Einführung in FF Chartwell

Der FontFont FF Chartwell ist die einfachste Lösung für Designer, schnell anspre­chende Charts zu erstellen – mit maxi­maler grafi­scher Freiheit und ohne in Tabellen herum­zu­fum­meln. Konzipiert wurde Chartwell von Travis Kochel, einem inter­dis­zi­pli­nären visu­ellen Gestalter aus Portland (Oregon), der am Art Institute of Chicago studierte. Weil die Schrift exzessiv mit OpenType-Features spielt und diese in den meisten Browsern noch nicht unter­stützt werden (was sich bald ändern wird, siehe Fontblog-Beitrag OT-Features im Web … wer braucht das?), kann die Funktionsweise von FF Chartwell im Moment nicht in unseren Shops darge­stellt werden, auch nicht in der FontBook-App. Daher dieser kurze Beitrag zur Einführung. Eine PDF-Anleitung gibt es auch (4 S., 320 K)

Inspiriert wurde Travis Kochel von den OpenType-Spielereien früherer FontFonts, zum Beispiel in FF Beowolf (Beowolf OT kommt, mit 85.000 Zeichen) und FF PicLig (Neue FF PicLig: eine Schrift zum Liebhaben). Er ahnte die Möglichkeit, mit Hilfe von OpenType-Font-Features aus Zahlen Diagramme zu bauen: einfach die Ziffern tippen, verschie­dene Farben vergeben und mit einem Schriftwechsel in Balken- oder Torten-Grafiken umwan­deln. Das nach­träg­liche Editieren sollte mit dieser flexi­blen Technik ein Kinderspiel sein.

In 4 Schritten ein Tortendiagramm mit Chartwell erstellen

1. Sicherstellen, dass die Spationierung auf NULL einge­stellt ist.

2. Zahlenwerte zwischen 0 und 100 bereit­halten. Die Werte eintippen und mit einem Pluszeichen verknüpfen. Ein Buchstaben zwischen a und f zu Beginn der Zeichenkette defi­niert das zugrunde liegende Raster, zum Beispiel Rose, Rings oder Radar. Der Schriftschnitt Bars Vertical erzeugt ein Balkendiagramm, mit dem Font FF Chartwell Lines lassen sich Megenverteilungen in einem waag­rechten Balken darstellen. Durch einfalls­reiche Überlagerungen können sich unge­zählte Varianten ergeben.

3. Die Ziffern einfärben, damit sich die Diagrammflächen nachher abgrenzen:

4. Den OpenType-Befehl Stylistic Alternates bzw. Stylistic Set 1 auf die Zeichenkette anwenden, fertig:

Unsere Kollegen bei FontShop International, Herausgeber der FontFonts, haben einen kleinen Screencast gedreht, in dem die Funktionsweise von FF Chartwell in 4 Minuten erläu­tert wird. Es spricht und führt vor: Unser TYPO-Day-Referent Jens Kutilek:

Chartwell erschien erst­mals 2011 im Eigenverlag des Entwerfers und wurde in den letzten Monaten (auf seinen Wunsch) bei FontShop International von 3 auf 7 Schnitte ausge­baut; das unter­stüt­zende Alphabet für die Beschriftung der Charts erhielt einen Pro-Zeichensatz-Ausbau.


16 Kommentare

  1. Gerd Wippich

    Chartwell war mir im letzten Jahr schon positiv aufge­fallen. Endlich wieder ein wirk­lich krea­tiver Ansatz, um die OpenType-Features auszu­reizen. Für Printprodukte sicher ein guter Shortcut, um an (einfache) Diagramme zu kommen, die dazu auch noch voll­ständig korri­gierbar bleiben.
    Im Web müssen wir uns also gedulden, bis die Browserhersteller so weit sind. Wäre mit dem Einsatz von Chartwell auch die Anforderung nach Barriere-Freiheit erfüllt? Zuerst werden ja die Zahlenwerte ausge­lesen, auch im Browser findet die visu­elle Umsetzung dann in einem zweiten Schritt statt?

  2. Frank

    Toll! Wenn wieder mal ein Budget für ein neues Spielzeug da ist, gönne ich mir die Schrift gerne.

  3. R::bert

    Wäre die inte­grierte Grotesk noch mit weiteren Strichstärken ausge­stattet, würde es vermut­lich noch weniger beim »Spielzeug« bleiben, denn die ist auch nicht von schlechten Eltern! ; )

  4. Johannes

    Color versions do not work when using Quark XPress.

    Is nich Euer Ernst, ne? Oder braucht da nur jemand in Berlin Nachhilfe?

  5. Jens Kutilek (FontFont)

    Auch wir hätten es am liebsten, wenn alle Funktionen unserer Fonts in allen Programmen zu 100% ausge­nutzt werden könnten. Die FF Chartwell ist eine Schriftfamilie, die ganz klar an die Grenzen des OpenType-Formats geht. Der umfang­reichste Font umfaßt beispiels­weise über 47000 Glyphen und über 13000 Zeilen OpenType-Code. Die Chartwell-Fonts stoßen durch ihre Eigenschaften an Grenzen, für die die OpenType-Spezifikation keine Regelung vorge­sehen hat, einfach weil diese extremen Werte in dieser Kombination und Häufung in »normalen« Fonts nicht vorkommen. Im Rahmen der tech­ni­schen Möglichkeiten haben wir die Fonts in allen Programmen so weit wie möglich nutzbar gemacht.

  6. Johannes

    Vielen Dank, Jens, aber jetzt ist immer mir noch nicht ganz klar, was es meint, dass Farbversionen in XPress nicht funk­tio­nieren — haben dann alle Werte die gleiche Farbe, ist die auswählbar oder sind alle schwarz oder haben sie die Farbe der Normal-Stilvorlage?
    Ja, Quark muss bei OT sowieso noch ein klein wenig nach­ar­beiten (die Stylistic Sets fehlen ja noch), ich weiß, aber Farbe für Schrift ist ja keine beson­dere Funktion. Und deswegen auf InDesign auswei­chen, ist ja auch keine attrak­tive Möglichkeit.

  7. Simon Wehr

    Ich fand die Schrift schon extrem span­nend, als ich sie zum ersten Mal gesehen habe. und sofern ich das hier sehe, ist sie noch mal ausge­baut worden, gell?

    Ein biss­chen wehmütig bleibe ich aber in Bezug auf den Einsatz: In etwa allen Infografiken mit denen ich zu tun habe, besitzen die Werte eine oder zwei Nachkommastellen. Von daher bietet sich Chartwell leider nicht als echtes Arbeitstier an. Oder schum­mele ich die in der Grafik weg und schreibe sie als Text dazu? »Darf« man sowas?

  8. Jens Kutilek (FontFont)

    In XPress werden die einzelnen Elemente der Charts nicht mehr über­la­gert, sobald man inner­halb des Diagramms die Farbe wech­selt, sondern sie stehen dann neben­ein­ander. Den glei­chen Effekt gibt es aktuell in Apples iWorks-Programmen.

    Die Diagrammtypen, die sowieso neben­ein­ander ange­ordnet sind (Bars, Bars Vertical, Lines) funk­tio­nieren in Quark.

  9. Lorer

    Ein echt genialer Ansatz diese Schrift.
    Das sie aber nur mit ganzen Zahlen zwischen 0 und 100 umgehen kann lässt große Zweifel an der Praxistauglichkeit aufkommen.

  10. MIke

    Ist seit dem letzten Post schon etwas Zeit vergangen, starte dennoch einen Versuch. Der Font ist wirk­lich klasse. In Kombination mit verschach­telten Formaten bekommt man tolle Infografiken erstellt.

    Das Einfügen von Text ist aber umständ­lich. Habe es mit veran­kerten Objekten und GREP-Stilen in InDesign versucht. Jedes Mal zerschießt es die Grafik. Hatte jemand im vergan­genen Jahr einen Geistesblitz wie man die Grafik mit Text anrei­chern kann ohne Texte manuell plat­zieren zu müssen?

    Danke & viele Grüße
    Mike

  11. Josephine

    Bin begeis­tert von dieser Idee. Nun ist einige Zeit vergangen und ich hatte gelesen, dass Chartwell nur mit ganzen Zahlen arbeiten kann, ich selbst habe auch ausschließ­lich mit ein, zwei Nachkommastellen zu tun – gibt es mitt­ler­weile eine Lösung dafür? Wäre schade, wenn es daran schei­tern würde…

  12. Jürgen Siebert

    Um ein Chart zu erstellen, kannst du alle deine Kommazahlen mit 10 oder 100 multi­pli­zieren, so dass das Chart auf ganze Zahlen basiert; die Beschriftung müss­test du dann extra hinzu­fügen … am elegan­testen auf Basis derselben Zahlen, die ledig­lich über eine Rechenoperation die gewünschte Dezimalstellen bekommen.

  13. Josephine

    Vielen Dank für die Hilfe, das hab ich mitt­ler­weile auch rausbekommen :)
    Habe meine Werte alle mit 10 multi­pli­ziert. Das wäre DIE Lösung, wenn ich nicht schmerz­lich heraus­finden hätte müssen, dass bei 100 ja Schluss ist… Hast du hierfür auch eine Lösung? Um mal ein Beispiel anzu­zeigen, hier eine meiner x Datenreihen (exakten Werte sind durch 10 geteilt quasi…): 280+283+287+289+292+295+301+303+304+306+308+309+310+311+312+317+322+328
    Ich bin am Verzweifeln…

  14. Jürgen Siebert

    Bei deiner Zahlenreihe handelt sich um Werte, die sehr dicht beiein­ander liegen. Mich erin­nert das an die Kursschwankungen von Aktien. Üblicherweise visua­li­siert man die ja so, dass nur die Spitzen beob­achtet werden … eine verfälschte Sichtweise, aber legitim um Kursbewegung darzustellen. 

    Fall das für deine Aufgabe legitim ist, würde ich mir einfach mal den nied­rigsten, und den höchsten wert ansehen, und anschlie­ßend einen Sockelbetrag abziehen. Bei deinen Zahlen könnte man zum Beispiel 250 abziehen, dann ergäbe sich die Zahlenreihe:

    30+33+37+ und so weiter … bis 78, das ist der Höchstwert an letzter Stelle (328) minus 250.

    Was meinst du?

  15. Graf Felix

    kann mir jemand weiterhelfen?
    hab gestern Chartwell gekauft.
    Leider will es einfach nicht klappen beim erstellen eines Diagramms.
    Danke
    Felix

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