Interdisziplinäre Tagung »Schrift in der Schule«

Von 28. bis 30. Oktober 2011 findet an der Bauhaus-Universität Weimar die Fachtagung schus​ter​fisch​.de zum Thema Schrift in Bildung und Vermittlung statt. Typografen und Grafikdesigner disku­tieren gemeinsam mit Lehrenden und Fachdidaktikern, wie an den Schulen der Umgang mit Schrift vermit­telt wird und wie neben dem Erwerb von Schreib- und Lesekompetenz auch typo­gra­fi­sche Grundregeln zur Gestaltung lesbarer Texte einbe­zogen werden können.

In Vorträgen und Workshops werden prak­ti­sche Umsetzungsideen für eine Optimierung von Lernprozessen durch gute Gestaltung in Wort und Schrift präsen­tiert. Referenten sind Friedrich Althausen, Jörg Petri, Ann Bessemans, Albert-Jan Pool, Indra Kupferschmid, Gundel Mattenklott, Eva Maria Kohl, Michael Ritter, Gottfried Pott, Franziska Wilke, Jay Rutherford, Benjamin Dahl, Thomas Heyl, Ulrich Hecker und Florian Hardwig.

Die Teilnahme für Studenten und Referendare kostet 60 €, Mitglieder von BDK e.V., Forum Typografie, AGD oder BDG zahlen 100 €, andere 160 €.
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16 Kommentare

  1. R::bert

    … bin ja für die Einführung der Akkurat als offi­zi­elle Lese-Lernschrift ; ) aber deren a und g sind wahr­schein­lich formal für dieses Alter noch zu komplex, oder?

  2. Andreas Frohloff

    Akkurat halte ich wegen der geschlos­senen, orna­men­talen Buchstabenformen bei aesbdpq für nicht so gut geignet. Zum Lesenlernen müssten die Buchstaben offen und leichter unter­scheidbar sein.
    Ich merke aber gerade, dass das ein Fass ohne Boden ist ;)

  3. Henning Krause

    @ Andreas: Deshalb Tagung :)

  4. Michael Müller-Hillebrand

    Die Bevorzugung der seri­fen­losen Leseschriften berück­sich­tigt nicht, dass Leseanfänger die soge­nannte Raum-Lage-Beziehung erlernen müssen. Kleine Kinder schreiben zum Beispiel gerne auch von rechts nach links oder von unten nach oben. Die form­glei­chen b, p, d, q werden dann gerne verwech­selt, was bei Schriften mit dyna­mi­schen Liniendicken nicht so leicht vorkommt. Mit dem Thema beschäf­tigt sich wohl auch der Vortrag von Thomas Heyl.
    Aber wo kämen wir hin, wenn in unserem föde­ralen Bildungssystem die jewei­ligen Schulbehörden plötz­lich externen Sachverstand bräuchten, das war ja noch nie der Fall…

  5. Ralf H.

    Die form­glei­chen b, p, d, q werden dann gerne verwech­selt, was bei Schriften mit dyna­mi­schen Liniendicken nicht so leicht vorkommt. 

    Hast du dafür Belege?
    Du sprichst ja hier einer­seits vom Schreiben (wo es norma­ler­weise keinen Strichstärkenkonstrast gibt) und ande­rer­seits vom Lesen, das eben bei latei­ni­scher Schrift immer in der glei­chen Leserichtung erfolgt und somit ergibt der Wortkontext immer auto­ma­tisch die rich­tige Lesart für diese Buchstaben – egal wie der Strichstärkenkontrast ausfällt.

  6. Chris Rosmanitz

    @ Ralf H.
    Die opti­sche Differenzierungsfähigkeit (b-d, p-q) ist eine Fähigkeit, die sich oft erst im Laufe der 1. Klasse entwi­ckelt. Das hat entwick­lungs­psy­cho­lo­gi­sche Gründe. Soweit ich in Erinnerung habe, hat das etwas mit den Gehirnhälften und der Überkreuz-Koodination zu tun. Deshalb finden diese Fehlleistungen nicht nur beim Schreiben, sondern auch beim Lesen statt. Inwiefern Strichstärken da hilf­reich sein können, kann ich nicht einschätzen.
    Viel schlimmer finde ich aller­dings diese furcht­bare „verein­fachte Ausgangsschrift“ mit der die Kinder sich rumquälen müssen. :)

  7. Michael Müller-Hillebrand

    @Ralf H.: Für Belege müsste ich die Studienarbeit meiner Frau heraus­su­chen. Aber ich erin­nere mich gut an zwei Aspekte: Für manche Lese-/Schreibanfänger ist die Leserichtung ganz und gar nicht selbst­ver­ständ­lich, das muss erst gelernt werden, wie die Konzepte von Rechts, Links, Oben, Unten. Und: Als Übungshilfe beim Nachspuren der Buchstaben wurden zusam­men­ge­bun­dene Buntstifte empfohlen, womit sich dyna­mi­sche Strichstärken ergeben, der Feder vergleichbar. Ach ja, auch bei der alten Lateinischen Ausgangsschrift ließen sich die genannten Buchstaben gut unterscheiden.
    Wie wäre das: Lesen lernen mit ordent­li­chen Satzschriften und Schreiben lernen mit schöner Schreibschrift?

  8. Nikolaus Netzer

    Gute Idee, aber viel zu hoch aufge­hängt, viel zu elitär. Die Realität ist, dass sich Schülerinnen und Schüler zu 90 Prozent mit grau­sigen, unle­ser­li­chen Fotokopien, die schon unzäh­lige Male durch­ge­nu­delt wurden, als Unterrichtsmaterial herum­schlagen müssen. Man kann froh sein, wenn die Arbeitsbögen relativ gerade auf das Vorlagenglas gelegt wurden sodass nicht die Hälfte des Textes fehlt. Es ist eine weitere Unsitte, Kopiervorlagen zu lochen, sodass Texteile beim Vervielfältigen fehlen. Ein Grundschüler ist mit etwa 10 Fächern versorgt, in denen während des Schuljahres dutzende Themen bear­beitet werden. Diese Themen werden aus einer Vielzahl von Büchern, Internetseiten, selbst gebas­telten Arbeitsbögen und anderen Arbeitsheften zusam­men­ko­piert. Ein visu­elles und typo­gra­fi­sches Desaster. Sicherlich auch am Rande der Legalität. Nur mangelt es den Schulen drama­tisch an Geldern, notwen­dige Lern- und Lehrmittel anzu­schaffen. Ein abso­lutes Notprogramm! Gleichzeitig fehlt es der zumeist über­al­terten Lehrerschaft komplett an ästhe­ti­schen, gestal­te­ri­schen und typo­gra­fi­schen Grundkenntnissen – erstaun­li­cher Weise auch im Fach Kunst. Wenn ein Lehrer die Schrift Arial iden­ti­fi­zieren kann, muss man von einem Glücksfall spre­chen. Wie sollen die Lehrkräfte auch digital gestalten, wenn – trotz regel­mä­ßiger Weiterbildungsverpflichtung – Computerkenntnisse mangel­haft sind. Als ich zufällig einen Text meines Sohnes auf einem USB-Stick in der Schule bei der Klassenlehrerin abgeben wollte, antwor­tete sie mir: „Herr Netzer, wenn Sie mir zeigen, wie ich den Text auf den Computer bekomme, können sie ihn gerne über­spielen. Ich weiß nicht wie das geht“. Es geht darum, den Lehrkräften beizu­bringen, wie man mit Nachkriegsmethoden wie Schere, Cutter, Lineal und ausge­druckten Textfahnen ordent­liche Gestaltung macht.

    Daher ist diese Veranstaltung lobens­wert, erreicht jedoch nicht die Zielgruppe. Dort reden wieder nur Leute mitein­ander, die sowieso schon wissen, wie Gestaltung funk­tio­niert. Vergesst die elitären Zirkel. geht in die Schulen. Macht dort, vor Ort kosten­freie Veranstaltungen. Statt den sound­so­vielten unbe­zahlten Pitch mitzu­ma­chen, arbeitet ehren­amt­lich. Warum sollen nur Streetworker, Anti-Gewalt-Trainer und Drogenbeauftragte Lehrerinnen und Lehrer fort­bilden. Designer in die Schulen!

  9. Florian Hardwig

    Interessant in diesem Zusammenhang ist auch, was Kevin Larson in seinem Vortrag bei der ATypI Dublin erwähnte: Es kommt häufiger zu Verwechslungen von b und p, als zwischen dem direkten Spiegelpaar b und d. Dies lässt darauf schließen, dass Dyslexie etwas mit Lauten zu tun hat.

  10. Vroni

    Designer in die Schulen!

    Gerne. Unterstütze diesen Vorschlag. Gutes Post übrigens.
    Aber bitte dann nicht elitär dort herumfaseln.
    Ob das Designern gelingt, die schon die eigent­liche korrekte Übersetzung von „Pitch“ nicht mehr im Kopf parat haben?

  11. Jürgen

    @ 8 | Nikolaus Netzer
    Genau! Beziehe mich insbe­son­dere auf Ihren letzten Absatz: das habe ich schon gemacht. Aufklärung über Wahrnehmung von Kindern, bzw. Leseanfängern, über die Lesbarkeit verschie­dener Schriften. Anstatt mit einer Helvetica-Schulschrift Arbeitsblätter zu erstellen, habe ich Lehrern dafür eine besser geeig­nete Schrift zur Verfügung gestellt: http://​tinyurl​.com/​3​5​t​e​pxf

  12. Michael Müller-Hillebrand

    @ Nikolaus Netzer: Ja, ja, ja!
    Leider reicht »Designer in die Schulen!« nicht, es müsste wegen des Obrigkeitsprinzips schon »Designer ins Kultusministerium!« heißen (das Layout der baye­ri­schen Grundschulzeugnisse ist auch gräss­lich). Aber wer tut sich diesen Tort frei­willig an…?
    @ Jürgen: Mantika Informal wäre in der Tat eine groß­ar­tige Verbesserung gegen­über der allge­gen­wär­tigen Comic Sans. Wie erfolgt die Zurverfügungstellung?

  13. Jürgen

    @ Michael Müller-Hillebrand: An einem Elternabend Vortrag gehalten, später vor der Schulleitung und dem Lehrerkollegium, dann habe ich dem Lehrer ‹der die ganzen Computersachen macht und sich damit auskennt› die Schrift zur Verfügung gestellt, damit er sie instal­liert, um damit arbeiten zu können.

  14. markus

    @ Jürgen: Wie genau geht »zur Verfügung stellen« für unsereiner?
    Lizenz kaufen (meist ja bis zu 5 Rechner) und »rüber­ko­pieren«? Wäre das legal, verbunden mit dem Hinweis, dass die Schrift nicht weiter verbreitet werden darf?

  15. Ralf H.

    Kleiner Rückblick bei Typografie​.info: Link

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