❤ der Woche: Bill kontra Tschichold – Der Typostreit

Vor 6 Jahren fand im Stuttgarter Haus der Wirtschaft ein spanender Vortrag von Hans Rudolf Bosshard statt, über einen »Typografiestreit der Moderne« (Gerd Fleischmann): Max Bill kontra Jan Tschichold (Fontblog berich­tete). Im Laufe der Zeit vermehrten sich beim Referenten Material und Abbildungen zu diesem Thema, was sich nun in einem gerade bei Niggli erschie­nenen Buch nieder­schlägt: Hans Rudolf Bosshard »Der Typografiestreit der Moderne«, 120 Seiten, 60 Abbildungen, 15 x 22 cm, Leinenband mit Schutzumschlag, deutsch, 29,80 €

Wenn es um Ästhetik geht, also um nicht exakt mess­bare Werte, sind unter­schied­liche, ja kontro­verse Haltungen unver­meid­lich. Immer wieder äusserten sich Koryphäen der Typografie zur Eignung von Schriften, zur Benutzung von Ornamenten oder zum opti­malen Satzspiegel. Der erfah­rene Autor Hans Rudolf Bosshard liefert hierzu einige histo­ri­sche Beispiele – von Bodoni und Bertuch über Morris bis hin zu Stanley Morison –, um schließ­lich auf den soge­nannten »Typografiestreit der Moderne« von 1946 zwischen Max Bill und Jan Tschichold zu kommen.

Der Disput schlug damals hohe Wogen und stößt bis heute, nicht nur im deut­schen, sondern auch im angel­säch­si­schen Sprachraum, auf breites Interesse. Auslöser war ein Vortrag Tschicholds mit dem Titel »Konstanten der Typografie«, in dem er der früher geübten und theo­re­tisch verfoch­tenen »neuen Typografie« abschwor und für die Wiederaufnahme tradi­tio­neller Gestaltungsformen sprach. Max Bill war enttäuscht über den Sinneswandel des eins­tigen Wegbereiters der »neuen Typografie« und sah in der Rückkehr zur tradi­tio­nellen Textgestaltung einen Angriff auf die Moderne.

Beide machten sich einander (aus entge­gen­ge­setzter Position und völlig unge­recht­fer­tigt) den Vorwurf, natio­nal­so­zia­lis­ti­scher Ästhetik nahe­zu­stehen. Der heftige Schlagabtausch, der in diesem Büchlein erst­mals detail­liert vorge­stellt wird, erfolgte in der Zeitschrift Schweizer Typographische Mitteilungen.

Fazit: Symmetrie und Asymmetrie können nicht Gegenstand einer ideo­lo­gi­schen Betrachtung sein. Geschieht es doch, »stösst man sich die Nase blutig und macht sich lächer­lich« (Jost Hochuli). Eine lehr­reiche Lektüre für alle prak­ti­schen und theo­re­ti­schen Typografie-Kämpfer der Jetztzeit. Hier bei FontShop bestellen


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