»Grafikdesigner verdienen so wenig wie nie zuvor!«
Eine Gegenrede von Johannes Erler, Factor Design, Hamburg
Die Veröffentlichung angeblicher Gehaltsstrukturen im Grafik-Design – zunächst durch den Stern und in der Folge (allerdings ohne den Hinweis, dass der Stern-Durchschnittswert auf Basis von weniger als 25 Befragten zustande kam) durch Welt kompakt und Welt mobil – hat für Wirbel gesorgt und bedarf der dringenden Korrektur.
Die veröffentlichte Tabelle (vgl. Fontblog: Gehaltscheck – Grafikdesigner sind heute Spitzenverdiener) geht vollkommen an der Realität vorbei und wirft ein falsches, schädigendes Licht auf unseren Berufsstand. In Wirklichkeit ist im Grafik-Design schon lange nicht mehr so wenig verdient worden, wie heute. Und nie waren die Perspektiven, dass sich dies in Zukunft deutlich bessern könnte, schlechter.
Als Inhaber eines seit vielen Jahren im Prinzip erfolgreichen und angesehenen Designunternehmens kann ich zunächst einmal feststellen, dass die Honorare seit etwa 10 Jahren mehr oder weniger stagnieren und durch die Inflation sogar deutlich rückläufig sind (geht man von 2 % Inflation aus, summiert sich dies folglich auf etwa 20 % Honorarrückgang).
Die anhaltende Krise hat zudem bewirkt, dass Kunden im vergangenen Jahr Reduzierungen von bereits verhandelten Honoraren gefordert haben und oft auch durchsetzen konnten. Zum Beispiel hat fast die gesamte, stark von der Anzeigenkrise betroffene Medienbranche (also z. B. die Verlage von Stern und Welt) schon Ende 2008 pauschal verordnete 10 % Honorarkürzung durchsetzen können. Die Angst vor der damals erst aufkommenden, bedrohlichen Wirtschaftskrise spielte den Verlagen in die Karten.
Das abgelaufene Geschäftsjahr hat unser Unternehmen mit einem Umsatzrückgang von fast 25 % beendet. Für die im Corporate Design tätigen Designbüros scheint dies einigermaßen normal zu sein. Andere Berufszweige (z. B. das Packaging) sind angeblich nicht in diesem Maße betroffen und haben dennoch ordentlich rudern müssen.
Durch Kurzarbeit und Kostenersparnis an anderen Stellen haben wir diesen Verlust zum Glück auffangen können. Wir beendeten das Jahr mit einer schwarzen Null. Und darüber bin ich zunächst einmal froh, vor allem deshalb, weil wir die Lage perspektivisch im Griff haben. Und auch, weil die Stimmung in unserem Büro nach wie vor gut ist und die Leute gern bei uns arbeiten.
Trotzdem, und darum soll es hier gehen, kann man sich vielleicht vorstellen, dass unter diesen Umständen Gehaltserhöhungen allenfalls äußerst moderat und eher symbolisch ausfallen können. Was mich wiederum zu dem Schluss bringt, dass unsere Gehaltsstruktur grundsätzlich den Umständen entsprechen angemessen und realistisch zu sein scheint.
In meinem Büro werden Gehälter für Designer zwischen 2.200 Euro (für Berufseinsteiger, die nach Beendigung des Studiums in der Regel noch einiges dazulernen müssen, um im Designalltag bestehen zu können) und 4.500 Euro (für verdiente, selbstständige Kräfte mit einigen Jahren Berufserfahrung) bezahlt. Der Schnitt liegt wohl bei etwa 3.200 Euro.
Die meisten unserer Mitarbeiter sind nicht länger als 5 bis 6 Jahre bei uns. Viele wechseln irgendwann das Büro, einige machen sich selbstständig. Ich würde sagen, dass bei uns eine normale Fluktuation herrscht.
Ob die Selbstständigkeit ein höheres Einkommen garantiert, wage ich zu bezweifeln. Ein bereits relativ hoher Tagessatz von 400 Euro für einen guten, erfahrenen Freien würde, auf 20 Arbeitstage hoch gerechnet, spannende 8.000 Euro ergeben. Doch derart durchgebucht ist kaum jemand, freie Tage durch Urlaub oder Krankheit sind nicht bezahlt und es gehen hohe Kosten für Geräte, Hard- und Software und manchmal Raum- oder Platzmiete ab. Unterm Strich verdient ein Freier nicht mehr, als ein einigermaßen gut bezahlter Fester, hat jedoch ein wesentlich höheres Risiko zu tragen.
Dass in anderen Büros nicht wesentlich mehr verdient wird, weiß ich übrigens auch (wobei ältere, kompetente Designer auf großen Etats und in großen Agenturen sicherlich höhere Einkommen erzielen. Aber so viele gibt es davon unterm Strich nicht).
Freuen kann sich, wer einen alten Anstellungsvertrag in einem großen Verlagshaus besitzt, der also aus einer Zeit stammt, als die Werbegelder noch üppig flossen. Aber diese Zeiten sind vorbei und kaum eine Designleistungen benötigende Branche entlässt heute dramatischer, als die Printmedien.
Wenn nun aber die erzielten Honorare die Kosten so gerade eben deckeln und ich – und das betone ich ausdrücklich – eigentlich der Meinung bin und den Wunsch habe, höhere Gehälter zu zahlen, weil die Qualität der Arbeit und der Einsatz, durch den diese Arbeit zustande kommt, mehr wert sind, dann stimmt etwas ganz grundsätzlich nicht. Und zwar mit den Honoraren.
Es stimmt was nicht, mit den Honoraren
Die nämlich stehen den erbrachten Leistungen schon lange nicht mehr angemessen gegenüber und sind teilweise – ganz ohne Not – regelrecht beschämend. Womit wir – mal wieder – bei der generellen (Vermittlungs)krise unseres gesamten Berufsstandes wären.
In der Zeitschrift »Wirtschaftswoche« wurde vor einigen Wochen und anlässlich des red dot-awards der geschätzte Kollege Jochen Rädeker (Strichpunkt) zitiert, der eine der momentan üblichen, unseriösen Jobanfragen eines mittelständischen Unternehmens vortrug (Pitch / lächerliche Honorare / hanebüchene Vorstellungen vom Jobverlauf … er lehnte ab). Das jedoch ist die Realität, der wir uns zu stellen haben, und es werden garantiert ausreichend andere für Strichpunkt eingesprungen sein.
Justus Oehler (Pentagram Berlin) wurde im gleichen Artikel mit der Aussage zitiert, dass es eben einfach zu viele schlechte Designer gäbe, die den Markt und die Preise kaputt machen. Da ist leider auch was dran.
Und so befindet sich das deutsche Grafik Design eingangs des Jahres 2010 in der ziemlich bedauerlichen Zwickmühle, zwischen Wirtschaftskrise, Misshandlung des Designbegriffes durch jeden, der einen Computer bedienen kann, und Unwissen über Nutzen, aber eben auch Kosten von Designleistungen auf Kundenseite. Und da nützt es am Ende herzlich wenig, wenn vielerorts jubiliert wird, dass die Designbranche wächst und angeblich heute niemand mehr ohne Design auskommt. Denn welche Art von Design da gemeint ist, lässt sich kaum sagen, weil der Begriff dermaßen schwammig geworden ist, dass er den seriösen Designern am Ende eher schadet, als hilft.
Es wird voraussichtlich Jahre dauern, bis dieses Bild korrigiert ist. Und Artikel, wie in Stern und Welt werfen das Design erneut zurück, weil sie ein Klischee bestätigen, das so längst nicht mehr stimmt. Dafür gehören den Redakteuren dieser Blätter die Ohren lang gezogen.
Letztlich helfen uns am Ende nur die sorgfältige Dokumentation erbrachter Qualitätsleistungen und der Wille und Mut, diese Leistungen öffentlich zu machen. Einzelkämpfertum nützt wenig, weil die Möglichkeiten des einzelnen, sich gegen beauftragende Unternehmen angemessen durchzusetzen, eher gering sind. Statt dessen würde eine Bündelung der Kräfte – in Büros (vielleicht sogar mit ganz anderen Hierarchiemodellen, als heute üblich) und im Zusammenspiel der vielen guten Büros – mehr bewirken. Es wird dringend Zeit, dies zu organisieren. Es tut sich jedoch auch was.
Pitches gehören abgeschafft, der Nutzen von Design muss besser herausgearbeitet werden, die Ausbildung muss besser werden (hier gilt es sich persönlich zu engagieren!). Und nicht zuletzt müssen wir selbst es organisieren, dass jeder potentielle Kunde zunächst einmal kompetent an die Hand genommen wird. Verständnis zu schaffen ist nämlich die beste Grundlage einer guten Beziehung.
Die Stern-Zahlen sind eine schöne Vision und hoffentlich keine Utopie. Der Weg dorthin ist lang.
159 Kommentare
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raban ruddigkeit
so siehts aus! danke ®
Christian
Danke Johannes für deine offenen Worte und deinen Einblick in die Gehaltsstruktur bei euch.
Ich vermute, dass Aufklärung von Nachwuchs und Auftraggebern gut ist, aber auf Dauer nicht kompensieren kann, dass einfach mehr Leute Design machen wollen als der Markt hergibt und daher die Preise gedrückt werden können. Design ist beliebt, da interdisziplinär, kreativ und freigeistig.
Die Hochschulen ignorieren aber seit langem die kaufmännische Ausbildung (Die FH Essen sei hier lobend ausgeklammert) und entlassen ökonomische Analphabeten ins Berufsleben. Designer müssen wissen, zu welchem Preis sie anbieten können, um Honorare zu rechtfertigen, von denen sie leben können.
Vince
Top! Vielen Dank für einen sehr ehrlichen Artikel … den stern-Artikel konnte ich nicht ganz nachvollziehen. War ich doch auch selbstständig und bin nun glücklicher festangestellter Grafiker.
Marcel
Falsche Informationen auf Basis nicht aussagekräftiger Befragungen in die weite Welt hinaus zu schreien habe ich mal wieder richtig gerne. Gut gemacht, lieber Qualitätsjournalismus.
Aber vielen Dank an Herrn Erler für diese ausholende Gegendarstellung – vielleicht wird Qualität ja bald wieder mehr geschätzt und honoriert – in allen Bereichen unseres Lebens.
TM
Ich fange auch mehr und mehr an die Verantwortung wahr zu nehmen, schlucke das, was die Vordenker sagen, und praktiziere das Einhalten hoher Qualitätsstandards, beruflich wie privat.
Das Problem liegt scheinbar in Deutschland und dem ganz normalen Billig-Angebot der Kaufhallen. Ein Zeitgeist verpestet unser Land.
Honorare sind genau so wichtig wie ein Qualitätsstandard der international anerkannt ist. Aber wenn Mitglieder, die sich der Branche dazugehörig fühlen wollen, nicht mitziehen, beim Einhalten der Qualitätsstandards UND! Honorarstandards, werden auch unsere Auftraggeber immer mürrischer hohe Honorare zu zahlen. Härte, Werte und Vertrauen müssen wir Grafik-Designer uns aneignen. Einen Glauben, einen Zusammenhalt und das Streben nach dem Guten, dem Besseren, soll uns verbinden.
Damit, und nur mit diesem Zusammenhalt, dieser Einigkeit, können wir den falschen Vorstellungen der Auftraggeber Einhalt gebieten.
Den Mann aus dem Volke, den Konsumenten, können wir nicht nach seiner Meinung über Design fragen, der guckt auch Fernsehen, soll heißen, er frisst was ihm vorgesetzt wird.
Aber je mehr man darüber nachdenkt, desto größer wird das Bild eines Teufelskreises, dessen Aufhalten unmöglich erscheint.
Juli Gudehus
Gut gebrüllt, Löwe!
Alba
Vielen Dank, Herr Erler, für diesen Artikel.
Genau so sieht es aus. Zu jedem einzelnen Punkt kann und muss ich innerlich nicken.
Nach einer Anstellung und jetztiger Selbstständigkeit kenne ich beide Seiten.
Ich denke jeder Einzelne von uns, muss sich da auch an der eigenen Nase packen und manchmal einfach „Nein“ sagen.
Nein zu Dumpinglöhnen, nein zu Pitches mit lächerlichen Bedingungen, nein zu vorgeschobenen Argumenten, warum ein Auftrag jetzt so in dieser Höhe doch nicht entlohnt werden kann.
Hier und da ein klares „Nein“ zu bestimmten Aufträgen – auch wenn es manchmal weh tut.
Oliver Schuh
Herzlichen Dank, Herr Erler,
für diesen transparenten und fundierten Beitrag. Die Befürchtung liegt nahe, daß durch solch verzerrten Statistiken vielleicht ein noch größerer Run auf die Designbranche besteht.
Sehr gut und zielgerichtet finde ich Ihre Zusammenfassung und Ausblicke am Ende Ihres Beitrages. Was die Bündelung von Stärken anbelangt, wir arbeiten daran: http://blog.diegebrauchsgrafiker.net/2009/11/staerken-verbuendeln/
Aus meiner Sicht erheben viel zu wenige verdiente Designer/Kreative Ihre Stimme und klären sachlich auf. Hier gilt es mehr Transparenz zu schaffen und Rückgrat zu haben. Einfach nur im Jedemann-Chor den Dumping-Blues anzustimmen bringt nichts.
Also gerne mehr davon!
Vom verschneiten Elbstrand
Oliver Schuh | agd | die gebrauchsgrafiker
Philipp Schilling
Design ist eine Investition in den unternehmerischen Erfolg. Wer mehr investiert wird in der Regel mehr Erfolg haben.
Wer sich als Design-Dienstleister unter Wert verkauft, ist nicht nur selbst schuld sondern sollte sich bewusst machen, dass er an dem Ast sägt, auf dem er sitzt.
Michael Hochleitner
Kam gerade rechtzeitig, bevor ich mich vom Dach gestürzt hätte!
till1
sehr schön geschrieben.
wer hat möglichkeiten und kontakte, diese gegendarstellung in einem ähnlich publikumswirksamen medium zu veröffentlichen?
wir fontblogleser sind uns der berufsrealität ja bewusst.
Thierry
Ervin Goffman schreibt in seinem Buch «Wir alle spielen Theater» von 1959 über die Zwickmühle von Dienstleistungsbetrieben in Bezug auf die Sichtbarmachung eines fairen Honorars:
Und er hat recht. Was lernen wir daraus?
Pongratz
Wohin einen solche Artikel führen. Bis nach Manitoba, wo der erwähnte Soziologe und Autor seine Jugend verbrachte: https://de.wikipedia.org/wiki/Dauphin_(Manitoba) – Das vom DM-Gründer Götz Werner vorgeschlagene bedingungslose Grundeinkommen hat es dort schon in den 70ern gegeben. Wow, und wie man liest, wird es auch für uns immer nötiger.
Zum Buch: Neuauflage ist überfällig!
Pongratz
Und weil’s hier um Druck und Schrift geht: http://www.dauphin.ca/wp-content/themes/bones/flex/2014-FlipBook/index.html
Julius
Ein ganz großer Punkt ist einfach, dass gutes Design nicht auf Anhieb von schlechterem Design unterschieden werden kann. Zumindest nicht vom Laien.
Kennen wir nicht alle das Gefühl, ein bestimmtes Produkt nicht kaufen zu wollen, weil die Verpackung schlampig gestaltet ist? Dass wir uns in der Stadt vor den Kopf schlagen und und fragen, welcher Praktikant denn dieses oder jenes Plakat gestaltet hat?
Dummerweise ist das eine Berufskrankheit. Niemand sonst sieht soetwas, bzw. niemanden stört soetwas.
Und genau solche Menschen, jene die es nicht stört, wenn etwas nicht passt oder nicht „rund“ ist, sitzen in den Positionen in denen die Honorare verhandelt werden.
Geiz ist geil! Warum 5000 Euro zahlen, wenn man die Leistung auch für 2000 Euro einkaufen kann? Warum in einer vernünftigen Druckerei drucken, wenn man seine Flyer oder Visitenkarten im Internet für die Hälfte des Geldes bekommt?
Die Entscheidung für das vermeidlich billigere Angebot geht oft nach hinten los. Die Qualität der Weiterverarbeitung ist bescheiden, der Schriftsatz grottig und die Farben stimmen auch nicht, weil Powerpoint nun mal kein Color-Management kann.
Dummerweise reicht vielen Entscheidern das, was sie für Ihr Geld geliefert bekommen aus. Klar, es ist nicht optimal, aber immerhin wurde Geld gespart. Und das ist ja allso wichtig in der heutigen Zeit.
Es ist schön einfach sich GrafikDesigner oder $irgendwasMitWerbung zu nennen. Die Leute geben einem Geld, damit man auf einem Computer herumklickt und irgendwie Bilder, Wörter, gewürzt mit Fonts und Grafiken zu einem Ganzen mischt und es dem Kunden dann als heiligen Gral verkauft.
Aber machen wir uns mal nix vor. Es gibt angesehene Agenturen die verkaufen Ihren Kunden goldenen Müll. Ich habe von Kunden Dinge bekommen, die sie von angesehenen Agenturen (keine Namen) für viel Geld gekauft haben, die man bestenfalls Entwürfe nennen könnte.
Warum sollte ein Kunde, der bereits von renomierten Agenturen enttäuscht/verarscht wurde, viel Geld ausgeben, wenn er selbst schwer beurteilen kann, ob er verarscht wurde oder nicht? Dann doch lieber gleich zum Studenten oder zum GrafikDesigner von nebenan der froh über den Job ist und es nicht all zu teuer macht.
Macht euch keine Illusionen: Es wird immer beides geben. Angesehene Agenturen die ihre Kunden verarschen, Kunden die sich schlechtes Design unterschieben lassen, und solche die nicht bereit sind, für gutes Design zu zahlen. Und es wird immer jemanden geben, der es für weniger Geld macht.
Ziel muss es sein, seine Kunden davon zu überzeugen, wie wichtig gutes Design ist, und dass es sich lohnt, dafür Geld auszugeben.
Werdet Design-Evangelisten. :)
Oliver Schuh
@Thierry
Daraus lernen wir: Transparenz schafft Akzeptanz. ;-)
Michael Jackson
@Thierry – dass Leistung anderer nicht als Leistung wahrgenommen wird.
Schoschie
Angesichts dieses Themas (danke für den interessanten Artikel!) überlege ich gerade, ob es nicht ein reizvolles Web-Projekt wäre, von dem wir alle etwas hätten: eine »user-generated content«-Sammlung von:
– Argumenten gegenüber Auftraggebern (und Erinnerung an einen selbst): was ist denn überhaupt (noch einmal) der Nutzen von gutem Design? (Klar, wir wissen es alle, aber können wir es wirklich auf den Punkt formulieren, so dass es überzeugt?)
– Tatsächlich gezahlten Honoraren. Also einem »Gehaltsspiegel«, der zeigt, wie die Realität für Designer wirklich aussieht. Müsste aufgeteilt sein nach Festangestellten (Monatslohn) und Selbständigen/Freiberuflern (Stundensätze etc.). Und vermutlich anonym, da wir ja (leider) auch Konkurrenten sind, zumindest lokal.
Wäre das nicht was? Wer macht mit?
fabian
@Christian
Wer oder was ist die »FH Essen«?
Oliver Adam
Meiner Meinung nach der beste Artikel des letzten halben Jahres, bei dem nur ein für mich wichtiger Aspekt fehlt. Beauftragende Unternehmen können nur deshalb »unverschämt« auftreten, weil, wie Johannes schrieb, sich jeder irgendwie Designer nennen kann, wenn er einen Computer bedienen kann. Und weil, zweitens, immer noch keine seriöse Studie existiert, die den Unternehmen den Vorteil von gutem Design beweist. Henning Krause bemüht sich darum, hat es jedoch mit verzwickten, behördenartigen und laaaangsamen Politstrukuren zu tun.
Daher meine Anregung: Lasst uns alle einen Fond gründen, in den so viele Büros, Agenturen und desigorientierte Sponsoren wie möglich einzahlen, und damit die Studie selbst zeitnah finanzieren. Was jetzt an Untersuchungen auf dem Markt ist, verdient den Name »Studie« keinesfalls. Diese Studie muss zeigen, was gutes von schlechtem Design unterscheidet und was gutes und schlechtes Design bewirken. Das Ergebnis nützt allen, weil die so unabhängig-objektiv wie möglichen Ergebnisse bei jeder Akquise für jeden nützlich sind.
Ohne eine solche Untersuchung wird Johannes Recht behalten, wenn er sagt: »Es wird voraussichtlich Jahre dauern, bis dieses Bild korrigiert ist.« Wenn überhaupt …
Christian
@ fabian: ich meinte die FH Dortmund, Fachbereich Design. Danke für deinen Hinweis.
@ Schoschie: Ich habe meine Zweifel, dass so eine Plattform anonym im Netz funktioniert. Solche Informationen bespricht man lieber mit Leuten, die man kennt und dafür ist ein Netzwerk besser. Und man muss selber auch bereit sein, über Geld zu sprechen, wie Johannes hier mutig vormacht.
densen
danke für den interessanten beitrag!
Thomas
Vielen Dank für den interessanten Beitrag. Eine Frage: Handelt es sich bei diesen Gehältern um Brutto oder Nettobeträge?
Tanja
Vielen Dank für Deine Worte!
Ich hoffe sie finden Weg zu den richtigen Adressaten und machen auch in der Öffentlichkeit ihre Runde.
*Applaus und Respekt*
erik spiekermann
Lieber Johannes: danke, dass du mir erspart hast, diesen artikel zu schreiben. Ich hätte inhaltlich genauso argumentiert und unsere situation im letzten jahr ebenso beschrieben. Da nützt uns auch unser guter name nichts, wenn die auftraggeber sich nicht einmal die mühe machen herauszufinden, was man denn schon so geleistet hat. Sie schreiben einfach die büros an, die sie aus den rankings oder sonstwoher kennen. Und verlangen dann viel arbeit ohne sich vorher überlegt zu haben. was sie eigentlich brauchen.
Lars Monshausen
herzlichen dank für die klarstellung! das internet und die „sozialen netzwerke“ schaffen schonmal flink einen raum für gegendarstellungen. hoffentlich landen hier auch ein paar von den „entscheidern“ und nicht nur kollegen. :) bon weekend!
HD Schellnack.
Johannes – großartig.
Es ist natürlich eine Kette. Wenn die Auftraggeber sparen, sinken auch die Honorare, egal ob für Freie oder Angestellte. Und da immer mehr Designer aus den Unis sprudeln, die den Wettbewerb anheizen, wird sich da mit etwas Pech nicht viel ändern an dieser Dynamik, die ja durchaus nach unten durchtritt. Wer für 2000 Euro ein CD machen muss, wird keine Angestellten bezahlen und auch seine Schriften nicht legal kaufen, uswpp…
>Pitches gehören abgeschafft
Schon im Sinne des Kunden selbst, der von Pitches wie sie bisher stattfinden nicht profitiert, aber auch, weil es bei Wettbewerben zu viele Verlierer gibt, was uns dann selbst als Gewinner noch leid tut (und als Verlierer noch mehr :-D). Nur ist es zB im öffentlichen Sektor oft so, dass solche Ausschreibungen einfach vorgeschrieben sind.
Und was Julius geschrieben hat, kann man weitestgehend unterschreiben. Große Agenturen können großartige Sachen machen, aber passen beileibe nicht zu jedem Kunden.
Wir sind hier im Grunde immer noch im Dschungel der Debatte vom letzten Sommer :-D. Und naiv wie ich bin, glaube ich immer noch, dass sich die Lage nicht ändert, solange die Branche als solches nicht sehr sehr viel geschlossener agiert und sich selbst als Industrie begreift und entsprechend selbst reguliert. Wo Uneinigkeit ist, bei vergleichbarer Leistung, stimmt eben die Balance zwischen Kunde und Dienstleistern (als ganzes) nicht.
Ich sehe das ja zB auch bei Druckereipreisen (wo es sich langsam wieder normalisiert, finde ich, aber nach unten) und bei Photographen, wo durchaus jeweils gute freie Photographen in der gleichen Stadt mal 700 und mal 7000/Tag verlangen. Und wo man selbst als Agentur solche Oszillation irgendwie spooky findet und eine gesündere Preismitte jenseits von Dumping und Luxuspreis gut fände.
Andreas
Lieber Johannes,
vielen Dank für den gelungenen Artikel.
Alleine die Tatsache, dass Phänomene wie offensives Preisdumping, Crowdsourcing, Pitches, aber auch Agenturen, die Arbeiten umsonst anbieten, mittlerweile an der Tagesordnung sind, zeigt, dass die von Stern und Welt veröffentlichen Gehaltstrukturen aus einer Zeit kommen müssen, in der eben diese Phänomene (noch) nicht existent waren.
Blotto
Eigendlich sollte dieses Thema seinen Weg in die Wirtschaftsblogs und Wirtschaftsmagazine finden, damit auch die Auftraggeber eine Ahnung davon bekommen, was die Werbebranche gerade durchmacht. Wenn ich mit die Financial Times, Capital, Manager Magazin anschaue, scheinen die Führungskräfte nur ein Interesse zu haben: möglichst schnell ein paar hunderttausend Euro im Jahr in der Tasche zu haben und sich ’nen fetten Audi A8, BMW oder Mercedes zu kaufen … von dem Geld, das man bei der Werbung durch Erpressung und Ausbeutung ergaunert hat.
Wenn wir uns alle weiter mit Lohndumping abgeben kommen wir in Teufels Küche. Eigentlich sind wir es schon. 50 % Steuerabgaben in einem maroden System, das Gesundheitssystem wackelt, ein riesiger Schuldenberg wächst heran der nicht mehr abgebaut werden kann, Jobs wandern ins Ausland ab, die Armut nimmt hierzulande stetig zu und die Einkommensschere geht weiter auseinander.
Unsere Wirtschaft wird zusammenbrechen, wenn es so weiter geht. Schon traurig, ein Bekannter von mir verdient in einer Sicherheitsfirma für Überwachungsanlagen sehr gut und eine Mediengestalterin muss beim Lidl an der Kasse arbeiten zum Überleben. Da läuft was schief.
Was tun? Endlich sich zusammen tun, was auch andere Branchen machen, und sich zu den tausenden Lobbyisten in Brüssel gesellen und unser Dilemma erläutern. Ansonsten schauen wir Jahr für Jahr zu, wie sich andere Lobbyisten Ihre Privilegien sichern. Siehe Hotelgewerbe: Eine Milliarde „Förderung”. Wenn die Werbebranche da nichts macht, wird dieses Thema in paar Monaten wieder auftauchen und nichts hat sich geändert.
PS:
http://www.meudalismus.dr-wo.de/html/stundenloehne2008.htm
Johannes
@ thomas:
es handelt sich um Bruttolöhne. Hinzu kommen für das Büro noch rund 20% Sozialabgaben, die nicht direkt beim Designer landen, aber eines Tages die Rente finanzieren sollen (das allerdings ist eine andere Geschichte ;-)
Frank Neuhaus
Eine umfangreiche Übersicht neutraler Honorar-Empfehlungen gibt’s übrigens hier: http://www.adthink.de/honorar
thomas junold
frank: neutral? einheitlicher stundensatz von 75 €? nein. leider genau das eben nicht. sonst hätten wir die obige diskussion nicht!
johannes vielen dank für diesen beitrag. das problem ist nur die reichweite oder? WIR wissen um das problem, aber die, die es betrifft, die zahlenden wissen es nicht, oder ignorieren es …
d.h. es sollte wirklich noch an anderer stelle publiziert werden.
Stephan
Danke Johannes für diese umfassende Ausführung.
Mir stellt sich nach all dem Lesen die Frage: Wird die Designleistung und deren Wert, welche der Auftraggeber bezahlt von diesem im Vorfeld real empfunden?
Für die Produktion einer Kaffeemaschine habe ich Material- und Nebenkosten + Stundenlöhne im weitesten Sinne zu berechnen. Die Qualität oder der Wert der Kaffeemaschine bemisst sich an deren Leistung und Nutzen für den Endkunden. Doch bei einem Corporate Design gibt es keine kalkulierbaren Rohstoffe. Es ist Gestalt gewordenes Image, Philosophie, Unternehmens-Kultur ect. Es ist nicht greifbar, nicht messbar und daher in seinem Nutzen nur subjektiv zu empfinden. Wie soll ein Auftraggeber also den Wert eines Designs bemessen, wenn der Prozess zu dessen Ergebnis jedesmal ein anderer sein kann und jeder Designer erwähnt, die optimale Lösung hervorgebracht zu haben? Kreativleistung in unserem Sinne ist wohl am schwersten zu vermitteln, wenn selbst die VHS Kurse zu Kreativtechniken anbietet. Ein Mittel ist die Beratung im Vorfeld. Allerdings finde ich es auch wichtig, den wirtschaftlichen Nutzen bemessen zu können. Und dafür fehlen mir konkrete Werkzeuge. Ich hatte Kunden, die den Umsatzanstieg nicht dem überarbeiteten CD oder der letzten Kampagne zuschrieben sondern ihrer unternehmerischen Leistung. Lässt sich wohl nicht genau ergründen.
Der Verweis auf den eigenen Ruhm und das Anführen von positiven Referenzen sind typische Symptome dieses Leidens. Auch zu gering bezahlte Designer haben Referenzlisten mit zufriedenen Kunden. Wie soll ein Auftraggeber, der ja auch oft nur Design-Laie ist, die Qualität von Design bewerten?
Die Debatte um Dumping-Design vs Qualitäts-Design ist ein Abbild der Globalisierungsdebatte um Chinas billige Produktionen. Aber das Beispiel China oder noch viel eher Osteuropa zeigt, dass auch dort die billigen Ressourcen irgendwann aufgebraucht sind und die Preise anziehen.
Unternehmen müssen um ihrer selbst willen werben. So lange dieser Umstand besteht werden wir auch eine Berechtigung haben gute Preise für gute Arbeit aber auch schlechte Preise für schlechte Arbeit zu verlangen. Der Mark bestimmt den Preis und leider nicht unsere Protestnoten im Fontblog oder der Zusammenschluss in irgendwelchen Organisationen. Daher sehe ich in der Statistik auch keine Schädigung für eine Branche, die selbst so unscharf umrissen ist wie kaum eine andere.
Silke G.
@Frank: und ein schönes Zitat dazu:
„Die Freude über gute Qualität währt wesentlich länger als die über einen geringen Preis.“ (Louis Chevrolet). Wenn dem doch so wäre …
Helmut Ness
Lieber Johannes, auch von mir ein herzlichen Dank für deine offene Darstellung, die auch wir bei Fuenfwerken in ähnlichen Art mehr und mehr erfahren. Pitches sind eine Unart geworden, Wissen und Erfahrung günstig oder sogar kostenlos ab zu rufen. Qualitative Designlösungen benötigen Vertrauen zwischen Auftraggeber und Designer um nachhaltig und effektiv Werte zu schaffen. Pitches mit einer Hand voll Agenturen bestätigen leider Mutlosigkeit, mangelndes Vertrauen in bestehende erfolgreiche Zusammenarbeit und die mangelnde Klarheit, wo man selber hin will. Diese Orientierungslosigkeit wird dann mit einer Vielzahl von günstig abgerufenen Ideen kompensiert. Johannes hat Recht, wenn er fordert, daß Design wieder als Wert begriffen werden muß. Hier sind wir Designbüros gemeinsam an einem Strang gefordert. Das doch auch das Gegenteil möglich ist, zeigt unser erfolgreichstes Projekt 2009. Es wurde mit dem Corporate Design Preis in Gold ausgezeichnet. Das Erfolgsrezept: Vertrauen und Mut! Kein Pitch!
Jo
Danke auch für den offenen, richtigstellenden Artikel.
Ich bin erst seit knapp 2 Jahren aus dem Studium raus, mittlerweile in London und hier ist das Bild nicht anders. Im Geldbeutel sieht es jetzt nicht anders aus als noch während dem Studium.
Das man als Designer einen schwereren Stand hat als in anderen geschätzteren Berufen ist nix Neues. Dass gerade dies auch zu unserer Einkommenssituation beiträgt ist der logische Schluss. Beschämend, dass Stern und Welt mit einer derart nicht-repräsentativen Umfrage das schräge Bild des Designers in den Kundenköpfen noch schräger rücken.
Man müsste nahezu Johannes Erlers Worte in den besagten Blätten als Gegendarstellung abdrucken lassen.
Bernd
Ehrlicher und sachlicher Artikel … deswegen mag ich Sie und Ihr Büro seit vielen Jahren, Herr Erler.
Danke schön!
Perseus
an dieser Stelle: vielen Dank für die Einsicht in »ihre« Akten, Herr Erler.
(Eigenwerbung par exellence).
eigene Gedanken zum Thema:
Ein großes Defizit wird aber auch seitens der Hochschulen produziert: es werden keine ökonomische Grundkenntnisse vermittelt, keine rhetorischen Fähigkeiten eingeübt, keine selbst-ständig-denkenden Persönlichkeiten geformt… das Fatale dabei: auch im eigenen Metier kennen sich die wenigsten Design-Studenten aus! Man kennt den Unterschied von RGB und CMYK, aber was eine Sonderfarbe ist, da wird schon alles zu komplex und vielschichtig und uncool.
johannes
@36. perseus
yep!
Paul
Bei der Argumentation, dass schlechtes Design nur dem wahren Grafikdesigner auffalle, stellt sich die Frage wie wichtig diese hohe Qualität denn ist. Wie Stephan geschrieben hat »Es ist nicht greifbar, nicht messbar und daher in seinem Nutzen nur subjektiv zu empfinden«.
Ich denke die Wichtigkeit guten Design bei Kaufentscheidungen, Imagebildung etc. lässt sich nicht bestreiten. Die Frage ist nur, wo verläuft die Grenze zwischen diesem »schlechten Design« und dem »guten Design«. Der Vorschlag von Oliver Adam (#18) eine Studie zu diesem Thema durchführen zu lassen, wird wohl die einzige Möglichkeit sein hier Klarheit zu schaffen.
Christian
@ Paul: Design fängt doch viel früher an, als die Farbe einer Packung auszusuchen. Design ist eben nicht das Frisieren, sondern die Diskussion, wen man auf der Party überhaupt sprechen möchte und mit welchem Jacket man nicht unangenehm auffällt.
image-shift
Auch mein Dankeschön für den Beitrag von Herrn Erler. Schön und gut – vor allem das offenlegen von Zahlen ist vorbildlich.
Die Antworten hier sind jedoch leider zum grössten Teil mal wieder ein Binnendiskurs. Typisch für die sog. Designszene. Man hält sich für was besonderes und jammert z.T. auf hohen Niveau, anstatt mal rechts und links zu schauen, sprich den Kontext dieser Entwicklung einzubeziehen. (Bis auf den Beitrag von Blotto drehen sich die meisten hier um den (nationalen) Designmarkt). Die Deregulierung des Arbeitsmarktes, die Entwertung Intellektueller Arbeit, die Entwertung Akademischer Arbeit, die Entgrenzung der Arbeits- und Lebenswelt, die Ideologien der globalen Neweconomywelle – um nur ein paar weitere Stichworte in die Diskussion zu werfen – betreffen eben nicht nur die Designszene. Und wer glaubt der aktuellen Krise, dem verbrennen von Milliarden mit etwas Lobbyismus oder sog. Qualitäts-Studien beikommen zu können, ist aus meiner Sicht naiv.
Die Deklassierung unterschiedlichster Berufsgruppen singulär zu bejammern ist ebenso naiv. Sorry. Vor dem Hintergrund der Umwälzungen der letzten Jahre wird der Berufsstand „des Designers“ so wie er hier zwischen vielen Zeilen durchscheint grösstenteils nicht aufrecht zu halten sein. Das ganze Gerede von Qualität ist aus meiner Sicht auch nur ein defensiver Versuch eine Klammer zu konstruieren, die noch nicht einmal für die Schreiberlinge hier im Blog auf einen Nenner zu bringen wäre!
Dieses (Qualitäts-) Distinktionsbedürfnis, das auf Kunden motzen, ist ein Reflex auf eine Deklassierung, die schon seit Jahren im vollen Gange ist. Eine Qualitätsbestimmung die die Rezipienten, den (äusserst diversen) sozialen Gebrauch der kommunikativen Produkte die wir in die Welt setzen, die Bedingtheiten und Limitierungen der Gestaltung von Gestaltern nicht einbezieht, kommt nicht weiter als das Gerede vom sog. Designstandort Deutschland (also globale Konkurrenz). Die Qualität, der Sinn und Unsinn einer Gestaltung erschliesst sich eben nur sehr bedingt aus dem Produkt und seiner Form. Viel wichtiger ist der soziale Gebrauch, der gesellschaftliche Nutzen (…) Und ab da müsste man natürlich den Designbinnendiskurs verlassen um weiter zu kommen. (Es sei denn man ist einfach Freund des real existierendes Designmarktes, der Marktwirtschaft und will Designer darin bleiben. Dann geht’s auch so. Dann ist dieses hier eine wirklich gute Diskussion. Der Vorschlag diese Diskussion in andere Kontexte zu tragen ist dann sicher sehr sehr Begrüssenswert.)
Ich für mich kann sagen, das die Verdingungsumstände meiner Freunde und FreundInnen, deren Arbeitsleben sich auch extremstens prekarisiert haben, eben so betreffen und ein Problem darstellen, wie das, was auf dem Designmarkt passiert. Ich kann und will dieses Wissen nicht von der Ökonomie und den Fragen daran unseres (Design-) Büros trennen. Allein schon aus diesem Grund ist es unzureichend wenn sich DesignerInnen als DesignerInnen zusammentun. Berufsgruppendistiktion (und Mittelschichtsidentitäten) sind vor dem Hintergrund der aktuellen Krise leider etwas kleinkariert. Und das dieses dann primär auf einer nationalen Folie gedacht wird um so mehr.
Und: die ökonomischen und sozialen Probleme meiner Indischen, US-Amerikatischen, Slowenischen, Französischen, Serbischen, Argentinischen und Mexikanischen KollegInnen/ FreundInnen sind mir nicht ferner als das was hier geschrieben wird. Ein bisschen mehr Globalisierung (und dazugehörender Solidarität) würde den meisten hier sicher nicht schaden.
In diesem Sinne – vielen Dank nochmals für die Beiträge… – und mit Grüssen – sandy kaltenborn
Richard Jung
Sandy Kaltenborn hat Recht. Larmoyanz hilft nicht weiter. Ein Blick über den Tellerrand und Initiative schon.
Wer es noch nicht weiß, der Springer Verlag Heidelberg lässt alle Bücher von Grafik-Designern auf den Philippinen gestalten und druckfertig machen, die Daten gehen zu einer Druckerei in Polen und anschließend wird das fertige Produkt zum deutschen Kunden geliefert. Um nur ein Beispiel dieser Art zu nennen.
Will sagen: Die Globalisierung ist nun auch bei den Grafik-Designern angekommen. Warum soll ausgerechnet in dieser Branche alles so bleiben wie es war, deshalb ist Neu- und Umdenken angesagt.
Designer können mehr als Grafikdesign, (die meisten) Designer sind vor allem eins: überdurchschnittlich kreative Menschen.
Dass heißt, sie können auf eine Art und Weise Probleme lösen, die weniger kreative Menschen nicht lösen können. Auch in Bereichen, die vordergründig nichts mit (Grafik) Design zu tun haben. Hier lässt sich neuer Wert schöpfen und Einkommensquellen erschließen.
Eine andere Chance: Proaktiv werden. Designer müssen in Zukunft ihre kreativen Energien in eigene Wert schöpfende, Projekte investieren anstatt auf (vermeintlich geizige) Auftraggeber zu warten.
Auch dabei ist es wichtig den Designbegriff weiter zu fassen. Konkret: Es gibt schon genügend T-Shirt-, Bücher- oder sonstige Design affine Anbieter. Es lohnt sich eher auch mal außerhalb des konventionellen Wirkungskreises zu denken.
Das gilt auch für die persönliche Vernetzung: Inzucht ist selten gut, dass heißt: Warum immer nur in den eigenen Säften schmoren.
Nie zuvor war es für einen einzelnen einfacher viele andere Menschen medial zu erreichen. Ergo war es nie zuvor leichter Menschen mit anderem Know How bzw. Fähigkeiten auszutauschen.
Erst wenn Bereiche zusammenkommen, die vorher keine Berührungspunkte hatten wir es interessant, dann entsteht neues, wenn dieses Neue für einige Menschen Relevanz hat, ist es auch etwas wert.
Kurz: Wer heute als Designer weniger formal, sondern mehr inhaltlich seine Welt gestaltet verdient besser – auch in Zukunft.
jda
… soviel zum verständnis von manchen kunden zu design.
mir kamen mindestens 90% bekannt vor … viel spass trotz alledem.
:-)
http://www.youtube.com/watch?v=VfprIxNfCjk
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Danke für die Blumen Richard Jung. Teile Ihres Beitrages sehe ich ähnlich. Die Perspektive teile ich jedoch nur bedingt. Vor allem was am Ende und hier & dort zwischen ihren Zeilen hervor scheint halte ich für „problematisch“…(zb Ihren Begriff von „Wert“ und „Kreativität“ teile ich erstmal nicht 1:1) – Ein Beispiel: Der Umkehrschluss zur ihren letzten Zeilen lautet dann in etwa so:
Kurz: Wer heute als DesignerIn „nur formal“ und weniger inhaltlich „seine Welt“ gestalten kann, weil er/sie gar nicht das soziale und kulturelle Kapital besitzt, verdient schlechter – auch in Zukunft.
Das ist eigentlich nur eine Umschreibung von „Nur die besten kommen durch“ – oder aktueller: „Leistung muss sich wieder lohnen“… oder? (Ich gebe zu: ich spitze hier etwas zu)
Was ich „interessant“ und gleichzeitig bedrückend an dieser Diskussion hier finde, ist das es zum einen (potentiell) um die Frage nach Solidarität geht: Also das Teilen, ein Austausch über die strukturellen (Arbeits-Markts-)Dilemmas, die Frage nach Entlohnung von Arbeitsleistung, Organisation und Rechten usw. Gleichzeitig wird der Konkurrenz das Wort geredet: Qualität, Leistung, Nestbeschmutzer, Billigdesign, Übersättigung des Marktes an Designern (Wir waren als erstes hier!!) usw… Kann man sich nicht einmal kurz in die Lage von Berufsanfängern oder aus welch Gründen nicht so „erfolgreichen“ Designers versetzen?
Wer nicht aufhören will in Kategorien von Konkurrenz und Wettbewerb (Ich-Ich-Ich / „Qualität setzt sich durch“ etc.) zu denken, wird mit mehr Turbo-Marktwirtschaft und weniger „Gesellschaft für Alle“ belohnt werden. Wer diesen Weg als den seinen beschreiben mag, wer „Gewinner“ sein will, der mögen diesen Weg folgen… Viel Erfolg! ; )
Wir denken nicht das solch eine Art von gesellschaftlichen Beitrag bzw. Verständnis, den Kern unserer gestalterischen Praxen bilden sollte. Gerade vor dem Hintergrund der (kapitalistischen) Globalisierung sind andere Lösungen und andere Werte gefragt, als „unser“ westliches (!) Gesellschaftssystem heute hervorbringt. So muss man sich ganz einfach auch Fragen wo man in den Verwerfungen und Konflikten, die unsere Gesellschaften heute durchziehen, steht. Stehe ich hier als Designer. Oder habe ich eine Kritik die über die Befindlichkeiten meines Berufstandes und meinen subjektiven Alltagserfahrungen hinaus geht? Und was bedeutet es solch eine Kritik nicht als „Afterworkhobby“ zu kultivieren?
Nochmal böser: Ich finde dieses Mittelschlichtsgejammere vor dem Hintergrund von Harz4, in einem der reichsten Länder der Welt recht zweifelhaft. Ein „Qualität setzt sich durch“ wird der oben genannten Mediengestalterin bei Lidl eben auch nicht helften. Das ganze kippt doch wenn man mit eben dieser befreundet ist und ihr keinen Job anbieten kann. Oder ist die einfach nicht „gut genug“? Grade in Berlin sieht man doch das der Markt nicht mehr hergibt bei der Masse an DesignerInnen und das dieses Dilemma nichts mit Qualität am Ende zu tun hat, sondern ganz einfach mit Konkurrenz.
In diesen Widersprüchen selber ökonomisch und sozial zu überleben, sein Geld zu verdienen, ohne anderen freundlich in die Fresse zu schlagen oder „gut gestaltete“ Absurditäten in die Welt zu setzen, die nur den Anforderungen der Kunden / des Marktes folgen, ist eine tägliche Herausforderung. Dieses ist für sich schon komplex genug und kann nur in einer produktiven Abhängigkeit zu anderen Diskursen, also gesellschaftlichen Gruppierungen und ihren Fragen, geleistet werden. Es geht auch nicht darum Idealistisch zu werden. Man sollte sich aber schon die Mühe machen und fragen auf welchem Tisch der Teller steht – bzw. wer ihn gedeckt hat – über dessen Rand man vermeintlich blicken mag. Das wäre schon mal ein Anfang. – Angefangen hat es aber schon lange und das man diesbezüglich den Designbegriff weiter fassen muss – da stimme ich Richard Jung wiederum absolut zu ; )
s.k.
zTy
danke.
Detlef D. Seiner
http://www.wdr.de/tv/monitor/sendungen/2010/0107/wachstum.php5
Lesen oder anschauen. Könnte den ein oder anderen interessieren!
johannes
Mein Beitrag diente zunächst nichts anderem, als der Richtigstellung einer glatten Falschmeldung. Wenn eine sogenannte Qualitätszeitschrift eine unseriös recherchierte Zahl veröffentlicht und eine andere sogenannte Qualitätszeitung diese Zahl ungeprüft aufgreift und daraus eine reißerische Headline zimmert, dann empört mich das.
Wenn ich darüber hinaus weiß, dass das ein paar hunderttausend Menschen lesen und sich möglicherweise in einem Klischee bestätigt fühlen, dass unseren Bemühungen nach einer fairen Vergütung unserer Leistungen kontraproduktiv entgegenarbeitet, dann empört mich das ebenfalls.
Ich bin jedoch auch nicht so naiv zu glauben, dass dies da draußen irgendjemanden interessiert. Die Meldung war interessant. Die Gegenmeldung ist es nicht. Leider.
Trotzdem habe ich natürlich ein Interesse daran, dass diese Meldung richtiggestellt wird. Ein Leserbrief ist also das mindeste. Mal sehen, ob sich mehr machen lässt. Mit ein wenig Kreativität (sic, Richard) kann man so eine Situation nutzen, um ein Thema auch für die Medien interessant zu machen, die sich normalerweise nicht drum scheren. Mal sehen.
Darüber hinaus halte ich diesen Diskurs für wichtig, auch wenn er nur intern geschieht. Die Veröffentlichung der Zahlen in Stern und Welt kreiert ja nicht nur ein falsches Bild in der Öffentlichkeit, sondern verunsichert auch unsere Branche. Wenn man als Designer ließt, was andere angeblich verdienen und dies so gar nicht zur eigenen Situation passt, kommt man sicherlich ins Grübeln und wird misstrauisch.
Misstrauen jedoch ist ein schleichendes Gift und unterminiert Solidarität. Deshalb plädiere ich in solchen Situationen für größtmögliche Offenheit.
Das also nochmal zum Sinn und Zweck meiner Einlassung.
Daraus einen gesellschaftsplotischen Diskurs über die Rolle des Grafik Designs in der globalisierten, westlich geprägten Welt zu machen, war zunächst nicht meine Absicht. Interessant jedoch, dass es soweit geführt hat (wie ich ohnehin verschiedene Lösungsansätze in diesem Blog interessant finde).
Mittelstandsgejammer will ich ganz bestimmt nicht anstimmen (das ist auch genau der Grund, warum ich eben meinte, dass die Gegenmeldung kein großes, öffentliches Interesse hervorrufen dürfte). Ich bin jedoch immer der Meinung, dass jede Arbeit – und eben auch unsere – in einem gerechten Verhältnis zur Entlohnung stehen muss.
In diesem Zusammenhang auf die Globalisierung hinzuweisen, halte ich mit Verlaub für ziemlichen Quatsch. Nur, weil auf den Philipinen unsere Arbeit nur 1/100 kostet, muss ich mich darauf noch lange nicht einstellen. Im Gegenteil: was – wenn man schon so weit gehen will – die Weltordnung durcheinanderbringt, ist ja gerade die Tatsache, dass andernorts auf dem Globus Menschen ausgebeutet werden, um Profite zu steigern. Wenn das aber die Globalisierung ist, mit der ich bitte schön in Zukunft zurechtkommen muss, dann gute Nacht.
Ich schaue also zunächst mal dorthin, wo ich mein Geld verdiene und wo meine Auftraggeber sitzen und versuche mit denen klarzukommen.
Im übrigen ist gerade Grafik Design ein von der Globalisierung noch relativ unbetroffenes Arbeitsgebiet. Grafik Design ist nach wie vor ein starkt national geprägtes Phänomen und international eher inkompatibel. Ich kann das sagen, weil wir Büros sowohl in den USA, als auch in der Schweiz hatten und da nur wenig zusammenging. Das sah auf der Visitenkarte zwar hübsch aus, viel mehr aber auch nicht.
Ich betrachte unsere Problematik also zunächst auf Deutschland beschränkt und glaube auch, dass die meisten der Kollegen ihre Aufträge hier erhalten.
Meine Lösungsansätze sind sicherlich diskutabel und keineswegs ausgereift. Ich habe im Verlauf dieser Diskussion auch festgestellt, dass es vielleicht ein wenig zu sehr die Sicht des Corporate Designers ist, der für mittelständische und größere Unternehmen arbeitet. In diesem Zusammenhang halte ich das so genannte »Einzelkämpfertum« tatsächlich für kontraproduktiv. Dass es darüber hinaus eine Menge Jobs gibt, die sehr gut von Einzelnen erledigt werden können, stimmt.
Gut gefallen hat mir der Hinweis auf die Ausbildung. Denn es stimmt, dass die meisten Absolventen nicht oder nur bedingt »berufsfähig« sind. Klingt hart, ist aber so. Und eines der Grundübel schlechthin, denen wir aus eigener Kraft begenen können. Designer müssen besser zu denken und zu argumentieren lernen.
Gut gefallen hat mir auch Robert Jungs Hinweis, unternehmerischer tätig zu sein und sich aus den klassischen Abhängigkeiten der Auftraggeber zu lösen.
Und zum Schluss nochmal zum Qualitätsbegriff: Qualität hat zunächst überhaupt nichts mit Weltanschauung oder gar Klassendenken zu tun. Qualität – im Übrigen ein Begriff, über den man philosophisch reichlich ins Schwitzen kommen kann – bezeichnet für mich zunächst einmal einfach nur ein gutes, begehrenswertes Produkt.
Mit einigen Berufsjahren auf dem Buckel maße ich mir mittlerweile an, beurteilen zu können, wann eine Designleistung (in ihrer ganzen Komplexität von der Idee bis zur Realisation) gelungen ist, und wann nicht. Und ich habe die Erfahrung gemacht, dass sie einen tatsächlich weiterbringt. Es nützt auf Dauer nichts, sich den wirtschaftlichen Zwängen unterzuordnen und dabei immer schlechter zu werden.
Mir geht es um qualitätsvolles Kommunikationsdesign – egal von wem (Berufsanfänger, alter Hase) und egal für wen (Konzern, Institution, revolutionäres Kommando.
Kommunikationsdesign bedeutet: Design, das der Kommunikation unter Menschen dient. Das ist mein Maßstab. Und das ist nützlich. Alles andere ist Quatsch.
johannes
… Mist, fälschlicherweise auf die Abschicktaste geraten. Was ich als noch sagen wollte:
Kommunikationsdesign bedeutet: Design, das der Kommunikation unter Menschen dient. Das ist mein Maßstab. Und das ist nützlich. Alles andere ist Quatsch. Und an einem bestimmten Punkt hört da eben auch meine Solidarität auf. Dies jedoch als subtile Ellenbogenmentalität zu deuten, finde ich mit Verlaub etwas anmaßend.
Vroni
Zuvor: bin nicht angestellt, bin Freiberufler. (Zuvor in der Werbung gut bezahlte leitende Angestelle. Die Honorare des Büros von Johannes Erler sind schwer in Ordnung, in vielen Agenturen wird deutlich schlechter gezahlt, gerade im „reichen“ München, das aber nur so reich tut. Nur nebenbei.)
Was soll ich sagen, das ist die alte Diskussion, die wir hier zusammen mit meiner Wenigkeit schon vor einem Jahr hatten.
Zusammenschluss/Solidarität:
Wird es bei diesem ehrgeizigen und freiheitsliebenden Völkchen der Designer nicht geben. Punktum.
Habe ich hier vor einem Jahr auf dem Fontblog deutlich und schmerzhaft gelernt. Von den Kommentaristen persönlich. Man will ja nicht einmal begreifen, dass die Splitterguppen BDG, ADG und iiD (?)oder wie sie alle heißen, sich dringend zusammentun müssen. Aber dero Vorstände kleben wohl an ihren Stühlchen und deren Splitter-Fußvölker haben anscheinend den Schuss immer noch nicht gehört.
Ökonomisches Denken an den Designschulen lehren:
Ja bitte! Da fehlt es arg, man entlässt anscheinend immer noch von sich selbst überzeugte Jung-Diven ohne einen Schimmer vom Dreisatz. War 1980 schon so, den meisten Professoren scheint es immer noch wurscht, was ich hier so höre. Schlimmer noch, für Profs ist es gut, wenn sie ihre Semesterjahrgänge gerammelt voll kriegen, denn bei leeren Flure und wenig Studenten wird der Fachbereich gekickt oder keine weiteren mehr aufgemacht. Sollte aber. Man braucht nicht mehr so viele Designer.
Hilfe zur Selbsthilfe:
1. sich trennscharf positionieren.
Meist bieten Designer leider allen alles an. Das macht auf dem überfüllten Markt keinen Sinn und führt nicht zu Erfolg. Es führt zu Billig-Bauchläden.
2. Für erfahrene Hasen, die es leid sind, wg. unwilliger Design-Kunden sich Fussel an den Mund zu reden: Warum nicht seine Marketing-Kenntnisse und seine tolle Fähigkeit, den eigenen Firmenauftritt schlüssig zu gestalten für eine eigene neue Geschäftsidee nutzen? Ich bin grad drüber.
Alle anderen Maßnahmen bringen alle nichts. Status: Die Mehrzahl der Grafikdesiger in meinem Umfeld interessiert Positionierung nicht („Posi…, was??“)und sie machen weiterhin „günstige Logos“ und lassen sich weiterhin zu viel Skonto abziehen oder gar nicht bezahlen. Und haben Angst, einen Mahnbescheid zu schicken. Zumindest dieses Prob hatte ich noch nie, denn ich schaue mir meine Kunden vorher genau an auf Seriosität und hatte noch nie Zahlungsausfälle bis auf einen. Und der war … eine Agentur…^^
Liebe Grüße euch allen und ein erkenntnisreiches 2010!
Vroni
Damit auch klar ist, wohin die Richtung auf dem Markt für kleine Selbständige geht (kein Witz):
Auf Grafiker.de (bis dato eher nicht mit solchen Undingern aufgefallen)
http://www.grafiker.de/forum/showthread.php?t=2079&page=2
Auf XING gehen solche Battles schon länger
(nur lesen, wenn starke Nerven; eigentlich muss man kotzen dabei):
https://www.xing.com/net/existenzgruender/tipps-die-besten-webseiten-links-fur-grunder-selbststandige-342/empfehlung-fur-visitenkarten-flyer-etc-26840954/p100
(Sehr schön auch, Zitat: „Die Kreativbranche giftet schon wieder rum…“)
XING scheint DAS Refugium erfolgloser Typen zu sein, die nur nach billich-willich gehen und die kloppen, dene es noch schlechter geht. Dieser Thread war der endgültige Beweis. Nach 3 Versuchen, die Diskussion in vernünftige Bahnen zu lenken (damit hier niemand behauptet, ich täte in der Öffentlichkeit als Design-Evangelist – war doch die Forderung hier – nicht mein Bestes…), habe ich meinen Premium-Account gekündigt, werde noch ein halbes Jahr free „mitlaufen“, das wars dann. Meine Kunden kommen eh nicht über diesen Arme-Leute-Kanal.
Wenn also der STERN oder die WELT fälschliche Gehälter behaupten, die nicht sein könen und die hier richtig gestellt werden: fein.
Die Welt der kleinen Selbständigen ist da aber schon längst noch böser nach unten abgekoppelt. Es liegen Untersuchungen über Selbständige vor (im Netz abrufbar), wovon die Hälfte nicht über 17 000 Tacken im Jahr kommt. Armutsgrenze.
Besser einen Nudelshop aufmachen, ehrlich. Das Ding „Design“ ist durch. Und ja, die Kunden kapieren den Unterschied zwischen gutem und schlechten Design klar nicht. Wovon auch, der Unterricht in unserem „Bildungswesen“ ist Turbo, um rasch Frischfleisch auf den Arbeitsmarkt zu werfen, Kunst und Wahrnehmung kommen im Bildungsauftrag immer weniger vor).
Und: Bei den Preisen, die sie freiwillig zahlen, ist „Missionierung, Beratung, Erklärung, Evangelist-Sein“ einfach nicht drin. Für diese schlechte Bezahlung kann man nicht auch noch den ehrenamtlichen Kulturattaché mimen. Kostet alles grausam Zeit und bringt kaum sichtbare Erfolge. Im Gegenteil: Sie sind verärgert, wenn ihnen ihr Grafiker freundlich sagt, dass die JPGs der Mitarbeiterbilder, die sie geliefert haben, leider gar nicht gehen und warum (drücken nicht die verbal behauotete Kundenzugewandtheit aus, verpixelte Polaroid-Qualität)und Neushooting notwendig ist. Kann der Grafiker wieder für 1 Woche seinen Kopf einziehen und das Telefon 1 m weit weg halten. Wenn der Kopf überhaupt noch dran ist.
Customers from Hell
Habe mich in den letzten zwei Jahren von 4 Kunden von mir aus getrennt. Auch das kennen Customers from Hell nicht, dass sich jemand das traut. Sagt viel über diese Kunden aber noch mehr über meine Kollegen aus auf dem Markt: ängstlich und feige, aber jeden Auftrag krallen egal wie besch+++en die Bedingungen sind. Sagt mir auch viel über ihre Solidarität: ein solidarischer Kollege lässt einen solchen Un-Kunden ebenfalls über die Klinge springen, ein unsolidarischer umwieselt ihn.
:-(
HD Schellnack.
Um mich ganz kurz von der eigentlich Arbeit abzulenken…
Ich hab Sandys Beiträge mit großer Freude gelesen, der scharfe Analyse, leider aber auch wenig Lösung bietet – vielleicht, weil es keine gibt – jenseits des täglichen Drahtseilaktes zwischen Geld und Anstand, der im Grunde alle kreativen Berufe seit einiger Zeit vereint. Wobei die Freiheit, diesen Balanceakt überhaupt betreiben zu können (also ein gewisses Maß an Freiheit zu haben) an sich schon aller Jammerei etwas entgegensetzt. Andere Berufe haben diesen Spielraum gar nicht erst. Auch die Tatsache, dass wir nicht nur wirtschaftlichen Impulsen folgen, sondern auch sozialen, ästhetischen oder was-weiß-ich-welchen, ist doch eigentlich zunächst absolut schön. Wir alle haben einen sehr gebenden, erfüllenden Beruf, der sicher auch anstrengend und frustrierend sein kann, aber man sollte die guten Seiten nicht aus den Augen verlieren.
Über Kunden zu jammern hilft auch wenig, da wir ja – wie Vroni – dokumentiert innerhalb eines ökonomisch vertretbaren Rahmens auch mal «Nein» sagen können und dürfen und sollen. Würden das mehr Leute tun, etwas mutiger die Grenzen aufzeigen, anstatt still zu leiden, wäre vielleicht schon einiges gewonnen.
Ich glaube auch kaum, dass Johannes Erler hier öffentlich jammern will oder dazu ernsthaften Anlass hat (hoffe ich zumindest!) – sondern ich verstehe seinen Text auch als Erinnerung daran, dass wir nach wie vor zwei drei Dinge brauchen, die einfach zum Erwachsenwerden einer Branche gehören.
> NACH INNEN: Organisation/Strukturen/Regeln schaffen
Dazu gehört für mich nach wie vor eine Art Verband oder Liga oder wie immer man das nennen will, der Transparenz und Austausch schafft. Unsere Branche steht vor Heuchelei, Selbstbetrug und Geheimnissen. Die bringen kurzfristig vielleicht Vorteile, vor allem weil wir von den Kunden ja in eine Konkurrenzsituation untereinander gebracht zu sein scheinen, langfristig aber natürlich nur Nachteile. Transparenz und langfristige gemeinsame Ziele/Regeln/Rules of Conduct würden dem kundenseitigen bewussten oder unbewussten Ausspielen der Büros und Designer gegeneinander mittelfristig ein Ende bereiten. Die Frage ist, wie man pragmatisch eine kunterbunte Branche auf ein Mindestmaß an «goldenen Regeln» vereinen kann. Mir ist mehrfach im Sommer gesagt worden, das sei undenkbar… und ich seh’s immer noch anders, weil der Sachzwang in Richtung eines grundsätzlichen Gerechtigkeits-Codex gehen wird, ansonsten wird die Arbeit als Designer früher oder später wirtschaftlich aber eben auch vom gestalterischen her sinnlos .
>NACH AUSSEN: Kommunikation, Öffnung, Vernetzung, Lobbyarbeit
Was in anderen Branchen zum Tagesgeschäft gehört, die politische Arbeit und die Öffentlichkeitsarbeit, existiert bei uns kaum jenseits einer Art brancheninterner Bauchnabelschau (Awards, Fachmagazine usw). Dazu gehört auch, dass Design an sozialer Relevanz verliert und sich auf «die gute Form» zurückzieht – und nichts könnte verkehrter sein, zumal die gute Form mehr und mehr das zu sein scheint, was gerade in den Designblogs angesagt ist ;-).
Die Ansätze der unterbesetzten, unterfinanzierten und untereinander offenbar ja schon im Grundsatz nicht kompatiblen existierenden Verbände – und ich kann hier nur für mich selbst sprechen, natürlich – scheinen wenig zu fruchten, trotz vieler persönlicher toller Leistungen und Einsätze.
Zugleich habe ich aber im letzten Jahr aus der Buchbranche gelernt, wie wichtig ein starker, vernetzter Verband sein kann und wie zentral ein permanentes politisches Ackern gerade im Kultursegment ist. Politisch, medial und auch in der Bildungsthematik ist eigentlich faszinierend, wie wenig wir als Branche uns selbst und unser Bild in der Öffentlichkeit (mit)prägen – für Leute, deren Beruf es ist, Kommunikation zu formen und zu modellieren ist das ein spannendes Versäumnis.
Die Frage ist gar nicht, ob wir einen zentralen öffentlichen «Außenminister» brauchen, die Frage ist, wieso die Branche so lange so gut ausgekommen ist, ohne einen zu haben. Wir haben sicher Leute wie Spiekermann, Erler, Rädeker, die die Branche gut vertreten – aber sie alle sind gehindert durch das Tagesgeschäft. Öffentlichkeit zu schaffen und Themen durchzusetzen ist Kärrnerarbeit und braucht Struktur, Geld und engagierte Vollzeitkräfte.
In einer Zeit, wo ich quasi zwangsweise in der BG Druck sein muss (ugh) und freiwillig gern in anderen Verbandsformen bin, frage ich mich nach wie vor, ob man es nicht eben doch hinkriegt, eine Struktur zu schaffen, die einen Hauptteil der Designer und Büros als Mitglieder bindet, die klare einfache Mitgliedsregeln hat, bei der die Mitgliedschaft den gleichen «Währungs»-Wert hat wie diverse Awards ihn besitzen, die klare Vorteile für die Mitglieder bietet (Beratung, Versicherung und und und), die diese Werte aktiv kontrolliert und sanktioniert und die aufgrund der Mitgliederbeiträge eben auch aggressiv nach außen arbeiten kann. Und damit langfristig auch den Anliegen von Designern in gesellschaftlichen Themenbereichen, wie Sandy sie anreisst, ein Gewicht verleiht. Die also das tut, was wir Designer am meisten mögen: In die Welt hinein wirken.
Wie gesagt, ich glaube, die Zeit ist reif und es ist ein normaler Prozess für eine Branche, erwachsen zu werden. Ich selbst bin – wie viele Kollegen – ein absoluter Bürokratie- und Funktionärs-Verabscheuer und sähe eine Art «Kammer» mit Grauen.
Aber wir sind Designer und unser Job ist es, Sachen besser zu machen als andere, die meisten von uns sind politisch und sozial sensibilisiert, engagiert, lebendig…… deshalb bin ich da langfristig ganz optimistisch.
Trackback von blog-satz
»Der »Fontblog« ist nicht nur das aktuellste brancheninterne Info-Medium für DFI-Studierende, DesignerInnen und Design-Interessierte, sondern greift auch konstruktiv in das mediale Geschehen ein oder stellt Behauptungen aus der Grauzone aktueller Berichterstattung sogenannter seriöser Lead-Medien in Frage. Zurzeit ist eine wichtige Diskussion online, die man nicht verpassen sollte. Wertvolle Beiträge zur Gehalts- und Honorardebatte. Bitte auch die Kommentare dort anklicken und lesen …«
erik spiekermann
Wenn wir hier schon über schlecht recherchierte meldungen der presse jammern, dann sollten wir nicht selbst unbewiesene behauptungen in die welt (sic) setzen. Ich kommentieren nur die, bei denen ich mitreden kann:
1. Springer lässt bücher auf den Philippinen machen.
Die umschläge für sehr viele bücher werden von einem deutschen kollegen gestaltet, der sein büro in Spanien hat, aber auch mit kollegen hier in Berlin arbeitet. Umbrüche für bücher (die meistens eine verschwindend kleine auflage haben) von Springer werden nach templates gemacht (in Indien meistens), die jeder halbwegs gelernte setzer oder reinzeichner bedienen kann. Diese templates haben gestalter in Deutschland entwickelt. Wenn es mehr solche gut gestalteten templates gäbe, hätten wir bessere bücher, aber niemand hätte mehr arbeit, denn designer hierzulande kann niemand für solche arbeiten bezahlen. In Indien produzieren lassen ist entwicklungshilfe – wovon sollen die sonst unsere autos und kraftwerke kaufen?
2. Der generelle vorwurf, unsere hochschulen produzierten am bedarf vorbei, ist so alt wie unrichtig. Dort wird nicht auf ein ergebnis trainiert, sondern wir erziehen zukünftige gestalter, die ihre rolle später finden müssen. Dass aus einer klasse von 24 leuten höchstens die hälfte im beruf bleiben werden und von denen wieder nur die hälfte (jetzt sind wir also bei 6!) gute gestalter werden, weiss jeder lehrer und das ist in anderen berufen ähnlich. Ich habe in den letzten jahren mit studenten die besten erfahrungen gemacht. Solche motivierte, neugierige, fleißige leute hatte ich lange nicht mehr erlebt. Auch da ist angekommen, dass man mehr machen muss als nur einen abschluss bestehen.
3. Ungenaue sprache ist ein anzeichen für ungenaues denken, sagte meine mutter immer. Wenn alle hier die auftraggeber als kunden bezeichnen, sagt das einiges über die einstellung. Kunden kaufen etwas fertiges, weil sie wissen, was sie wollen; sie sind „kundig“. Auftraggeber vergeben einen auftrag, die lösung für ein vorgebliches problem zu entwickeln. Das impliziert einen prozess und die möglichkeit, den auftrag mitzuformulieren. Unsere auftraggeber haben kunden, die wir mitunter dann endkunden nennen. Deren sicht müssen wir berücksichtigen, denn für die arbeiten wir meistens. Den zielkonflikt, der sich aus dem verhältnis zum auftraggeber und unserer verantwortung dessen abnehmern, käufern, kunden gegenüber ergibt, müssen wir lösen um unsere rolle in den beziehungen zu finden. Wer einfach nur für einen kunden etwas macht und abliefert, muss sich nicht wundern, wenn sein job bald in Indien oder sonstwo erledigt wird.
Als kleine eselsbrücke hilft hier ausnahmsweise mal englisch:
auftraggeber=client; kunde=customer. Kein amerikanischer oder britischer designer würde seinen auftraggeber als customer bezeichnen.
Und das wort zum sonntag:
Design ist immer und zuallererst eine intellektuelle disziplin.
Vroni
@ Erik
Stimmt.
Gelobe gehorsamst in Zukunft, diese Menschen immer Auftraggeber zu nennen.
PS:
Sie haben eine sehr kluge Frau Mama.
Vroni
Die Vroni’sche Eselsbrücke („client“ versus „customer“):
When the client moans and sighs
Make his logo twice the size
If the client still proves refractory
Show a picture of the factory
Only in the gravest cases
Should you show the clients‘ faces
(David Ogilvy, dieser gute Mann hat korrekt „client“ gesagt. Daher war er auch erfolgreich.^^)
Richard Jung
@ Erik Ihr Beitrag hat meine Zustimmung, der Vollständigkeit halber hier eine meiner „Philippinen-Quelle“:
http://www.zeit.de/2007/32/Bueroarbeit-Philippinen
Da heißt es u.a. „Die Grafikerin ist eine von 500 SPi-Mitarbeitern, die ausschließlich die Fachmagazine und Bücher des Großkunden Springer betreuen – und aus zugelieferten Artikeln ein druckfertiges Magazin herstellen.
In drei Schichten, rund um die Uhr, layouten sie Zeitschriften im Akkordtempo. Alcayde platziert die Fachartikel auf den Seiten, formatiert Titel, Überschriften und Inhaltsverzeichnisse.
Sie ist stets unter Zeitdruck, in einer Stunde muss das fertige Layout zur Endkontrolle an die Springer-Zentrale geschickt werden, vorher muss noch eine Kollegin Farben, Schriftarten und Stilvorlagen überprüfen, eine andere Korrektur lesen. »Drei Tage brauchen wir für eine Publikation«, sagt sie.“
Aber wie auch immer, die Zeiten haben sich geändert, mehr dazu auf:
http://bit.ly/4AT5Id
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Hallo,
Noch mal eine Reaktion meinerseits auf den letzten Beitrag von Johannes Erler.
Vorab eine Richtigstellung: meine Kritik am „Mittelschichtsgejammere“ bezog sich absolut nicht auf deinen Brief Johannes, sondern auf einige Reaktionen in den folgenden Beiträgen hier im Blog. Mit dem Brief hatte ich erstmal absolut kein weitergehendes Problem. Des Weiteren hab ich, ähnlich wie mein Umfeld hier eher lachen müssen als ich diese Zahlen gesehen habe, als das es mich nachhaltig gestört hatte. Ich halte den Stern aber auch für keine gute Zeitschrift.
Wir schreiben sicher alle aus unserer jeweiligen Perspektive, aus den Arbeitswelten und Lebenswelten die uns täglich herstellen. Und sicher ist es ein großer Unterschied aus der Perspektive eines „ Corporate Designers, der für mittelständische und größere Unternehmen arbeitet” zu sprechen, als aus der Perspektive eines kleinen Büros welches ausschließlich in sozialen, kulturellen und politischen Kontexten arbeitet. Jenseits der krassen Missverständnisse ist jedoch genau dieses am Fontblog aus meiner Sicht immer wieder mal interessant. Also die Limitiertheiten der eigenen Perspektive/n zu erfahren und eigene Positionen an anderen Erfahrungen überprüfen zu können.
Und sicher ist die Diskussion zT. nun eine andere als ursprünglich intendiert war, – dieses tut mir ein bisschen Leid, denn das Anliegen halte ich, auch wenn es nicht unbedingt das meinige ist, für absolut legitim und gut angepackt. Ich möchte der Ursprünglichen Intention nicht im Wege stehen, dennoch gibt es ein paar Punkte auf die ich noch mal reagieren mag:
Absolut nicht verstanden haben ich deine Beschreibung Johannes, das Design kaum von der sog. Globalisierung betroffen ist. Von der Druckereiwahl, über das was man übers Netz täglich auf die Augen bekommt, über Konferenzen und Zeitschriften, über neue Applikationen die global auf den Markt kommen, oder auch nur Kunden die nicht in Deutschland sitzen usw., ist man doch zunehmend einem Internationalen Diskurs bzw. Diskusfragmenten „ausgesetzt“. Jenseits davon das ich mich eh nicht als „deutschen Designer“ begreifen würde und mein Partner Franzose ist, wir im Büro Englisch sprechen, würde es mich doch arg wundern wenn dieses „kleiner werden der Welt“ nicht auch eine Erfahrung von vielen GestalterInnen in diesen Tagen ist. Die StudentInnen denen wir hier und im Ausland begegnen machen auch nicht den Eindruck das sie ihre Praxis noch national denken bzw. verorten. Die Bezüge sind mittlerweile international – und die daraus entspringende Praxis aus meiner Perspektive auch. Mag sein das dieses bei der konkreten Arbeit mit Grossunternehmen anders ist. Das ist aber auch das einigste was ich mir an dieser Stelle noch als im nationalen gefangen vorstellen kann.
Vielleicht ist es aber auch so wie du schreibst und ich gehe zu sehr von unserer Erfahrung aus? Aber dieses beschreibt sicher auch ein wenig warum ich diese national aufgestellten Diskurse als etwas reduziert empfinde. Kann aber auch sein das die Situation hier in Berlin meine Perspektive potenziert, da diese Stadt sich in den letzten Jahren sich zunehmend mit Kreativarbeitern aus allen Ländern gefüllt hat und so das alltägliche Gefühl von „konkreten Globalvillage“ vermeintlich bestätigt?
Qualität? Nun – Ich glaube im Gegensatz zu dir das „Qualität“ sehr wohl etwas mit Weltanschauung und Klassendenken zu tun hat. Wie du schreibst ist es ein Begriff „bei dem man philosophisch reichlich ins Schwitzen kommen kann“. Dieses sagt nichts anderes das es ein umkämpfter Begriff ist um den gestritten wird. Nicht wahr?
Die wesentliche Frage ist WO man diesen Begriff ansetzen will. Wenn man ihn natürlich „nur“ am Produkt ansiedelt, dann wird man unter Umständen Kriterien finden, die sich Verallgemeinern lassen. Ich könnte mit gut vorstellen das wir in solch einer Diskussion auch an vielen Punkten einer Meinung wären. Ich finde auch das viele Projekte die ich auf eurer Webseite sehe, in diesem Sinne von hoher Qualität zeugen. Absolut.
Wenn man den Begriff der Qualität philosophisch oder gesellschaftspolitisch etwas weiter als am Produkt, am Auftrag hängend fasst, kommt man zu ganz anderen Fragen und ggf. auch anderen Lösungen. Um ein einfaches Beispiel zu bringen: Ein gut gemachtes Orientierungssystem stellt sich nicht der Frage nach dem Wert des sich Verlierens und der produktiven Umwege die wir manchmal gehen (sollten). Die Qualität des Orientierungssystemes selbst bleibt unbestritten. Dieser Begriff von Qualität bleibt aber eben auch nur am Produkt hängen. Mit ist ein Qualitätsbegriff der darüber hinaus keine sozialen, kulturellen Wertigkeiten mitverhandelt zu reduziert. Nicht immer. Aber vom Prinzip her. Es sind also unterschiedliche Qualitätsverstänisse die hier aufeinandertreffen. Und natürlich wäre aus meiner Sicht mehr als illusorisch zu denken das unserer Klassensozilisation („Klassendenken“) keinen Einfluss auf unseren Qualitätsbegriff hätte.
Unsere kleine Auseinandersetzung hier illustriert ja nichts anderes als das der Begriff eben sehr wohl etwas mit Weltanschauung zu tun hat und zu verhandeln ist. Philosophisch oder politisch.
Nun gut – wem hier würde es nicht wie du schreibst „um ein qualitätsvolles Kommunikationsdesign gehen“? Ich denke jedoch das die Frage was „gut“ und was „schlecht“ ist hier manchmal zu schnell beantwortet wird. Ich glaube das die Frage komplexer ist. Auch hier ein Beispiel: Unser Büro hat so einige Plakate in den letzten Jahren gestaltet die ich für gestalterisch schwach beschreiben würde. Manche sind mir gar peinlich. Jedoch haben einige dieser Plakate in ihrem Kontext (zb. politische Kampagne) eine extreme Wirkung entfaltet, viele Menschen haben sich die Plakate angeeignet, sie als die ihrigen begriffen. Diese Plakate werden sich nie in einen Designdiskurs einschreiben können, weil sie allein schon nicht den ästhetischen Qualitäten dieser genügen. Weder konzeptionell, noch formal. Dennoch sind es gute Plakate. Also auch hier wieder die Frage was „qualitätsvolles Kommunikationsdesign“ eigentlich heisst.
Du schreibst: „Kommunikationsdesign bedeutet: Design, das der Kommunikation unter Menschen dient.“ Dem kann man eigentlich erstmal gar nicht widersprechen. Es sei denn man beschäftigt sich mit der Kommunikation mit Tieren in seinem Tätigkeitsfeld.
Das was jedoch in dieser Kurzdefinition fehlt ist für mich wesentlich. Nämlich die Frage: was und wem „dient“ die Kommunikation, „dient“ das Design? welche Menschen? Menschen ist doch keine Kategorie. Ein Blick auf eure Webseite (die mir – das sei kurz gesagt – sehr gut gefällt) und eure Kundenliste zeigt mir das ihr zum Teil einfach etwas anderem dient, – das ihr Designarbeit eben eher in Kategorien von Kunden, Markt und Produkt denkt.
Ich denke aber das sollte aber nicht dazu führen das alles andere als „Quatsch“ angesehen wird.
Und noch ein Wort zu der „Ellenbogenmentalität“: Es geht hier aus meiner Sicht nicht darum persönlich beleidigend zu werden. Wenn dieses aus meinen Zeilen zt gelesen wurde, möchte ich mich dafür entschuldigen. Das war nicht meine Intention. Scharfe Kritik ja – Beleidigungen nein.
Zur „Ellenbogenmentalität“ sei aber noch gesagt das, ich schon denke das man hier auch über strukturelle Verhältnisse reden sollte, diese in unsere Analysen mit einbeziehen sollte. Und wir leben nun einmal in einer Gesellschaft in der per se nicht alle Gewinner sein können. Das ist die Logik unseres Wirtschaftssystems. Und dieses bringt eben Ellenbogen mit sich – ob man will oder nicht. Mal sind sie gepolstert – mal scharfkantiger. Und dieses halte ich für ein strukturelles (nicht personifiziertes) Problem.
Dieses nicht sehen zu wollen oder zu negieren halte ich nun wiederum für Quatsch ; )
In diesem Sinne – Merci für die Auseinandersetzung hier.
Sandy Kaltenborn
Vroni
@ Richard Jung
Mal kurz reingelurt in Ihr Blog:
„Die meisten (Grafik-) Designer sind Dekorateure.“
Touché.
Und werden dann eben wie Dekorateure bezahlt:
http://www.gehaltsvergleich.com/gehalt/Dekorateur-Dekorateurin.html
(Wer weiß, ob DIESE Gehaltstabelle stimmt, sie wirkt jedoch schlüssiger als die des STERN, der seit den Tagebüchern damals sowieo in Richtung fiktionaler JoHur-nalismus driftet…)
thomas junold
was soll denn bitte schon wieder diese polemik vroni, wenn du wirklich mit gestaltern nichts mehr zu schaffen haben möchtest, dann lass es doch bitte, aber diese permanente kritik am berufsbild nervt ein wenig.
desweiteren sollte man von einem professor etwas mehr erwarten, als »(die meisten) designer sind dekorateure«. wie soll bitte SO eine aussage motivieren? oder kommt da im unterricht etwas anderes und hier wird mit zweierlei maß gemessen?
also lehrender sollte man vorbild sein, aber diese haltung ist wenig vorbildlich.
Richard Jung
… im Fließtext steht „die meisten (Grafik-) Designer, die ich kenne“, dass relativiert die Sache, schafft das Problem aber nicht aus der Welt.
Und: Warum bin ich ein schlechtes Vorbild, wenn ich dieses Problem offen anspreche? Sei’s drum diese Diskussion gehört hier nicht hin.
Hier den Gehaltsvergleich mit Dekorateuren anzuführen finde ich im übrigen eine recht gute Idee, weil es schon nachdenklich macht.–
thomas junold
schon alleine die ausbildung unterscheidet einen dekorateur von einem grafikdesigner, zumindest ist das der eindruck, den ich bisher hatte. ich kenne in der tat mehr engagierte grafikdesigner, als andersherum, insofern finde ich diese worte ganz offensichtlich aus dem kontekt gerissen mehr als harsch. im kontext zu zitieren und nicht aus dem kontext heraus ist auch so eine sache. das sollte man eigentlich wissen, aber den schuh müssen sie sich nun nicht mehr anziehen. :)
erik spiekermann
Was ist das denn für eine merkwürdige formulierung? Wer sagt, dass die plakate nicht noch besser funktioniert hätten, wenn sie auch ästhetischen kriterien genügt hätten? Müssen plakate für die politik so dumm sein wie die argumente der politiker? Und wie kann ein plakat gut sein, wenn es noch nicht einmal konzeptionell gut ist? Was bleibt dann noch? Und wozu hat man euch überhaupt beauftragt? Ein plakat ohne konzept, das schlecht gestaltet ist, kann jeder laie mit computer machen.
Kommunikationsdesign besteht aus der inhaltlichen auseinandersetzung, die zu einem konzept führen sollte. Das muss dann visuell umgesetzt und handwerklich sauber ausgeführt werden. Zumindest gutes handwerk wird einem kein auftraggeber verbieten, und wenigstens damit unterscheiden wir profis uns immer noch vom ungelernten grafiksklaven in Asien oder sonstwo. Einem kulturland wie unseres lebt auch davon, dass jeder seine arbeit wenigstens so gut macht wie er kann. Man könnte auch einen Mercedes schneller zusammenschrauben und das blech noch dünner machen und mehr plastik statt metall verwenden. Aber dann wäre es eben kein Mercedes mehr. Wir haben nur chancen mit qualität, und zumindest die handwerkliche qualität können die meisten von uns noch erkennen.
Aber es gilt eben immer noch und immer öfter das alte motto (ich glaube, das ist auch von Ogilvy):
„Es reicht nicht keine Ideen zu haben, man muss auch unfähig sein, sie umzusetzen.“
Vroni
@ Thomas Junold
Ja es geht schon wieder los mit dem „die Vroni nervt, weil sie so harte Sachen gegen Designer sagt“-Warmduscher-Gewinsel, das ich noch aus der letzten Diskussion des Vorjahres kenne. Interessiert es jemanden wie sehr MICH dieses – meist männliche – Divengetue nervt? (Gewaltig…btw)
Designer sind ja bekannt für ihre Sensibilität.
In Ihrem Fall halte ich das aber fast für übertriebene Empfindlichkeit: Entweder man will Wahrheiten und fremde Auffassungen hören/lesen oder man lässt es eben. Kritik und Diversität gehört dazu – nicht alle sehen das Thema gleich – oder sollen wir alle aus Harmoniesucht mit Wattebäuschchen werfen anfangen?
Wenn Sie sich von mir genervt fühlen, dann lesen Sie doch bitte meine Beiträge nicht.
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A Gauda hoits aus, nur a Schlechta kimmt um. (Bayr. Großmutterspruch)
thomas junold
ich habe wirklich wenig interesse daran mich auf so dumme art und weise beleidigen zu lassen zu müssen. in diesem sinne vroni …
Vroni
@ Erik
„…und wenigstens damit unterscheiden wir profis uns immer noch vom ungelernten grafiksklaven in Asien“
Vorsicht, denn es könnte ein Irrtum sein. :-) Die Leute, über die der ZEIT-Artikel spricht (die, die die Template-Print-Abformate machen und die Language-Menschen sind zum Teil Akademiker, die ihre Sache nicht schlechter machen, im Gegenteil oft sehr gut.
Automatisierbare Arbeiten werden wegbrechen und das erledigen zum Teil dann sehr gute Leute offshore für 300 Dollar den Monat. Der „moderne Sklave“ offshore ist oft sehr gut ausgebildet.
erik spiekermann
@Vroni:
das stimmt, umso wichtiger ist handwerkliche qualität, denn die ist das produkt von einigen hundert jahren tradition und ausbildung. Das kann so schnell selbst ein indischer professor doktor nicht lernen, eben weil es nicht um akademisches wissen geht.
Elvis
Interessant ist in jedem Fall, das es gerade Designern (als Experten für Kommunikation) so schwer fällt ihren Nutzen zu vermitteln und nachhaltig am Markt zu etablieren.
>>> http://clientsfromhell.tumblr.com/
„Denn wie man sich bettet, so liegt man
Es deckt einen da keiner zu“
„Ja, Design, das ist leicht gesagt:
Aber wenn man täglich älter wird
Da wird nicht nach Design gefragt
Da muß man seine kurze Zeit benützen“
Ich habe mal gehört, daß sich das menschliche Gehirn besonders vorzüglich an neue Situationen und Bedingungen anpassen kann. Gerade Designer müssten es doch schaffen den Anforderungen des Marktes gerecht zu werden. Immerhin ist das eine Leistung die man seinen Kunden verkauft, dass eben diese, oder ihre Produkte, auf einem Markt wahrgenommen und beachtet werden.
image-shift
Lieber Erik Spiekermann,
Ich werde versuchen die „Merkwürdigkeiten“ des Zitates aus meinen Zeilen etwas zu verkleinern. Als erstes muss ich jedoch etwas zurückrudern und das mit dem „nicht konzeptionell“ zurücknehmen. Die Plakate, die ich bei der Formulierung im Sinn hatte hatten sehr wohl ein Konzept welches ich ohne weiteres für gut vertretbar halte. wer es sich anschauen mag:
ich hatte hier unsere Kampagne zu Mediaspree in Berlin / den Bürgerentscheid im Sinn: http://www.flickr.com/photos/37444004@N03/3449338799/in/set-72157616919259210/
Und noch kurz deine Frage bezüglich der Beauftragung zu beantworten:
Wir haben uns selber beauftragt.
Ich hatte noch 2 weitere Dinge dazu im Kopf – vielleicht klären die die „Merkwürdigkeiten“ noch ein wenig mehr:
1. Plakatfestivals und Wettbewerbe die Plakate nur auf ihre gestalterische Qualität hin beurteilen – der Kontext und die Distribution fällt bei der Beurteilung weg – Plakate werden zu Kunstwerken – zu was anderem als Kommunikationsdesign meinem Verständnis nach ist – Diese von mir gemeinten Plakate werden mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit in keinen Wettbewerb reinkommen. In diesem Sinne meinte ich das die Plakate den Anforderungen der Designbinnendiskurse nicht entsprechen und sich somit dort nicht einschreiben werden.
2. Wir pflegen eine Gestaltungsbegriff der die Rezeption, die Distribution und die Produktion(-sumstände) in die Bewertung mit einbezieht! Dieses kann dazu führen das die Gestaltung sekundär wird. (kann) (… und mir ist vollkommen bewusst das dieses den Wert unserer Arbeit potentiell untergräbt – besser gesagt relativiert! Ich habe damit kein Problem. Design ist für mich kein Selbstzweck, sondern gesellschaftlicher Auftrag – denke das sollte klar geworden sein)
Aus diesen 2 Punkten folgt natürlich ein Verständnis, das von Laien gemachte Plakate gut sein können. Ich würde auch behaupten das es Plakate gibt die sozusagen ausversehen (ohne Konzept also) zu guten Plakaten geworden sind. Ein Blick in die Geschichte zeigt uns dieses.
… Ich wurde vor ca. 10 Jahren auf ein internationales Plakatfestival eingeladen um eine Ausstellung mit Laienplakaten (aus Sub- und Gegenkulturen und sozialen Bewegungen) zu kuratieren. Diese wurden im Gesamtkonzept des Festivals, der Ausstellungen den Plakaten der Profis gegenübergestellt. Warum? Um genau die Frage zu stellen: „Was ist ein gutes Plakat?“ – Alles klar?
Die Fragen die ich hier aufgeworfen habe sind keine neuen. Sie sind nur marginal.
Das nun wieder von einem „wir deutschen Designer und unser Standort vs. die Asiaten“ geredet wird (Standortkonkurrenz) und sämtliche Argumente meinerseits bezüglich dem prekären bzw. komplexen Begriff der Qualität ignoriert werden finde ich etwas unschön.
Nun ja, wie auch immer- ich fahre lieber meinen alten Saab. Der hat dickeres Blech als jeder Mercedes. Und bis der kaputt ist können die Chinesen auch dicke Bleche biegen – da bin ich mir ganz ganz sicher.
sandy
Dirk Hermanns
Man sieht schon anhand der Kommentare wie wichtig dieses Thema ist. Vielen Dank für diesen klärenden Artikel.
nora
Danke Johannes, für deinen unpolemischen und sachlich fundierten Beitrag und Dank an Erik für die klaren und genauen Worte in Kommentar 52.
mel
Danke Sandy Kaltenborn, dafür das sie die >Designersosse< hier kritisieren und den Designtellerrand etwas erweitern. Erfrischende Gedanken.
_Sven
wow. sehr guter inhaltlich-informativer designdiskurs.
Vroni
@ Elvis
Viele Designer sind eben nicht Experten für Kommunikation, sondern eher Experten für den schönen Strich in der Kommunikation.
Dazu kommt die typische Sicht von innen. Die übrigens jede Branche hat. Auch die der Kaminkehrer.
Was gegen die ausschließliche Sicht von innen hilft, ist zu versuchen, die Perspektive zu wechseln. Nicht immer geht das, deshalb kaufen ja auch gestandene Unternehmer externe Berater ein, die den frischen Blick von außen auf das Unternehmen vermitteln.
Dies von den Designern in Personalunion zu verlangen, dass sie gleichzeitig aus innen heraus und gleichzeitig von außen auf sich schauen können, ist viel verlangt. Denn es ist normal, es nicht ausreichend zu können.
Mirope
@Vroni
Das ist leider das, was ich immer wieder erlebe. Eine Website mit einer furchtbaren inhaltlichen Struktur sieht nach dem Relaunch besser aus. Die furchtbare Struktur ist aber geblieben.
Ich arbeite seit Jahren viel mit unterschiedlichen Designern zusammen und stelle immer wieder fest, dass viele Designer gern von Kommunikation reden, aber letztlich schöne Gestaltung meinen. So steht der Kunde (Pardon: Auftraggeber) am Ende mit einem schönen Katalog da, für die unglückliche Produktstrukturierung fühlt sich der Designer aber nicht verantwortlich. Und meist wird dies von ihm auch erst gar nicht erwartet. Diese Aufgabe lässt man dann von Unternehmensberatern für viel Geld erledigen. Dies wird zwar gerne von Designern beklagt, doch potentielle Chancen werden, zumindest nach meiner Erfahrung, auch kaum ergriffen.
Ich habe für zwei Ortsgruppen des BDG Vorträge zu Themen wie Farbmanagement, PDF-Workflow und Webtechnologien gehalten. Das Interesse war sehr groß. Leider zeigte sich aber auch, wie gering zuweilen die technische Vorbildung ist und wie schwer es einigen Designern fällt, sich mit eher theoretischen Grundlagen auseinandersetzen. Damit verbauen sich viele Designer, den Zugang zu einer ökonomischeren Arbeitsweise und eben auch zu neuen Märkten.
Richard Jung
@ Erik post # 65:
Den Punkt „handwerkliche Qualität” / „akademisches Wissen“ möchte ich im Zusammenhang mit der Einkommensdiskussion hier noch einmal aufgreifen.
Es gibt Lehrberufe und es gibt akademische Berufe und es gibt in der Regel einen (deutlichen) Einkommensunterschied.
Nun existiert seit einigen Jahren in Deutschland der Lehrberuf des „Mediengestalters“, diese Ausbildung umfasst neben dem neuen digitalen Rüstzeug auch traditionelles handwerkliches Know how.
Menschen mit dieser Ausbildung sind durchaus in der Lage klassischen Gestaltungsansprüchen zu genügen, aber was unterscheidet die erworbenen Fähigkeiten des Ausbildungsberufes von einem Diplomierten Designer bzw. Master of Arts, wenn nicht akademisches Wissen bzw. Denken!?
Kurz: Wer wie ein Handwerker denkt, wird auch wie einer bezahlt, das muss ja nicht wenig sein, aber eben weniger.
Vroni
@ image-shift
„….dem prekären bzw. komplexen Begriff der Qualität “
Jap.
Als Ex-Werbe-Nase (über 10 Jahre McCann-Erickson) habe ich gelernt von meinenm alten Chef, Werber- und Kommuikationsurgestein, dass das Wort „Qualität“ in seiner Bedeutung eher neutral ist und – trotz lauwarmer positiver Besetzungim Volksmund – nichts aussagt und in der Unternehmens-Kommunikation nichts taugt (was bis heute spärlich zu KMU durchgedrungen ist btw). In der Kommunikation eher so etwas wie ein Chamäleon/Gummibegriff ist, der konkret aufgelöst werden müsste, um draußen entsprechend der Branche verstanden zu werden.
Genau: Was meinen Designer hier mit dem Wort „Qualität“? Dass das Kerning auch in 6-Punkt-Perl-Texten stimmt? Dass die gesetzten Zeilen ein gleichmäßiges graues Band sind? Oder dass die Aussage eine Wucht ist? Oder die Bild-Retusche überzeugt? (Website Photoshop-Desasters…) Die durchdachte Mediaplanung?
Im Idealfall natürlich alles.
Aber kommuniziere das mal den Auftraggebern, beispielsweise das mit dem Kerning… Dafür sind viele nicht bereit, tiefer in die Tasche zu greifen. Weil sie das Richtige daran nicht sehen. Folge in der Praxis: Also muss ich es eh machen für die Grafiker-Ehre der tollen Ausbildung, kriege aber dafür keinen Pfennig für den Mehraufwand.
Positionierungshilfe für Designverbände:
Die Branche Grafikdesign tut also gut daran, ihren schwammigen Qualitätsbegriff genauer zu umreißen. Sonst hebt sie sich nicht deutlich genug von Amateuren ab, die auch mal zwischendurch helle Momente haben.
Bei Schrauben ist das klarer: Gute Schrauben haben keine Grate, brechen nicht und das Gewinde stimmt. Was hat gutes Design, was anderes nicht hat – und wie kriegen wir es bezahlt.
johannes
Zwei letzte Worte von mir:
1. Danke für die rege Beteiligung. Hat mich zum Nachdenken gebracht!
2. Wie in zur Zeit jedem kreativen Beruf, so läuft auch im Journalismus eine heftige Debatte darüber, wie es denn nun weitergehen soll. Einen tollen Beitrag dazu fand ich jüngst unter
http://carta.info/18043/kommunikationswandel-die-vier-subsysteme-des-medienapparats/
Es geht darin unter anderem um den verzweifelten Versuch der bisherigen Informationsmonopolisten (Verlage, Sender etc.), sich gegen die angebliche Bedrohung durch das Internet und der damit einhergehenden Liberalisierung der Informationskanäle zur Wehr zu setzen – und warum dies aus guten Gründen zum Scheitern verurteilt ist.
Mir kommt diese Diskussion bekannt vor, und ich denke, dass auch unser Beruf sich endlich den gewaltigen Veränderungen, die durch die digitale Revolution und – ja, natürlich, Sandy – durch die Globalisierung ausgelöst werden, stellen muss.
Die Diskussion muss weg von formalästhetischen Betrachtungsweisen und hin zu dem, was Design eigentlich ist: nämlich die Fähigkeit, komplexe Systeme zu schaffen und handwerklich einwandfrei umzusetzen.
Dies sind die Felder, auf denen wir bestehen können und auf denen wir etwas anzubieten haben.
Diskussionen um gute Gestaltung, Geschmack, Ästhetik oder gar Kreativität sind überholt. Auf diesen Gebieten haben wir unser Monopol längst verloren, denn kreativ kann jeder sein und guten Geschmack haben wahrscheinlich mehr Menschen, die nicht Designer sind, also solche, die ihn per Diplom für sich reklamieren.
Das »doofe« für uns ist, dass viele, die einen Computer haben, heute selbst kreativ werden. Und das nicht immer mit dem schlechteren Ergebnissen. Ich habe das akzeptiert und suche nach neuen Wegen.
Ich bin Kommunikationsdesigner, Corporate Designer, Typograf. Ich bin in der Lage, Kommuniktion so zu gestalten, dass sie – in unserem komplizierten Mediendschungel – gefunden, angenommen und verstanden wird. Das kann NICHT jeder.
Ich kann komplexe Corporate Design-Systeme kreieren, die tief in betriebliche oder institutionelle Strukturen hineinreichen und diese stärker und effizienter machen. Auch das kann NICHT jeder.
Ich kann Schriften und Texte so aufsetzen, dass sie – egal in welchem Medium – gerne gelesen werden. Ich weiß auch um die Notwendigkeit des handwerklichen Details. Auch das kann NICHT jeder.
Drei Aufgabenfelder, die mir Kraft meiner Ausbildung und meiner Erfahrung die Möglichkeit eröffnen, Geld als Designer zu verdienen und Dinge zu tun, die ich für nützlich halte.
Um Ästhetik, also »schöne« Gestaltung geht es dabei zunächst überhaupt nicht. Und ich versuche mich über schöne Gestaltung auch schon gar nicht mehr zu positionieren. Das ist ein schönes Nebenprodukt (»ach ja, übrigens, SCHÖN sehen die Sachen dann am Ende übrigens auch noch aus! Ist das nicht fein?«
Ich glaube, dass die Diskussion in diese Richtung laufen muss (und kann in sofern – schon wieder – Sandys Argumenten einiges abgewinnen).
Ich glaube, dass wir eine grundsätzliche Reformation des Designbegriffes benötigen – und dann natürlich schon in den Schulen und so früh wie möglich implementieren müssen.
Wir haben die historische Chance, uns im Umfeld der digitalen und medialen Revolution neu zu positionieren und Angebote zu machen. Lasst uns nicht mehr so viel über gute Gestaltung reden (das machen wir dann hinterher beim Bier), lasst uns vielmehr darüber reden und meinetwegen auch streiten, was Kommunikationsdesign im Jahr 2010 ff. tatsächlich bedeutet und wofür es gut ist. Die Aufträge kommen dann von ganz allein. Ich hab’s erlebt.
PS: Danke, Erik, für den Hinweis mit dem Unterschied zwischen Kunde und Auftraggeber. Krieg ich auch immer durcheinander.
a.j
Zunächst mal gehe ich mit Johannes Erler in weiten Teilen absolut konform.
Man muss vor seiner eigenen Haustüre kehren. Es hilft einem Hartz4 Empänger auch nichts, wenn man ihm den statistischen Tagessatz eines Afrikaners nennt und ihn damit überzeugen will, das es ihm ja noch überdurchschnittlich gut gehe. (Was ja stimmen mag, aber wenn man selber kämpfen muss um einigermaßen das Monat zu überstehen zählt das erstmal nich. Erst das Fressen, dann die Moral.
Genauso verhält es sich mit Honoraren für Designer. Die niedrigen Löhne und Honorare dürfen keine Entschuldigung dafür sein, das seit Jahren die Reallöhne immer weiter sinken. Meistens mit der ziemlich durchschaubaren Begründung man stehe ja im Wettbewerb und es gebe nunmal eine Globalisierung. Tatsächlich geht es doch nur um eins: RENDITE. Gott sei Dank ist das in unserem Berufsstand kaum verbreitet.
Probleme habe ich (als noch Student) wie hier in manchen Beiträgen über die Lehre und Studenten gesprochen wird.
Zunächst mal Danke an Erik Spiekermann, der mir zu diesem Bereich aus der Seele spricht. Wenn man diese Beiträge liesst könnte man meinen es kämen nur noch ästhetisch,konzeptionell und rhetorisch unterbemittelte von den Hochschulen. (ACHTUNG: genau diese Begründungen könnte man dazu benutzen Berufseinsteigern ein noch niedrigeres Gehalt zu zahlen)
Vielleicht ist das aber auch nur bei manchen schon das Einstetzen des Älter werdens: Früher war alles besser. Auch die Berufseinsteiger. Und die Lehre. Und überhaupt.
Vroni
Der Unterschied zwischen „Mediengestalter“ und den „Diplomierten oder Akademiker-Designern verschwimmt zusehends.
Der Mediengestalter ist aus dem Beruf des Lithografen hervorgegangen, das war früher der Druckunterlagenhersteller. Er durfte früher kaum konzeptionell gearbeitet haben, heute machen sie es einfach. Eine Plakatserie, kein Problem. Kerning kennen die.
Was fehlt ist der konzeptionell-theoretisch-wissenschaftliche Unterbau, die Weihe, die Expertise des Stars, ja doch. Die wird explizit nur noch für ganz wenige hochanspruchsvolle Projekte gebraucht.
Die Mehrheit der Designer kommt ans solche raren Projekte doch gar nicht ran, sondern arbeitet im Mittelfeld (Publikationen, die schnell rausmüssen und „irgendwie“ gut dabei aussehen sollen). Und genau da sind sie eben arg in Konkurrenz der Mediengestalter oder Logo-designenden Webdesignern (die dafür zwar oft keine Vektorprogramme benützen, das wäre das richtige Programm aber Photoshop-Bild mit 72 dpi Auflösung tut es doch auch :-). )
Es existiert für mich daher längst eine Zwei-Klassengesellschaft von Designern. Die hier beide auf Fontblog versuchen, gleichartig über Preise und Qualität zu diskutieren, sich dabei oft in die eigene Tasche lügen, das nicht trennscharf und ehrlich benennen. Diese Preis- und Qualitäts-Diskussion, in der der gewöhnliche Diplom-Designer in immer ein- und denselben Topf mit den wenigen Stars geworfen wird, wird immer weniger funktionieren, weil sie eben nicht mehr der Realität entspricht.
Weil es eben zweierlei Preislandschaften und Märkte geworden sind mit ihren jeweils eigenen Gesetzen: Wenige Stars kicken in der Bundesliga und viele – auch sehr gute – kicken eben in der Regionalliga. Und nein, das hat nur am Rande mit sich nicht verkaufen können zu tun: Der Markt gibt das nicht her. Das ist die Wahrheit.
Und was passiert jetzt? Auch die Preise der Stars brechen jetzt ein? Ja watt.
(Die Preise der kleinen, Diplomierten, sind längst vor Jahren eingebrochen, schon vor der New Exonomy-Krise; auch ich kriege heute meine 80,00 die Stunde nur bei max. 40% meiner Kunden durch. Ist wie Lotto.)
Das war ein überfälliger Realitätscheck der Desinger-Klassengesellschaft, kein Jammern.
johannes
@ a.j.
ich glaube, es geht darum, dass die studierenden richtig aufgestellt werden müssen. Was ist das, was ich da lerne? wofür ist es gut? was sind meine perspektiven? wie kann ich aktiv werden?
das alles vor dem hintergrund des zeitenwandels, der eben viele professoren ziemlich überrascht.
es geht nicht darum, dass die studierenden nicht motiviert wären (und im übrigen die zeichen der zeit vielleicht besser verstanden haben, als viele ihrer professoren). es geht um die grundsätzliche beschreibung des berufsfeldes und – ich sagte es bereits – um eine reformation des designbegriffes, der an den schulen selbst als erstes zum tragen kommen muss.
Vroni
@ Johannes
„Ich bin Kommunikationsdesigner, Corporate Designer, Typograf. Ich bin in der Lage, Kommunikation so zu gestalten, dass sie – in unserem komplizierten Mediendschungel – gefunden, angenommen und verstanden wird. Das kann NICHT jeder.
Ich kann komplexe Corporate Design-Systeme kreieren, die tief in betriebliche oder institutionelle Strukturen hineinreichen und diese stärker und effizienter machen. Auch das kann NICHT jeder.
Ich kann Schriften und Texte so aufsetzen, dass sie – egal in welchem Medium – gerne gelesen werden. Ich weiß auch um die Notwendigkeit des handwerklichen Details. Auch das kann NICHT jeder.“
Das ist eine mögliche strategische Positonierung.
Welche mir persönlich gut gefällt.
Der einzige Haken: Wie beweisen, dass die Kommunikation, die man macht, verstanden wird, Erfolg hat? Daran knackts doch.(Werbe-)Erfolgskontrolle macht kaum ein Auftraggeber nachher (kostet).
Wenn ich die Aktion lese „Design zahlt sich aus“, dann geht es näher betrachtet um: Produktdesign. Holla die Waldfee. Bei dem ist inzwischen bei vielen Auftraggebern einigermaßen gelernt, dass die geschickte, konzeptionelle Formgebung der Produkte entscheidend ist für den guten Abverkauf.
Bei Grafikdesign warte ich da noch auf schlagende Beweise, warte auf Studien, aber es kommen keine der wirtschaftlichen Vorteils von Design. Bis dahin argumentiere ich mir höflich bei Auftraggebern den Wolf.
:-)
a.j
@ johannes
seh ich auch so.
ich denke wir sind als Designer,Designstudenten und Professoren alle gefragt diese Neudefiniton aufzustellen. Und wir haben aufgrund unseres Berufes (der im übrigen wie ich finde eine Berufung ist, ich studiere doch nicht Design um später mächtig viel Kohle zu scheffeln sondern weil es meine Leidenschaft ist, weil ich mir nichts anderes vorstellen könnte) die Möglichkeiten auch andere Menschen aufzuklären und zu informieren. Über angeblich so komplexe Dinge wie die Globalisierung oder nur um deutlich zu machen, das man sich 2,30 Euro die Stunde nicht bieten lassen muss. Nirgendwo auf der Welt. Insofern ist der Beruf des Designer auch ein zutiefst politischer. Wir tragen in unserem Beruf auch Verantwortung. Dessen müssen wir uns manchmal auch erinnern.
Veränderungen kann es nur durch diskurs geben.
Insofern ist das hier ein ganz winiziger Schritt um etwas zu ändern.
robertmichael
@ vroni
design allein verkauft nicht, darum ist sowas nicht messbar. brand eins sieht schön aus aber wären die beiträge brühe würde keiner das mag kaufen. johannes sagte ja bereits ihm geht es in erster linie nicht um ästhetik, die ist nur das tüpfelchen auf dem i.
„print wirkt“ zwar verkauft aber in erster linie nicht.
Vroni
@ robertundmichael
Ist mir schon klar, dass die Ästhetik das nicht wuppt.
Mir geht es darum, dass auch der Beweis, dass gute Kommunikation (zur Not ohne die Ästhetik) erfolgreich verkauft, (noch) nicht existiert. Er könnte locker existieren, es hat sich aber noch keiner die Mühe gemacht, den korrekt aufzusetzen.
Den Grund vermute ich darin: viel Arbeit und wenn fertig, dann hat man auch noch kostenlose Werbung für andere (die komplette Branche) mit gemacht.
johannes
@ vroni
hast natürlich recht.
zwei dinge:
1. redefinition des designbegriffes
2. beweise liefern
eine wahrhaft große aufgabe.
ich fang dann jetzt mal an ;-)
Stepp
Marktforschung schafft angeblich auch Beweise – mutige Unternehmer kommen trotzdem (oder war’s doch gerade deswegen?) auch ohne aus. Wir brauchen definitiv keine Beweise, sondern Glauben und Vertrauen. An die Produkte, die unsere Auftraggeber verkaufen wollen, an die Arbeitsleistung die wir in Designaufgaben investieren. Beweise schaffen kein Vertrauen und keinen Glauben, sondern Tatsachen.
HD Schellnack.
Interessant, dass hier der Ruf nach Beweisen – Marktforschung also, Quantifizierbarkeit von Designleistung – laut wird, am Ende eines Artikels, der eine solche statistische Quantifizierung einer bestimmten Quelle zu widerlegen versucht.
Die Lehre ist, dass jede solche Erhebung nur ein trojanisches Pferd ist. In der Praxis werden unsere Honorare nicht steigen, nur weil irgendwo eine PDF existiert, die besagt, dass gutes Design gut fürs Business ist (was wir dank Thomas Watson ja schon eine halbe Dekade wissen…).
Müssen Architekten wie Foster nachweisen, dass gute Architektur … die Produktivität steigert? Bis zu einem gewissen Grade (Büroorganisation) geht das, auch ökologisches Bauen lässt sich ökonomisch langfristig untermauern, aber diese beiden Bereiche bedienen wir (noch) nicht. Obwohl Design durchaus organisationspsychologisch wirken kann und Designberatung auch einen «grünen» Aspekt haben kann.
Aber ob ein Haus eine Fostergurke ist, ein Mayne-Winkel oder ein Libeskind-Splitter lässt sich nicht ökonomisch festmachen. Es hat durchaus eine ästhetische, eine ephemere Note, die mit Haltung, Subjektivität, Prestige, Mut, Zukunft zu tun hat.
Das ist im Design genauso. Deshalb sieht Otl Aichers Olympia-Design nach zig Jahren immer noch gut aus, weil es eine innere Handschrift widerspiegelt, die weit über Effizienzdiskurse hinausgeht. In einer Zeit, in der sich doch längst herauskristallisiert, das sich eben nicht alles (Schule, Kunst, Gesundheit, Lebensqualität) in ökonomische Kategorien pressen lässt, wäre es durchaus humorig, 10 Jahre nach dem Effizienzwahn plötzlich auf die Bühne zu laufen und nach der Vorstellung zu sagen: Hier… äh.. .wir auch. Echt. Wir bringen… ähm… echt, wir sind gewinnschöpfend. Rrreeeallly. Bitte gebt uns Arbeit.
Was nicht heißt, dass Design, Architektur und andere kunstaffine/kunsthandwerkliche «Dienstleistungen» nicht tatsächlich in ganz profunder und langfristiger Weise «Gewinn» abwerfen und für ein Unternehmen extrem wichtig sind. Ich bin nicht umsonst von der indirekten Unternehmensberatung zum viel direkteren Design gegangen, wo Change Management ganz unmittelbar greifen kann.
Und ich bin der erste, der entzückt ist, wenn diese Wirkung solide und bullshitfrei messbar ist/wäre – obwohl ich selbst dann noch Befürchtungen hätte, den Beckmessern im Controlling auch noch SELBST die Werkzeuge in die Hand zu geben, mit der sie meine Arbeit entzaubern und vermessen wollen. «Ah, die Milo wollen Sie verwenden? Wieviel neue Abonnenten bringt uns das denn effektiv? Wäre die Verdana nicht genauso gut? Spart in der Investition 40%, macht aber nur 10% beim ROI, da lassen wir die Sache mit dem Schriftenkauf doch.»
Design – ich mag mich sicher täuschen – ist in seiner Wirkung hochgradig PLAUSIBEL. Man kann seine Wirkung gut begründen und projizieren. Es gibt Best-Practice-Cases, die ganz klar zeigen, dass gutes Design natürlich in bestimmten Bereichen ein Burner ist. Und auch für Mittelständler und im Kultursegment ist es nicht schwer, zu belegen, dass strategisch und visuell halbwegs sinnvolle Gestaltung mehr Erfolgschancen birgt als … naja, Scheiße.
In der Realität ist es aber so, dass auch zig andere, von uns unsteuerbare Faktoren einwirken. Du machst ein tolles CD für ein Theater – aber die Dramaturgen sind öde und keiner kommt. Oder ein grandioses Ausstellungsdesign… nur leider regnet es leider die ganze Zeit. Ein grandioses Annual-Report-Ding, nur leider honkt das Management und die Firma geht pleite. So Sachen. Und c.p. ist Design in der Praxis nicht messbar, es gibt immer modellexogene Einflüsse. Und Kommunikationsdesign ist schwieriger zu greifen als Produktdesign, wo sich der gleiche Summs vielleicht besser ausverkauft, weil es netter aussieht (oder tatsächlich besser gedacht ist :-D). Ein Mini verkauft sich besser als der fast baugleiche Peugeot… aber liegt es am Produktdesign, am Kommunikationsdesign, am Nimbus von BMW, am Zeitgeist? Apple – besser wegen des PackageDesigns, der Materialwahl oder doch wegen dem OS?
In aller Regel ist es die SUMME der richtigen Maßnahmen, die entscheidet. Innere Werte und Sexy Looks. Wobei ich ja finde, für die Inneren Werte setzen sich gute Designer meist ja auch immer mit ein (Ich bin da Bruce-Mau-geschädigt, sorry). Es wäre vielleicht genau falsch, sich aus dieser Summe herauszudividieren und als Faktor verortbar zu machen («Aha, Erfolg zu 6,78% wegen der Visitenkarte der Salespeople.»)
Dazu kommt, dass es pragmatisch nix löst: Kann eine solche Vermessung des Designs belegen, dass für Kunde X Factor Design die richtige Wahl ist und nicht Meiré? Dass Philharmonie Y nicht den Borsche braucht, sondern den Hickmann? Ab einer gewissen Klasse sinds doch meist Büros einer gewissen Größe, die auch meist okay-e Arbeit abliefern… und ab einer gewissen Größe dann vielleicht eben auch nicht mehr. Aber wie hilft mir als Kunde/Klient eine Studie, die mir sagt, dass Design sich auszahlt, bei der Frage, WELCHES Büro (welcher Designer) zu MIR passt? Und was ändert es an der Tatsache, dass ich im Rahmen eines Pitches ein Preisgefälle relativ vergleichbarer Studios kriege, das zT bei mehreren 100 Prozent liegt?
Ganz konkret wird kein Auftraggeber (Klient ist übrigens so ein Wort, dass ich scheue, weil ich weiß, was in der Suchttherapie und im Sozialbereich mit «Klient» gemeint ist :-D) der Welt freiwillig mehr zahlen, nur weil eine Studie sagt, dass Design der Wertschöpfer 3000 ist. Passiert nicht. Gegen Strukturen mit latent ausbeuterischer Struktur (durch Marktübersättigung usw) helfen nur zwei Dinge: ganz brutal die Ausdünnung durch Wegsterben im verschärften Wettbewerb und – deutlich zu bevorzugen – die Solidarisierung der betroffenen und die gemeinsame Schaffung von besseren Rahmenbedingungen mit Vorteilen für eben beide Seiten: Arbeitgeber/Auftraggeber UND Arbeitnehmer/Dienstleister.
Egalegal.
Kurz und anders: Wenn wir quantitativ BEWEISEN müssen, dass eine qualitative Leistung wie Design «funktioniert», haben wir größere Probleme als ich hoffen mag :-D. Aber ich lass mich auch gern vom Gegenteil überzeugen…
Schnäppchenfuchs
Ich melde mich hier mal als Kunde bei Designern und Grafikern zu Wort. Wenn ich kleinere Sachen zu vergeben habe, schreibe ich meist einen Beitrag in ein Forum. Darauf kommen zahlreiche sehr gute Anfragen mit wirklich guten Referenzen. Die Angebote sind teils sehr sehr günstig – ohne, dass ich verhandelt habe. Was soll ich denn da als Kunde machen, außer auf die Angebote einzugehen? Natürlich belohne ich gute Arbeit dann mit Folgeaufträgen, aber die niedrigen Preise werden mir angeboten, ohne dass ich was dafür tue.
Johannes
sehr gut, schnäppchenfuchs! so sieht’s nämlich auch aus!
Vroni
Naja, vielleicht nennt er sich in den Foren auch „Schnäppchenfuchs“.:-)
Dann ist den Dumping-Kerlchen in den Foren ja eh klar, was sie von sich aus für Preise anbieten müssen, wenn sie irgendwie mit Sparfuchs ins Geschäft kommen wollen.
Das relativiert dann das gespielt-hilflose „was will ich machen“ dieses Kunden etwas, würde ich vorsichtig sagen.
Was die Foren angeht, gilt für mich: „Only birds of the same feather fly together.“ Da geht kein vernünftiger Designer rein und bietet mit.
Das nächste: Ob die Referenzen wirklich top im Spiekerman’schen oder Erler’schen Sinne sind, das haben wir ja weiter oben festgestellt, können Kunden immer weniger wirklich beurteilen. Sie sehen halt, dass es „nice“ ist (Eyecandy wie Spiegelungen unterm Logo? Verläufchen?), mehr nicht.
mazter of desing
ach hört doch alle auf zu motzen!
meine erfahrungen zeigen, dass durch qualität, motivation und ästhetisches bewußtsein der funke auch auf 75% der kunden überspringt. der rest soll dann halt billig und schnell machen lassen, kann uns doch egal sein. ich finde im übrigen einen großteil der arbeiten von leuten, die sich hier als ach so professionell darstellen, ziemlich gewöhnlich – das nur am rande. dieses ewige genöle von euch ‚designern‘, die ja ach so interdisziplinär über allem und jedem stehen, nervt einfach nur. brötchen und miete deckt es ja nun allemal – wessen ziel es ist, viel geld zu besitzen, ist als gestalter einfach fehl am platz. ortho- und typografische fehler dürft ihr gerne behalten. danke fürs lesen.
Vroni
@mazter of design
Die Arbeiten der Leute hier sind dir zu gewöhnlich.
Na dann zeig doch deine, du weißt schon, die mit richtig „Qualität, Motivation, ästhetischem Bewusstsein“, Supahman, wenn du so toll bist, dass du damit nicht einmal richtig Geld verdienen willst.
Aber du ziehst es vor, unfein aus der anonymen Hecke zu meckern.
mazter of desing
@vroni
ich sagte nicht, dass ich kein geld verdienen will. mit einem gehalt zwischen 2.200 und 4.500 euro lässt sich aber ein normales leben durchaus sicher bestreiten. klar, mich kotzt es auch jedesmal an um preise für gestaltung zu diskutieren. letztlich muss man sich aber auch mal eingestehen, dass es eben eine dienstleistung wie jede andere ist, die man anbietet. und viele meiner bekannten gestalter versuchen nunmal auch, den neuen mac pro so günstig wie irgendwie möglich zu bekommen oder kaufen sich erst gar keine software und schriften oder lassen billige praktikanten schuften (was hich hier jetzt niemandem unterstellen möchte). wie man in den wald hineinruft…
und ja, manche der arbeiten die ich mir hier angesehen habe, finde ich gewöhnlich. das ist einfach meine meinung. und nein, ich möchte hier meine seite nicht verlinken und das ist ja mein gutes recht. wenn du ins kino gehst und dir der film nicht gefällt, hast du ja auch das recht auf deine meinunung. selbst wenn du, was natürlich sehr unwahrscheinlich ist, selber keinen besseren film produzieren kannst.
p.s. ich habe jetzt alles nochmal ‚durchgeklickt‘ und ersetze hiermit in meinem vorigen post „einen großteil“ durch „einen teil“.
Anderer Jürgen
Nun auch von mir ein Gedanke zur Wertschätzung der Design-Dienstleistung seitens der Auftraggeber. Meine Lehre aus den letzten zehn Jahren im grafischen Gewerbe lautet: Das Gros der Auftraggeber kann (und will) die Güte von Gestaltung nicht beurteilen. Die wichtigsten Elemente die Auftraggeber zufriedenstellen und motivieren zurückzukommen, sind ganz grundlegende Prinzipien der Dienstleistung: Termintreue, Erreichbarkeit, Zuverlässigkeit, Kommunikationsfähigkeit (Erklären, zuhören, nochmal erklären…), Schnelligkeit. Diese Dinge werden honoriert, in Worten und auch monetär. Ebenfalls werden diese Dinge angeführt wenn Auftraggeber sich untereinander beraten „zu wem man denn mit diesem oder jenem gehen könne“.
Die Gestaltung bedient in großen Teilen den Ehrgeiz und wird getrieben vom ureigenen Antrieb des Designers, die meißten Auftraggeber sehen oder verstehen diesen Aufwand nicht.
Freilich glaube ich trotzdem weiterhin fest daran das eine große Motivation seine Sache gut zu machen meißt auch aufs Ergebnis durchschlägt und dieses dann auch die ästhetischen Saiten des technokratischsten Auftraggebers zum Klingen bringt, und wenns nur unterbewusst ist.
Als Freiberufler fühle ich mich übrigens derzeit nicht unterbezahlt und auch keineswegs ausgenutzt. Das Verhältnis zw. meiner Leistung und dem gegenüberstehenden Ertrag empfinde ich als in Ordnung, meinen Auftraggebern geht es da ganz ähnlich.
Julchen
Leider konnte ich mir nicht wirklich aussuchen ob ich freie Designerin oder Angestellte sein möchte. Ich denke, dass es vielen anderen auch so geht wie mir. Und, aus dieser Situation haben wir, die Verschmähten, viel gelernt bezüglich des Überlebens.
Motivation können wir uns nicht leisten – wir rackern einfach und nicht für low. Wir haben auch unseren Stolz – Arbeit muss bezahlt werden. Auch ich habe Aufträge abgelehnt. So ist das Leben.
Ich empfehle „handwerkliche Qualität” + „akademisches Wissen“.
Meine frühe Erfahrung als Dekorateurin u.a. bei Christ und IKEA haben mir u.a. die Erkenntnis gebracht, dass es sich in einem gemachtem Nest gut kuscheln lässt. Und mancher weiß erst wie gut er es hat, wenn er das Nest verläßt. Manche lernen das Fliegen andere nicht, weil sie nie loslassen können.
Bei aller Globalisierung und über den Tellerrand schauen sollten wir IN UNS SCHAUEN. Inhalte bestimmen die Form, so kann gute Arbeit nur mit dem Herzen geschehen. Ohne ein Stück von mir zu geben, kann nichts Gutes entstehen.
(Das war schon bei den Rolexuhren und Perlsträngen so, die immer wieder von den Displays rutschten, wenn ich nicht bereit war, mich auf die Klunkern einzulassen.)
Wenn ich nicht bereit bin, mein Ich einzubringen und nur gefallen möchte, wird das nichts.
Das merkt ein Kunde ein Auftraggeber und der Endverbraucher.
Vielleicht sind die Philippinen mit ihrem Herzen dabei und nicht weil sie in der „Page“ stehen möchten oder den „red dot“ bekommen wollen.
mel
Schade das die Diskussion nun hier wieder etwas an Qualität verliert. Die Ratschläge die ich jetzt hier lese sind leider etwas banal. Natürlich versuchen wir alle unsere Arbeit gut zu machen. Die Fragen und Einschätzungen um die Entwicklung des Marktes, der Entlohnung, der Globalisierung und nicht zuletzt des Designbegriffes waren dennoch sehr sehr spannend. Schade das sich Spikermann, Erler, Kaltenborn und andere aus der Diskussion zurückgezogen haben. Aber nun müssen wohl alle wieder an die Arbeit gehen?!
micha
hallo zusammen,
erstmal möchte ich auch herrn erler danken, es ist toll
das jemand so „freigiebig“ über sein büro informiert.
im speziellen auch deswegen da hier ein einstiegsgehalt
von 2.200 euro genannt wird. ja, das ist mehr als die meisten büros bereit sind zu zahlen u. ja ein einsteiger direkt vom studium weg hat noch viel zu lernen (ich habe mein studium anfang dieses jahres beendet und lerne auf die eine oder ander weise mehr
als ich je dachte das es noch zu lernen gibt;)).
was ich sagen will. jeder der selbst ein büro hat
und seinen „neueinsteigern“ z.B 1400euro zahlt und
sie am besten noch mit einer traineestelle ein jahr hinhält um sie dann zu feuern, da er/sie weis, dass
der nächste „hungrige“ jungdesigner schon parat steht…
sollten sich überhaupt nicht über niedrige gehälter/kunden aufregen.
was heißt das denn für junge ambitionierte designer wenn sie weniger verdienen und länger arbeiten müssen als z.b. ein geselle in einem maler betrieb aber nicht mal die selbe vergütung erhalten.
diskurse über „designphilosophie“ sind toll und ich
habe meinen glauben an die notwendigkeit und den mehrwert guter gestaltung noch nicht verloren aber gerade die etblierten gestalter/grafiker/büroinhaber
dürfen nicht vergessen das die „goldenen zeiten“ zwar
vorüber sind aber nicht zuletzt sie über das gehalt und
den umgang mit den „jungen“ mitentscheiden, wie sich die designlandschaft entwickelt.
ich will mit dieser wortmeldung niemand im forum direkt
ansprechen. mir ist es einfach wichtig das an dieser stelle auch mal ein anderer aspekt genannt wird. vielerorts sollte man sich zuerst mal an die eigene nase fassen bevor man an die der kunden langt.
Julchen
mel
„Natürlich versuchen wir alle unsere Arbeit gut zu machen.“
Das reicht halt nicht aus!
Empathie und Verständnis für den Standpunkt des Auftraggebers sind wichtig!
mazter of desing
noch ein nachtrag von mir:
den artikel selbst fand ich informativ, interessant und verhältnismäßig neutral. das genörgel bezog sich auf diverse kommentare.
@julchen
mit ‚akademischem wissen‘ hatte das was ich an der fh gestaltung gelernt habe sehr wenig zu tun. gestaltung ist meines erachtens auch keine wissenschaft, auch wenn viele von euch das gerne so verkaufen.
hjg
Die Gegenrede von Johannes Erler: 100% Zustimmung und die Qualität der meisten Kommentare zeigt, dass es ihm gelungen ist, die Situation des Berufstandes genau und kenntnisreich auf den . zu bringen.
mel
@ Julchen
Nein. Das Interessante an einigen Beiträgen war doch das es eben nicht immer nur um die Kundenwünsche gehen kann bei unseren Entscheidungen. Design ist auch nicht immer Dienstleistung.
So hat HD auch hier schon geschrieben:
„Auch die Tatsache, dass wir nicht nur wirtschaftlichen Impulsen folgen, sondern auch sozialen, ästhetischen oder was-weiß-ich-welchen, ist doch eigentlich zunächst absolut schön. Wir alle haben einen sehr gebenden, erfüllenden Beruf, der sicher auch anstrengend und frustrierend sein kann, aber man sollte die guten Seiten nicht aus den Augen verlieren.“
Oder auch Sandy Kaltenborn: „Wer nicht aufhören will in Kategorien von Konkurrenz und Wettbewerb (Ich-Ich-Ich / “Qualität setzt sich durch” etc.) zu denken, wird mit mehr Turbo-Marktwirtschaft und weniger “Gesellschaft für Alle” belohnt werden. Wer diesen Weg als den seinen beschreiben mag, wer “Gewinner” sein will, der mögen diesen Weg folgen… Viel Erfolg! ; ) Wir denken nicht das solch eine Art von gesellschaftlichen Beitrag bzw. Verständnis, den Kern unserer gestalterischen Praxen bilden sollte.“
Dahinter steckt nach Meinen Verständnis eben ein anderer Designbegriff. Und genau das war einer von den Punkten die ich hier in der Diskussion interessant fand.
Julchen
@mel
Was nützt mir ein Stuhl, auf dem ich nicht sitzen kann, ein Haus, in das ich nicht stehen kann, eine HP auf der ich mich nicht orientieren kann?
Wenn die Kundenbedürfnisse nicht im Vordergrund stehen, dann mache ich Kunst, kein Design.
Vroni
Nicht einverstanden mit einem Teil der letzten Posts.
1. Hausgemachtes Problem vieler Grafikdesigner
Die selbstgebaute Falle von Grafikdesignern ist für mich ganz klar die, dass man Sympathie/Empathie für den Auftraggeber und sein Anleigen unzulässigerweise vermischt mit der Art zu verhandeln und der Preiskalkulation.
Im Gegenteil: Man kann einen Auftraggeber verstehen und gern haben, auf seine Wünsche eingehen und dennoch einen betriebswirtschaftlich funktionierenden Preis und einen funktionierenden Ablauf verlangen. Grade drum, um auch weiter respektiert und zurückgemocht zu werden. Gegenseitiger Respekt ist wichtig, wer zuwenig verlangt, wird nicht respektiert. Ende von Empathie.
2. „Turbo-Marktwirtschaft“
Wer als Grafikdesigner entlang des Wettbewerbs denkt, ist allein damit noch lange kein „Turbo“-Spike-Ellenbogen-IchIchIch-Mensch ohne einen Hauch gesellschaftlicher Überlegungen. Was mit „Turbo“ sicher gemeint ist, ist der von allen Ketten und Anstandsregeln losgelassene Wettbewerb, der die Marktteilnehmer ins immer schnellere, marktschreierische Hamsterrad zwingt. Ein Designer jedoch, der sich mit seinen Arbeiten bewusst gegenüber anderen zu profilieren versucht (von mir aus auch mit dem unglücklichen “ „Qualität“ setzt sich durch“, was ich aus anderen Gründen doof und akquisitorisch wenig wirksam finde…, s.o.), ist deswegen noch lange kein „Turbo“-Heiner.
+ Versuch der Zusammenfassung (persönliche Sicht)
3. Designbegriff
Anscheinend gibt es so viele Designbegriffe (eigentlich die ganze Palette von „Unternehmensberatung first“ bis Handwerk und Schönsein) hier wie Designer.
Da braucht man sich nicht wundern, dass der Auftraggeber ebenfalls seinen eigenen in die Waagschale wirft.
4. Immer niedrigeres Honorar/Gehalt
Eine Entwicklung, die die „Kleinen“ schon früher mächtig gespürt haben, ist jetzt zu den Stars der Branche durchgedrungen. Heureka! Das war doch das Topic hier.
Was soll ich dazu sagen. Ist das jetzt gut oder schlecht für das weitere Schicksal der Designerzunft. Ist es vielleicht sogar indirekt gut, weil die Stars und führenden preisüberhäuften Designerbüros, die aufgewacht sind, ihre Anliegen, die zufällig ebenfalls die Anliegen des Fußvolks sind, besser verstehen zu formulieren und durchzusetzen? Muss ich als Fußvolk jetzt nix mehr unternehmen und nur darauf warten, dass die „Großen“ für uns „Kleine“ das schon wuppen werden? Oder wollen unser Leitbilder uns als ihre Anhänger und Mitmarschierer gewinnen? Das wäre neu, aber warum nicht. Welcome.
5. Der Anlass der Aufregung: die falsche, überhöhte Statistik der Presse.
Das ist komisch. Als ich das las, was angestellte Designer angeblich verdienen, war mein erster Gedanke: „Wenn nur ein Kunde von mir das liest, werde ich mit den Preisen raufgehen müssen, sonst nimmt der mich nicht mehr ernst.
Also eher fast positiv.
Ich hätte mich tausend Mal mehr über eine verfälschte Statistik geärgert, die Grafikdesigner mit dem Gehalt gewaltig unberechtigt nach unten definiert. Ich hätte – auf diese Art als Hungerleider detected – gar nicht mehr aus dem Haus/Büro gehen mögen vor Scham. Earnest.
6. Die Presse selbst.
Ist ein ganz eigenes Feld, heutzutage sind Zeitungsleser jedoch nicht so naiv, alles zu glauben, nur weil es in der Presse steht. Das ist lange vorbei. Im Gegenteil, die Leute sind sehr gelassen, angenehm unhysterisch, kaum zu beeindrucken. Das finde ich prima. Sie lassen sich beispielsweise nicht die Schweinegrippenimpfung aufschwatzen und sind immer immuner gegen jegliches Katastrophengewätz und Lügengebräue der Medien.
Besser anonym
So viele Kommentare, dass ich glaube, meinen Eintrag hier untergehen zu sehen. Egal …
Ich arbeite jetzt (nach einer „Umschulung“ vom Redakteur) seit 6 Jahren in einer größeren, renommierten Werbeagentur als Junior AD mit wirklich lobenswerten Arbeiten für namhafte Kunden. Bruttogehalt: 2250,- Euro. Kein Witz. Überstunden sind üblich (täglich), Stress natürlich auch, einen Überstundenausgleich gibt es nicht. Überstunden werden nicht vergütet und werden auch nicht abgefeiert. Das Geld reicht gerade mal für eine Mittelklasse-Wohnung zur Miete und einen Mittelklassewagen auf Finanzierung. Und eben Lebensmittel. Alles, was ich mir darüber hinaus leisten möchte – wenn ich dafür wegen mangelnder Freizeit Zeit finde – muss ich mit heimlichen Nebenjob-Tätigkeiten erreichen. Als freier Grafiker und als freier Redakteur. Privatleben? Es gibt kaum noch eins. Die Freundin ist verzweifelt. Meine deutlich jüngere Freundin würde nach dem Abschluss ihrer Ausbildung zur Bürokauffrau ungefähr das gleiche Nettogehalt haben wie ich, wenn sie ihrem Unternehmen (kein Tarif …) treu bleibt. Überstunden werden ihr bezahlt und/oder sie dürfen abgefeiert werden. Sie hat deutlich weniger Stress. Lebt zufriedener.
Forderungen nach höheren Gehältern werden hier geblockt, befördert wird höchst selten. Für mich gab es nach meiner Beförderung keinen Cent mehr Gehalt. Und das, obwohl es der Agentur immer besser geht und gigantische Etats dazugewinnt. Die Fluktuation ist hoch. Sehr hoch. Man selbst wagt es nicht mal, sich woanders zu bewerben oder sich selbstständig zu machen. Zu groß sind die Befürchtungen, woanders könnte es noch schlimmer sein (was man eben so hört) oder die Auftragslage kippt weg. Damit „droht“ hier auch die Geschäftsführung und schüchtert ein.
Und jetzt? Ich erwische mich immer öfter dabei, wie ich mich in Foren für Auswanderer/Aussteiger schlau mache. Oder ob ich noch eine weitere Ausbildung dranhänge?
Lausbub
„(allerdings ohne den Hinweis, dass der Stern-Durchschnittswert auf Basis von weniger als 25 Befragten zustande kam) “
Das finde ich eh immer so geil! Als könnte eine „begrenzte“ Umfrage derart representativ sein, daraus einen sinnvollen Artikel zu formen – der Nah am Bürger, bzw. der Realität ist. Medien Berichterstattung hat was von Pippi Langstumpf Manier (was jetzt nicht zwangsläufig) negativ gemeint sein soll (oder doch?) ..
mel
@ Julchen
Wenn du den Kunden immer als König brauchst in den du dich emphatisch einfühlen willst, dann mach eben das zu deinem Verständnis von Design. damit bist du bestimmt nicht allein. Jedoch die Grenzen zwischen Design und Kunst sind immer schon fliessend gewesen. Schau dir doch einfach mal die Redner der TYPO an. Oder schau in die Geschichtsbücher. Das Spektrum ist sehr weit und hat bei weitem nicht immer mit Kundenfragen zu tun. Bitte erspare uns eine so platte Definitionen von Design. Danke.
robertmichael
@ Besser anonym
ich glaube sowas ist teilweise leider üblich, nicht nur in der werbebranche. aber was hindert dich daran eine bewerbung samt arbeitsproben zu einer anderen agentur zu schicken um ggf. deine situation zu verbessern?
Ingo Vogelmann
Jedenfalls habe ich den Job 2003 an den Nagel gehängt, weil ich nur noch Mahnungen schreiben musste, die dann sowieso nicht mehr bezahlt wurden.
Johannes
puh…
Julchen
@mel
Platt hin oder her – es gibt keine Wahrheit, nur Perspektiven.
Auch Typografen denken an Ihre Kunden wie z.B. Adrian Frutiger – überarbeitete die Frutiger, weil die Neue besser lesbar und platzsparender ist.
till1
besser anonym: selbständigkeit ist schwierig, bei manchen agenturen ist es vielleicht nicht viel besser, bei anderen aber doch – lass dich nicht einschüchtern. wenn man kein einsiedler sprich umgänglich ist und gute arbeit abliefert, nehmen einen andere arbeitgeber gerne bzw. kunden schätzen ein auch. das sind dann halt nicht unbedingt die welt-etats, aber die braucht man auch nicht als kleine agentur oder selbständiger – weder finanziell noch um gute arbeit abzuliefern.
sei selbstbewusst!
Christoph
Nach dem Lesen dieser Diskussion wünschte ich, ich hätte etwas anderes studiert oder eben diese sinnlose Dikussion nicht gelesen.
Aber vielleicht ist es ja so einfach: Wer das Gefühl hat, in seinem Job nicht genug zu verdienen, der muss eben mehr verlangen oder sich einen anderen Job suchen.
Alle anderen Lösungen, die hier diskutiert wurden, bringen rein garnichts, bzw. sind der Sache nicht wirklich zuträglich.
Stepp
@Julchen:
Da hast du doch glatt ein Argument gefunden, was noch viel besser gegen deine These verwendet werden kann: Adrian Frutiger hat die seinen Namen tragende Schrift nicht deshalb verbessert, weil „Kunden“ ihn danach gebeten hätten, sonder weil ER SELBST es für nötig hielte.
Frei anch Henry Ford: „Wenn ich die Menschen gefragt hätte, was sie wollen, hätten sie gesagt schnellere Pferde.“
Besser anonym
„Aber vielleicht ist es ja so einfach: Wer das Gefühl hat, in seinem Job nicht genug zu verdienen, der muss eben mehr verlangen oder sich einen anderen Job suchen.“
Und genau diese eigenartige, sehr unüberlegte Einstellung ist es, warum der Mensch ausgebeutet wird. Hierzulande und in anderen Ländern noch viel extremer.
sandy kaltenborn
Erstmal schliesse ich mich Johannes an: Puh…!
Dieses ist hier erstmal mein letzter Beitrag.
Natürlich sollte man ein Arbeitsverhältnis auf Augenhöhe anstreben. Alles andere ist traurig. Ich kann nur bedingt einsehen wie es für grosse Büros ist. Für kleine ist es sinnvoll sich die 90iger Jahre nochmal anzusehen. Also den Umbau des Arbeitsmarktes, Dienstleistungsgesellschaft Hype und die entsprechenden Medialen und Politischen Diskurse. Der Spruch „der Kunde ist König“ ist älter. Aber Deutschland versteht sich nun eben auch als Dienstleistungsgesellschaft. Das muss man nicht gut finden. Und vor allem sollte man sich selber dabei nicht abschaffen im Dienste an dem Kunden oder Auftraggeber oder wie man die Menschen mit denen man was gemeinsam bestreitet auch nennen mag. So steht in den AGBs unseres Büros zb. auch das die Kunden nichts zu entscheiden haben. dann führt zwar hin & wieder zu Irritationen bei den Juristen diverser Institutionen, aber es hilft das Verhältnis so wie unser Büro es anstrebt klarzumachen.
Preise? – Wir machen nicht alles fürs Geld. Wir arbeiten auch für Leute die kein Geld haben. Das ist zum einen ein Luxus und zum anderen eine Entscheidung. Es ist auch die Entscheidung nicht viel Geld zu haben. Wenn uns was interessiert dann suchen wir mit den Leuten einen Weg wie es gehen kann. Wir legen die Karten auf den Tisch und erwarten von den Leuten die zu uns kommen das selbe. Ganz einfach. Einer der Vorteile von kleinen Büros. Einen Luxus den wir geniessen.
“Turbo-Marktwirtschaft”. Ich höre das immer wieder das dieses zu krass ausgedrückt ist. Ich halte es aber für banal. Wir leben nunmal in einem Wirtschaftssystem wo – wie schon mal hier gesagt – nicht alle Gewinner sein können.
Sorry – ich kann mich nicht hinstellen und in einem Seminar den StudentInnen sagen „ihr werdet es alles schaffen – strengt euch nur an“. Ich sage das ich es Scheisse finde das nur 25% ihren ökonomischen Weg in dieser Welt finden werden und das ich damit ein Problem habe. Punkt. Jetzt schauen wir mal zusammen wie wir damit umgehen.
Klar ist der Kapitalismus nicht immer hässlich und mit Spikes an den Ellenbogen ausgestattet. Natürlich nicht. Ich habe auch Spass. Ich hab sogar manchmal Spass an positiver Konkurrenz und Wettbewerb. So what? Man sollte sich aber auch nichts vormachen in was für einem Gesellschaftssystem wir leben. Das dieses sich nicht so schnell ändern lässt, oder das man selber damit ganz gut klar kommt sollte doch nicht dazu führen das einem die anderen und was sonst noch so in der Gesellschaft passiert egal ist.
Designbegriff: Man sollte auch einen Begriff von Gesellschaft jenseits von Markt haben – als jemand der oder die Gestaltete Dinge auf die Welt loslässt. Dieses wiederum hat nichts mit der Größe eines Büros zu tun. So teile ich viele dinge die zb Erik Spikermann von sich gibt, also wie er seinen Auftrag als Designer in der Gesellschaft versteht. Er hat einen Begriff von gesellschaftlichen Auftrag aus meiner Sicht. Darüber kann man sich dann politisch, kulturell und von Handwerk her streiten.
Es geht eben darum bei aller Markt&Geld Dominanz nicht aus den Augen zu verlieren das wir als Gestalter eine grosse Verantwortung tragen, als diejenigen, die die Welt und die Kommunikation gestalten.
Natürlich ist der Markt ein Teil der Gesellschaft, ein Teil der Öffentlichkeit geworden. Es ist auch nicht alles gleich was darüber verhandelt wird. Ich bin aber davon überzeugt das man diese Zwei polarisierend diskutieren muss um nicht alles der Verwertung zu unterwerfen. Sonst geht das was wir hier Demokratie nennen noch weiter hops. Ganz sicher.
Es geht also um einen Designbegriff der verantwortlich „Gesellschaft gestalten“ immer mitdenkt. Und dieses kann per se kein Designbinnendiskurs bleiben. Denn es kommt der Punkt wo man sagen muss in was für einer Gesellschaft man leben will. Und das ist ja bekanntermassen eher eine gesellschaftspolitische Frage. Man sollte aufhören zu Glauben man könnte Designfragen und Lebenswelt-Fragen trennen.
Alles Gute
sandy Kaltenborn
HD Schellnack.
Danke Sandy!
Etwas schade, dass Johannes sehr feiner und großzügiger Text irgendwann nach zig Posts in sein Gegenteil gewendet wird und von «Groß» gegen «Klein» geredet wird und eine seltsame Neiddebatte losgeht. Wir haben einen tollen Job, wir können viel bewegen, wir haben durchaus auch die Verantwortung, dass zu tun – und ganz pragmatisch hat Johannes Recht, dass die ganze Fairnessdebatte über Gehälter und Bedingungen nun mal beim Honorar anfängt. Und das an diesem Punkt, wie auch immer man das konkret umsetzen will, eine Wertedebatte ansetzt – qualitativ oder quantitativ, Wert im Sinne von «Wertschöpfung» oder durchaus auch Werte wie die grundlegenden gesellschaftlichen Werte, an die Sandy uns erinnert. Das geht anderen Branchen genauso – was aber kein Grund sein sollte, den Gang der Dinge fatalistisch hinzunehmen, ebensowenig wie die Antwort Verdrängungswettbewerb sein kann.
Ich denke da viel an den großartigen Typo-Vortrag von Clemens, an Sandys exzellenten Vortrag, aber auch an viele andere Designer… die meisten von uns allen sind meinungsstarke Überzeugungstäter, leidenschaftlich und engagiert, perverse Optimisten (schon rein beruflich), Change Agents. Da frag ich mich: Wenn uns was stinkt, warum pack’n wirs nicht an? In der Zeit, die wir hier quasseln (von der Zeit zwischen der Typo, wo Jo und Erik, Anschlaege und Florian Pfeffer ja ganz ähnliche Anstöße gegeben haben), hätte man doch auch mal ganz konkret was tun können…
Um dem Ganzen also vielleicht mal einen anderen Drall zu geben (in der sinnlosen Hoffnung, dass das geht)…
Wie würde man am besten – ganz pragmatisch – die Wertschätzung für unsere Arbeit und damit die Honorierung verbessern? Kriegt man da einen Minimal Consent hin, auf den sich alle einigen könnten? Was handfestes?
Wie kriegt man im Alltag auch unter finanziellen Druck Lösungen für die vier fünf sehr konkreten Probleme hin, die unseren Alltag prägen (Unterhonorierung, evtl. bizarre Pitches, Konkurrenzsituationen uswpp).
Was kann jeder selbst dafür tun?
Was könnte man gemeinsam (iiiiirgendwie halbwegs organisiert) eventuell tun – ganz konkret und wahrscheinlich ohne allzu großes Budget?
Ich fänd wirklich supercool, wenn wir wieder mehr auf eine solche «lösungsorientierte» (hust, sorry) Schiene kommen, weil Jammern und Dissen ja absolut 300% superunterhaltsam und auch sehr reinigend ist, aber mir irgendwie mein grundsätzlich vollpositives Bild von Designern als Lösungsfindern und Optimierern und Enthusiasten usw. verhagelt :-D.
Traut sich jemand?
HD Schellnack.
Ach so, PS:
Ich frage das nicht provokativ-klugscheißernd.
Sondern eher, weil ich selbst auf diese Fragen keine ganz solide Antwort hätte – man wurstelt sich halt durch – mir aber wirklich gern eine wünschen würde. Und weils vielleicht toller wäre, über Lösungsideen (egal wie wirsch) zu plaudern als immer über die (sameoldsameold) Probleme.
Also bitte nicht falsch verstehen…!
Vroni
@ HD Schellnack
Das mit der Neiddebatte habe ich nicht gehört. Was soll das, die Tatsache, dass es eben Stars und Kleine gibt, mit diesem Unwort der Neoliberalen abzuqualifizieren. Ich habe nur den Eindruck, dass was Honorar betrifft die Stars eben erst vor kurzem aufgewacht sind (ist doch prima endlich), der Rest jedoch schon länger.
Und ja Sandy, natürlich soll man nicht alles nur nach kommerzieller Verwertbarkeit betrachten. Das ist aber kein Grund, in seinem Beruf vernünftig bezahlt werden zu wollen. Wer nur pro Bono und Kulanz macht, wird halt nicht rumkommen. Er wird deswegen die Gesellschaft nicht verändern können, weil er schon vorher pleite ist.
___________
Generell
Dissen und zerreden.
Ich mag nicht, das jedwede Analyse oder Kritik gleich als Dissen und Unfähigkeit zur Problemlösung ausgelegt wird. Ich habe übrigens als einer der Wenigen Lösungen aufgezeigt, nur schmecken tun sie eben anscheinend kaum: Designverbände: endlich zusammnschließen, der Einzelne: besser positionieren, Spezialistsein, Design nicht als Deko verstehen, den ROI für Design belegen.
Aber natürlich wird z. B. Letzeres sofort von HD Schellnack zerredet. Ersteres als Turbokram zerredet.
In Bayern sagt man da: „Ach geh mir den Frack nauf!“
:-) So long alligators und machts gut miteinander, bin jetzt off, gebs auf. Wer mit mir einzeln weiter diskutieren will, kann mir ja mailen.
HD Schellnack.
Vroni, dich hat ich nicht gemeint – ich hab dich vom Sommer noch als guten Input-Geber vor Augen. Designverbände zusammenschließen oder neu, Positionierung – find ich alles richtig.
Und Zerreden von Ideen find ich erst mal gut, solange man nicht persönlich oder dogmatisch ist. Ich find diese Effizienzdebatte persönlich halt inhaltlich und pragmatisch in jeder nur denkbaren Hinsicht für gefährlich, lass mich aber supergern vom Gegenteil überzeugen. Das Ideen durch ein Säurebad müssen ist aber doch normal und auch ganz okay. DInge müssen sich halt beweisen.
Also, bitte nicht angegriffen fühlen – ich wollte ohnehin niemanden persönlich angehen (warum auch) und dich sicher gar nicht. Sorry, wenn das so ankam, war keineswegs so gemeint. Mich würde halt nur freuen, wenn aus dem an sich ja spannenden (und oft ja auch sehr klugen) Hin und Her solcher Threads dann irgendwann etwas… greifbares käme. Wäre einfach eine schöne Sache, oder?
raban ruddigkeit
it’s the economy, stupid.
die diskussion hier ist überfällig und richtig. aber sie wirkt auf mich noch immer sehr rückwärtsgewandt. ich denke dabei sofort an den grandiosen vorspann in sagmeisters »made you look«, in dem er aufzeigte, wie kurz die existenzspanne des grafik-berufsbildes überhaupt ist.
und das führt einen dann auch zu dem ford´schen bild der pferdekutschen, die verdammt noch mal schneller werden sollten. und wir erinnern uns, dass es auch mal jede menge hufschmiede gab. oder schäfer, oder gobelinhersteller …
es geht ja eigentlich nur um ein einziges thema; wo ist das geld? und dazu fehlen nachvollziehbare erlös-modelle für unseren berufsstand. interessengruppen und gewerkschaften bleiben griffige antworten noch immer schuldig. und erst recht niemand weiß, wohin die copyright-reise gehen wird.
doch auch die auftrageberseite sucht seit jahren nach neuen modellen der honorierung. sie sprechen von risiko- und erfolgsbeteiligung. und dabei fällt einem mal wieder auf, dass jeder andere kreative berufszweig anders funktionierende bezahlsysteme hat. der komponist ist ebenso wie der sänger an seiner radioveröffentlichung beteiligt. der autor verdient an der auflage seiner bücher und hat vielleicht sogar das glück, seine filmrechte nach hollywood zu verkaufen. und – herrgott – sogar ein illustrator ist am abdruck seines motives beteiligt.
warum gelingt das grafikdesignern noch immer nicht? und ist das nicht der punkt, an dem wir ansetzen müssen?
Volker
Da steht die Grafikbranche nicht Alleine da.
Stellt sich die Frage wie der Weg aus dieser Krise (Wir verdienen zu wenig) aussehen mag. Ich habe mich schon für die Putzstelle unserer Diplom-Reinigungsfachkraft beworben.
Christian
Ich habe den Artikel gestern gelesen und er ist mir lange im Kopf rumgegangen. Ich bin seit vielen Jahren im Designbereich tätig, 3 davon selbständig und neben Skills, Enthusiasmus, Netzwerken fehlt mir (und das habe ich bei den meisten Kollegen/Konkurrenten festgestellt) das Verkaufsgeschick: geht es um Preisverhandlung wirds schwierig! Ich glaube, hier liegt die größte Krucks allgemein: Der eigene Fokus wird häufig mehr auf die Gestaltung (Programmbeherrschung + Tricks + Technik) als auf den Verkauf im Sinne von „Vermitteln,-was-meine-Dienstleistung-konkret-umfasst,-welchen-Nutzen-mein-Gegenüber-davon-hat-und-zu-welchen-Konditionen?“. Ausgebildete Designer sind keine Verkäufer per se, die erfolgreichen aber wohl schon?! Häufiger scheint mir aber nur auf das fertige Endprodukt geachtet zu werden anstatt auf die „Leistung“, die dieses erst zustande kommen lässt (das zumeist eine ZUSAMMENarbeit Designer-Kunde ist).
Ich fahre z.B. mit der Strategie gut, meinen Kunden klarzumachen, daß es mit dem reinen Gestalten einer Drucksache nicht getan ist, sondern dazu die Betreuung, Absprachen, Kommunikation etc. gehört. Die meisten verstehen das auch. Es ist aber eine leidvoll erlernte Erkenntnis, die mir zumindest nicht im Studium und bei den ersten Jobs vermittelt wurde: unternehmerisches „Verkaufsdenken“ entscheidet! Ich glaube, daß das nicht optimal ausgebildete Verkaufgeschick/-bewußtsein genau den Designern fehlt, die sich wortreich in Diskussionen um Gehälter/Preise etc. beteiligen (siehe meinen Beitrag ;-)).
Eine anregende Diskussion, bin gespannt auf die nächsten Einträge.
Oliver
Ich muss hier noch mal den Gedanken «Transparenz und langfristige gemeinsame Ziele/Regeln/Rules of Conduct» von HD aufgreifen. Fakt ist jawohl, dass sich hier in mehr oder weniger regelmässigen Abständen das gleiche Bild zeigt: Ein Artikel spricht die Rahmenbedingungen der Branche an und ein und der selbe Sturm bricht abermals in den Kommentaren los mit wieder und wieder den gleichen Äusserungen und Forderungen. Aber was passiert? Nichts.
Es wird gemeckert über die Preise für Design-Leistungen, die Pitches, die Auftraggeber. Gleichzeitig seh ich die unendliche Liste der Anzeigen für Praktikumsstellen. die gar nicht oder – milde gesagt – unter aller Sau bezahlt sind (<400) und ebenso nichts anderes sind als der Ausdruck eben genau der gleichen Haltung, die hier an den Auftraggebern so vehement kritisiert wird. Wenn wir unter dem Preisdruck all die Strategien unserer Auftraggeber adaptieren, werden wir auch wenig Mitgefühl und Verständnis treffen. Und Glaubwürdigkeit verlieren.
Mit Veränderung sollen wohl immer erst die andern anfangen. Für mich sieht der erste Schritt völlig einfach aus: Jeder fängt an, die Regeln unseres Wunschmarktes für sich zu definieren. Optimalst wäre wohl, wenn man diese Gedanken sammeln und diskutieren würde (Wiki?) und Stück für Stück konkrete und allgemein akzeptierte Regeln daraus destiliert. Ich denke da immer an das Stichwort freiwillige Selbstverpflichtung. Ein Design-Max Havelaar. Der Markt braucht verständliche Zeichen, die er mit Qualität, Fairness oder was auch immer konnotiert. Sowas lässt sich kommunizieren, als Entscheidungskriterium etablieren. Besonders, wenn es unabhängig wäre, aber dennoch von allen Branchenverbänden mitgetragen würde.
Jedenfalls: Nicht jammern. Handeln, Resultate schaffen.
till1
ich weiß, dass es fast unmöglich ist und diejenigen, die für sich vorgehensweisen entwickelt haben, werden sie vielleicht ungern teilen, aber mal ein erster vorschlag:
ein qualitätsmanagement für design, mit dem man (zumindest teilweise) dem auftraggeber dokumentieren kann, dass design nicht aus „spritzigen und pfiffigen ideen“, sondern aus systematischer recherche, analyse und entwurfsarbeit besteht.
bei der zertifizierung von dienstleistungsprozessen sollte sich doch einiges abschauen lassen – auch wenn ein qualitätssiegel nicht wirklich vorstellbar ist, so kann man doch bestimmt einiges für die eigene arbeit lernen lassen.
das ist angesichts der vielfalt des berufs eine mammutaufgabe, aber in anderen branchen kann eine DIN-Zertfizierung durchaus ein auswahlkriterium bei auftraggeben sein.
denkbar ist das in unterschiedlichen ausprägungen:
von der sauber strukturierten präsentation, die man als individueller designer macht, bis zur „siegelverleihung“ dritte hilft es sicherlich irgendwie.
ich denke, bei den erfolgreichen büros wird eine saubere argumentation üblich sein – aber wenn ich mich so umgucke, scheinen doch sehr viele grafiker ihre entwürfe dem auftraggeber nach dem motto „friss oder stirb“ hinzuknallen – ohne erstmal aufgabe und ziel zu reflektieren. was wenig dazu beiträgt, dass design als intellektuelle tätigkeit verstanden wird.
ubloc
@ till
Gute Güte! Ich bin froh, dass ich mich als Grafik-Designer noch weitestgehend in einem gütesiegelfreien und unzertifizierten Umfeld befinde (abgesehen von Normen und anderen technischen Rahmenbedingungen, die ich in der Gestaltung von Produkten für Auftraggeber zu berücksichtigen habe).
Davon abgesehen, mal ehrlich, es gibt auch Geistesblitze, hervorragende Ergebnisse, die sich bestenfalls künstlich konstruiert rückwirkend dokumentieren lassen, als Lösungsvorschlag einer Auftragserteilung aber trotzdem absolut auf dem Punkt landen (auch aus Sicht des Auftraggebers).
Ich bewege mich gerne in einem freien Marktumfeld und unterliege den Gesetzen von Angebot und Nachfrage, bekomme die Kunden, die mit der Qualität, die ich liefere zufrieden sind und den Preis, den ich fordere, auch zu bezahlen bereit sind.
Ich habe auch nichts gegen Grafiker, die Ihren Auftraggebern ihre Entwürfe ›friss-oder-stirb-mäßig‹ hinknallen. Auf jeden Topf passt ein Deckel. Wenn er der Auftraggeber dort angemessen versorgt fühlt, soll’s mir recht sein. Sieht er sich dort unangemessen behandelt und ist mit dem Ergebnis unzufrieden, wird er woanders hingehen oder — im besseren Fall — mit dem Designer über dessen Vorgehensweise sprechen und es gibt die Chance etwas zu lernen. Für Beide.
Ich muss sagen, dass mich der Organisationsdrang der Design-Branche eher abstößt. Kann aber auch daran liegen, dass mir programatisch da bisher noch nichts begegnet ist, wo ich mich wiederfinden kann. Die Diskussion verfolge ich dennoch interessiert und ich würde auch nicht ausschließen, dass ich das nochmal anders sehen werden. Grundsätzlich schätze ich es, wenn Dinge in Bewegung bleiben.
till1
@ubloc: soweit wie eine zertifizierung kann es gar nicht gehen, es gäbe ja auch niemanden, der alles sachgerecht und absolut beurteilen kann.
gerade das visuelle hat ja seine eigenen spezifischen eigenschaften, aber vielleicht kann man sich trotzdem argumentations- oder bewertungsstrategien aus anderen disziplinen inspirieren lassen. wie das ja auch bereits gemacht wird im hinblick auf semiotik & co.
entwürfe nachträglich mit einem konzept zu versehen, find ich zwar ebenfalls bedenklich – andererseits sollte man aber versprachlichen können, was an dem einen entwurf gut ist, was an dem anderen schlecht ist.
moodboards und „visuelle leitbilddiskussionen“ sind ja eigentlich erst der anfang, aber designdiskussionen mit laien müssen in deren sprache geführt werden – nicht in unserer. oder man muss dem laien erst soviel erklären, dass er nicht nur die bewertungskriterien an sich versteht, sondern auch unsere gewichtung der bewertung.
auf der anderen seite muss man zugeben, dass wir uns sehr häufig von (rhetorischer) visueller eloquenz beindrucken lassen und diese dann als wichtigste bewertungskategorie annehmen, d.h. manchmal ist der formal gelungenste entwurf schlechter als der etwas langweiligere mit dem richtigen konzept.
wenn der auftraggeber aber ein ignoranter idiot ist, der sein leben lang mit scheuklappen durch die gegen läuft (und das beziehe ich nicht unbedingt auf das visuelle, sondern das intellektuelle), dann hilft das natürlich auch nichts mehr. da muss man dann auf empathische weise versuchen, dem auftraggeber den für ihn besten entwurf unterzumogeln.
aber dieses muss dann doch jeder für sich selber schaffen, sich dahin weiterzuentwickeln.
ein anderer aspekt ist die gesamtwahrnehmung der branche. ein interessantes beispiel sind unternehmensberater: deren beruf ist gar nicht so furchtbar spektakulärer als unserer, ja teilweise gar nicht so aufregend – aber beratungen haben irrsinnig viel mühe und geld investiert, (zur öffentlichkeit hin) ein traumbild des berufs und (zur auftraggeberseite hin) einen mythos des absoluten expertentums zu zeichnen. was bei manchen sicherlich zur self-fulfilling prophecy geworden ist.
ich habe meine vorbehalte gegen diese branche, aber wir als experten des visuellen und der kommunikation schaffen es nicht, unseren beruf aus dem klischee des „armen künstlers, der ab und an witzige ideen hat“ herauszuheben.
till1
p.s.
vielleicht wäre der erste schritt sogar, dieses selbstmitleid abzulegen und viel frecher zu werden.
(auch wenn ich gerade schätze, dass viele berufskollegen angenehm auf dem boden der tatsachen geblieben sind.)
Benjamin
dem ist nicht hinzuzufügen. danke für diese worte.
Micha
Ich bin selbständiger Grafikdesigner und möchte zu dem Thema auch gerne ein paar Worte loswerden.
Erst einmal vorweg, der Beruf des Grafikdesigners ist ein Beruf wie jeder andere auch. Es handelt sich um keine einzigartige Schneeflocke mit irgendwelchen Sonderkonditionen. D.h. wirtschaftliche Faktoren verlangen von diesem Berufsfeld auch Kompromisse.
Jetzt kommt das ABER:
Viele „Grafik-Designer“ oder „Kommunikations-Designer“ (bzw. die sich als solche bezeichnen) und über Stundensätze wie z.B. 60€ bis 80€ schimpfen machen Ihre Arbeit schlichtweg als Hobby. Denn Jeder der nicht noch zu Hause wohnt, Zuschüsse von Mama und Papa bekommt, seine Miete Zahlen Muss, Energie, Wasser, Strom, Krankenversicherung, Hausratsversicherung, Rechtsschutzversicherung, Rentenversicherung, KFZ-Versicherung, KFZ-Steuer, Abwasserabgaben, Steuerberater, Essen und Trinken bezahlen muss weis:
Der Stundensatz ist mehr als berechtigt. Selbst der gerne aufgeführte „Nutzungsausgleich“ (siehe AGD und BDG) ist absolut legitim. Ansonsten muss es so laufen, dass der Stundensatz erheblich gesenkt wird aber im Gegenzug der Auftraggeber einen Großteil der laufenden kosten übernimmt.
Wieso sollte ein Klempner bzw. der Lehrling (aktuelles Beispiel) für den Austausch einen Rohres unter dem Waschbecken (ca. 1 Stunde Arbeit) 300€ kassieren? Ganz klar, weil die äußeren Wirtschaftlichen Bedingungen so teuer geworden sind, dass man ohne diese Honorare in der Armut landet. FAKT.
Das selbe gilt auch für einen Grafikdesigner. Die Lebenserhaltungskosten sind in das unermessliche gestiegen, dass einzige was der Designer machen kann ist, diese Kosten an den Kunden weiter zu geben. Das ist nicht böse gemeint und der Designer verdient sich dabei keines Wegs eine goldene Nase.
Lange Rede kurzer Sinn. Grafikdesigner die mit wesentlich niedrigeren Stundensätzen arbeiten als wie es für diese Berufsgruppen festgelegt wurde, kann dies nur als Hobby ausführen. Das schlimme ist nur, dass dieses Hobby evt. zwei weiteren Designern (durch Lohndumping) vielleicht noch den Job/Existenz kostet.
Schöne Grüße,
Micha
hobbystatistiker
Den STERN scheinen ja die Zwergenaufstände hier nicht zu interessieren, kennt er Fontblog überhaupt?
Aktuell heute auf der Seite 1 des STERN online die nicht überarbeitete Klickstrecke zum Gehaltsreport. Ganz frech schon wieder drin: die angeblichen Supergehälter der Designer (angeblich plus 85%)
Link:
http://www.stern.de/wirtschaft/arbeit-karriere/karriere/der-stern-gehaltsreport-100-berufe-wer-verdient-wie-viel-1533752-df50766634c82066.html
Wer wollte noch mal bei STERN anrufen?
Alexander Dimolaidis
@micha: Schätzungsweise gäbe es dann solche Phänomene wie Crowdsourcing gar nicht. Aber kann man ja auch als Chance sehen. Heutzutage muss man sich eben immer und bei jeder Kleinigkeit hinterfragen, ob das was der Kunde bekommt das Mehr an Geld wert ist.
Josh
Der BDG stellt die absurde Stern Gehaltsstudie richtig und siehe da: Designer verdienen lächerlich wenig.
http://www.bdg-designer.de/
Volker Groß
Wir haben uns für folgenden Brief an unsere Kunden entschieden:
Sehr geehrte Damen und Herren,
in letzter Zeit mehren sich bei unseren Kunden die Befürchtungen, dass Beratungs- und Design-Leistungen kostenpflichtig sind.
Wir finden das ungeheuerlich. Es ist doch ein Hygienefaktor, dass unsere Beratung und Kreation nahezu 24 Stunden zur Verfügung stehen, Termine auch mit 2 stündigem Vorlauf kurzfristig/sofort erledigt werden, ganztägige Briefing-Termine reiner Spaßfaktor sind. Das darf doch nichts kosten. Also ehrlich.
Sie berechnen doch auch nicht Ihre Software, Ihre Beratungs- und Dienstleistungen, oder? Wir möchten Ihnen da jetzt auch entgegen kommen. Wir sind jetzt ein eingetragener Verein für IT-Beratung und Kreation, um bedürftigen Unternehmen in der existenzbedrohten IT-Branche unter die Arme zu greifen.
Als Verein haben wir uns für das Modell
Mo-Mi: 9.00-10.30 Uhr, nachmittags nach Vereinbarung
Do: 9.00-14.00 Uhr entschieden.
Blackberry-Dienste stehen ab sofort nicht mehr zur Verfügung, einfach zu teuer, Sie verstehen das.
Sollten Sie Termine vor Ort wünschen, kommen wir gerne innerhalb von 14 Tagen.
Sie sehen – kostenlose Leistungen und ganz super Erreichbarkeit schließen sich nicht aus. Unsere Junior-Berater Herr Elias Könen und Frederick Lück freuen sich auf Ihren Anruf innerhalb der o.g. Kiga-Öffnungszeiten.
Viele Grüße und auf ein erfolgreiches 2010 – ganz im Sinne.
Was nichts kostet, wird richtig gut!
Mit freundlichen Grüßen …
Evelongts
Tja, soeben haben wir wieder eine Absage eines Kunden bekommen:
Wir kommen hiermit auf Ihren Kostenvoranschlag vom 02.02.2010 und unsere zwischenzeitliche Kommunikation zurück.
Ihre Darstellung in unserem gemeinsamen Gespräch am 01.02.2010 und die Qualität Ihres Angebotes haben einen nachhaltig positiven Eindruck bei uns hinterlassen. Es ist allerdings so, dass wir aufgrund unseres sehr knapp bemessenen Budgets den Kostenaspekt bei der Auswahl des Anbieters in den Vordergrund schieben mussten. Die Gewichtung dieses Kriteriums hat schließlich zu einer Entscheidung für einen anderen Anbieter geführt.
Wir bedauern, Ihnen keine bessere Nachricht übermitteln zu können.
Nochmals vielen Dank für Ihren Besuch bei uns im Hause und die Ausarbeitung des Angebotes.
Was soll man dazu noch sagen. Seit November drehen wir die Preisschraube kontinuierlich herunter und sind immer: zu teuer. Ich überlege ernsthaft nach 6 Jahren freiberuflicher und selbstständiger Berufstätigkeit jetzt das Handtuch zu schmeißen. Die Situation wird in den nächsten Jahren sicher nicht besser…
Uwe Borchert
Hallo,
vorab eine Anmerkung: Ich bin kein Gestalter sondern Naturwissenschaftler (MINT) und dadurch auch technischer Redakteur und Illustrator. Typografie ist ,,nur“ ein kleines Hobby. Aber auch als Aussenstehender kann man sich ein Bild über die Branche machen.
Punkt 1: Bereits 2003 oder 04 sind mir in den Medien Bericht über den Mangel an qualifizierten Infografikern aufgefallen. Das war im Focus und garniert wurde das ganze mit fehlerhaften Diagrammen (vergessene Achsenbeschriftungen!). Der Sinn dieser Lügenmärchen ist einfach! Treibe viele Schweine auf dem Markt und sie werden billig. Das gleiche wird auch mit den Studenten in den MINT-Fächern gemacht. Da kommen auf eine real zu besetzende Stelle etwa 10 Absolventen.
Punkt 2: Die Grafiker in meinem Freundeskreis können von existenzsichernden Stundensätzen nur träumen. Hier in Karlsruhe sind 70 Euro/h bei einer 2/3 Auslastung etwa existenzsichern. In München braucht ein Grafiker locker das doppelte. Diese Rechnungen unterscheiden sich nicht im geringsten von denen eines freiberuflichen Programmierers oder Hardware-Entwickler. Real liegen die Stundensätze irgendwo zwischen 30 und 40 Euro. Ich besuche regelmäßig die Ausstellungen an den Hochschulen in der Gegend (KA, PF) und finde dort an den schwarzen Brettern Ausschreibungen für Grafiker mit 15 bis 25 Euro Stundensatz. Diese Stundensätze findet man auch an den schwarzen Brettern der Unis für freiberufliche Programmierer.
Die Problematik ist nicht auf Eure Branche beschränkt. Es handelt sich um ein generelles Problem und der geringe Organisationsgrad (z.B. in der Gewerkschaft) ist eine der Grundlagen dafür.
http://medien-kunst-industrie.verdi.de/
In der Mitgliederzeitschrift Publik war vor einiger Zeit ein Interview mit Adrian Frutiger. Damit sind wir wieder On Topic und ich beende meine Propagandatätigkeit.
MfG
EuropaDruck
Ein äußerst interessanter und dazu sehr glaubhafter Einblick in die „wirkliche“ Welt des „Modeberufes Grafikdesigner“ und dessen Perspektiven. Vielleicht öffnet er gerade dem einen oder anderen jungen Menschen ein wenig die Augen, der mit dem Gedanken spielt Grafikdesigner zu werden.
Sicher ist der monetäre Aspekt nicht alles aber er ist auch nicht zu ignorieren – oder? Und wie sicher ist der Beruf? Das Dilemma der Grafikdesigner, spiegelt die Gesamtsituation der grafischen Industrie sehr gut wieder.
In einer relativ kleinen Branche, wie der Druckindustrie, darf man bis zum Jahr 2015 davon ausgehen, dass es ca. 2.000 – 2.500 Druckereien weniger geben wird als heute. Nicht zuletzt die Grafikdesigner werden dieser „Marktbereinigung“ zum Opfer fallen. Das sind die Realitäten und nicht etwa so genannte „Marktstudien“, die gerade einmal auf 20 – 30 befragte Unternehmen basieren.
Marco Kolditz
Ein sehr interessanter und wahrer Artikel, den ich sofort unterschreiben würde. Design (wohlgemerkt gutes, professionelles Design) muss mehr geschätzt werden. Auftraggeber müssen ein Verständnis dafür entwickeln, was für eine Arbeit und Zeit hinter guter Arbeit steckt – wie viele Jahre Erfahrung. Es wird sicher noch eine Weile dauern, bis dies wirklich einmal Realität wird – eventuell wird es aber auch nie dazu kommen. So ist es doch an jedem einzelnen Designer, Fotograf, Kreativen seinen Weg zu finden, sich zu vermarkten und seine Arbeit auch transparent, seriös und bestimmt darzustellen und zu verkaufen. Ich glaube daran, dass der Trend wieder aufwärts gehen wird. In diesem Sinne!
K. E.
Das ist eine Lüge. Sie verdienen mehr als je zuvor – sie kriegen’s nur nicht, das Geld.
Melanie Kerschb.
Wie soll es denn auch anders sein; wenn zum Beispiel ein Grafiker – hier meine ich einen speziellen Fall aus Klagenfurt – bei der Ausschreibung um die Gestaltung einer Broschüre mitmacht, in der Preisgestaltung unterboten wird, darüber zu Recht jammert, aber andererseits beim Unterricht am WIFI erzählt, dass er gerade einen Auftrag an Land gezogen habe, bei dem er dem Auftraggeber die gleiche Druck- und Papierqualität zum halben Preis angeboten habe, da er den Druckauftrag in die Ukraine ausgelagert habe, wo es eine neue Druckerei gebe, die moderner sei als alle Druckereien in den alten Industrieländern zusammen?
Zuerst das Gejammere über die Preise, die für einen selbst nicht mehr zu erzielen sind und danach eine Outsourcing- Maßnahme, die auch noch den eigenen Druckereien die Preise zerstört; bei solcherlei Ignoranz den eigenen Firmen gegenüber braucht sich niemand darüber wundern, wenn die Lohn-Tendenz überall nach unten zeigt!
Pongratz
Ob’s die Druckerei noch gibt? Wenn nicht, wird das Murksel bestimmt mit unseren Pensionsvorsorgen zum Wiederaufbau beitragen. Schließlich müssen die Heidelberger einiges Material los werden, hehe.
Franca wird immer kranka (das Dialekt-a ist im Deutschen durch "er" zu ersetzen!)
Sehe das Problem auch bei Firmen, die übers Internet ihre Angebote ankündigen, zu günstigsten Preisen Grafiker einkaufen, weil die halt nur noch so dahin knabbern und froh sind, dass sie überhaupt noch das eine oder andere Mal an etwas Geld kommen, wobei uns solche Angebotsforen wie Elance, die Firmen und Grafiker zwar weltweit zusammenbringen, dafür aber auch sorgen, dass dutzende Leute an etwas arbeiten, dann halt nur einer die gesuchte und von ihm ausgestaltete Arbeit verkaufen kann, den Rest geben – und das meistens zu nur noch einem sechstel des Preises von noch vor zehn Jahren, wobei Elance immer schön mitverdient; noch dazu bei jedem abgewickelten Auftrag, was heißt, dass Grafiker zwar manchmal an Aufträge kommen, weiter hungern müssen, die Erschaffer von Elance aber reich werden, weil es ja tausende solcher angemeldeten Graphiker in diesem Verkaufsforum gibt, die dort zu Hungerlöhnen von oft reichen, renommierten internationalen Firmen bewusst ausgebeutet werden.
Franca wird immer kranka
… kränker …
ist im Deutschen damit gemeint!
Beanka Gouashe
Ein sehr sehr guter Artikel! Ziemlich auf den Punkt gebracht!
„In meinem Büro werden Gehälter für Designer zwischen 2.200 Euro (für Berufseinsteiger, die nach Beendigung des Studiums in der Regel noch einiges dazulernen müssen, um im Designalltag bestehen zu können) und 4.500 Euro (für verdiente, selbstständige Kräfte mit einigen Jahren Berufserfahrung) bezahlt. Der Schnitt liegt wohl bei etwa 3.200 Euro.“
– Damit bist du schon eher einer, der seinen Mitarbeitern sehr gut bezahlt! Leider sind solche Gehälter in heutigen Agenturen (ich selbst arbeite in einer kleinen Werbeagentur) selten. Der durchschnitt liegt eher bei 2.300-2.500 Euro, für BErufseinsteiger so um 1.800, und das Praktikum wird oft gar nicht bezahlt.
Tobias Müller
Wohl der wichtigste Artikel im deutschsprachigen Raum. Die aufgezeigten Fakten sind wohl eine Auswahl der traurigen Stellschrauben, die unsere Designlandschaft austrocknen lassen. Es geht um Angst. Existenzangst. Diese – wohl facettenreich ausgeprägt – bestimmt auch Denken und langfristiges Handeln von Kreativen. Wieviel „Wert“ hat meine Arbeit, durch die sich nun mal nicht wenige Designer definieren. Wieviele gestalterische Rohdiamanten wollen sich nicht auf diese kaltherzige Maschinerie einlassen? Welche Zahnräder des Systems bieten junges Designern heute Möglichkeiten zu selbstbewussten Persönlichkeiten heranzuwachsen?
Johannes Erler – mittlerweile Art Director beim Stern (Gratuliere hierzu an dieser Stelle) – lebt vor, wie es funktionieren kann. Durch Transparenz, Mut, Optimismus. Doch sind die Faktoren und Erfahrung schier obermächtig und halten auch mich davon ab, mich zu 100% auf eine akademische Laufbahn als Gestalter einzulassen. Momentan gibt es aus meiner Sicht zu viele Kompromisse die man eingehen muss, um das eigene Lebensmodell auch nur annähernd zu realisieren. Ein Design-Studium ist wesentlicher und wichtiger Freiraum bzw. Spielplatz, um Gestaltern einen Nährboden zu schaffen. Doch nach 5 Jahren Studienzeit und 3 Jahren Reise nach Jerusalem durch die Agenturen dieser Welt – besteht nicht die große Gefahr wieder an der gleichen Stelle zu stehen, an der wir heute stehen? So eine Zeit lässt nicht nur einen Charakter wachsen, sondern auch seine Ansprüche – haben wir als Land Ressourcen um allen Johannes Erlers der nächsten Jahre eine Stelle zu bieten, in der man sich in kulturellem Diskurs mit fokusierten Kanälen der Kommunikation beschäftigen darf? Oder meinen Medien, wenn sie einen zu erwartenden Boom der Branche prognostizieren, dass wir mehr Leute brauchen, die Nonsens-Apps produzieren und Datenbanken für den Vertrieb von Smartphones generieren? Design ist wie erwähnt ein großer saugender Schwamm. Der Begriff wird inflationär verwendet und desto mehr man in die Welt von „gutem Design“ eintaucht, desto klarer wird, dass man sich in einer Subkultur bewegt. Ich will nicht sagen, dass gutes Design von der Masse nicht verstanden wird, aber ich spüre dass es ihr auch nicht fehlt – zu viele Menschen es nicht vermissen.
So bleibt die Entscheidung für Mut, Idealismus & Bescheidenheit oder rezeptionsstarkem Vertrieb, Schaffen von virtuellem Karies und dem weiteren Befeuern des Konsums.
Deike
Leider ist es sogar Gang und Gebe das Designergehälter bewußt niedrig gehalten werden. Berufseinsteiger werden mit Praktikas gelockt und bekommen danach einen Hungerlohn trotz maximalen Einsatz und etlicher Überstunden. Eine Frechheit, betrachtet ma was wir tagtäglich leisten und aus unseren Gehirnen kramen. Wo soll das hinführen?
Tom
Sie sprechen mir aus der Seele! Heute bin ich zufällig auf eine Ausschreibung über twago gestolpert, da stand doch tatsächlich:
Budget: 800 €
Also wirklich… was glauben die Leute eigentlich? Eigentlich eine Beleidigung, so eine Anfrage überhaupt aufzunehmen! Wie überall verkommt professionelles Grafik-Design immer mehr zur Ramschware; die Branche wird begraben und Portale wie twago helfen beim Schaufeln noch kräftig mit… Wirklich traurig.
Alf
Auch wenn der Artikel von Johannes Erler nun gut drei Jahre alt ist, hat sich nichts geändert – im Gegenteil, es wird von Jahr zu Jahr übler. Ich denke, es gibt klare Fakten, die beim geneigten Betrachter den Eindruck erwecken, dass unserem Berufsstand als Vollprofi die Totenglocken schon von weitem leuten. Warum gibt es denn Ausschreibungen, wie die vorab von Tom angeprangerte? Weil es genügend von uns gibt, die für diese pekuniäre Lachnummer arbeiten, um dem Ausweichjob als Kneipier oder Taxifahrer (durchaus ehrenwerte Jobs) noch ein wenig länger zu entkommen. Alle schreien über Wettbewerbe, wie sie gern an Designschulen aushängen, in denen z.B. Großbrauer ein neues Etikettdesign für 2.000 EUR ausloben, aber mitgemacht wird doch.
Es hilft nicht zu jammern, denn letztendlich sind es die Veränderungen in der Branche (ich habe die guten 90er noch mitgemacht), die zum langsamen Niedergang (und vielleicht Bereinigung?) führen werden. Denn – es gibt einfach zuviel Angebot auf dem Markt. Die Inflation von privaten Ausbildungsstätten, die den superhippen Job des Grafik-, Web- und „was mit Werbung“- Experten tausendfach für viel Geld ausbilden plus den unzähligen Mediengestaltern führen einfach zu einem Überangebot. Logischerweise verdingen sich die Leutchen dann gern für z.T. unter 10,-/Std. und der Kunde nimmts gern. Und wenn der Kunde die Preisbremse drückt müssen die Agenturen natürlich mitziehen und springen auf den prekären Zug auf. Und es gibt genügend junge Kollegen, die gern für 1.500 brutto und 13 Stunden-Tage supercool sind, ganz abgesehen von den unzähligen Praktikumssklaven. Ich bin der festen Ansicht, dass wir uns in einer Entwicklung befinden, wie sie die Druckindustrie schon in den 80/90ern erlebt hat, in denen ganze Berufszweige wegbrachen (wer kennt noch Retuscheure und Druckformhersteller), hinzu kommt die oft himmelschreiende Beratungsresistenz und Ignoranz vieler Kunden, denen gutes Design schlicht egal ist und – „ein Logo für 150,- aus dem Internet tut´s doch auch“
Ein trauriger Abgesang für einen geilen Beruf!
Sasha
Hallo Johannes. Erstmals vielen Dank für die Beschreibung dieses Falles, aber ist das heutzutage immer noch so? Denn Ich habe vor ein Grafikdesigner zu werden, da mir dieser Beruf sehr gefällt. Falls es dir nichts ausmacht könntest du mir vielleicht auch helfen? Ich bin derzeit 15 Jahre alt, und habe eigentlich mir vorgenommen nach Köln zu ziehen, um dort Grafikdesign zu Studieren, um irgendwann in einem richtigem Betrieb zu arbeiten. Nur mein Problem ist, wo? Ich möchte aber auch keine Grafiken bearbeiten, sondern selbst welche erstellen (Ingame, Grafikdesign). Es währe sehr nett wenn du mir bei meiner Zukunft helfen könntest.
Liebe Grüße,
Sasha
ficus tree care
Your way of describing the whole thing in this paragraph is really nice, every one be able to without difficulty know it, Thanks a lot.
Infos über : design services
Mit dem Link kannst du hilfreiche Informationen über das Thema “ Produktdesign “ bekommen.
Link : http://www.simpleart.de/
Mick
Hallo zusammen,
was ich hier gelesen habe (vier Jahre später) gibt wohl die fürchterliche Entwicklung der gesamten Branche wieder. Ich arbeite seit 1982 (eher gezwungener Maßen) als Seblständiger Fotograf und Werbedesigner und erlebe bis heute den Niedergang in der Wertschätzung unserer Arbeit in zunehmendem Maße. Die Produktivitätsansprüche an uns Freelancer sind mit den Jahren immer mehr gewachsen, und die Qualitätsansprüche leider immer geringer geworden. Die Freisteller, die heute in Fotografie und Grafik an der Tagesordnung sind, haben in den frühen 80igern kaum eine Rolle gespielt. Wenn wir heute eine Hochglanzbroschüre erstellen mit UV-Lack präpariertem Logo auf der Titelseite, bekommen wir für die Innenseite niedrig aufgelöste Fotos vom Herrn Ingenieur, der „eine professionelle Kamera“ hat, die sich per Exif als Canon Ixus herausstellt.
Mit diesen Erfahrungen stellt sich mir die Frage, wie es um die Zukunft unsrerer kompletten Werbebranche bestellt ist. So schön die Digitalisierung für unsereren Workflow auch sein mag (ich denke da an unser Polaroids mit anschließenden finalen Belichtungen und dem bangen Warten, ob auch das Dia richtig ist, oder an die vielschichtigen Klebelayouts in der Grafik), so hat sie uns auch die Amateurisierung durch gerade die mittelständischen Kunden gebracht, die leider noch nie so richtig den Sinn professioneller Werbung verstanden hat. Meine Erfahrung über die Jahre hat gezeigt: „dem Ingenieur ist nichts zu schwör“ und schließlich kann man mit Powerpoint ja unheimlich schöne Tabellen machen.
Der grausame Endeffekt ist, dass man unglaublich viele Kompromisse in Gestaltung und Preisgestaltung machen muss, um einigermaßen zu überleben, oder man ist „charakterfest“, wie viele Kommentare hier auch empfehlen, was einem in den meisten Fällen nicht weiterhilft. Ich habe jedenfalls aufgrund meiner „Sturheit“ in diesen Dingen sehr viel Geld liegen lassen müssen.
Und der subtile Hinweis „man ist selbst schuld, wenn man nicht genug verdient“, ist in meinen Augen, mit Verlaub gesagt, schlicht arrogant.
Und die Stern-Tabelle entlarvt sich angesichts der 25 Befragten ja wohl von selbst. Ich persönlich kenne mindestens vier Kollegen aus unserer Branche Fotografie/Grafik, die knapp am Harz 4 Niveau leben müssen, und zwar von unten her.
Liebe Grüße,
Mick
Gast
Hinzu kommt noch dass ein Freiberufler/Selbständiger sich ständig um Aufträge kümmern muss, das ist auch Arbeitszeit die nicht direkt durch ein Honorar entlohnt wird.
Pixelschubser
Ich (weibl.) suche immer wieder mal nach Gehaltsreports unserer Branche, aber es ist nach wie vor nichts Brauchbares dabei. Es wurden kürzlich wieder Umfragen gemacht, mal schaun, wie die Ergebnisse aussehen.
Aufgrund „betriebsbedingter“ Kündigungen nach vielen Jahren in einem großen Unternehmen der Verlagsbranche habe auch ich meinen TZ-Job verloren und musste durch eine harte Zeit hindurch, um wieder etwas zu finden. Es hat über 1 Jahr gebraucht, war eine schlimme Erfahrung und ich war wirklich schockiert über die Gehälter, die mir angeboten wurden. Mit über 20 Jahren Berufserfahrung, zweifacher Ausbildung/Qualifizierung, viel Know-how in Grafik, Text, Mediengestaltung, Bildarchivierung und mittlerweile auch Web mit CMS-Erfahrung neuester Technik und viel viel produktionstechnischem, ja sogar rechtlichem Wissen frage ich mich immer wieder, wie hoch mein realistischer Stundensatz in Festanstellung sein dürfte. Ich habe in all den Verlagsjahren fast keine Gehaltserhöhung erhalten, trotz der allgemeinen Preissteigerungen in der Wirtschaft. Sprich: wie viele andere auch viel weniger im Geldbeutel. Gerne hätte ich durch einen Jobwechsel hier endlich mal etwas Abhilfe geschaffen, stattdessen musste ich aufgrund meiner Notsituation in jedem Bewerbungsgespräch hoffen, überhaupt realistisch in meiner Preisvorstellung für das jeweilige Unternehmen zu liegen.
Ich wäre sehr dankbar für eine realistische Stundenlohn-Tabelle für Designer in Festanstellung und in Abhängigkeit zu den Wochenstunden und v.a. auch geleisteten Stunden. Von Extras wie Weihnachts- oder Urlaubsgeld kann ich als ehemals Gelernter aus der Druckbranche heute nur noch träumen!
12,–/15,–/20,–/25,–/30,–/35,– oder gar 40,– € brutto/Std. – was ist realistisch und ab wievielen Jahren Berufserfahrung? Wer legt überhaupt Wert auf Fachkräfte mit langjähriger Berufserfahrung und ist auch bereit, dafür etwas mehr zu zahlen?
Erschwerend kommt hinzu, dass man als Teilzeit-Kraft wohl auch eher als Billigkraft gesehen wird. Eine Crux, wenn man als Familie auf das Einkommen angewiesen wird.
Mittlerweile habe ich noch nebenbei einen Mini-Job, insgesamt fast lukrativer als mein Hauptjob. Aber zeitlich bringt es mich doch manchmal an meine Grenzen.
Erfahrungen anderer würden mich sehr interessieren!
Dani
Hallo pixelschubser und all die anderen!
Ich kann Dir nur sagen, Du bist nicht die Einzige.
Mein Mann hat ebenfalls in den 90 ern studiert und war damals auch sehr erfolgreich.
Nun sieht es anders aus, er findet keinen Job und hat sich aus Verzweiflung selbstständig gemacht aber die Billiglohnkonkurrenz ist zu stark.
Ich bin immer wieder bestürzt wie krank diese Branche ist und das jeder gewerblich Werbung machen darf egal ob er jemals etwas in dieser Richtung studiert hat, da fallen mir die tollen Mediengestalter ein die sich selbständig machen und so tun als wären sie so schlau wie ein Grafiker, das ist als wenn eine Krankenschwester eine Arztpraxis eröffnen und die Patienten behandeln würde oder eine Rechtsanwaltsfachangestellte eine Anwaltskanzlei eröffnet und die Mandanten verteidigt.
Es ist traurig das Menschen studieren und ihren Job lieben aber sich nicht verwirklichen können weil Scharlatane ganz legal alles kaputt machen dürfen.
Mein Mann ist sehr erfolglos mit seiner Firma und wir haben 2 kleine Kinder und ich (ich habe nicht studiert und nur einen Sekretartariatsjob) bin die Hauptverdienerin, wie fühlt sich ein intelligenter Mann mit einer menge Wissen und Know How wenn er sich um den Haushalt und die Kinder kümmern und jeden Monat aufstocken muss?
Es ist unendlich traurig und ich weiß nicht wie es weitergehen soll.
Ich kann Nachts kaum schlafen weil es immer schlimmer wird.
Ich hoffe auf ein Wunder o.ä.
Grafiker
Das hört sich jetzt traurig an, da ist Handeln angesagt.
Ich habe dieses Forum zufällig gefunden, da gerade ebenfalls im Streit mit meinem Arbeitgeber, der mich rationalisieren will.
Auch meinem Mann ist was Ähnliches vor ein paar Jahren schon passiert.
Er hat sich dadurch geholfen, daß er eine Festanstellung in einem ganz anderen Beruf angenommen hat. Wenn es nicht anders geht und die Probleme zu viel werden muß man radikale Wege gehen. Jetzt hat er wieder ein regelmäßiges Einkommen.
Ich werde wohl dasselbe tun müssen, es ist nicht zu ändern.
Alles was hier gesagt wurde stimmt, das Dilemma entstand durch sich ändernde Strukturen in der Industrie, der Konsumwelt und des Verbrauchers (Kunde/Client), aber wir selbst sind doch auch dieser Verbraucher richtig ?
Also muß man damit klarkommen.
Der eine schafft es anders als der andere, manch einer hat nochmal Glück und findet das Richtige, andere nicht..
Sich zusammenschließen hilft auch nicht immer, jeder muß es selbst lösen.
Dani
Eine Frage habe ich noch
Sind 500€ für Homepage, Visitenkartendesign, Flyerdesign, Bannerdesign und Logo zuviel?
Gernot
Na, jetzt überleg mal wie lange du dabei sitzt. Ziehe etwa 50% von netto 500,– Euro für Steuer, Sozialversicherung etc. ab und dividiere dann den Rest mit deiner gestoppten Zeit in Stunden. Das ist dann das, was du in der Stunde verdienst. Kannst jetzt noch lachen (was ich für dich hoffe) oder gehst jetzt doch lieber Putzen…
Anonym
Auch wenn der Artikel hier schon älter ist, sehe ich, dass es immer noch Einträge gibt. Wie bereits erwähnt wurde, sind viele Branchen in der Gestaltungsindustrie davon betroffen. Das hat selbstverständlich auch volkswirtschaftliche und technische Gründe.
Persönlich arbeite ich gerade im technischen Marketing (Frontend-Entwicklung, Datenbanken und Online-Marketing generell), was natürlich ein anderer Berufszweig ist. Da ich aber früher ebenfalls mal Grafiker werden wollte, beschäftige ich mich durchaus mit eurer Thematik – zumal viele Aspekte zumindest auch auf die Web-Entwicklung generell zutreffen (wo eine der Schnittmenge zwischen Grafikdesign und Programmierung liegt).
Worauf möchte ich hinaus? Es gibt praktisch kaum noch „gute Berufszweige“ für Berufsanfänger. Wie sich herausgestellt hat, ist selbst der IT-Markt nicht so sehr vom Fachkräftemangel bedroht, wie allgemein angenommen wird. Tatsache ist, dass der Ausbildungsberuf „Fachinformatiker“ einer der Beliebtesten ist. Bestenfalls gibt es einen Mangel an extrem spezialisierten Kräften – nur für Entwickler existiert bei Spezialisierung immer das Risiko der Überspezialisierung. Das selbe trifft parallel auf Mediengestalter und Grafik- und Kommunikationsdesigner zu.
Schauen Sie sich einfach mal die relativen Wachstumszahlen für Deutschland an (die liegen aktuell bei etwa 0,4 %). Das bedeutet natürlich, dass die Gewinne der Konzerne nicht mehr nur durch höheren Absatz erwirtschaftet werden – sondern auch durch Rationalisierung und Kostenreduzierung allgemein – nur noch die Kernbereiche (Sicherheit z.B. – da auch wieder in der IT) werden gut ausgestattet. Dazu kommen die hohen Managergehälter und Renditeabgaben an Aktionäre (das trifft sicherlich nicht auf Agenturen o. ä. zu, aber auf Großkunden). Das es heute nicht mehr die Lohnsituation wie vor Jahrzehnten gibt, ergibt jetzt plötzlich Sinn oder? Das hat nichts mit Neid zutun, sondern ist eine logische Entwicklung aus zunehmender internationaler Arbeitsteilung und Konkurrenzdruck.