GfK-Studie: Nährwert-Ampel funktioniert, GDA verwirrt

Fruchtzwerge mit Ampel und GDA

Noch mal Verpackungsdesign, bzw. Informationsdesign auf Verpackungen.

Wie der Spiegel gestern berich­tete, verstünden die Verbraucher eine farb­lich abge­stufte Nährwert-Kennzeichnung (Ampel) bei Nahrungsmitteln besser als das aktu­elle Modell der Industrie. Dies ergab eine Studie der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK), die der Berliner Verbraucherverein Foodwatch in Auftrag gab. Demnach können Kunden mit der Ampel zuver­läs­siger Produkte verglei­chen als mit der zur Zeit ange­strebten GDA-Kennzeichnung (Guideline Daily Amount = Richtlinie für den tägli­chen Bedarf).

Foodwatch klärt auf: »Die GDA-Kennzeichnung hat die Industrie in enger Zusammenarbeit mit dem dama­ligen Bundesverbraucherminister Horst Seehofer entwi­ckelt. Unternehmen wie Nestlé und Kellogg’s verwenden sie bereits in einer Art Vorwärtsverteidigungsstrategie, um eine farb­liche Kennzeichnung zu verhin­dern. Die GDA ist bei den Herstellern deshalb so beliebt, weil sie damit ihre Produkte ganz einfach schön­rechnen können.«

Dies geschehe durch die Wahl kleiner Portionsgrößen und bedingter Angaben. Auch Zuckerbomben würden so zum Gesundheitsprodukt – »eine legale Form der Verbrauchertäuschung«, sagt Foodwatch. Echte Transparenz würde dagegen die Nährwert-Ampel bringen. Das sei jeden­falls das klare Ergebnis der GfK-Studie (PDF). Nicht mal bei Produkten eines Herstellers ließe die GDA-Kennzeichnung einen Vergleich der Nährwerte zu. Die Bundesregierung solle daher diese Desinformation beenden und sich für eine gesetz­liche Einführung der Nährwert-Ampel als Pflicht für alle Lebensmittelhersteller einsetzen, forderte Foodwatch gestern.

Immerhin hat mit dem Tiefkühlkostanbieter Frosta ein erster deut­scher Lebensmittelkonzern jetzt die Ampel-Kennzeichnung einge­führt, wie der Spiegel gestern berich­tete, und damit »ein Loch in die bislang geschlos­sene Front der Ampel-Gegner auf Seiten der Industrie gerissen.« Mehr dazu im Frosta-Blog …

Weitere Informationen: Nährwertkennzeichnung (Wikipedia), Nährwertampel (Wikipedia), GDA (Wikipedia)

Frosta-Chef Felix Ahlers präsen­tierte bei der Pressekonferenz eine von 4 neuen Verpackungen mit Ampelkennzeichnung, die ab August im Handel sein werden (Alle Abbildungen: Foodwatch)


15 Kommentare

  1. Christian

    Bin ich morgens um 9 schon zynisch, wenn ich vermute, dass jetzt das Feilschen um die Grenzwerte losgeht und danach die Rezepturen so minimal ange­passt werden, dass sie haar­genau darunter liegen? Immerhin ein Gewinn an Informationsgestaltung mit klarer visu­eller Sprache. Die Nährwertangaben beziehen sich auf eine Frau mit einem Grundumsatz von 2000 Kalorien pro Tag. Da werde ich mir heim­lich etwas Toleranz einräumen. hehe.

  2. BigWhoop

    Wie über­ra­schend was die GFK da heraus­ge­funden hat. Das haben Verbraucher bei Bekanntwerden des Vorschlags, ein Ampelsystem einzu­führen, auch schon gesagt aber jetzt haben wir es quasi amtlich.

    Für Frosta ist es ein geschickter Zug die Kennzeichnung auf die Verpackung zu bringen. Sie werben ja schon seit Jahren damit, ihre Produkte möglichst frei von Zusatzstoffen zu halten. Die Entscheidung für die Ampel wird den eigenen Behauptungen mehr Nachhaltigkeit bringen. Zumal können sie sich auch rühmen „die Ersten“ gewesen zu sein. Ein Strategie die sich bezahlt machen wird.

    Herzlichen Glückwunsch Frosta!

    Die anderen schauen jetzt natür­lich etwas blöd drein. Würde ich auch, wenn ich erkennen müßte das ein anderer es einfach durch­zieht, während ich mich noch entscheiden muß ob ich die Eier dafür habe oder meine Kunden für Idioten halte.

  3. Simon Wehr

    Nun sind mir die Produkte von Frosta nicht ganz geläufig, aber ich vermute mal, die haben von Hause aus weniger »rote Lichter« als Coca-Cola, Haribo oder Kinderjoghurts. Von daher dürfte es Frosta leichter fallen, das System einzuführen.
    Bei den anderen sähe man nämlich deut­lich, was meine Mama mir schon als Kind erklärt hat …

  4. Simon Wehr

    Interessant wird es auch wenn die Ampeln dann im Bio-Supermarkt auf den »guten Süßigkeiten« zeigen, dass da auch ganz schön viel Zucker und Fett drin ist.

  5. vian

    Wenn man so große Tüten Bami Goreng verspeist hilft aber auch die Ampel nix.

  6. fabian

    Erschreckend ist doch, dass der durch­schnitt­liche Kunde anschei­nend so dumm ist, dass er eine farbige Erklärungsampel braucht.

  7. Jürgen

    @fabian: Erschreckend ist, wie unbe­dacht Du Menschen in die Schublade »dumm« steckst … nicht jeder Kunde ist Ernährungswissenschaftler.

    Die Menschen sind an schnelle Informationen gewöhnt. Mit einem Augenzwinkern nehmen wir Gewicht, Preis und/oder Menge am Supermarktregal auf. Die Inhaltsstoffe sind dagegen ohne Brille nicht lesbar. Was spricht gegen eine Kennzeichnung, mit der sich die sie sog. »Big Four«-Inhaltsstoffe eben­falls schnell und auf einen Blick beur­teilen lassen.

  8. fabian

    @Jürgen

    Ich bin auch kein Ernährungswissenschaftler. Trotzdem kann ich Zutatenlisten lesen und verstehen. (und tatsäch­lich mache ich das bei jedem Produkt, dass ich kaufe)

    Gegen die Kennzeichnung spricht nichts – ich finde es nur ernst­haft richtig erschre­ckend, dass so etwas notwendig ist.

  9. Jürgen

    Wie entnimmst Du der Beschriftung eines Bio-Fruchtjoghurts, wie hoch der Zuckeranteil ist (in g oder %)? Sag jetzt bitte nicht, Du isst keine Fruchtjoghurts.

  10. fabian

    Erstens: Ich esse keine Fruchtjoghurts. (sorry, ist leider so)

    Zweitens: bei den Produkten, die ich gerade in meinem Kühlschrank gefunden habe, steht der exakte Zuckeranteil in g drauf. Ist das bei Fruchtjoghurts anders?
    Wenn ja, hilft ja immer noch der Blick auf die Zutatenliste, die zwar nicht gramm­genau, aber logisch geordnet ist.

  11. BigWhoop

    Im Bereich der Verpackungsgestaltung gibt es Sichtfeldregeln, die dem Verbraucher nütz­lich sein sollen. Da die Produkte in den Regalen extrem zahl­reich sind ist die Ampel eine gute Lösung, einer Reizüberflutung entge­gen­zu­steuern und die Wahrnehmung zu verbes­sern. Das Kartoffelchips nicht gesund sind wissen Verbraucher selbst, essen sie aber trotzdem gerne.

    Für disku­tierbar halte ich die farb­liche weniger agres­sive Einheitsgestaltung, da rot eine über­mäch­tige Signalwirkung hat. Rot hat immer den Charakter einer Warnung, obwohl das bei Lebensmitteln unnötig ist.

  12. Christian

    @ BigWhoop: nicht unbe­grenzt. Manche Lebensmittel wie etwa Frühstücksflocken werden als gesund wahr­ge­nommen, haben aber viel Zucker. Unterschätze nicht die Selbsterklärungskräfte, sich etwas schön zu reden. Die Ampel ist da uner­bitt­lich und ein kleiner neutraler Informationsanker auf der glatten Marketingoberfläche (Metaphern direkt nach dem Essen gehen nicht so gut). Wenn aus deinem Einkaufswagen viele rote Felder blinken, könn­test du dir mal über deine Ernährung Gedanken machen. So grob funk­tio­niert das und so grob finde ich das auch gut.

  13. Christoph Päper

    Ich bin auch kein Ernährungswissenschaftler oder Diätfreund, also verlasse ich mich auf die Aussagen von Bekannten, die auf sowas achten: 2000 kcal (8368 kJ oder 2,32 kW·h) pro Tag (d.h. 96,9 Watt) sind schon ziem­lich viel Energie (bzw. Leistung). Kombiniert mit der Tatsache, dass zwei Angaben für denselben Wert immer schlechter lesbar sind als eine: warum beschränkt man sich nicht auf kJ und legt den Richtwert auf runde 8000 kJ (also 8 MJ, entspricht 1912 kcal und übern Tag 92,6 W). Außerdem heißt die Messgröße „Brennwert“ oder „Energie(gehalt)“, nicht „Kalorien“ wie auf den Fruchtzwergen.

    Wieso ist die Brennwertangabe auf dem Bild eigent­lich weiß hinterlegt?

  14. Helen

    Wie Horst Seehofer sein Image „Ich bin für die Menschen da“ aus dem Nichts und entgegen seiner Records aufge­baut hat und aufrecht­erhält, ist eigent­lich eine Glanzstunde des Brandings. Wie macht man das?

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