Geschafft: Das neue Logo der Grünen
Bündnis 90/Die Grünen haben – nach zwei Anläufen – ein neues Logo. Mit breiter Mehrheit hatte der Parteitag in Nürnberg zunächst der Einführung eines neuen Logos zugestimmt, bei der anschließenden Abstimmung über verschiedene Entwürfe wurde das neue Logo für die Partei beschlossen.
Die neuen Entwürfe wurden zunächst von Steffi Lemke, der politischen Geschäftsführerin, und Werner Schulz, Mitglied der Logo-Jury, vorgestellt. Nach der anschließenden Debatte beschlossen die Delegierten, dass es ein neues Logo für die Partei geben solle. Aus drei Vorschlägen des Bundesvorstands und einem Entwurf des Kreisverbandes Pankow, der per Beschluss ebenfalls zur Abstimmung gestellt wurde, wählten die Delegierten ihre zwei Favoriten. Da die folgende Abstimmung zwischen beiden Entwürfen kein klares Meinungsbild ergab, folgte eine schriftliche Abstimmung. Mit 347 Stimmen zu 251 Stimmen bei 15 Enthaltungen und 8 ungültigen Stimmen votierten die Delegierten für das oben abgebildete Signet, das der alten Version am ähnlichsten ist.
Mehr bei Spiegel Online und auf der Grünen-Seite. Eine erste Kritik auch im Designtagebuch. Dort gibt es auch zwei Videos zum Thema Grünen-Logo. Wortfeld hat herausgefunden, dass sich nun 4 Parteien der Futura bedienen. Als Mitherausgeber des FontBook, das 32.000 Schriften enthält, kann ich dazu nur sagen: Entweder hat die Agentur nicht richtig recherchiert, oder den Grünen ist es egal, oder es bestätigt sich einfach nur, dass es zwischen den Parteien keine Unterschiede mehr gibt – alle 3 Optionen sind skandalös.
31 Kommentare
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Nick Blume-Zander
»…nachts und am heimischen Computer.«
Fein. Kostenlos. Manche Schulleiter oder andere machen ihr Logo selbst, …
Mecker-Modus: was mich stört, ist das Ü bei »Grünen«.
Nick Blume-Zander
Hallo Spiegel – wohl falsch informiert? Alle wichtigen Infos findet ihr bei den Grünen.
Das Logo wurde nicht von Werner Schulz entworfen, sondern von der Agentur M&C Saatchi, Berlin.
david
Ich liebe Satire, aber am köstlichsten ist und bleibt Realsatire. Ich frage mich nur, wann die erste Partei – so ganz ganz richtig basisdemokratisch – einen parteiweiten Crowdsourcing-Logowettbewerb veranstaltet.
Jürgen
Nick, genauer lesen: Der Spiegel schreibt ganz richtig, dass Werner Schulz das ALTE Logo entworfen hatte; die Sonnenblume stammte von Joseph Beuys. Dass der Parteiveteran Schulz in seiner Rede herausstellt, das Logo sei am heimischen Computer entworfen, ist eine – in meinen Augen sympathische – Romantisierung. Er wollte es (1) damit von dem neuen (»professionellen«) Entwurf abheben und (2) waren damals (um 1993) heimische Computer noch echte Guerilla-Grafikwerkzeuge, die von der sterbenden Druckvorstufenindustrie arrogant belächelt wurden.
Alexander
Das neue Logo wure von M&C Saatchi entworfen, SpOn schrieb über das 93er-Logo. Auf dem Parteitag hat Steffi Lemke erzählt, dass es nachts von Marianne Birthler, Ludger Vollmer, Heide Rühle, Werner Schulz am Computer von Richard Herten fertiggestellt wurde. (Video: http://shorl.com/habradalihaju)
robertmichael
futura never dies.
Kevin
Ich finde, das Logo ist ein echter Rückschritt.
Peter
Nunja, das Logo ist vielleicht nicht der große Wurf. Aber es kommt auf Inhalte an und in diesem Fall die einer Partei.
vati
Die gleiche Futura, wie DIE LINKE.
Ist das die Neuausrichtung nach Links?
david
@vati: Nur im Gegensatz zum Grünen-Logo, sieht die Futura im Die-Linke-Logo nach was aus; die Entwürfe des Grünen-Logos riechen schwer nach „probieren wir mal alle Standardfonts“.
Jürgen
@Peter: Wenn Inhalt und Form nicht zusammenpassen, dann ist das enttäuschend und kontraproduktiv – wenn es ganz schlimm kommt wirkt die Partei einfach unglaubwürdig.
Wenn ich mir die Grünen-Logo-Debatte jetzt im Nachhinein so anschaue, komme ich zu dem Schluss: Das alte Logo war klar ehrlicher, vielleicht sogar durch seine schlechte Gestaltung. Ideal wäre ehrlich und gut gestaltet. Das haben die Grünen verbockt.
In der Diskussion hieß es bisweilen »Es gibt wichtigere Themen, als ein neues Logo.« So reden Betriebsblinde, die es aufgegeben haben, sich anderen zu vermitteln. Mal überspitzt formuliert: In unserer parlamentarischen Demokratie, die ihr Volk alle 4 Jahre zur Wahlurne bittet, ist ein Logo wichtiger als ein Parteiprogramm. Dir Politik bestätigt diesen Eindruck, denn so richtig kämpferisch erleben wir ihre Vertreter 6 Monate vor den Wahlen. Und in dieser Zeit lauten die Hauptakteure: Portraitfoto, Claim und Logo. Ganz klassisch, wie in der Waschpulverwerbung.
Sven
Der Kreisverband Bündnis90, die Grünen Aachen hat erkannt, wie ich finde zurecht – das mit einer neuen Logoeinführung auch konseqent umgegangen werden müsste. Das hat sich mit dem Antrag »Alternativ-Logo« richtigerweise versucht:
3. Der lange Partei-Name (18 Zeichen) ist für manche Anwendungen ungeeignet. Auf Plakaten, Ansteckern, Werbeanzeigen, Film- und TV-Sendungen, Schildern in Fenstern und Gebäuden ist die Sofort-Erkennbarkeit im Vergleich mit anderen Parteien miserabel.
4. In den gültigen Satzungen der Parteigliederungen heißen wir „Bündnis90/Die Grünen“ und als Kurzform „Grüne“. „Grüne“ erscheint auf Stimmzetteln für Parlamentswahlen, auf den Briefköpfen unserer Partei und vielen eigenständigen Logos in den Bundesländern. „Grüne“ ist der zusammenfassende Begriff für „Bündnis90/Die Grünen“ und zu mehr als 90% der im Alltag gängige Begriff der Bürgerinnen und Bürger. Er entspricht den Kurzbegriffen der anderen Parteien wie SPD, CDU u.a.
Und weil sie alle Hobby-Grafiker sind – dazu auch ein Entwurf.
robertmichael
@ jürgen, meinst du das alte alte oder das alte neue?
@ vati, die futura zeigt aber nach rechts, komisch.
erik spiekermann
das Logo sei am heimischen Computer entworfen
Wohl kaum. Die reinzeichnung hat Alex Branczyk damals bei MetaDesign gemacht, als wir das erscheinungsbild für den wahlkampf gestalteten. Nach meiner erinnerung war das lange vor 1993. Aber czyk weiss es bestimmt besser. Er weiss auch, welche schriften wir genommen haben, denn auf den computern der leute in Bonn war bestimmt keine richtige schrift.
Jürgen
Ich verstehe die Argumentation des Kreisverbands Bündnis 90, die Grünen Aachen, was er als Lösung vorstellt funktioniert aber nicht wirklich. Er versucht die Brücke zu schlagen zwischen einem Kürzel (Grüne, CDU, …) und dem Parteinamen (Bündnis 90 die Grünen, Christdemokratische Partei Deutschlands). Aber dir Grünen ticken anders, und das darf sich dann auch in einer Logo-Strategie wiederspiegeln, die sich vom Design der anderen Parteien stark unterscheidet. Diese Identitäts-Debatten sind allerdings schwierig zu führen. Es braucht eine erfahrene Corporate-Design-Agentur, einen Parteivorstand der weiß, wohin das Schiff in den kommenden Jahren fahren soll (wahrscheinlich das größte Problem) und am Ende wird abgestimmt.
Benjamin Hickethier
Mein Eindruck ist, dass sich ›Bündnis 90‹ doch mehr durchgesetzt hat, was vielleicht, da außer der Schrift alles eher traditionell ›grüne‹ Bildmittel sind, einerseits ganz angemessen ist. Futura Condensed ist die klassische Schriftwahl für linksalternative Gestaltung um die Wendezeit gewesen, um 1990 und bis in die späten Neunziger. Die Verwendung der Futura Condensed zum Beispiel als ›Hausschrift‹ der taz (in Kombination mit einer Times!), bis zu Luc(as)’ wunderschöner ›Taz‹ von heute, hat offensichtlich nachhaltig das Schriftgefühl von Generationen geprägt. Wer sich an Typografie in alternativen Medien und linkskulturellen Manifestationen um 1990 herum erinnert, dem wird die erschlagende Omnipräsenz der Futura Condensed vor Augen sein.
Natürlich sehr schade, dass die Grünen in ihrem Erscheinungsbild offenbar so gerne und so ausschliesslich an diese Zeit anknüpfen wollen und nun die Beuys’sche Sonnenblume noch am Modernsten wirkt.
Nur gut, dass es nicht Avant Garde geworden ist (und wenn schon dann doch mit mehr funky Ligaturen). Ich stimme Jürgen voll zu, »alle drei Optionen sind skandalös«. Auch sehr schade um das Geld und die Arbeitszeit.
Verblüffender und enttäuschender um so mehr, da ja die grüneneigene Heinrich-Böll-Stiftung so eine gute Visual Identity hat, von blotto.
Sven
Ist es denn eine Identitätssache? Sie selbst führen ja allerhand Verkürzungen des 18 Zeichen langes Parteinamens an. Einigkeit liegt ›nur‹ in den 3 Farben. In den Videos wird lediglich beim Zitieren der Worte »Bündnis 90, die Grünen« im Logo der volle Name benutzt – sonst hört man von »Bündnis-Grüne« bis »Grüne« jede Menge Variationen. Ich sehe da schon eine parallele zu den ›anderen‹ Logos – obwohl »Grüne« keine 5 Zeichen lange Abkürzung ist – eben nur anders. Da brauchts mal in Zeiten von Frühjahrputzes was gradliniges. ^^
Till Westermayer
Es gab noch einen vierten Entwurf (pdf) des KV Berlin-Pankow, der leider im Verfahren stiefmütterlich behandelt wurde, aber aus meiner Laiensicht dem Agenturauftrag „behutsame Modernisierung ohne langweilig zu werden“ eigentlich am besten entsprochen hätte … fand leider keine Mehrheit.
Till Westermayer
@Erik: das Vereinigungslogo existiert aber erst seit 1993 — davor war es „DIE GRÜNEN“ in VAG Rounded (o.ä.) mit derselben Sonnenblume. Und das seit vorgestern alte Logo (also Bündnis 90/Die Grünen mit verschiedenen Schriften usw.) hat auch schon eine ganze Reihe kleinerer Metamorphosen durchgemacht. Die ersten Versionen hatten keine gerade Linie zwischen Times-Italic-Bündnis 90, sondern eine stilisierte Rasenfläche/Wellenlinie. Und die Ziffern in „90“ waren meiner Erinnerung nach auch mal sehr seltsam. Also das Original war sicherlich „handgestrickt“ — und wurde ebenso sicher spätestens für den Wahlkampf 1994 professionalisiert.
Till Westermayer
Nachtrag: vgl. zur Evolution des (Bündnis 90/)Die Grünen-Logos:
Ein Plakat von 1983 (DIE GRÜNEN).
Eines von 1994
und eines von Wahlplakat 1998 (so wie heute).
Und dazwischen (vermutlich 1993) gab’s nochmal eine Logo-Variante, wo die 90 als über die Basislinien hinausgehendes Ziffernpaar gestaltet war (die Null so groß wie heute, und der Kringel bei der Neun so groß wie die Null, IIRC).
vati
@david: Ich finde das DIE LINKE. Logo auch viel besser. Das ist schon eine andere Klasse. Zumal die ja mit dem alten PDS Logo umgehen mussten. Wieviel hat es denn diesmal bei den Grünen gekostet?
Georg
kippt total nach rechts ab….unruhig..
Georg
vor allem „DIE GRÜNEN“ mit Blau zu unterstreiche ist schon nen kleiner Geniestreich :D
Peterchen
Mich wundert fast, dass nicht ein UN-Beobachter kontrolliert hat, ob bei der Wahl beim Parteitag auch alles mit rechten Dingen zugegangen ist.
erik spiekermann
Schaut mal nach bei der Grünen-Fraktion, da ist nämlich unser überarbeitetes logo zu sehen. Es gab nämlich jahreland zwei unterschiedliche erscheinungsbilder für die partei und die fraktion, bis heute. Kein grosser unterschied, aber Officina statt VAG Rounded und Garamond statt Times. Die hausschrift der fraktion war eine weile die Officina. Wir haben das damals gemacht, aber ich weiss nicht, wann es geändert wurde. Jetzt scheint es Rockwell zu sein. Also geht es an allen fronten zurück in den typografischen mainstream. Man kann eben nicht nicht kommunizieren.
Bernd
Eine Futura mehr, schade …
Till Westermayer
Falls es jemand interessiert: inzwischen gibt es auch die Ausführungsbestimmungen bzw. das Logo-Handbuch für die Kreisverbände. Ich krittel da hier ein bißchen dran rum.