15 Jahre Diddl-Maus


Am 24. August 1990 fertigte der Illustrator Thomas Goletz die erste Zeichnung von Diddl an. Daher gilt dieser Moment als die Geburtsstunde der Springmaus. Heute wird Diddl 15. Menschen mit Geschmack – also Designer – ignorieren Diddl. Haben sie eine Tochter im (vor-)schulfähigen Alter, kommen sie an Diddl nicht vorbei. Weiterlesen ...



Alle Abbildungen © www.diddl.de

Am Anfang war Diddl ein Känguruh. Die riesigen Füße und die typische Latzhose zeugen von der ursprünglichen Idee. Aus dem Känguruh entwickelte sich in späteren Skizzen dann eine Springmaus, die der heutigen Figur bereits sehr ähnlich sah. Die Füße und Ohren wurden noch etwas vergrößert, und es entstand die beliebte Diddl-Maus.
Im Laufe der Jahre hat die Hauptfigur jede Menge Freunde bekommen: die weibliche Maus Diddlina, der Bär Pimboli, der Rabe Ackaturbo, das Kaninchen Mimihopps, das Pferd Galupy sowie die beiden Schafe, Wollywell und Vanillivi; die neueste Figur aus Diddls Welt ist ein Hund, namens Bibombl.
Wo leben Diddl und seine Freunde? Im Käsekuchenland. Wo liegt das? Im Schreibwareneinzelhandel, genauer gesagt bei McPaper (280 Filialen), in den Kaufhäusern und in schlecht sortierten Ansichtskarten-Verkaufsstellen. Die Diddl-Biotope sind ungezählt. Man trifft den Clan auf Grußkarten, Schreibblöcken, Stickerbögen, Schreibmaterialien, Schulheften, Schulranzen, Kleidungsstücken und so weiter und so fort.



Diddls Steckbrief:
Name: Diddl
Geburtsdatum 24.08.1990
Geburtsort: Käsekuchenland
Wohnort: Käsehöhle unter dem Dachbodenbaum
Größe: dreikäsehochfünfzig
Gewicht: sprungfederleicht
Haarfarbe: schwarz
Augenfarbe: schwarz
Merkmale: Latzhose, große Füße, drei Haare

Mit 13 gezeichneten Postkarten von Thomas Goletz fing alles an. Als diese beim Publikum ankamen, bastelte er mit seiner Mutter die erste Plüschfigur. Bald fand sich ein Hersteller, der die Figur mit den ungewöhnlichen Proportionen produzierte. 1993 ging die Plüschmaus in Serie. In den darauf folgenden Jahren folgte die Erweiterung der Diddl-Familie, parallel zur vertikal wachsenden Produktpalette. Einige Diddl-Produkte werden zu Sammelobjekten, wie die Schreibpapiere, die es in unzähligen Varianten (auch mit Duft) gibt. Die Sammelleidenschaft und ein hartnäckiger Vertrieb sorgten für die seuchenartige Verbreitung der Vorschulfiguren.
Heute arbeiten 400 Mitarbeiter beim Depesche Verlag in Geesthacht. Die Umsätze nähern sich in diesem Jahr wahrscheinlich der 200 Millionen-Grenze. Dafür dürften der Einstieg in den US-Markt sowie die großen Geburtstagstournee sorgen, die heute startet: Diddl-Fans bekommen Popkorn und Getränke, können sich mit einer großen Plüschmaus in einer bunten Kulisse fotografieren lassen und das Bild in einer Klappkarte gleich mitnehmen. Premiere ist heute von 15 bis 18 Uhr in Geesthacht, auf dem großen Platz im Uferpark an der Elbe. Die gesamte Tournee »Happy Diddl Days 2005« wird drei Monate dauern.
Soviel zu den Fakten. Jetzt kommt Meinung.
Viele schütteln über Diddl und seine Freunde den Kopf. Das kann man keinem verübeln. Als ich Mitte der 60er Jahre Fußballbilder gesammelt und getauscht habe, spottete keiner darüber. Wahrscheinlich deshalb nicht, weil die Bundesliga-Sammelbilder niemanden zum Millionär machten. Wirtschaftlicher Erfolg erzeugt in keinem Land so viel Neid und Empörung wie in Deutschland.
Jungens sammeln Pokemon und Dragonball Z, Mädchen Diddl. Diese Sammelphase im Alter zwischen 5 und 8 Jahren scheint ein unabwendbares Phänomen zu sein. Erziehungsexperten sprechen in dem Zusammenhang von »sozialer Währung«. Eltern und Erziehung sind dagegen so gut wie machtlos ... wer das Gegenteil behauptet, hat keine Kinder oder lebt mit diesen in Abgeschiedenheit. Für die Kleinen ist das Handeln Gleichartiger von höherer Bedeutung als alles, was die Eltern sagen und tun (was in der Jugend nicht aufhört, im Erwachsenenalter jedoch zum Erliegen kommen sollte – falls man an einer eigenen Persönlichkeit interessiert ist).
Soziologen haben dieses Phänomen untersucht und beruhigen: »Die Ergebnisse vor allem der qualitativen Studien zeigen, dass das Gros der Kinder durchaus Ansätze von Medien(marken)kompetenz erkennen lässt. Zudem wird an den Äußerungen der älteren Kinder deutlich, dass mit zunehmendem Alter die Attraktivität multimedial vermarkteter Angebote abnimmt, das Interesse am Sammeln und Tauschen nachlässt und die Medienmarken als ›soziale Währung‹ an Bedeutung verlieren.«
Für gänzlich falsch halte ich es – aus erzieherischer Sicht –, sich über die Hässlichkeit der Diddl-Maus zu mokieren. Abfällige Bemerkungen zeugen nicht nur von Arroganz, sie helfen auch keinen Deut weiter, unsere Marken- und Medienkompetenz zu stärken.

Herausgegeben: Mi - August 24, 2005 at 08:59 vorm.         |


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