Hingehen: Neues Museum, Tag der offenen Tür

Das Event nennt sich »Der erste Blick« und geht noch bis heute Abend, 18 Uhr. Drei Tage waren dann die Räume des frisch reno­vierten Neuen Museum auf der Berliner Museumsinsel zu bewun­dern – leer, ohne Exponate, ein Delikatesse für Architekten und Architekturinteressierte.

Bevor das Ägyptische Museum mit der Papyrussammlung und das Museum für Vor- und Frühgeschichte im Oktober 2009 wieder ihre ange­stammten Häuser mit einer neuen Präsentation ihrer Sammlungen einnehmen, gewähren die Staatlichen Museen zu Berlin der geneigten Öffentlichkeit einen ersten Blick in die restau­rierten Räumlichkeiten des Hauses.

Das Neue Museum ist Teil des Weltkulturerbes Berliner Museumsinsel. Das zwischen 1843 und 1855 errich­tete Gebäude gilt als Hauptwerk des Architekten und Schinkel-Schülers Friedrich August Stüler und bildet sowohl als Teil der Gesamtanlage der Museumsinsel wie auch als Einzelbauwerk des späten Klassizismus’ eines der bedeu­tendsten Dokumente des Museumsbaus im 19. Jahrhundert. Mit neuen indus­tria­li­sierten Bauverfahren und mit der Verwendung von Eisenkonstruktionen schrieb das Museum zudem ein Stück Technikgeschichte.

Nachdem David Chipperfield 1997 den Auftrag für das viel disku­tierte Restaurierungskonzept zum Wiederaufbau erhielt, begannen die Arbeiten unter seiner Leitung im Jahr 2003. Dem Grundsatz folgend, das Erhaltene bewahren und zugleich durch Neues erkennbar ergänzen, entstand ein Bauwerk, das denk­mal­pfle­ge­ri­sche und restau­ra­to­ri­sche Gesichtspunkte mit moderner Museumsarchitektur in sich vereint.

In der Nachkriegszeit versank die Ruine des Neuen Museums in einen Dornröschenschlaf. Andere Museen der Museumsinsel nutzten die weniger beschä­digten Räume als Magazin. Erst 1986 begannen Arbeiten zum Wiederaufbau, die vorerst mit weiteren (vermeid­baren und unver­meid­baren) Abbrüchen und damit Verlust an histo­ri­scher Bausubstanz verbunden waren.

Chipperfield ersetzte den zerstörten Südostrisalit und den Nordwestflügel durch Ersatzbauten mit glei­chem Volumen. Das Ziegelmauerwerk der neuen Fassaden folgt in Material und Gliederung dem erhal­tenen Nordrisaliten und dem Südwestflügel. Der ARchitekt verzichtet auf die Rekonstruktion verlo­rener Innenausstattungen, insbe­son­dere des großen Treppenhauses. Stattdessen sichert, repa­riert und vervoll­stän­digt er die Ruine des Neuen Museums, das einer enthis­to­ri­sie­renden Rekonstruktion ebenso entgehen soll wie einer roman­ti­sie­renden Alt-Neu-Rhetorik oder der Monumentalisierung seiner Zerstörung.

Die Gesellschaft Historisches Berlin e.V. kriti­siert neben dem Neubau des Eingangsgebäudes die Art des Wiederaufbaus. In ihrer im März 2006 einge­reichten Petition mit über 14.000 Unterschriften an den Deutschen Bundestag wandte sich die Gesellschaft gegen die Errichtung des nach einem Entwurf von David Chipperfield 2001 zunächst geplanten gläsernen Eingangsgebäudes.

Begründet wurde das mit der Befürchtung, dass der Neubau des Eingangsgebäudes zwei Drittel der Westfassade des Neuen Museums verde­cken könnte. Als Argument wurde auch der mögli­cher­weise drohende Verlust des Weltkulturerbe-Status der Museumsinsel als Folge der Gestaltung des Neubaus ange­führt. Die Gesellschaft forderte die origi­nal­ge­treue Wiederherstellung der Fassaden und der großen Treppenhalle. (Quellen: Wikipedia, smb; Fotos: Fontblog)


8 Kommentare

  1. Achim B.

    ja, wirk­lich toll. ich war gestern ganz früh da. das sind bilder, die man noch ein weil­chen mit sich rumtragen wird.

  2. Florian B.

    Ich war heute morgen mit der Familie drin ( Kinder zu haben hat sich in dem Fall echt gelohnt: 2 Minuten Wartezeit statt drei Stunden) und war wirk­lich beein­druckt! Ich konnte die Kritik an dem Restaurierungskonzept vor dem Besuch nicht so ganz nach­voll­ziehen. Jetzt ist mir das klar: es ist schon recht radikal, mit welcher Konsequenz da die Spuren der Zeit präsen­tiert werden. Ich fand’s im ganzen sehr gelungen, auch wenn ich mir die Vorgehensweise nicht für viele weitere Bauprojekte vorstellen kann.

  3. Vroni

    Feine Fotos.

    Ähnliche Eindrücke kenne ich vom Nürnberger Germanischen Nationalmuesum, in dem die Kartäuserkirche und ein Kreuzgewölbe nahtlos von moderner Architektur umzin­gelt sind. Habe das als Student gezeichnet.

  4. holger s

    Ich war am Sonnabend da, und da mir klar war, dass es einen ziem­li­chen Ansturm geben könnte, würde man kaum in Ruhe Architekturfotos machen können. Dennoch ist mir irgendwie gelungen, was ich vorhatte … wenn es gestat­test ist, poste ich unten den Link.

    Die Leute gucken und foto­gra­fieren in die merk­wür­digsten Richtungen, da es ja keine Exponate, keine Ausstellung gibt.

    Und Chipperfield hat da echt ein abso­lutes Meisterwerk abge­lie­fert, da können die Kritiker jetzt wirk­lich mal die Klappe halten.

    Schaut mal hier:

    http://​gallery​.me​.com/​h​o​l​g​e​r​s​t​u​e​t​i​n​g​#​1​0​0​045

  5. Florian B.

    „Bitte ohne Blitz, bitte ohne Blitz“. Das Mantra der Aufseher an dem Tag. Es wurde wirk­lich wahn­sinnig viel foto­gra­fiert. Früher gab es ja das Klischee vom Japaner auf Europaurlaub, der erst zuhause beim Bilderanschauen merkt wo er eigent­lich richtig war. Ist jetzt wohl auch bei uns so. Eine Bekannte, die mit war, erzählte, wie sie neulich in einer Opernaufführung war und auch da während dem Stück jemand geblitzt hat.

  6. Wolfgang Stegmann

    Könnte mir freund­li­cher­weise jemand verraten, wie der Font auf dem Schild im folgenden Bild heißt? Siehe: https://​www​.font​blog​.de/​w​p​-​c​o​n​t​e​n​t​/​e​i​n​_​e​r​s​t​e​r​_​b​l​i​c​k​_​0​.​jpg.

    Mit freund­li­chen Grüßen
    Wolfgang

  7. erik spiekermann

    Kann das zwar kaum erkennen, aber das erschei­nungs­bild der Museumsinsel nutzt FF Typestar für alles, auch die hinweisschilder.

  8. Jürgen

    Ja, es ist FF Typestar.

Kommentarfunktion ist deaktiviert.

<em>kursiv</em>   <strong>fett</strong>   <blockquote>Zitat</blockquote>
<a href="http://www…">Link</a>   <img src="http://bildadresse.jpg">