Fünf Fragen an Rui Abreu von R​-Typgraphy​.com

RTYpography-LogoRui Abreu ist ein portu­gie­si­scher Grafikdesigner. Er lebt in Lissabon. Ursprünglich aus Porto, studierte Rui Grafikdesign an der Universität von Porto, School of Fine Arts, wo er im Jahr 2003 abschloss, nachdem er ausgiebig mit Typografie expe­ri­men­tiert hatte. Seine ersten, er selbst nennt sie ‘Versuche’, veröf­fent­lichte er 2006. Wir freuen uns, R​-Typgraphy​.com bei FontShop zu begrüßen.

Rui_Abreu

Ausgiebige Experimente an der Kunsthochschule in Porto legten den Grundstein für Ruis Bibliothek, die er zunächst bei Carlos Seguras Foundry T-26, dann bei Fountain aus Schweden veröf­fent­lichte, und seit 2008 in seiner eigenen Foundry R-Typografie

Rui grün­dete R​-Typography​.com 2008 als Schaufenster für eine Auswahl seiner Arbeiten. Auch seit 2008 veröf­fent­licht Rui Entwürfe bei der schwe­di­schen Foundry Fountain, darunter Orbe Pro und Aria Pro – beide 2011 vom Letter2 Wettbewerb der ATypI ausge­zeichnet. Nach fast zehn­jäh­rigem Einsatz in Designagenturen, beschloss Abreu sein Brot als Vollzeit-Schriftdesigner zu verdienen.

1. Was hat dich bewogen, Schriften zu entwerfen und ein eigenes Schriftenhaus zu gründen?

Zeichnen und Objekte bauen waren schon immer meine Leidenschaft. Als ich an der Kunstschule in Porto studierte, führte mein wach­sendes Verständnis für Grafik-Design mich direkt zu Schriften. Typografie wurde für mich die Antwort auf viele Fragen. Während meiner Agentur-Jahre, widmete ich mehr und mehr meiner freien Zeit mit dem Entwerfen von Schriften, die für mich funk­tio­nierten und – wie ich hoffte – auch für andere.

Abreu-Orbe_Pro

Mit Orbe enwi­ckelte Abreu eine Blackletter-Schönheit, die sich an der lebens­frohen portu­gie­si­schen Kalligrafie orien­tiert. Orbe eignet sich für Überschriften aber auch für längere Texte. 

Meine ersten Schriften veröf­fent­lichte ich bei T26. Nach naiven Anfängen, wurde das Entwerfen Stück für Stück ernst, bis ich 2007 Schriften bei Fountain Fonts in Schweden einreichte. Es war ein lang­samer Start, meine Arbeit noch unge­schickt. Schließlich brachten Fountain fünf meiner Schriften heraus. Dies gelang, weil ich meine Entwürfe immer verbes­sern wollte.

Fountain Fonts Gründer und Leiter Peter Bruhn [dessen früher Tod im Februar die Schriftenwelt bestürtzte, Anm. der Red.] unter­stützte meine Arbeiten in dieser Zeit und leitete mich an. Seine Vision hat mich wirk­lich inspiriert.

Mit jeder Schrift, die ich veröf­fent­lichte, stieg mein Anspruch. Ich wollte meine eigene Schriften-Bibliothek formen, mit Schriften die ich lieber einsetzen wollte, als bestehende Schriften.

Auch andere Grafikdesigner würden meine Schriften, so hoffte ich, bald lieber einsetzen als andere Schriften. Ich entwarf Azo Sans und Grafolita Script mit großem Ehrgeiz und gemeinsam mit meinem ersten Font-Erfolg, Gesta, legten sie den Grundstein für meine Bibliothek. Nie hatte ich mir zum Ziel gesetzt, ein eigenes Schriftenhaus zu gründen, doch so begann es.

Grafolita_Abreu
Die Grafolita-Familie bringt mit den Schnitten Regular, Medium und Bold warmen Script-Schwung in Flyer, auf Poster und ins Packaging

2. Schriften entwerfen in Lissabon? Wie sind typo­gra­fi­sche Tradition und Schriften-Community? 

Dass Lissabon eine starke typo­gra­fi­sche Tradition besitzt, glaube ich nicht. Die Stadt ist jedoch voller Geschichte und besitzt ihre eigene Ästhetik, die sich in den Arbeiten von Schriftenentwerfern und allen Kreativen zeigt.

Als ich nach Lissabon zog, bestürmten mich die Architektur, die baro­cken Ornamente an den Gebäuden, die Beschriftungen alter Ladengeschäfte und Inschriften an Monumenten. Dass diese Formensprache so eng mit der Geschichte Lissabons verknüpft ist, machte die Beschäftigung damit noch spannender.

Buchtitel in Antiquariaten weckten mein Intersse. Ich wollte heraus­finden, ob ich einen eigenen portu­gie­si­schen Schriftenstil heraus­ar­beiten kann. Schwer zu sagen. Klar ist, dass das Interesse an Typografie in Portugal beständig zunimmt, wie die Zahl der Schriftenentwerfer und Studenten, der Geschichte von Schrift und Druck. Druckerpressen und Bleilettern sind begehrte Sammlerobjekte. Sie zu erhalten statt wegzu­werfen ist eine gute Sache und dient hoffent­lich der Entstehung einer typo­gra­fi­schen Tradition in der Zukunft.

Aria-Pro_Abreu
Aria Pro versieht kontrast­reich und mit zahl­rei­chen Alternativformen, Ornamenten und Ornamentziffern Displays und Verpackungen mit dem roman­ti­schen Charme des 19. Jahrhunderts

3. Was sollte eine moderne Schriftenfamilie können? Über welche Fähigkeiten sollte sie verfügen?

Fremdsprachenunterstützung ist heute ein wich­tiges Merkmal. Darüber hinaus sollt eine Schrift-Familie gut ausge­baut sein und über eine weite Palette von Schriftschnitten verfügen.

Auffällig ist, wie viele Extrem-Schnitte einge­setzt werden, vom Light- und Heavy- Rand des Spektrums, in Druckaschen und online.

Einige OpenType-Features sind inzwi­schen Standard, zum Beispiel Versal-Varianten von Bindestrichen, Schrägstrichen oder Klammern.

Die Qualität von Funktion und Ästhetik eines Neuentwurfs darf der eines Schriftenklassikers in nichts nach­stehen. Ich glaube nicht, dass die Anforderungen an eine gute Schrift sich in der Geschichte von Schrift und Druck stark verän­dert haben. Je besser wir verstehen, wie Schriften vor 500 Jahren herge­stellt wurden, desto besser gelingt uns das Entwerfen heute.

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Signos gewisses Etwas springt ins Auge: Der umge­kehrte Kontrast erzeugt Spannung in Headlines oder Branding-Aufgaben

Die Herausforderung liegt darin, die eigenen Wege in den Schrift-Konventionen zu finden, der typo­gra­phi­schen Begrifflichkeit und den Kategorien, die fest­legen, wie Schriften aussehen sollten. In meinen Augen ein stän­diger Kampf.

Die heute belieb­testen Schriften sind dieje­nigen, die mit Konventionen spielen, sich an ihnen reiben oder sie sogar bewußt mißachten – in post­mo­derner Weise.

Schriften müssen visu­elles Interesse hervor­rufen. Sie sollten „nach etwas schme­cken“, nnackig anzu­sehen in der hohen Präzisionsauflösung der modernen Druckmaschinen und auf den ultra­scharfen Bildschirmen.

4. Wel­che deiner eige­nen Schrif­ten ist dein per­sön­li­cher Liebling?

Meine Lieblingsschrift ist immer die, die ich zuletzt entworfen habe. Eine beson­dere Beziehung habe ich zur Azo Sans Familie. Eine geome­tri­sche Sans zu entwerfen wollte ich über Jahre, fühlte mich jedoch nie gut genug.

Azo-Sans- Alternates-Abreau

Azo Sans Uber bringt die geome­tri­schen Formen der 20er Jahre zu den fetten Headlines von heute mit einem OpenType-Vorrat an speziell ausge­rich­teten Altenate-Zeichen

Ich „übte“ an anderen Entwürfen. Als ich mich endlich an Azo heran­wagte, verbrachte ich eine beispiel­lose Zeit mit der Art ihrer Konstruktion.

5. Wel­che ist deine per­sön­li­che Lieb­lings­schrift eines ande­ren Entwerfers?

Mein Fontliebling ist Antique Olive [von Roger Excoffon, Nummer 51 in den 100 besten Schriften, Anm. d. Red.]. Manchmal habe ich sie aber auch etwas über.

Azo-Sans-Abreu

Die Azo-Familie konstru­ierte Rui nach dem goldenen Schnitt. Die exakte Konstruktion der sechs-schnit­tigen Sans erfährt durch huma­nis­ti­sche Nuancen Charakter.

Grundsätzlich ist sie unend­lich schön. Sie inspi­riert mich. Meisterlich lässt sie uns den Strich als Angelpunkt der Buchstabenform vergessen.

Der Blick verharrt in der Punze. Virtuos balan­ciert Antique Olive den weißen Raum in und zwischen den Buchstaben.

Dieser Ansatz ‘gegen den Strich’ ist umso erstaun­li­cher, wenn man weiß, dass Roger Excoffon als Meister des präzisen Pinstelstrichs gilt, den er mit mühelos perfekter Geste ausführte.

Catacumba-Lisbon

Wenn er durch die Straßen von Lissabon schlen­dert, kann Rui sich inzwi­schen an eigenen Entwürfen im Stadtbild erfreuen – hier ein Schild in Catacumba 

Catacumba-Asterisk

Pakete (R​-Typography​.com)

Azo Sans OT 12 Fonts | € 214

Azo Sans Uprights Set OT 6 Fonts | € 123

Azo Sans Italics Set OT  6 Fonts | € 123

Azo Sans Uber OT Einzelschnitt | € 21

Grafolita Script OT  3 Fonts | € 26

Signo OT 12 Fonts | € 239

Pakete (Fountain Fonts)

Orbe Pro OT | Einzelschnitt | € 99

Catacumba Familie OT Pro 3 Fonts | € 89

Gira Sans OT Pro 14 | Fonts € 320

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