikanische Präsident (und so wie der alte ebenfalls, der längst in fast mythisches Stück Popkultur ist, nur das Bush eher Richtung Darth Vader gedeutet wird, Obama {noch} Richtung Jesus Christ Superstar).
Wenn Juli fragt, ob wir darüber noch diskutieren müssen, sage ich: Ja bitte, un-be-dingt.
Denn obwohl jede Diskussion über Kunst irgendwie immer sozusagen intrinsisch fruchtlos bleiben muss – Kunst ist unfassbar -, ist im besten Sinne Habermas‘ der permanente Diskurs darüber, WAS Design ist und die wunderbare Austarierung (auch im Streit) dessen, was wir da tun, nicht nur wichtig für den Fortschritt unserer stets zum Dornröschenschlaf eigenden Zunft, sondern auch der einzige Weg, langsam aber sicher zu einer Designkultur und einer eben kritikfähigen lebendigen Diskussionsform über Design zu kommen, die über «Aber die Schrift geht ja GAR nicht…» hinausgeht, also die mehr oder weniger gelungene Oberfläche verlässt. Was in den Staaten und den UK, auch in den Niederlanden sehr weit gediehen ist – Design als Theorie von Gesellschaft -, kommt hier in Deutschland nicht ganz so aus den Puschen, weil es an Plattformen und Publikationen fehlt. Die Form ist das bisher einzige Blatt mit einigen wenigen eher theoretischen Texten, aber uns fehlt ein Emigre, ein Eye, ein Baseline und und und und und…
Insofern freue ich mich jedesmal, wenn das Fontblog dieses Vakuum etwas füllt und zwar keine Essays bietet, aber doch eine öffentliche Seifenkiste :-D
Juli Gudehus
… mal eine andere Frage: ist Kunst Kultur? kurioserweise wird immer von „Kunst und Kultur“ gesprochen, als ob es sich dabei um zwei verschiedene Dinge handelte …
ben
Gleicher Maßen mit vielen Künstlern und Gestaltern groß geworden, erlaube ich mir eine Antwort (zudem ich selbst Designer bin):
Als grafischer Gestalter mache ich Gebrauchsgrafik – zumeist in irgend einer Form werbliche oder informelle Kommunikationsmittel und kreiere keine künstlerischen Ausdrucksformen.
Die Frage ob Design Kunst sei kann m. E. wenn nicht aus Selbstverliebtheit einiger Gestalter, dann nur aus der Tatsache herrühren, dass viel von dem was als Kunst gepriesen, ausgestellt und gehandelt wird einfach nur (bewusst) überbewertetes Kunsthandwerk ist.
Was manche auch zu dieser Frage verleiten mag, ist das übersehen der Zeitkomponente:
vieles was zuerst künstlerische Ausdrucksform ist, wird in der Folge von der Werbung aufgegriffen bzw. deren grafische Charakteristika finden später in der Gebrauchsgrafik einzug (,,Modeerscheinung“)***
Mich fasziniert beides: gute Gestaltung und hervorragende Kunstwerke (schlechtes gibt es in beiden Bereichen zu Hauf).
Oft erhalte ich Impulse für meine Arbeit als Gestalter durch Kunst (Leinwand, Skulptur, Raum, Bühne, Netz, Sprache, Musik) bin aber deswegen noch lange kein Künstler.
Ben
*** war gerade im Museum Frieda Burda, der Kunsthalle Baden-Baden und im ZKM (schöner Überblick über die letzten 90 Jahre europäischer Kunst): viele künstlerischen Ausdrucksformen sind zur Gewohnheit geworden und mittlerweile von anderen Künstlern und Designern zu oft ,,zitiert“ worden, dass hier ein Auseinanderhalten von Kunst und Gestaltung manchem schwer fallen mag.
fjord
@ Juli (#39)
Was ist Kultur? (Können wir nicht vielleicht erst einmal klären, was „Kunst“ ist? ;)
@ Thomas (#37)
Ob man „Kunst“ objektiv definieren kann, weiß ich nicht. Ich bin mir aber sicher, dass das bereits kluge Köpfe versucht haben. (Wäre die Recherche wert: Aristoteles, Kant, … .) Letzthin würden uns auch eine Vielzahl unterschiedlicher subjektiver Definitionen weiterbringen (die es HD zufolge auchtatsächlich gibt ;) ), dann kämen wir mal endlich, was das Thema angeht, vom Polemisieren zum Diskutieren, es würde spannend, und wir kämen vielleicht auch zu Ergebnissen. …
@ HD (#38)
Die „Alltags-Poptextur“ ist so ein Begriff, den ich nur mit Anführungszeichen anfassen mag. Tut mir leid. ;) Ein Begriffs-Schwamm. Auch wenn der sich kess anhört: Es gibt einen Unterschied zwischen Liebeskind und Jerry Cotton. Und vielleicht ist es dieses Pop-Stahlgewitter der guten Laune und postmodernen Verknüpfungs-Beliebigkeit, das uns abstumpfen und Unterschiede nicht mehr klar wahrnehmen lässt?
Andere Frage: Was kommt eigentlich nach Pop? Also nachdem auch der letzte Depp seine medialen „15 Minutes of Fame“ serviert bekommen hat?
thomas | BFA
fjord: dann ist hoffentlich erst mal RUHE. schweigen, mediale stille. das wäre schön … ;-)
ansonsten bin ich ganz deiner meinung.
HD Schellnack
Pop – deshalb mag ich das etwas mehr – ist natürlich genau so schwammig, aber irgendwie auch klarer. Wer bei Pop von Stahlgewitter spricht und sagt, dass Libesind NICHT Pop ist, versteht Pop zu dogmatisch negativ. Ich rede bei Pop immer von einem positiven Begriff, er nicht ganz das ist, was du wahrscheinlich mit Mainstream-Massenkultur meinst. Roxy Music ist Pop. Aber DuranDuran irgendwie eben auch. Justice ist Pop. Aber MiraCalix eben auch. James Bond ist Bond, aber Jim Jarmusch eben auch. Und zugleich ist die Sache alles andere als beliebig.
Pop ist noch amorpher als Kunst, aber mehr im Leben, an der Schnittstelle von Genuss, Pragmatismus, Wegwerfbarkeit, Zitat, Trash und High End. Und trotzdem weiß man intuitiv, was richtig ist. Das ist – für mich – näher an der Debatte um Designqualitäten und den ganzen Regenbogen an Ausdrucksmöglichkeiten dieser Plattform als die Frage, ob Design Kunst ist.
Und ja, ich tausche da einen diffusen Begriff gegen den anderen aus. Aber Pop ist der ehrlichere Begriff, wenn wir über Design reden. Technisch auch passender. Design entsteht (noch) als Massenauflage, Kunst als Unikat, Design entsteht (oft) sozial (im team, in Auseinandersetzung mit Kunden, in Antizipation einer gesellschaftlichen Reaktion), Kunst entsteht (oft) Anti-Sozial. Design will wirken, Kunst will fragen. Und so weiter. Solche Grenzen verfallen und sind vielleicht nie dagewesen, aber man kann sozusagen technisch ein zwei Grenzen ziehen. Stellt man die Frage: IST DESIGN POP? Ist das etwas anders, denn auch Film und Musik, Bücher usw sind massenmediale Erscheinungen, wie Design auch. Wir sollten uns eher mit Joy Division oder TV On The Radio vergleichen als mit Chagall oder Kippenberger, das ist auch gleich irgendwie sympathisch-bescheidener :-D.
Zumal der Vergleich näher liegt. Carson hat Musik gemacht, Vaughan Oliver Musik, Hypgnosis Musik, Rudolph Musik, Chip Kidd Buch, Sagmeister Musik… und so weiter. Und nicht ohne Grund: Musik sitzt genau so an der Schnittstelle individueller Ausdruckssucht und Kommerz wie unser Metier eben auch (Buch und Film dito).
Juli Gudehus
Ich war auch grad im Museum, im Kölner Museum für angewandte Kunst, in einer Ausstellung mit dem vielversprechenden Titel „Kunst und Design im Dialog“ – für mich leider verschenkte Zeit: ich hatte mich schon auf spannende neue Einsichten gefreut, auf die Herstellung von Bezügen, die ich noch nicht kenne – Pustekuchen. Eine Ausstellung zu genau dem Thema sollte es wirklich geben, das fänd ich auch reizvoll. Vielleicht kriegt das ja nochmal ein anderer Ausstellungsort hin.
Jashson
Handwerkskunst != Kunsthandwerk!?
Wie schon einige Vorredner bemerkt haben hängt die Diskussion ob Grafikdesign Kunst ist von der Definition beider Begriffe ab. Und diese ist doch stark subjektiv geprägt – was ich auch gut finde. Sonst gäbe es diese Diskussion nicht und das Leben wäre um ein bisschen Farbe ärmer.
Meiner Meinung nach ist für mich Grafikdesign ein Handwerk, ähnlich wie das Schuhmachen, das Bäckern oder Setzen. Wird dieser Beruf mit Wissen, Leidenschaft und Erfahrung ausgeübt so sagt man dazu dann Handwerkskunst.
Aber ist ein Handwerker ein Künstler? Im alltäglichen Sinne würde ich diese Frage mit Nein beantworten.
Ist ein Künstler ein Handwerker? Ja, sollte er eigentlichen sein. Ein Künstler sollte sein Handwerk verstehen.
Grafikdesign zählt für mich zur auftragsorientierten, kommerziellen Dienstleistung, die den Wünschen des Kunden entspricht, was einem Künstler eigentlich nicht zuzusprechen ist (aber oft genug doch der Fall ist um zu überleben).
fjord
@ thomas (#42)
Prima. ;)
@ HD (#43)
Hey, danke! Damit kann ich arbeiten. Tatsächlich unterscheidet sich unser Verständnis von Pop. Für mich ist Pop mittlerweile beinahe alles das, was Erkenntnisgewinn geradezu verhindert (Dekoration, Vordergründigkeit, Oberflächlichkeit, Materialität, Marketing, daraus reslutierend eine gewisse Denkfaulheit und Übersättigung, etc.). Ich verstehe allerdings sehr gut, was für Dich Pop ausmacht. Und bin ganz Deiner Meinung, dass Design in diesem (Deinem) Pop-Kontext viel besser eingebettet gedacht werden kann, denn als ewiger Gegenpart zur „Kunst“.
Allerdings bin ich nicht Deiner Meinung, was das Fallen der Grenze zwischen „Design“ und „Kunst“ angeht. – Vielleicht sollte man auch da andere Begrifflichkeiten einführen, um die Differenz deutlich zu machen.
Was ich unter „Pop“ verstehe, ist weitgehend gleichbedeutend mit „Dekoration“ (und diese schließt u.a. einen Teil dessen mit ein, was wir „Design“ nennen). Also ein wohlig warmes farbenfrohes und multimediales Dauerrauschen von (Kauf- bzw. Konsum-) Impulsen. Hier herrscht das infantile „das will ich haben“ über das „erwachsene“ „das will ich verstehen“. Also die Befriedigung von (teils künstlich geweckten) Lüsten über den Erkenntnisgewinn. Gier statt Neugier.
Nichts gegen Bedürfnisbefriedigung. Allerdings ist Erkenntnis auch ein Bedürfnis. Eines, das „Dekoration“ nur überdecken aber nicht befriedigen kann. Und hier käme die „Kunst“ ins Spiel (worunter u.a. der andere Teil dessen fällt, was wir unter „Design“ verstehen): Das Untersuchen, Dokumentieren, Auswerten und Infragestellen von Lebenswirklichkeit („Pop“). Eine Tätigkeit quer zu „Dekoration“, die – im besten Fall vielleicht sogar – Alternativen zum „will ich haben“ aufzeigen kann.
Anton
@ Kunstfehler: Simme voll inhaltlich zu! Sehe mich auf jeden Fall als Kunsthandwerker, nicht als Künstler.
Oliver Adam
Das alte Spiel, dabei hat doch Wittgenstein alles darauf schon gesagt. Ihr bringt alle wichtige Argumente, und doch dreht Ihr Euch im Kreise: Ich verweise nochmal auf diese Diskussion hier:
Design vs. Dekoration
und fasse noch mal zusammen:
Die Diskussion »Ist Grafikdesign Kunst?« muss immer im Kreise laufen, denn Ihr spielt das »Beispiel-Spiel«. Ihr versucht, Begriffe – Kunst, Grafikdesign – zu definieren, indem Ihr Beispiele nennt. Das Problem nur: Jedesmal, wenn ein anderer ein Gegenbeispiel bringt, ist die Defintion (»Was ist Design?«, »Was ist Styling?«, »Was ist Dekoration?«, »Was ist Kunst?«) widerlegt – jedenfalls dann, wenn man an einer ernsthaften Defintion interessiert ist. Auf Deutsch, wenn die Begriffsdefinition notwendig und hinreichend ist. Also: »Kunst« liegt dann, und nur dann vor, wenn …«
Ihr versucht, sozusagen nach dem »verborgenen Gemeinsamen« zu suchen, dass dem Begriff »Grafikdesign« oder »Kunst« zugrundeliegt. Das kann nicht gelingen, denn Ihr jagt nach einem Phantom, denn dieses Gemeinsame gibt es schlicht nicht. Die Lösung hat Wittgenstein dargestellt. Zentral ist hier der Begriff »Familienähnlichkeit«. Wie etwa 10 Gesichter, die in einigen Punkten übereinstimmen, in anderen aber nicht, sich aber nie hundertprozentig decken, kann man doch sagen, diese 10 Gesichter gehören zur »Familie Schmidt«, denn sie ähneln sich in Summe eben sehr.
Spielt das mal durch mit der Frage: »Was ist ein Spiel?«. Was haben Poker, Fußball, Klatschspiele im Kindergarten, Schach, Couterstricke etc. gemeinsam, dass man sie »Spiel« nennt? Ihr müsst scheitern, wenn Ihr das »verborgene Gemeinsame« sucht. Die Lösung bringt hier wieder die »Familienähnlichkeit« im Sinne Wittgensteins. Ja, selbst das »verborgene Gemeinsame« beim Suchen nach der Defintion »Stuhl« muss scheitern.
Dann kommt uns eben dieser Wittgenstein mit seiner »Familienähnlichkeit« zu Hilfe. Seine Leistung ist, dass er uns wegführt von exakten Klassifikationen im aristotelischen Sinne und Defintionen im Stile von »Wir nennen etwas Design, wenn – und nur wenn, …« hin zu unscharfen Defintionen (»fuzzy«!), eben Familienähnlichkeiten.
Was ist also Design, Dekoration und Kunst?
Natürlich kann das jeder für sich entscheiden, doch wüssten wir immer noch nicht, was Design »wirklich« ist. Das ließe sich nur in einer empirischen Untersuchung festellen – zum Beispiel im Rahmen der Forschung von Einstellungen in der Psychologie: Wir lassen die Versuchspersonen auf einer Rating-Skala von 0 (ist keine Kunst) bis 10 (ist Kunst) diese Frage beantworten: »Schätzen Sie spontan ein, ob die folgende Werke für Sie Kunst sind.«. Als Items folgen dann »Das Herstellen eines Logos im Auftrag eines Unternehmens«, »Das Verzieren einer Tapete mit einer Borte«, etc. Ergebnis wäre vermutlich hohe Zustimmungsgrade für einige Aussagen, geringere und geringe für andere. Und schon kann man mit gewissen Ausertungstechniken die Nähe der Aussagen grafisch darstellen – Familienähnlichkeiten eben … Das erklärt auch, dass das, was Kunst »ist« abhängt vom »Zeitgeist«. Es kann also passieren, dass Werke in einer Epoche nicht als Kunst gelten und in einer anderen schon.
Man kann es sich aber auch ganz einfach machen und der »Institutionstheorie« folgen. Danach ist Design das, was Experten der Szene wie Design-Professoren als Design erachten. Kunst ist demnach das, was Kunst-Professoren, -Kritiker oder Galeristen dafür halten. Etc. Woher nun ihre »magische Berechtigung« kommt, ist natürlich völlig unklar, und daher ist diese Definition auch nicht zu halten. Wenn das so ist, hat Nr. 5 Unrecht: Nur weil etwas in Museen hängt, müssen es die meisten Menschen nicht als der »Familie Kunst« ähnlich einstufen.
Juli Gudehus
@ Oliver Adam
Sehr gut argumentiert, Chapeau!
Thomas
Kaum zu glauben wie viele Kommentare diese Diskussion doch immer wieder provoziert. Und ich stimme HD auf der Seite auf jeden Fall zu: Die Frage ist doch viel wichtiger, ob Design Spaß macht. Mir macht es Spaß.
Und zum Thema Kunst: Für mich ist Design einfach Kunst die konkreten (wirtschaftlichen) Nutzen stiftet. Bums. Aus.
jamie oliver
Darum sage ich hier gerne nochmals. Bei der Definition was Kunst ist und was nicht klingt da so als gäbe es ein entweder oder. Dafür sind die Grenzen auslaufend….was für mich nur wenig mit Kunst zu tun hat ist für jemand anders ganz klar Kunst. Darum werden wir uns wohl nie finden…
Oliver Adam
@ Tomas (51)
Und zum Thema Kunst: Für mich ist Design einfach Kunst die konkreten (wirtschaftlichen) Nutzen stiftet. Bums. Aus.
Das hieße, alle freien Arbeiten und viele Studentenarbeiten wären demnach kein Design, da sie keinen wirtschaftlichen Nutzen bringen. Da würde wohl keiner zustimmen. Typisches Beispiel-Spiel der alten Schule (s. o.), das keinen weiterbringt und es sich zu einfach macht.
fjord
@ Oliver Adam (#48)
Du schon wieder. ;)
Nach Deiner letzten Ausführung in „Design vs. Dekoration“ wollte ich es genau wissen und hab mir das entsprechende Wittgenstein-Büchlein besorgt. Noch etwas Geduld, ich arbeite dran. ;)
Einstweilen folgende Gegenfrage zu Deiner Ausführung: Einerseits schreibst Du, „dieses Gemeinsame [zwischen Design und Kunst, das wir suchten] gibt es schlicht nicht“, andererseits schreibst Du von den „10 Gesichtern“, die in einigen Punkten (aber nicht in allen) übereinstimmten, und deshalb „familienähnlich“ seinen. Also geht es auch Dir um die Übereinstimmung („das Gemeinsame“) von Attributen/Definitionen.
Wo ist der Nutzen der „Familienähnlichkeit“, wenn man sich nun, statt um die ganzheitliche Definition, um einzelne Attribute streitet? Einigen muss man sich auch auf einen Kanon der einzelnen Attribute. (Du sagst beispielsweise: „Die Gesichter der Familie Schmidt erkennt man an den Sommersprossen.“ Und ich sage: „Sommersprossen haben viele andere auch.“) Selbst, wenn es um ein Feld von Begriffen geht, müssen dieses doch alle Diskussionsteilnehmer akzeptieren, um zu einem Konsens zu gelangen. Wird hier nicht der „Stein des Anstoßes“ zu einem Eimer Kieselsteine potenziert, also die Anzahl der Wurfgeschosse multipliziert?
Ein anderer Gedanke: Aus welchem Grund schlägt eigentlich die Frage „Design“ vs. „Kunst“ jedesmal wieder und immer wieder aus Neue solche Wellen? Warum immer die gleichen Argumente, Klischées und Polemiken? Welcher Nerv liegt da blank?
Der Sven
Es gibt eine italiensiche Handhebel-Espressomaschine und die steht im Museum Of Modern Art in New York. Nicht weil es eine hervorragende Espressomaschine ist, sondern weil sie ungewöhnlich gut aussieht – sprich: sie ein tolles Design hat.
tom
Wer Grafik Design für Kunst hält, weiß nicht was Kunst ist.
tom
Oder noch schlimmer: er weiß nicht was Grafik Design ist.
:-)
thomas | BFA
sven: die form aber vermutlich der funktion untergordnet ist oder? das hast du ja bei kunst eher selten. funktionale kunst, gibts sowas?
jamie oliver
Designer sind wirklich arme Tröpfe. Ständig schweben sie zwischen Kommerz, Dienstleistung, Handwerk und Kunst und stehen meist auf dem falschen Bein oder wechseln nervös von einem Bein zum anderen.
Und jetzt ist ihre Arbeit nicht mal mehr Kunst?
Dafür könnte es so einfach sein: Ego zurückschrauben, auf sich selber und seine Fähigkeiten vertrauen und ehrlich sein. Folgend Punkte müssen geklärt werden.
Handwerk: Dies hat einerseits mit Wissen zu tun dass man sich am besten durch ein solide Ausbildung erwirbt und andererseits mit der geschickten und cleveren Anwendung die man sich mit Begabung, Gespür oder viel Erfahrung erwerben kann. Mit Kunst muss es nichts zu tun haben weil wir hier ganz klar messbare Werte haben wie „Programmkentnisse, Arbeitsgeschwindgkeit usw. Übers Handwerk wird nicht disskutiert. Man hat es oder man hat es nicht, auch wenn man sich vielleicht auf andere Gestaltungswerte beruft als andere. Künstler können auch Handwerker sein (vergleiche das Kunsthandwerk) müssen aber das Handwerk grundsätzlich nicht verstehen.
Kommerz, Dienstleistung und Kunst in der Grafikbranche. Diese drei Punkte werden immer wieder miteinander verwoben wobei im allgemeinen Sprachgebrauch allen ein klare Wertung zu Grunde liegt. Kunst (oder künstlerisch )ist positiv, Kommerz negative, Dienstleistung neutral. Lustigerweise ist die Arbeit ansich immer die gleiche und das Produkt wird einfach anders gewertet. Die Wertung ist dabei aber oft subjektiv und kann nicht einfach gemessen werden. Dabei spielt Alter, Ausbildungsort, gesellschaftliche Stellung oder der Annerkenungsgrad oder auch Trends eine wichtige Rolle wenn es darum geht das Produkt einzuordnen.
Ego und Kunst:
Weil gerade hier die Messbarkeit fehlt kommt das Ego ins Spiel und nervt. Das möchte nämlich möglichst viel „künstlerisch angehauchtes“ mit grossen Annerkenungsgrad produzieren. Dies ist aber unrealistisch weil:
a) das Endprodukt ja einen Prozess durchlaufen hat den man selber meist nicht bis aufs Detail kontrollieren konnte
b) Kunst im Grunde wertungslos ist und darum bedeutet eigene Ideen und Eigenes in die Arbeit zu stecken ohne das man dafür die Garantie für eine Annerkennung und Wertschätzung erhält.
c) wir ja alle Wissen dass wir oft eine Produkt verkaufen und nicht uns selbst verwirklichen.
d) die Annerkennung und Wertschätzung mit vielem zu tun hat wenn auch nicht unbedingt mit unserer Arbeit.
Wenn wir diese Disskussion über gutes Design, Kunst und Kommerz also lösen wollen müssen wir anfangen unsere Ego abzubauen und wieder auf unsere Fähigkeiten und unser gelerntes Handwerk zu vertrauen. Wir können nicht alles und wollen nicht alles können. Dann können wir nämlich unser Augenmerk wieder der Arbeit widmen ohne an das Endprodukt zu denken. Und machmal wird vielleicht sogar wirklich Kunst draus und sehr oft wohl nicht.
Who cares?
Oliver Adam
Hallo fjord (# 53)
Deine Frage ist gut. Ein Problem ist, dass ich mit den Erklärungen nicht zu ausschweifend sein will – wer will das sonst lesen ;-)?! Da Du gefragt hast, werde ich also ausschweifend, aber auch klarer:
Genauer müsste man also sagen: Die Suche nach dem einen, einzigen verborgenen gemeinsamen Markmal, das allen Kunstwerken (Designarbeiten etc.) gleichermaßen zugrundeliegt, führt ins Leere. Stattdessen ist es die Kombination einiger, vieler, einander ähnlicher Merkmale, die Kunstwerke miteinander teilen. Fiktives Beispiel: Kunstwerk A hat 10 Merkmale, das zu bewertende Werk 13. Die Mehrheit im Jahr 2008 findet, dass A und B in 7 Merkmalen sehr ähnlich sind. Hier könnte man folgern, auch B sei 2008 – also zunächst »vorübergehend« – ein Kunstwerk. Finden alle zu allen möglichen Epochen, dass sich A und B in vielen Merkmalen ähneln, dann ist B ein Kunstwerk.
Es wird noch konkreter – und besser:
Wenn also über Epochen die Mehrheit etwas für ein Kunstwerk hält, dann wird es zum Prototyp. Tatsächlich gibt es die Prototypenmethode von Eleanor Rosch, in die die Familienähnlichkeiten aufgegegangen sind. Diese Methode – in der Linguistik – beschreibt, inwiefern ein Objekt prototypisch für die Kategorie ist und wie weit entfernt andere Objekte eingeschätzt werden. Konkret: Wenn man an Vögel denkt, denkt man eher an eine Amsel oder einen Spatz als an einen Pinguin. Also wäre die Amsel prototypisch für die Kategorie »Vogel«. Angewandt auf die Kunst hieße das, das in der Kategorie »Kunst« :: »Gemälde« die Mona Lisa wohl prototypisch wäre. Also ist das Mona-Lisa-Bild: Kunst!
Durch einfache Befragung könnte man also auf ein Blatt Papier zwei Punkte »Kunst« und »Design« aufzeichnen. Man ließe die Leute nach obigem Muster einschätzen, inwiefern A, B oder C Kunst bzw. Design seien. Aggregiert über alle Teilnehmer ergäbe sich eine Punktwolke. Die zu bewertenden Werke lägen dann zwischen den Punkten »Kunst« und »Design«: manche ganz nah an »Kunst«, manche dazwischen. Ich glaube, dieses Blatt Papier wäre die Antwort auf die Diskussion: Manchen Werke ordnen die meisten nahe zur Kunst, manche nahe zum Design. Manche Punkte liegen eben dazwischen, sie sind unscharf, also fuzzy. In jedem Fall aber gibt es eben kein alleiniges Merkmal, das jedes Werk ausschließlich – Entweder-oder – genau einem Punkt zuordnen kann.
Fazit:
Auf die Frage »Ist Werk A Kunst?« gibt es daher nur drei richtige Antworten:
1) »Ich persönlich halte das Werk A intuitiv für Kunst.«
2) »Ob das Werk A heute wirklich Kunst ist, kann man nur sagen, wenn eine Mehrheit es intuitiv für Kunst hält.«
3) Wenn eine Mehrheit es durchgehend über Epochen intuitiv für Kunst hält, wird es prototypische Kunst.
Nun ist es aber nicht praktikabel, jedes Werk bewerten zu lassen: Wer sollte das machen?! Die Institutionstheorie lässt sich vielleicht so rechtfertigen. Analog zur repräsentativen Demokratie, in der wenige für viele stellvertretend entscheiden, leben wir in einer repräsentativen »Kunstokratie«: Die Experten (Galeristen, Kritiker, Museumsleute, aber auch Käufer) repräsentieren die Mehrheit und stimmen stellvertretend für alle ab, ob etwas als Kunst gilt oder nicht. Wenn also ein bisheriges Designwerk nun als Kunstwerk eingestuft wird, dann deshalb: Die Experten, also die »repräsentativen Kunstokraten«, halten das Designwerk jetzt für Kunst – in der Annahme, die Mehrheit würde das so sehen. (Nur leider wurden die Experten von niemandem gewählt, und sie sind auch nicht abwählbar ;-) …)
Oliver Adam
Warum immer die gleichen Argumente, Klischées und Polemiken? Welcher Nerv liegt da blank?
Auch das lässt sich schlüssig beantworten. Aber lieber nicht in diesem Thread …
DOD
solange wir uns schön weiter im kreis drehen weil wir immer wieder aufs neue die alten kamellen aufwärmen; brauchen wir uns nicht wundern das „designer“ nicht ernst genommen werden. Da erstellen wir CI und CDs, machen Branding, schaffen Werte um das Image unserer Kunden auf- oder auszubauen, und selbst haben wir immer noch dieses „image-problem“ – oder ist es mangelndes selbsbewusstsein …?
sharif
Die Bäckereifachverkäuferin träumt von humaneren Arbeitszeiten.
Der Facharbeiter vom Mercedes.
Der Diplom-Kaufmann vom Häuschen in der Toskana.
Die Designerin davon, einmal als „Künstlerin“ mit ihrem Werk im Museum zu hängen.
Schrecklich spießig das alles.
Außer bei der Frau die mir morgens die Brötchen verkauft. Die hätte wirklich mehr Lohn und angenehmere Arbeitszeiten verdient.
6723
ich sage GD ist nicht Kunst und Kunst ist nicht GD.