Fontnäpfchen (14): Typografischer Fleckenteufel gesucht
Wir bei FSI und FontShop lieben Heinz Strunk. »Fleisch ist mein Gemüse« war und ist sensationell, »Die Zunge Europas« … ähnlich umwerfend. »Fleckenteufel« haben wir noch nicht gelesen. Wir hoffen aber, dass aus der typografischen Katastrophe auf dem Cover keine Rückschlüsse auf den Inhalt zu schließen sind.
Fleckenteufel ist die literarische Antwort auf »Feuchtgebiete« von Charlotte Roche, mit 1,4 Millionen Exemplaren der meistverkaufte Roman 2008. Dass Fleckenteufel den Feuchtgebieten nacheifert, erkennt man schon am fast identischen Umschlag. Statt des Pflasters (beim Original) sehen wir einen dreckigen Waschlappen, aus der Grundfarbe Pink (Mädchen) wurde Blau (Jungs). Auch die Typografie wollte ähnlich sein, ist sie aber leider nicht.
Gesetzt aus der wunderbaren Pixelfraktur FF Karo Dot. würde der Strunk-Titel so aussehen:
Und selbst wenn einem das k »zu sehr nach Fraktur« und damit unpopulär aussieht, muss man nicht gleich eine andere Schrift nehmen oder selbst machen oder vergewaltigen … die offensichtlich auch kein besseres k hatte, von den restlichen Buchstaben und ihrer Zurichtung ganz zu schweigen. Denn Karo bietet ein alternatives k an:
Dies alles für nur 59,– € im OpenType-Format. Musste mal gesagt werden dürfen … Nichts für ungut, Heinzer! ;) Wie sagte auch Bertram Schmidt-Friederichs auf der Buchmesse 2006: »Gute Typografie kostet nicht mehr als schlechte … spart aber Zeit und sieht besser aus.«
16 Kommentare
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Da Stefan
Mhhh, anderer Verlag, anderer Autor: was sagt der Designer/die Designerin des Originals? Immerhin versucht da jemand mit einem Plagiat von der großen Öffentlichkeitsresonanz des Originals zu profitieren…
thomas
laut dem hanseplatte.de newsletter vom letzten sonntag findet heinz strunk das cover wohl selbst unheimlich peinlich, hätte das einstampfen der startauflage aber selbst zahlen müssen ;)
Ivo
Nicht zu vergessen, dass statt der schönen FF Magda Clean, in der der Name der Autorin gesetzt ist, hier einmal mehr die vor allem auf Buchcovern überstrapazierte Bank Gothic verwendet wurde.
Pascal
Also ist doch vollkommen klar, dass das Cover nicht 1:1 geklaut werden darf oder? Egal ob Satire oder nicht, da bereichert man sich ja des Wiedererkennungswertes des Originals.
Jürgen
Der Verlag von Feuchtgebiete sieht das entspannt und sagt: »Was erfolgreich ist, wird nachgemacht.«
Simon Wehr
»Vielleicht hätte er jemanden fragen sollen, der sich damit auskennt …«
Aber welcher Typograf steht schon in den gelben Seiten?
christian
Mensch, das hätte der Heinzer doch nicht nötig gehabt, nun wirklich nicht.
Was mich aber noch viel mehr erstaunt hat, erst kam Fleisch ist mein Gemüse, dann kam lange Zeit gar nichts, dann endlich(!) Die Zunge Europas (was aber dem Erwartungsdruck nicht ganz standhalten konnte) und nun quasi gleich danach schon wieder ein neues Buch.
Bin aber gespannt.
Liz
Wenn der Designer genau die Pixelfraktur nehmen wollte, hätte er wohl auch nicht Bank Gothic sondern eine ähnlichere Schrift zur FF Magda genommen. Oder willst Du einfach zeigen wie man es hätte richtig kopieren sollen?
Des Weiteren, im Bezug auf Fonts den Begriff „Vergewaltigung“ zu benutzen ist zumindest nicht verhältnismäßig.
Martin L'Allier
Hello (sorry to write in English),
When I designed FF Karo I also included an alternate lowercase k – thinking that it might be useful in some circumstances:
Thanks for that story and too bad for that teufel :)
Juli Gudehus
Hier ist noch eine Variante, das Buch erscheint im Februar bei Carlsen (keine Ahnung, wie gut der Inhalt ist):
http://www.juligudehus.net/trockenzonen.jpeg
Jens Kutílek
Ist der Waschlappen wenigstens draufgeflockt? ;) Das Pflaster ist ja immerhin geprägt.
robertmichael
wer hat denn das design von charlottes buch den gestaltet? würde mich mal interessieren.
Jürgen
@robertmichael: Das ist, wenn ich mich richtig erinnere bei ZERO in München gestaltet worden.
robertmichael
stimmt, danke.
Peter Jones
http://img72.imageshack.us/img72/9506/41a77m7zovlss500oc0.jpg
Hier gibt es noch eine Cover-Kopie die im Bahnhofsbuchhandel auch neben dem Original liegt. Im Hinblick auf das Design kommt sie dem Original imho sogar am Nähesten.
David
Kein Witz: Auf dem Schmutztitel (Seite 3) ist noch eine andere „k“-Variante verwendet worden – weder das verhunzte k vom Titel noch das Original _oder_ die mögliche Alternative (Comment #9), sondern wohl tatsächlich noch ein zweiter „Nachbau“. Ganz merkwürdig, allerdings ein Stück besser als das Titel-k. Buchkritik folgt ;-)