Das Typobuch des Jahres

Das ist es, da gibt es gar keinen Zweifel. Ich wage sogar die Aussage: Es ist die wich­tigste typo­gra­fi­sche Veröffentlichung der letzten 10 Jahren: Adrian Frutiger – Schriften. Das Gesamtwerk.

Viel zu spät mache ich auf das 460-seitige Buch von Heidrum Osterer und Philipp Stamm aufmerksam. Dabei habe ich mein Rezensionsexemplar schon 2 mal für den Kalendsadventer geplün­dert. Die Frage 5 nach dem Gestalter der Shiseido-Schrift, wie auch die Frage 13 zur OCR-B-Schrift waren den ausführ­li­chen Darstellungen des Buches entnommen – und es waren die schwie­rigsten Fragen. Kann es einen netteren Beweis dafür geben, in welcher Tiefe die jahre­langen Recherchen für dieses Buches vordringen?

Das Buch zeichnet den gestal­te­ri­schen Werdegang des bedeu­tenden Schriftkünstlers exakt nach. Hierzu führten die Autoren stun­den­lange Gespräche mit Frutiger. Parallel dazu durch­stö­berten sie die Wirkungsstätten des Designers in Frankreich, England, Deutschland und der Schweiz. Erstmals werden alle Schriften – vom Entwurf bis zur Vermarktung – abge­bildet sowie mit Bezug zu Technik und zu artver­wandten Schriften analy­siert. Bisher unver­öf­fent­lichte, nicht reali­sierte Schriften sowie über 100 Logos vervoll­stän­digen das Bild.

Das Inhaltsverzeichnis in Stichworten sagt alles: Einleitung. Schulzeit und Ausbildung. Schriften: Président, Phoebus, Element-Grotesk, Delta, Federduktus, Ondine, Méridien, Lumitype-Schriften, Univers, Egyptienne F, Opéra, Apollo, OCR-B, Serifa, Concorde, New Devanagari, Iridium, Frutiger, Glypha, Icone, Breughel, Versailles, LT Centennial, Avenir, Westside, Herculanum, LT Didot, Vectora, Shisheido, Pompeijana, Rusticana, Neon, Frutiger Stones/Symbols, Capitalis/Symbolica, Nami/Tectum etc. Technische Einschübe: Handsatz Blei, Fotosatz Photon, Einzelbuchstabenguss, Zeilenguss Sofratype, Tech. OCR, Schreibsatz IBM, Letraset, Tech. CRT, Laser Fonts, Postscript, etc. Ausführliche Chronologie, Quellen- und Literaturverzeichnis.

Am meisten faszi­nierten mich die bisher nie gese­henen Abbildungen – über 1000 übri­gens. Das sind einer­seits die Skizzen zu den bedeu­tenden Schriften, ihre Abweichungen vom später veröf­fent­lichten Endergebnis, Überarbeitungen, frühe Einsatzbeispiele … und zwischen­drin die wört­liche Rede des meis­ters, der mit viel Charme und Humor seine Anekdoten erzählt.

Meine Abbildung zeigt das Buch nackt – der Schutzumschlag ist sowieso überall zu sehen –, auch als Beleg dafür, das es selbst­ver­ständ­lich in biblio­philer Qualität erscheint, Leinen, geprägt, Leseband, …

Heidrun Osterer; Philipp Stamm (Hrsg.) in Koproduktion mit der Schweizerischen Stiftung Schrift und Typographie, Bern: Adrian Frutiger – Schriften. Das Gesamtwerk. Birkhäuser-Verlag, 2008, 462 S. 1050 Abb., 430 in Farbe., Geb. ISBN: 978-3-7643-8576-7. Bei Fontshop versandkostenfrei …


18 Kommentare

  1. microboy

    Das erste Buch was ich seit längerer Zeit sofort gekauft habe!

  2. Simon Wehr

    Jaja, Nacktfotos in der Werbung, zieht doch immer …

  3. Christian Speelmanns

    Oh, ja, das Buch ist sehr schön! Alleine das Format ist schon gigan­tisch. Das Papier fühlt sich sehr schön an und dann ist es auch noch sehr schön sortiert und über­sicht­lich gestaltet!

  4. Sascha

    Weihnachten steht vor der Tür.
    Mein Wunschzettel wurde soeben um ein Buch erweitert.

  5. Alfred

    Recht günstig.

  6. thomas | BFA

    darfst du keine preise mehr erwähnen?
    ansonsten hat das defintiv einen »haben will«-faktor. rrrr

  7. Jürgen

    Vergessen: 99 €.

  8. andré apel

    GEIL!!! freu mich drauf. LG AA

  9. robertmichael

    jetzt hätte ich es fast woan­ders gekauft. ;)
    da werd ich mal meine bestel­lung bei font­shop abgeben.

  10. Jürgen

    Robert, Du bist ein Schlingel ;-)

  11. Liz

    Ich habe da so einen Verdacht, dass ich das Buch unter dem Weihnachtsbaum finde ;) Denn wenn nicht… >(

  12. Kalle

    Wieviel für die Perle?
    Dann doch lieber ’ne Thaimassage.

  13. Phillip

    Mensch, 99 Euro ist aber eine echte Stange Geld. Dafür möchte ich’s doch vorher wenigs­tens ange­blät­tert haben.

  14. erik

    Es ist ein wunder­bares buch und das geld wert. Der verkaufs­preis alleine wird nie den aufwand bezahlen können, den die autoren gehabt haben. Das geht nur, weil die Frutiger-Stiftung das unter­fangen gespon­sert hat.

    Einen kleinen teil habe ich auch beigetragen: meine sohn, Dylan (der Engländer ist) und ich haben den größten teil der engli­schen ausgabe über­setzt. Im gegen­satz zu einem neuen buch über Tschichold, das mir gerade in die hände gekommen ist, sind bei uns deshalb die fach­aus­drücke richtig formu­liert und über­setzt. Es waren viele fach­kun­dige kollegen neben den autoren daran betei­ligt, u.a. Erich Alb in der Schweiz und Paul Shaw in New York.

  15. poms

    Das liegt bei mir unter dem Weihnachtsbaum.

  16. robertmichael

    ihr seit wirk­lich schnell. :) gestern nach 13 uhr bestellt und heute vor 12 uhr da. WOW!

  17. Christian Büning

    meines ist auch schon da und es ist wunder­schön. Ich habe nur eine Frage: Im ganzen Buch wird konse­quent »Frutiger’s« geschrieben. Ist das die schweizer Schreibweise? So viele schöne Skizzen und Studien, das wird mein Winterschmöker werden, wie mir scheint.

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