GAP darf jetzt keinen vierten Fehler machen

GAP Inc. ist der größte US-ameri­ka­ni­sche Bekleidungseinzelhändler, gegründet 1969 in San Francisco. Der Name leitet sich ab von den Differenzen zwischen Jugendlichen und Eltern (“the gene­ra­tion gap”), im Deutschen als Generationenkonflikt bekannt. Zum GAP-Markenimperium gehören noch Banana Republic, Old Navy, Piperlime und Athleta. Das Engagement des Konzerns in Deutschland endete 2004 mit dem Verkauf aller Filialen an den größten euro­päi­schen Konkurrenten Hennes & Mauritz (H&M).

Letzte Woche unter­nahm GAP den Versuch, klamm­heim­lich ein neues Logo zu lancieren. Dieses stieß nicht nur rein äußer­lich auf Kritik (»GAP hat sein ikonen­haftes Logo gegen etwas ausge­tauscht, was wie ein 17 Dollar teures Machwerk aus der Microsoft-Word-Clip-Art-Galerie aussieht.« Brandchannel), auch die Methode wurde von Fachleuten als unnö­tige »Markenpanik-Aktion« bezeichnet. Dabei hat sich der Konzern offen­sicht­lich keine Gedanken darüber gemacht, die Auswirkungen dieses Schrittes zu durch­denken. Die Marke ist groß geworden mit den Attributen neu und hip, wieso sollten die Kunden diesem Schritt nicht folgen? Die Einführung des neuen Logos geriet zum Rohrkrepierer. Vergangene Nacht brach die Marke den Versuch eines Rebrandings wieder ab.

GAP hat drei Dinge nicht beachtet:

1. Die wich­tigste Käufergruppe, die US-Kunden, haben genug von Change und ›Yes We Can‹. Die Bloggerin Laura Black formu­liert es so: “We’ve had enough change thank you. We’d like to feel we can count on a few things in our lives to remain consistent.”

2. Die Marke gehört den Kunden. Der infor­ma­tion archi­tect (iA) Oliver Reichenstein formu­lierte es heute Morgen auf Twitter so: »The Brand is what *they* say it is.« Dieses Zitat steht in ähnli­cher Form in vielen Marketing-Lehrbüchern. Reichenstein hat es einer 4 Jahre alten, überaus lehr­rei­chen Präsentation mit dem doppel­sin­nigen Titel “The Brand Gap” entnommen, die sich dem Selbstbild und dem Fremdbild von Marken widmet.

3. Die Vernetzung der Kunden. GAP hat die neue Macht der Kunden über­sehen und unter­schätzt. Wie ein Orkan stürmte die Kritik zum neuen Logo via Twitter und Facebook auf das Modelabel ein. Im Nu entstanden Webseiten, auf denen Besucher »Neues-GAP-Logo«-Imitationen gene­rieren konnte (www​.craplogo​.me und www​.makey​ou​rown​ga​plogo​.com), auf Twitter griff ein schlecht gelauntes Fake @gaplogo den Hype auf um Kritikern frech zu kontern, FastCompany führte ein exklu­sives Interview mit dem neuen Logo und natür­lich meldeten sich auch die Design-Experten zu Wort (z. B. Brand New) … wobei zum ersten Mal die Kunden die Macht hatten. Unterdessen schrieben sich die GAP-Markenmanager auf Facebook die Finger wund.

Gestern Nacht hieß es dann aus der GAP-Zentrale: GAP hört auf die Kunden und behält das klas­sisch blaue Quadrat-Logo. In der offi­zi­ellen Stellungnahme schreibt GAP-USA-Präsident Marka Hansen: »Wir haben gelernt, wie viel Energie mit unserer Marke verbunden ist. Alle Argumente führten zurück zum blauen Quadrat, und so haben wir uns dazu entschlossen, das neue GAP-Logo auf gap​.com nicht mehr einzu­setzen. … Wir haben viel aus der Sache gelernt. Wir sind den falschen Weg gegangen. Uns wurde auch klar, dass wir die Möglichkeit mit der Online-Community zu spre­chen versäumt haben. Es war das falsche Projekt für den geeig­neten Zeitpunkt eines Crowd-Sourcing.«

Aufpassen, Herr Hansen. Ich zitieren lieber noch mal in Originalsprache: “This wasn’t the right project at the right time for crowd sourcing.” Sollte es irgend­wann mal ein rich­tiges GAP-Projekt für ein Crowd-Sourcing geben, dann bitte keines, das in die Hände erfah­rener Markenexperten und Designer gehört … so Dinge wie Ihre Produkte und Ihr Logo. Nach der ersten Welle der Kritik haben sie auf Facebook einen Logo-Crowd-Sourcing-Wettbewerb vorge­schlagen. Tanz auf dem Vulkan.

Leider kennen wie die Umstände der Entstehung des neuen Logos nicht, für das angeb­lich eine profes­sio­nelle Agentur (Laird & Partners) verant­wort­lich ist. Oder wurde sie viel­leicht gar nicht gefragt … oder gehört?


11 Kommentare

  1. R::bert

    Wenn man sich ansieht, wie vieles heute unter Kritik gerät und wie wenig Verantwortliche auf diese Kritik reagieren, muss man eigent­lich schon den Hut ziehen vor der Bereitschaft einen Fehler einzu­ge­stehen. Gefällt mir! (Mal davon abge­sehen, ob dabei wirt­schaft­liche Interessen eine Rolle gespielt haben. So etwas erfor­dert trotzdem immer etwas Mut und Demut. Bitte mehr davon!)

  2. seb

    Hmmm, GAP ist so reich; ich kann mir nicht helfen, meint Ihr nicht es kann auch eine riesen­große PR-Aktion gewesen sein? Also alles (ich meine wirk­lich alles) erstunken und erlogen? Wäre doch eine Möglichkeit…?

  3. StefanB

    Wäre es nicht mutiger gewesen, man wäre trotz aller Kritik beim neuen Logo geblieben? Wenn man tatsäch­lich Mut gezeigt und 100% hinter dem Entwurf gestanden hätte, wäre dies nicht bemer­kens­werter? So knickt man vor der (laut klap­pernden) Masse ein und suhlt sich im Konsens des breiten Geschmacks.
    Gut, nun ist das neue Logo wirk­lich ziem­li­cher Mist … aber ist es nicht das falsche Signal, wenn man nur darauf hört, was vermeint­lich alle wollen? Das gipfelt in einem abso­luten Stillstand, wenn keinerlei Änderungen mehr akzep­tiert werden und alles Neue wegge­buht wird.

  4. Loisl

    Wenn das eine PR-Aktion war, dann wird das Laird & Partners teuer zu stehen kommen.

  5. Hendrik

    Wenn erlaubt, eine ganz kurze Randnotiz zum Thema „FB nervt“:
    Ganz und gar nicht – Artikel wie diese sind klasse! Eine schöne Zusammenfassung. Danke!
    Sorry – und nun, back to the topic…

  6. Oliver Adam

    @Hendrik
    Zustimmung!

  7. Bernd Rücker

    Nur inter­es­se­halber – weiß jemand, ob derar­tiges schon mal in dieser Form passiert ist?

    Finde es sehr bemer­kens­wert, wie viel Kraft der Kunde und aktive Konsument mitt­ler­weile ausüben kann.

    Like it!

  8. Markus

    Also ich glaube nicht an einen „PR-Gag“, da zumin­dest L&P nicht gut wegkäme. Ich frage mich, nach welchen Kriterien dieses neue Logo ausge­wählt wurde. Wie kann so etwas passieren? Fragt sich einer, der den Glauben an Design schon fast verloren hat ;)

  9. Bernd Rücker

    Ich weiß ja nicht, seit wann GAP eine Helvetica als Hausschrift für deren Anzeigen nutzt (siehe Website von Laird), aber viel­leicht ist das Logo „nur“ eine Ableitung davon ;-)

  10. Magnus Hengge

    Was sollte man denn davon haben, ein versem­meltes ReBranding als PR-Gag zu lancieren? Der Konzern zeigt sich doch wohl eher konzeptlos und im Missmanagement. Alle Welt (siehe dieser Artikel) schreibt von den Fehlern die GAP begangen hat. Das Einzige, was man gutwillig als posi­tive Wertsteigerung fest­stellen kann ist, dass GAP demütig gegen­über den wild gewor­denen Kunden auftritt. Nun die Frage: Ist es wahr­schein­lich, dass sich junge Konsumenten eine Marke auf den Leib ziehen, die mit dem Attribut „Demut“ behaftet ist? Das erscheint mir eher unsexy zu sein. Oder ist der PR-Gag noch viel weiter verdreht?
    Ziehen junge Amerikaner zukünftig GAP-Klamotten an, wenn sie zeigen wollen, das sie einen ganz Großen zur Strecke gebracht haben. GAP wird so zur Marke der eman­zi­pierten jungen erwach­senen, die ihre Marke im Griff haben. Wenn es so geplant gewesen sein sollte, und es auch noch funk­tio­nieren sollte, dann habe ich wirk­lich aller größten Respekt vor dieser Aktion.

  11. ~flow

    »Es war das falsche Projekt für den geeig­neten Zeitpunkt eines Crowd-Sourcing.«

    hm. selt­same über­set­zung für »This wasn’t the right project at the right time for crowd sourcing«. ich denke, man kann den satz so verstehen:

    This wasn’t (the right project at the right time) for (crowd sourcing)

    „the right (thing) at the right time“, „the right (thing) at the wrong time“ sind häufig verwen­dete klau­seln oder formeln, in die verschie­dene varia­blen einge­setzt werden können. „That was the right thing at the wrong time“, „das war das Richtige zur falschen Zeit“. Im deut­schen ist es schwer, die formel­haf­tig­keit des ausdrucks beizu­be­halten, auch schon deswegen, weil die deut­sche gram­matik umständ­li­cher als die engli­sche ist.

    Man könnte versu­chen: „Für Crowd-sourcing war dieses Projekt zu dieser Zeit nicht das rich­tige“. Also in dem Sinne: Crowd-sourcing ist wohl gut und sollte versucht werden, aber nicht ausge­rechnet mit dem Logo in einer Zeit wie dieser.

    btw ich habe aufge­hört GAP-klam­motten zu kaufen als mir klar wurde, dass die sehr wohl­ha­benden eigen­tümer kräftig am abholzen der wälder dieser erde betei­ligt sind (google redwood gap); ihnen gehört auch jene firma, gegen die julia hill protes­tierte, indem sie sich mehrere jahre auf einen baum­riesen setzte. was mich angeht, können solche firmen gerne zum teufel gehen.

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