Fünf Fragen für Ulrike Rausch, LiebeFonts

 

LiebeFonts LogoWährend ihres Studiums erhielt Ulrike die Gelegenheit, ein Auslandssemester in Florenz zu verbringen. Dort erfuhr sie das abso­lute Kontrastprogramm zu ihren digi­talen Gewohnheiten, als sie an der Accademia di Belle Arti Malerei in den Hörsälen von Michelangelo und Galilei studierte und ein halbes Jahr Computerabstinenz übte.

Neben der Dolce Vita, lernte sie in Florenz analog zu arbeiten: Farben anmi­schen, Leinwände bespannen, male­ri­sche Techniken auspro­bieren, mit den verschie­densten Werkzeugen expe­ri­men­tieren – das gehörte dort selbst­ver­ständ­lich zum Gestaltungsprozess.

„Das manu­elle Arbeiten hat mir die Augen geöffnet und das Studium anschlie­ßend in Deutschland maßgeb­lich beeinflusst.“

Ulrike räumte dem Handwerk im Gestaltungsprozess fortan viel mehr Platz ein und betrachtet Ergebnisse manu­eller Vorarbeiten als wesent­lich inter­es­santer und lebendiger.

2013-11_FontShop-Interview_UlrikeWilhelm

Illustratorin und Schriftenentwerferin Ulrike Wilhelm sprach mit FontShop Aktuell über das Entwickeln von Schriften, die Berliner Schriften-Community und ihre Font-Lieblinge 

Handgefertigte Produkte und Designs ziehen Ulrike magisch an und auch ihre eigenen Arbeiten zeichnen sich durch einen hand­ge­machten Charme aus. Bei ihren Schriften legt sie großen Wert auf eine ausgie­bige analoge Vorarbeit.

Als Schriftgestalterin und Illustratorin lebt und arbeitet Ulrike Wilhelm in Berlin, zur Zeit als Untermieterin bei FontShop. Ihren Hochschulabschluss zur Kommunikationsdesignerin hat sie 2008 an der Fachhochschule Potsdam erworben. 2009 grün­dete Ulrike Wilhelm das Schrift-Label LiebeFonts, unter dem sie ihre hinge­bungs­voll gestal­teten Schriften vertreibt.

 1. Was hat Dich bewogen, Schriften zu entwerfen und ein eigenes Schriftenhaus zu gründen? Ein Zufall. Im Studium an der Fachhochschule Potsdam habe ich mich haupt­säch­lich mit Illustration beschäf­tigt. Ich habe zwar einige Semester in Luc(as) de Groots Schriftgestaltungskurs verbracht, aber dass ich mal profes­sio­nell Schriften gestalten und auch noch erfolg­reich verkaufen könnte, hätte ich damals nicht für möglich gehalten.

LiebeFonts_LiebeErika

LiebeErika ist eine schmal laufende Lettering-Familie mit vier Schnitten. Auf Labeln und engen Verpackungen hervor­ra­gend lesbar, schafft LiebeErika in Print- und Web- Projekten immer ein freund­li­ches Ambiente, auch in Flyern, Postern und Anzeigen. 

Im Rahmen meiner Abschlussarbeit ist dann eine Serie von Piktogrammen und Mini-Illustrationen entstanden. Einige Zeit nach dem Studium hatte ich dann die Idee, daraus einen Piktogramm-Font zu machen. Gesagt, getan: Kurze Zeit später veröf­fent­lichte ich unter dem Namen LiebeFonts meine ersten Motiv-Fonts. Mich wunderte es damals, dass sich die Fonts über­haupt (wenn auch moderat) verkauften.

Angestachelt vom beschei­denen Erfolg kamen deshalb schnell immer mehr hinzu: LiebeFish, LiebeCook, LiebeTweet, … Dass ich mich irgend­wann an meine erste alpha­be­ti­sche Schrift LiebeErika getraut habe, lag vor allem daran, dass ich ständig selbst auf folgendes Problem stieß:

Ich hatte keinen Font, der zu meinen Illustrationen passte. Bis dahin hatte ich jeden Text, zum Beispiel die E-Mail-Adresse auf meiner Visitenkarte, per Hand geschrieben. Das klingt zwar roman­tisch, ist aber oft einfach nur unpraktisch.

Aus dieser Not heraus wurde dann 2010 LiebeErika geboren.

2. Ist es wahr, dass Berlin sich neben einem Schmelztiegel für Startups auch zu einer Hochburg der Typografie entwi­ckelt hat? Ja, das stimmt defi­nitiv. Ich finde es groß­artig, dass es in Berlin so viele fabel­hafte Schriftgestalter gibt, die sich auch regel­mäßig treffen. Unter anderem findet alle zwei bis drei Monate der legen­däre Typostammtisch statt. Hier trifft sich das Who-is-who der Szene – vom Guru bis zum Typoneuling.

Meist werden kleine Vorträge gehalten und anschlie­ßend hat man die Gelegenheit, mit den anderen typophilen Gästen noch ein wenig zu fach­sim­peln. Diese Treffen unter Gleichgesinnten helfen mir auch immer, mich nicht ganz so nerdig zu fühlen.

LiebeFonts_LiebeRuth

LiebeRuth ist eine natür­liche Schönheit, die in vier Schriftschnitten Robustheit mit Eleganz kombi­niert. Ihre Zierzeichen schaffen zusätz­lich Anmut und machen sie zu einer viel­sei­tigen Verpackungs-, Label- und Anzeigen- Schrift, die sogar Displays und Logos stemmt. 

Ich empfinde es als einen großen Luxus, mich immer wieder mit diesen Profis austau­schen zu können. Natürlich inspi­riert der Austausch mit Kollegen auch ständig das eigene Schaffen und man weiß, wen man fragen kann, wenn man eine zweite Meinung oder tech­ni­sche Hilfestellung braucht.

Es ist weniger ein Konkurrenzkampf als ein freund­schaft­li­ches und konstruk­tives Miteinander. Und ständig erscheinen neue tolle Leute und Foundries auf der Bildfläche. Dadurch gibt es ständig Workshops und neue inter­es­sante Veranstaltungen. Es gibt wohl momentan keine bessere Stadt als Berlin, wenn man sich für Schrift und Typografie interessiert.

LiebeFonts_LiebeKlara

LiebeKlara beweist, dass Handgeschriebenes auch auf wenig Raum über­zeugt. Speisekarten, Kochbücher und auch Label und Etiketten – wenn viel Inhalt auf wenig Platz trifft und die persön­liche Note trotzdem nicht fehlen darf, empfielt LiebeKlara ihre kundigen Dienste. 

3. Was sollte eine moderne Schriftenfamilie können? Über welche Fähigkeiten sollte sie verfügen? Zunächst sollte sie über einen voll­stän­digen Zeichensatz verfügen. Das klingt zwar trivial, aber

… gerade im Bereich der Display-Schriften findet man leider viele, die gerade mal über die Minimalbelegung A–Z, a–z und 0–9 verfügen. Ich habe den Anspruch, so viele Sprachen mit meinen Schriften abzu­de­cken, um ein profes­sio­nelles typo­gra­fi­sches Arbeiten zu ermöglichen.

Außerdem ist es mir auch wichtig, meine Fonts mit reich­lich Alternativbuchstaben, Swash-Varianten und Ligaturen auszu­statten. Das macht die Schrift viel­sei­tiger und inter­es­santer. Natürlich dürfen auch Ligaturen, Formvarianten und andere Alternativzeichen nicht fehlen. Die meisten meiner Schriften sind als Displayschriften gedacht, und da ist es wichtig, dem Anwender eine Auswahl an die Hand zu geben, damit nicht alle Überschriften gleich aussehen.

LiebeFonts_LiebeDoni

LiebeDoni bringt Italiens typo­gra­fi­sche Erbe ins OpenType-Format und beein­druckt mit opulenten Formen und kontras­tiertem Schwung. Über 600 Glyphen bestü­cken den Font mit jedem erdenk­li­chen Schnörkel. Raffiniert: Der Outline-Schnitt, der Fettes visuell leicht verdau­lich serviert. 

Ich finde es reiz­voll, wenn man genauer hinschauen muss, um zu erkennen, ob das nun eine digi­tale Schrift ist oder sich jemand die Mühe gemacht hat, den Text per Hand zu schreiben.

Diesen Anspruch baue ich per OpenType-Features in meine Schriften ein: bei Buchstabenpaaren, die häufig auftreten, wird beim Tippen auto­ma­tisch der zweite Buchstabe ein wenig anders aussehen als der erste. Das ist zwar für den Laien kaum zu sehen, macht den hand­ge­schrie­benen Charakter aber wesent­lich glaubwürdiger.

4. Welche Deiner eigenen Schriften ist Dein persön­li­cher Liebling? Ganz klar: LiebeErika. Das hat aber auch senti­men­tale Gründe, denn LiebeErika war die erste ›rich­tige‹ Schrift, die ich veröf­fent­licht habe. Hätte ich durch sie nicht so viel posi­tives Feedback erhalten, wäre ich unter Umständen gar nicht bei der Schriftgestaltung geblieben. LiebeErika ist außerdem meine meist­ver­kaufte Schrift. Ich bin also nicht die einzige, die LiebeErikas schlanke und liebe­volle Formen schätzt.

LiebeFonts_LiebeDingbats

Liebe Dingbats: So auf den Punkt wie liebe­voll enthalten Dingbats von LiebeFonts die visu­ellen Botschaften von heute

Unter meinen Illustrations-Fonts ist LiebeFish immer noch mein Liebling. Ich habe immer noch Spaß daran, sie anzu­sehen und zu verwenden. Die Dinger haben erstaun­lich viel Persönlichkeit und erin­nern mich an verschie­denste Leute.

5. Welche ist Deine persön­liche Lieblingsschrift eines anderen Entwerfers? Natürlich schätze ich viele Schriften meiner Berliner Kollegen, da man durch den persön­li­chen Kontakt auch einen Einblick in deren Arbeit erhält und somit auch ihre Schriften sehr gut kennen und lieben lernt. Generell bin ich ein großer Freund von Egyptienne-Schriften. Eine Schrift, die ich schon seit Jahren gerne mag, ist die Clarendon. Eine gute Form über­steht Moden und Trends, in diesem Fall seit 150 Jahren.

 

LiebeFonts-Schriften bei FontShop liegen im OpenType- und im Web- Format vor:

• LiebeDoni | 2 Fonts | € 35,00

LiebeErika | 4 Fonts | € 59,00

• LiebeKlara | 1 Font | € 19,90

• LiebeRuth | 4 Fonts | € 59,00

 

LiebeFonts-Dingbats bei FontShop (OT & Web):

LiebeChristmas OT

• LiebeCook OT

• LiebeEaster OT

• LiebeFish OT

• LiebeKitty OT

• LiebeMeno OT

• LiebeOrnaments OT

• LiebeRobots OT

• LiebeTweet OT

1 Font | je € 14,90

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alle Preise verstehen sich zzgl. MwSt.


Ein Kommentar

  1. Curd

    Die zwei Kommata liefere ich noch nach: , – ,. Nur, weil ich sie vergessen habe.

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