Die 100-Beste-Schriften-Edition kommt (1)
Als ich zum ersten Mal die Idee für ein Font-Ranking hatte (www.100besteschriften.de), dachte noch niemand an eine begleitendes Produkt. Sich fantasierten wir zwischendurch mal: »Wie wär es mit einer CD, auf der sich alle 100 beste Schriften befänden?« Eine Utopie, aus lizenzrechtlicher und vertrieblicher Sicht (manche Schriften kann FontShop gar nicht liefern) und letztlich ein unbezahlbares Produkt, denn rein rechnerisch käme ein Preis zwischen 20.000 und 30.000 € heraus. Und wäre es brauchbar?
Im Dezember haben wir uns dann doch noch mal hingesetzt und überlegt, wie man die schöne Idee einer Bestenliste auf ein Produkt übertragen könnte, das brauchbar und bezahlbar wäre. Der Gedanke einer mehrbändigen Edition kam auf den Tisch. Wie viele Bände? 100 wären zu viel und nicht realisierbar. Auch 50 ist zu gewaltig. So entschlossen wir uns für 20, die 20 besten Schriften aus den 100 besten Schriften … nicht die ersten 20, von denen die ein oder andere in diesen Zeiten nicht gefragt ist, sondern die 20 wichtigsten Textschriften.
Schnell stellte sich heraus, dass wir für diese Auswahl nur mit zwei Schriftherausgebern sprechen müssen: FSI FontShop International (FontFont) und Linotype, nach der Fusion nicht nur Lieferant der eigenen Bestseller sondern auch der von Agfa, Monotype und International Typeface Corporation. Im Januar, als ich die 100-beste-Schriften-Broschüre bereits vorzeigen konnte, fanden zwei Treffen statt, in denen wir ganz schnell die Rahmenbedingungen festlegen konnten.
Stichwort »bezahlbar«: Was darf ein Volume der 100-besten-Schriften-Edition kosten? Hier waren die Kommentare aus dem Fontblog hilfreich, in denen es öfters hieß 99,– … 199,– … 299,– für eine Familie, das wollen wir wieder haben (HD Schellnack erinnerte an die preiswerten FontFont-Compilations aus den 90er Jahren). So viel zu den Kundenwünschen …
Was können die Schriftherausgeber für einen solchen Preis liefern? Sicher wird es nie eine Neue Helvetiva (51 Schnitte) für 99,– € geben können (aktueller Preis 799,– €; Einzelschnitt ab 35,– €). Und natürlich wollen wir ausschließlich das zukunftssichere OpenType-Format anbieten, möglichst mit vielen Fremdsprachen drin.
Ergebnis: zum Preis von 199,– €/Volume bietet die 100-beste-Schriften-Edition durchschnittlich 8 OT-Fonts einer Familie, und zwar jeweils die für den täglichen Gebrauch wichtigsten Schnitte. Im Fall von Band 1 Neue Helvetiva sind das Thin, Thin Italic, Roman, Roman Italic, Bold, Bold Italic, Black und Black Italic – aktuelle OpenType-Daten, clever produziert mit Stilverlinkung und Sprachunterstützung. Damit nicht genug: Zur Einführung der 100 beste Schriften Edition gibt es diese spezielle Neue Helvetica für nur 99,– €.
In der nächsten Folge: Welche Familien, was ist drin …? Weltpremiere: News Gothic erstmals in 8 Schnitten, komplett für 199,– € als Band 19 der 100 beste Schriften Edition.
25 Kommentare
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Hans
Ist ja von geradezu beängstigender Folgerichtigkeit. Bei den »100 Besten« hab ich schon immer eher an die Editionen der Süddeutschen Zeitung gedacht (waren doch die ersten, die das gemacht haben, oder?) als an Rock’n’Roll Charts. Wär schade gewesen, wenn es an lizenzrechtlichen Gründen gescheitert wäre – Glückwunsch.
Hans
Ach so, und Einzel-CDs sind natürlich viel besser als eine CD mit 100 Schriften – auch wenn es technisch vielleicht ginge.
Der Sven
Tolle Idee – ansprechender Preis. Werden die jetzt alle nacheinander rauskommen? Wie lange müsste man dann bspw. auf die DAX oder Quadraat warten?
Jürgen
Sie kommen nacheinander … bis Oktober, November müsste die Kollektion komplett ein. Wer alle erwirbt, bekommt einen Schuber und einen Subskriptionspreis (wahrscheinlich 175,– € pro Volume).
microboy
tolle sachen – aber ich habe ehrlich gesagt wieder etwas probleme mit der auswahl der schriften. bei einer sammlung an wichtigen textschriften fehlt mir einfach eine garamond – war das ein lizenzrechtliche problem oder wolltet ihr einfach keine dabei haben?
Jürgen
Ich verstehe Dich gut. Das Problem bei Garamond ist das große, divergierende Angebot im Markt. Unser Gefühl war: Egal welche wir nehmen, es wird für viele Freunde dieser Schrift die falsche sein. Vielleicht wäre die Adobe Garamond ein guter Kompromiss gewesen, da wir aber (1) von Adobe nicht als Distributor anerkannt sind und (2) mit Adobe sicher nicht einfach über einen individuellen Zuschnitt der Familie für diese Edition zu reden ist, haben wir sie nicht draußen gelassen.
Als Alternative für den Werksatt bieten sich im Rahmen unserer Edition FF Scala an (Serif und Sans in einem Paket), sowie Swift und FF Quadraat.
Ansonsten orientiert sich die Auswahl am Ranking und nach dem Bestreben, eine größte Vielfalt zu erlangen.
Pepe
Warum nicht Stempel Garamond? Für mich die schönste Garamond aller Zeiten.
Marco Witte
Wirklich eine schöne Idee! Allerdings versteh ich nicht ganz wer die Entscheidung getroffen hat, die Avantgarde mit in das Sortiment aufzunehmen. Wer diese Schrift als Textschrift benutzt sollte sofort aus dem Club der Typografen austreten. Da wäre mir ja noch eine Rotis lieber.
Jürgen
Ich glaube an ein Comeback der Avant Garde …
Das mit den »Textschriften« sollte man nicht auf die Goldwaage legen … uns ging es darum, erfolgreiche Familien zusammenzustellen. Ob man sie für Romane, Editorial Design, Corporate Design, Bildunterschrieften oder Headlines einsetzt … je nach Lust und Laune.
Ich spiele mit dem Gedanken einer Folge-Edition, die möglicherweise eher Headline/Display-orientiert sein könnte .. daher die Bezeichnung »Textschriften«.
Heinrich
naja, die avant garde ist seit ca. einem jahr die trend schrift bei vielen designern, vor allem seit dem es die otf version mit vielen ligaturen gibt.
Sebastian
War es nicht Erik, der gesagt hat, man könne aus der Avant Garde nur eines schön setzen, nämlich die Worte AVANT GARDE selbst?
Ich kann auch ganz gut auf sie verzichten.
Jens
also die Avantgarde war doch in den 70ern der Killerfont. Ende der 80er sah man sie auch häufig, da sie eine Systemschrift der meisten PS-Drucker war, oder zumindest Bestandteil gängiger Grafiksoft — das war oft nicht so prickelnd.
Im Moment ist sie ja wieder da, im gleichen Zuge der Fonts wie Chalet & Co – siehe z.B. das »Breuninger Fashion-Buch«, das Mutabor gemacht hat. Die Schrift steht und fällt mit ihren extrem auffällig grafischen Ligaturen, seh ich wie Heinrich. Aber genau genommen ist es doch eigentlich ein Art-Deco-Font, oder?
Pepe
Ich kann sagen, die Avant Garde ruft bei so was wie Brechreiz hervor. Zu oft gesehen, im Mengentext nur schwer zu lesen, und als Titelschrift durchaus ersetzbar (durch Futura oder Avenir z.B.).
erik
Allgemein gilt:
alle schriften, die einem geometrischen prinzip folgen, sind nicht für den satz von texten geeignet. Das gilt für Avantgarde ebenso wie für Eurostile, Serpentine und Bauhaus. Und wer damit texte setzt ist kein typograf, sondern nur grafiker = 8-)
Heinrich
»Und wer damit texte setzt ist kein typograf, sondern nur grafiker«
das erleichtert den start in die woche :)
Marc
Die Bauer Bodoni, so schön sie ist, ist auch nicht wirklich für Mengentexte geeignet.
Jürgen
OK: Wir haben verstanden. Avant Garde fliegt raus (aus dieser Edition), und es kommt eine Garamond oder eine anderer Textklassiker hinein. Vielen Dank für Euer Feedback.
Pepe
Wow, wow, wow … wenn das wahr ist Jürgen, dann hast Du was bei uns gut …
Jürgen
Natürlich ist das wahr. Was kann ich für eine optimale 100-Beste-Schriften-Edition besseres tun, als auf das Feedback der Fontblog-Leser zu hören?
Dominik
Warum keine Caslon (fast egal welche)? Habe die hundert besten nicht im Kopf, sollte aber doch dabei sein! Lizenzprobleme? Optima kann von mir aus dafür wegfallen. Bei aller Bewunderung für Herrn Zapf.
Frank
Ich liebe die Garamond, habe hier aber gerade in der Kombi mit OpenOffice 3.2 massive Probleme, so dass ich wohl wieder wechseln muss. Dumm gelaufen…