Entlassung bei Adobe-Type
Thomas Phinney, der langjährige Produktmanager für Fonts und globale Typografie in der Adobe-Niederlassung Seattle (Washington, USA), teilte vergangene Nacht seinen Branchenkollegen mit, dass er das Unternehmen nach 11,5 Jahren verlassen werde. Die Personalabteilung habe ihm ein Angebot gemacht, »das er nicht ausschlagen konnte«. Anders ausgedrückt: seine Stelle wurde gestrichen.
Phinney war Sprecher auf der TYPO 2008. Seit 2004 ist er Vorstandsmitglied der Association Typographique Internationale (ATypI). Er war Autor das Weblogs Typblography. Eine seiner Leidenschaften ist die forensische Typografie. Bereits mehrmals zogen ihn Richter bei Fälschungsprozessen als Gutachter hinzu, und die Washington Post zitierte ihn zu den angeblich gefakten Memos der National Guard und US Präsident Bush.
9 Kommentare
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stefano picco
Gibt es denn schon irgendwo etwas von offizieller Seite, wieso, weshalb und warum es dazu kam? Ich mein Logik ist zwar manchmal ein Fremdwort für viele Firmen, doch eine so offensichtliche Koryphäe der Typografie „schmeißt“ man doch nicht einfach aus seinem Unternehmen?! Oo
Jan Middendorp
Adobe hat letzte Woche weltweit 600 Leute entlassen, darunter auch Tim Cole, der berühmte „senior InDesign and InCopy Evangelist“. Also Thomas ist nicht die einzige Koryphäe, die Adobe verlassen hat. Eine Namenliste der Opfer gibt es nicht, Adobe überlässt es ihren ex-Arbeitsnehmern, ihr Schicksal anzukündigen.
Übrigens: wie alle in den USA (s. auch die „massive layoffs“ in der Bücherwelt am „Black Wednesday“, letzte Woche) hatte Abobe 2 schwierige Quartale; aber im juli hatte die Firme noch einen Gewinnzuwachs von 40% gemeldet… Wir hätten einfach alle sofort CS4 kaufen sollen, ist die Botschaft.
Sebastian Nagel
So, dafür kauf ich jetzt die CS4 doch nicht… oder ist das ein Teufelskreis?
Simone Wolf
Stefano, wenn es Unternehmen schlecht geht zählt nur der spitze Bleistift und Priorität nach legalen Möglichkeiten, Kosten zu minimieren. Alles andere ist dann egal.
Es hat in der Vergangenheit schon einige bei Adobe getroffen. Ich erinnere mich aus meiner Linotype-Zeit an eine ähnliche Rationalisierungsmassnahme.
Für Tom Phinney tut es mir Leid, weil ich ihn seit ca. 8 Jahren kenne und weiß, mit wieviel Sorgfalt und vor allem wie gern er das macht, was er macht. Aber vielleicht macht er ja nun bald, etwas Eigenes! Das wäre toll!
HD Schellnack
Besorgniserregend an solchem McKinsey-ismen ist natürlich, dass inzwischen global eine ganze Branche an Adobe hängt. Ob Print- oder Webdesign, es führt kaum noch ein Weg vorbei an Produkten von Adobe. Während ich dafür bin, den Marketing-Wasserkopf des Unternehmens abzubauen, finde ich es besorgniserregend, wenn ausgerechnet die Leute, die hinter den Kulissen für die Produktqualität sorgen, entlassen werden. Phinney ist nicht zuletzt via Typophile eine Größe und Cole (und sein Blog) für ID ebenso wichtig wie Nack (und sein Blog :-)) für Photoshop. Solche Leute sind wichtige, öffentliche Gesichter für das Unternehmen und haben über viele akute Probleme mit CS3 und 4 hinweggetröstet, weil man als Kunde darauf vertrauen konnte, dass in dem Moloch Adobe ein paar Leute sitzen, die Verve und Wissen haben und die richtigen Sachen voranzutreiben versuchen.
Die Probleme, die Adobe derzeit hat, liegen in schlechten Marketingentscheidungen, bei den massiven Problemen nach der Fusion mit Macromedia und einer unklaren Businessstrategie, die aus dem schieren Gold, das Adobe eigentlich in der Hand hat (allein Flash und PDF) nur Heu zu spinnen scheint, wie CS4 nahelegt.
Schade drum, andererseits sind es Leute wie Cole und Phinney, die dann vielleicht den Softwarekonzern von morgen gründen und Adobe Konkurrenz machen werden. So wie Indesign binnen kürzester Zeit Quark beiseite gefegt hat, kann es auch Adobe gehen, wenn es zu monopolistisch, zu träge, zu weit am Kunden vorbei agiert.
Jan Middendorp
@ HDS:
Hear, hear!
:-)
Nick Blume-Zander
@ HDS. Weise. ;-)
Samo
Adobe sollte sich mal an der Nase nehmen und wieder Programme machen, die die Leute kaufen wollen. CS3 und CS4 sind höchstens x.5 Updates, etliche Bugs sind seit ewigkeiten vorhanden, auf OS X funktioniert das ver-macromedia-ste Interface immer noch nicht sauber. So schwer ist es nun wirklich nicht, Adobe hätte ja in der Periode von CS2->CS4 genug Zeit, das _ganze_ Inteface in Cocoa neu zu machen, inklusive custom widgets.
Die Preispolitik slebst ist für die Kunden ja auch nicht nachvollziehbar – ich könnte ja bis zu 250 Euro mehr für die lokalisierung nachvollziehen bei der ganzen Suite. Aber ~1000? Nö, dafür bin ich zu doof.
Es ist immer wieder traurig, wenn in einer Firma vertrotteltes Management, welches keine Ahnung von den Usern, der Software-Entwicklung sowie der Bereiche für welche die Software gedacht ist hat, das Ruder übernimmt. Die product managers reden alle davon, wie sehr sie auf die User hören, aber bis zu den Produkten selbst scheind das nicht durchzusickern.
Schade, es gab Zeiten, da hab ich gern Adobe Softwarepakete gekauft.
HD Schellnack
Vor allem WAS für eine Lokalisierung, die aus Vibrancy mal Lebendigkeit und mal Dynamik macht. Sachen, die bei datenbankbasiertem Übersetzen gar nicht vorkommen dürften.
D’accord – CS 4 ist eigentlich CS 3.5 und sollte deutlich weniger kosten. Bugs wie das Spaces-Ding sollten weg sein, die Installation läuft endlich halbwegs passabel, aber ist immer noch unter dem, was selbst Freeware-Programme leisten.
Schade auch, das Dinge wie Automator und Quicklook anscheinend bei Adobe nicht so richtig stattfinden – eine nahtlose Anbindung in das OSX-Surrounding wäre eine Wohltat (etwa Support für 16bit TIFF, besseres EPS, besseres PSD).
Schon traurig, wenn ich beim aktuellen Indesign noch eine lange Wunschliste haben muss und immer noch mit Plugs die Löcher stopfe…