Das Redesign der Typoart-Schrift Kis
Da viel spekuliert wird über die Wiederveröffentlichungen der Typoart-Schriften, möchte ich heute mal einen Blick auf die Schriftfamilie Kis Antiqua von Hildegard Korger werfen, die jetzt bei Elsner+Flake erschienen ist. Für das Redesign ist Erhard Kaiser verantwortlich, dem ich die nachfolgenden Informationen verdanke.
Die neu digitalisierte Version der Antiqua Kis, die übrigens auf Tótfalusi Kis Miklós (1650–1702) zurückgeht, wurde ausgebaut und mit neuer Zurichtung versehen. Hildegard Korger, emeritierte Professorin an der Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig (und dort die ehemalige Lehrerin von Erhard Kaiser), hat diese Arbeit kritisch begleitet. Die Kis-Familie umfasst jetzt sechs Mitglieder: Antiqua und Kursive stehen im Text-Design jeweils als Regular- und Semibold-Schnitt, die Regular und Regular Italic auch als Headline-Design zur Verfügung. Die zwischen 1986 und 1990 entstandene Typoart-Kis findet sich mit neuer Zurichtung im jetzigen Headline-Schnitt wieder.
Das Figurensortiment der neuen Kis ist umfangreich. Es enthält neben dem Standard-Zeichensatz in allen sechs Schriften:
• Kapitälchen (mit zugehörigen Währungs- und Satzzeichen),
• zahlreiche Ligaturen (auch das lange s und dessen Ligaturen),
• Versal-, Minuskel- und Kapitälchenziffern mit jeweils proportionaler und tabellarischer Zurichtung,
• Nominatoren und Denominatoren und deren Festbrüche (mit proportionaler und tabellarischer Zurichtung sowie zugehörigen Währungs- und Satzzeichen),
• Superior und Inferior mit den daraus zusammengesetzten Festbrüchen (mit tabellarischer Zurichtung auf Halbgeviert sowie zugehörigen Währungs- und Satzzeichen),
• Ordinalzeichen (in Fette, Form und Zurichtung speziell angepaßt)
• Rechenzeichen (im Stand den Minuskelziffern angepaßt und mit tabellarischer Zurichtung auf Halbgeviert).
Die beiden mageren Kursiven bieten darüber hinaus Zierbuchstaben (Swashes) an. Diese sind nach historischen Quellen verbürgt. In allen drei Kursiven stehen zusätzlich die Ligaturen gg und gy zur Verfügung. Des weiteren gibt es in allen sechs Schriften Alternativformen zu einigen Figuren. So sind z. B. die wichtigsten Währungszeichen neben der notwendigen schmalen Ausführung auf Halbgeviert auch in der Normalversion vorhanden, die gerade beim Euro-Symbol erheblich breiter und besser ist. Ein weiteres Beispiel sind französische Anführungen für Versalsatz, die deutlich größer sind und höher stehen als jene für den Mischsatz.
Im umfangreichen Sortiment der Akzentbuchstaben wurde in jeder der sechs Schriften Wert darauf gelegt, die Akzente gut an die Versalien, Kapitälchen und Minuskeln anzupassen, nämlich jeweils unterschiedlich in der Größe und manchmal auch in der Form.
Das Kerning der Kis-Schriftfamilie neigt nicht zur Übertreibung. Eine Besonderheit ist, daß im Regular-Text-Schnitt nach Satzpunkt, Komma und weiteren Satzzeichen ein verkleinerter Wortabstand folgt. Auch vor allen Versalien ist der Wortabstand kleiner, besonders vor T, V und W, darüber hinaus vor einigen Ziffern.
Die sechs Schriften der Kis Antiqua Now werden als OpenType Pro Fonts für Apple Macintosh sowie im PC TrueType-Format für Microsoft Windows mit erweiterter lateinischer Zeichenbelegung angeboten. Zudem sind Codepage-bezogene Belegungen im Format OpenType und TrueType in west- und zentraleuropäischer Belegung erhältlich. Weitere Informnationen zur Geschichte der Schrift auf dieser Seite …
9 Kommentare
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<em>kursiv</em> <strong>fett</strong> <blockquote>Zitat</blockquote>
<a href="http://www…">Link</a> <img src="http://bildadresse.jpg">
pgt
Da Kis eher in die Ecke „seriöser Mengensatz“ zuzuordnen wäre, verstehe ich nicht warum ein optischer Headline-Schnitt etwickelt wurde. Mit einer Fussnoten tauglichen Designgröße kann ich viel mehr anfangen.
Marc
Ich kann doch annehmen, daß die Vorwürfe auf http://www.sanskritweb.net alle haltlos sind?
Der Typ schreibt schon so, als ob er ein Spinner sei, aber der Inhalt ist auch nicht besser, stimmts?
sukisouk
Du beziehst dich auf diese Seite, nehme ich an? ->http://www.sanskritweb.net/forgers
HD Schellnack
>Bei FontShop in Berlin kostet eine „Lizenz“ für 5 Mitarbeiter für die Schriftfamilie „FF Dax“ rund 1000 Euro. Der UPS-Konzern hat aber weltweit 360.000 Mitarbeiter, davon allein über 14.000 Mitarbeiter in Deutschland.
Ai ai ai , wenn alles so gut informiert ist wie dieser Satz. Ein Schnitt kostet bei FF keine 1000 Euro – und nur einen bräuchte man für ein Logo. Für ein fertiges Logo braucht man keine Firmenlizenz kaufen – und es wird nicht nach Mitarbeitern gerechnet, sondern nach Rechnern, auf denen eine Schrift effektiv verwendet wird. Was nun nicht jeden Fahrer von UPS beträfe, oder?
Wenn der alle seine Fakten so beisammen hat wie diesen einen zufälligen Satz, dann aber hallo.
Ansonsten ist die Geschichte mit der Dax natürlich spannend.
Eine Sache, die ich schwierig finde, ist von Schriftfälschung zu sprechen. Im Grunde seit Beginn des Bleisatzes wurden Schriften in den verschiedenen Druckereien nachgeschnitten, das zieht sich historisch bis heute durch (WIE viele DIN-Varianten gibt es? Wie viele doch sehr von der Helvetica/Akzidenz/Univers inspirierte Schriften? Wie viele Garamonds?). Die Debatte gab es im engeren Sinne mit der Meta, mit der ThesisSerif und und und… und so spannend und wirtschaftlich richtig sie ist – oft sind solche Nachbauten wichtig. Als Kunde finde ich okay, entscheiden zu dürfen, ob ich nun die Linotype DIN, die FF Din oder die Parachute DIN lieber mag. Und selbst die 1000-Fonts-für-10-Euro-CDs haben irgendwo ihre Berechtigung… und wirklich arbeiten tut damit doch eh niemand ernsthaft, oder? Das ist doch eher,wie die Bitstream/Corelfonts eine Einstiegsdroge ;-D.
Marcus
Oh mein Gott … danke für diesen Link, ich habe schon beim ersten Artikel Tränen gelacht.
Was mich interessieren würde: wie reagieren die großen Fonthäuser auf diese Anschuldigungen?
Jürgen
Gar nicht.
Erhard Kaiser
Jürgen Siebert danke ich ausdrücklich für die umgehende Bekanntmachung der neuen Typoart-Bibliothek bei Elsner+Flake und die separate Beschreibung der KIS-Schriftfamilie.
Als deren Designer (bzw. Redesigner) biete ich als kleine Gegenleistung an, etwaige Fragen zu dieser Schrift individuell oder auch gelegentlich hier im Forum zu beantworten.
Ich bin mit der Adresse erhard_kaiser@t-online.de per Mail zu erreichen; bitte mir aber aus, sich ordentlich mit Namen und Hausnummer zu melden. „Rapunzel aus dem Märchenwald“ reicht mir als Absender nicht …
Erhard Kaiser, Leipzig
Matt Taylor
Ich mag Ihren Blog und möchte mit ihm als Hinweis hinsichtlich Hildegard Korger verbinden.
Was ist der Name des Blogautors? – Jürgen Siebert?
Danke!
Jürgen Siebert
That’s right, Matt. I’ve sent you an e-mail with my details.