Crowdsourcing vs Designbüro: Ein Interview

Der »Logo-Fall Steinmeier« wirft erneut die Frage auf: Was bringt Crownsourcing gegen­über der Beauftragung eines erfah­renen Designbüros? Fontblog wollte mehr wissen über die Kreativplattform Jovoto, die sich als Bindeglied zwischen Unternehmen und jungen Kreativen sieht. Im offenen Wettbewerb suchen die einem eine tollen Kampagne, die anderen ein Plakat oder ein Logo für die Kanzlerkandidatur. Fontblog sprach mit dem Jovoto-Mitbegründer und Geschäftsführer Bastian Unterberg.

Fontblog: Jovoto behauptet von sich, dass es nicht mit den übli­chen Crowdsourcing-Experimenten vergleichbar sei. Was ist denn anders?

Bastian Unterberg: Zunächst einmal muss man Crowdsourcing als reine Technik verstehen und erst die Rahmenbedingungen der Anwendung stellen den entspre­chenden Anwendungsfall in Licht oder Schatten. Wikipedia, istock­photo oder Innocentive sind Crowdsourcing-Anwendungen, die meines Erachtens viele rich­tige Rahmenbedingungen gesetzt haben und sicher­lich auch daher eine hohe Akzeptanz erfahren.

Die Rahmenbedingungen bei jovoto unter­scheiden sich von anderen Crowdsourcing-Anwendungen im Kreativumfeld vor allem in der Frage der Vergütung, der Rechtesituation und der Art der Leistung die erbracht wird.

In Bezug auf die Vergütung funk­tio­niert jovoto über zwei unab­hän­gige Entscheidungsebenen. Zunächst ist es allein die Community die entscheidet, welche Ideenbeiträge das Preisgeld, welches sich in der Regel auf mehrere tausend Euro beläuft, unter sich aufteilen. Auf dieser Ebene ist die Community für sich autark und vor allem unab­hängig unter­wegs, da man nicht ausschließ­lich auf das Feedback des Auftraggebers ange­wiesen ist. Diese Unabhängigkeit fördert freies Denken und führt, so erleben wir es häufig zu frischen und außer­ge­wöhn­li­chen Ideen und genau dies wiederum wissen auch die Auftraggeber bei jovoto zu schätzen. Es ist nicht selten, dass man an Ideen inter­es­siert sind, die nicht unbe­dingt »on brief« sind.

Die zweite Entscheidungsebene bei jovoto resul­tiert aus der Situation, dass leider bei den wenigsten Crowdsourcing-Anwendungen ein fairer Umgang mit den Urheberrechten vorzu­finden ist und die Nutzungsrechte nur selten  bei den Ideengebern verbleiben. Auch dies ist bei jovoto anders, wir sind ledig­lich dazu befä­higt die Arbeiten im Namen des Autoren zu präsen­tieren. Will ein Auftraggeber eine Idee nutzen, so müssen die entspre­chenden Lizenzrechte erworben werden. Der Preise für die Lizenzrechte werden mit Beginn eines jeden Contests offen gelegt, und orien­tieren sich an gängigen Honorarkalendern der Branche.

Drittens unter­scheidet sich jovoto, weil wir den Fokus auf Ideen setzen. Es geht nicht um finale Artworks oder rein­ge­zeich­nete Kampagnenmotive, es dreht sich bei jovoto alles allein um die Idee. Manche Wettbewerbe bei jovoto haben einen visu­ellen Schwerpunkt andere nicht, so ist es z.B. nicht selten, dass Ideen in Textform darge­stellt werden. Bei dem aktu­ellen Wettbewerb für die Hamburg-Mannheimer geht es über­haupt nicht um Designideen, sondern um Ideen, die sondieren wie sich eine Versicherung authen­tisch in Social Media bewegen kann.

Übrigens waren Negativ-Beispiele eine starke Motivation die zur Gründung von jovoto geführt hat. Unser Ziel ist es aufzu­zeigen, dass Crowdsourcing in rich­tiger Anwendung mehr als nur Spaß sein kann und für alle Beteiligten einen tatsäch­li­chen Mehrwert bietet.

Fontblog: Das Grundprinzip ist jedoch gleich: Ein Heer Kreativer soll zu nütz­li­cheren Ergebnissen kommen, als ein einzelner oder ein Büro. Warum soll im Bereich Design etwas funk­tio­nieren, was in der Fotografie, der Literatur oder im Film unmög­lich ist?

Unterberg: Design ist in der Regel ange­wandt – jovoto ist in der Regel Inspiration, die in Anwendung über­führt werden kann. Mit dem jovoto-Prinzip könnten genau so gut Text-Contests oder Fotografie-Contests durch­ge­führt werden, wenn die Aufgabe dies als Lösung erfor­dert. Wichtig die Zusammenarbeit inner­halb der Community, die gemein­same INteraktion auf den Ideen zeigen schnell mögliche Anwendungsszenarien und hier greift die »Weisheit der Masse« und nicht als Punktlandung über das Communityrating.

Fontblog: Mal ange­nommen, es git einen glück­li­chen Sieger, und eine Handvoll zufrie­dener »zweite Sieger«. 70 bis 80 Prozent der Crowdsourcer haben nicht nur für lau, sondern auch für den Papierkorb gear­beitet. Wie lange hält man so was durch?

Unterberg: Bei der Preisverleihung am Dienstag mit Frank-Walter Steinmeier haben die beiden Communitymitglieder auf die Frage nach der Motivation zur Beteiligung am Contest Herrn Steinmeier geant­wortet, dass es Ihnen haupt­säch­lich um den Spaß und den Austausch geht. Betrachtet man den eher gerin­geren Anteil derje­nigen die »on brie­fing« arbeiten, wird dies insge­samt von der Community unter­stri­chen. So scheint es weniger die Vergütungssituation bei jovoto zu sein (die trotzdem bei weitem besser ist, als bei vielen anderen Crowdsourcing-Anwendungen) sondern durch das geschlos­sene Ecosystem, durch das Feedback der Community und den Austausch mit Gleichgesinnten entsteht viel­mehr ein sozialer Benefit.

Forntblog: Mir erklärt sich die Energiebilanz dieser Methode nicht. Wenn 200 Menschen um einen Etat von 5000 € pitchen anstatt 3 Agenturen … dann kann doch an der Rechnung etwas nicht stimmen.

Unterberg: Worum pitchen den Agenturen, um 5000 € oder um lang­fris­tige Kundenetats? Die Beziehungen zwischen Agenturen und Kunden verän­dern sich und die Auftragsvergabe erfolgt zuneh­mend projekt­be­zogen und trotzdem ist es am Ende meist nicht der Junior Art Direktor, der mit seinen Ideen das große Geld verdient.

Aber jovoto ist keine Agentur, es geht uns um den Kontext der Veränderungen die Arbeitsweisen und Arbeitsbedingungen betreffen. Mit jovoto werden in einem freien Umfeld die Einstiegbarrieren in die Branchenstrukturen über­wunden, die Chance seine Idee, so wie z.B. im Fall maggo zu plat­zieren ist nach­weis­lich vorhanden. Wie sieht es da in den tradi­tio­nellen Branchenstrukturen aus?

Fontblog: Im Moment stellt sich mir Jovoto wie eine Blackbox dar. Ich habe mich zwar ange­meldet, darf aber nicht rein? Ein Mitglied müsste mich einladen. Warum diese Mauerpolitik?

Unterberg: Durch den großen Ansturm sind wir gezwungen, den Zugang in dieser frühen Phase zu beschränken. Wir wollen, dass die Mitglieder unter sich sind und gemeinsam mit uns jovoto weiter aufbauen. Gerade deshalb arbeiten wir auch mit vielen Hochschulen in Europa zusammen und rekru­tieren dort den Plattform-Nachwuchs. Gerade in der Anfangsphase wollen wir, nicht unbe­dingt die Größten sein, es geht uns um die Stimmung auf der Plattform und um den Qualitätsstandard der einge­reichten Ideen. Deshalb limi­tieren wir den Zugang noch. Perspektivisch soll jovoto eine offene Plattform werden, zu der jeder Zugang hat.


95 Kommentare

  1. Tanja Szelibisk

    Schön zu sehen, dass es doch auch Ansätze gibt die Alternativen aufzeigen. Ich glaube das Thema ist recht jung und es war nur eine Frage der Zeit bis man auch im Crowdsourcing-Markt anfängt nach­hal­tiger zu denken.

  2. Lucas von Gwinner

    Schönes Interview. Zeigt sehr gut auf das die Pauschalkritik von Designern an Crowdsourcing-Methoden zu kurz greift. Mag ja sein dass das einigen nicht schmeckt, aber das Netz bietet diese Möglichkeiten und wenn sie für die Auftraggeber funk­tio­niert wird sie sich auch durchsetzen.

    Am Ende führt das wieder zu dem einen großen Thema: Wann fangen Designer endlich an den Wert Ihrer Dienstleistung in den Worten und Entscheidungskategorien Ihrer Kunden zu argu­men­tieren. Sobald sie damit anfangen werden sie auch beste Chancen sich gegen schnell produ­zierte und – sol lautet ja der Vorwurf – zu kurz gedachte Crowdsourcing-Alternativen durchzusetzen.

  3. johannes

    Mir ist ehrlich gesagt schon der Begriff crowd­sour­cing eini­ger­maßen zuwider. Menschenmasse, Gedränge, Haufen, Auflauf, das alles meint crowd. So lässig auch dieser schicke Anglizismus wieder klingt, steckt in ihm – wie meis­tens – ein Hinweis auf seine wahre Identität. Hier also: Menge haut sich um die paar Penunzen und hinten kommt nichts raus. Weder fürs Design, noch für – in diesem Fall – Steinmeier. Denn der hat sich damit den größten Bärendienst erwiesen. Er weiß es nur nicht besser.

    Jovoto ist die Idee zur Zeit. Schnell, flexibel und immer alle Optionen offen. Und hilft uns Designern nicht weiter.

  4. Fjord

    Mit jovoto werden in einem freien Umfeld die Einstiegbarrieren in die Branchenstrukturen überwunden …

    Das hört sich auf den ersten Blick sehr ehren­voll an. (Auch ein biss­chen seltsam: Barrieren in Strukturen?) Leider gibt es aller­dings in der Kommunikationsbranche meines Wissens keine Einstiegsbarrieren. „Designer“, „Berater“, „Texter“, etc. darf sich jeder nennen, sich entspre­chend präsen­tieren und enga­gieren. – Ich frage mich, warum man an dieser Stelle ein Problem konstru­ieren muss, das es gar nicht gibt.

    geschlos­sene Ecosystem […] Feedback der Community […] sozialer Benefit

    Darf ich mit Montaigne kontern? „Die Sprache, die ich liebe ist kurz und bündig – auf dem Papier nicht anders als aus dem Mund.“ Auch hier wieder eine Worthülse nach der anderen. Und ich frage mich wieder: warum?

  5. bunterberg

    @johannes: der Begriff Crowdsourcing gefällt mir auch nicht und auch die Anlehnung an den Begriff Outsourcing wird nicht jeder Crowdsourcing-Anwendung gerecht.

  6. Nadine

    Bei der Preisverleihung am Dienstag mit Frank-Walter Steinmeier haben die beiden Communitymitglieder auf die Frage nach der Motivation … dass es Ihnen haupt­säch­lich um den Spaß und den Austausch geht.

    Das lässt sich leicht sagen, wenn man das Preisgeld gewonnen hat. Ich persön­lich kennen niemanden, der dort mitmacht, um Spaß zu haben. Die Leute wollen die Kohle und selbst wenn’s Spaß macht, kucken die Verlierer hinterher doch in die Röhre…

  7. thomas junold

    wer bitte legt denn seine ideen offen? urhe­ber­rechte hin oder her. die idee ist doch das, was eine lösung ausmacht. der grafi­sche zinnober darüber ist doch nur »styling«.

    als wenn ein bernd kreutz die idee, dass strom gelb ist öffent­lich gemacht hätte. wo soll da der vorteil liegen?

    beispiel: ein großer versi­cherer sucht ein neues marke­tin­kon­zept. sorry leute, das ist bull­shit. und wer da frei­willig mitmacht und sein größtes poten­tial zu schleu­der­preisen wegwirft, gehört ordent­lich vor die stirn geklopft.

  8. Vroni

    Nun denn, Pauschalkritik („Crowdsourcing ist doof!“)findet man auf dem Fontblog über­ra­schend wenig, wer hier kritisch zu Crowdsourcing steht, begründet das in der Regel gut.

    Von Robert Basic – auf inhalt­liche Wiederholungen und Überschneidungen in seinem Blog basic­thin­king ange­spro­chen – stammte der Auspruch, dass er Redundanz gar nicht schlecht, sondern ausge­spro­chen gut fände und sie im Internet unver­zichtbar sei. Langsam glaube ich das auch :-) (Ich war eher ein Feind von Redundanz, zumin­dest hat sie in einem guten Essay nichts verloren).

    Also, Freunde der italie­ni­schen Oper:

    – „Es ist nicht selten, dass man an Ideen inter­es­siert sind, die nicht unbe­dingt »on brief« sind.“

    Klingt recht toll. (Wer würde sich schon einer breit ange­legten Kreativitätsforderung verwei­gern, die unbe­schwert um schnöde Briefings herum­turnt? Nur eine Spaßbremse würde das tun, oh ja.)

    Was steckt hinter so einem Satz.
    Crowdsourcing nach Art von Jovoto (andere sicher auch) hofft demnach, dass es für nicht­ziel­ge­rich­tetes Design eine Inspirationsfundgrube wird. Früher taten das Dozenten und Profs an den Gestaltungsfachrichtungen: sich für ihre eigene Arbeit an Kunden (in der Regel müssen sie sogar ein Minimum für „draußen“ arbeiten, ist fest­ge­legt) von den Studis inspi­rieren zu lassen. Heute gründet man als Agentur eine Plattform und schon spru­deln die Ideen. Für mich ist es dasselbe unter dem Deckmantel der ach so freien nicht-„on brief“ Spaßkreativität, eine Ausbeutung von fremden Ressourcen und Zeitressourcen. Genau wie ich das von früher her kenne (damals halt nur von den Profs und den in der Fakultät aufkom­menden Agentur-Life-Projekten“, in denen Studis unter der Leitung des Profs für lau „echte Projekte“ für „draußen“ jobbten.)

    – Next: „Worum pitchen den Agenturen, um 5000 € oder um lang­fris­tige Kundenetats? Die Beziehungen zwischen Agenturen und Kunden verän­dern sich und die Auftragsvergabe erfolgt zuneh­mend projekt­be­zogen und trotzdem ist es am Ende meist nicht der Junior Art Direktor, der mit seinen Ideen das große Geld verdient.“

    Diese rheto­ri­sche Gegensatzkonstruktion zieht doch nicht. Auch bei Crowdsourcing verdient der kleine Junior Art Direktor nicht das große Geld. Während bei einem Pitch max. 5 Agenturen mitma­chen (sollten, habe auch schon Übleres gesehen: bis über 10, soll man einfach nicht), sind die Chancen bei Crowdsourcing ungleich geringer als 1:5. In gewissen Kreisen nennt man das Lotto.

    – „Mit jovoto werden in einem freien Umfeld die Einstiegbarrieren in die Branchenstrukturen über­wunden, die Chance seine Idee, so wie z.B. im Fall maggo zu plat­zieren ist nach­weis­lich vorhanden. Wie sieht es da in den tradi­tio­nellen Branchenstrukturen aus?“

    In tradi­tio­nellen Branchenstrukturen muss ein Grafikdesigner eben ein Portfolio aufweisen, mit dem geht er akqui­rieren oder wird im Idealfall akqui­riert und ist kreativ nach einem mehr oder weniger guten Briefing (zu dem er sich direkt an die Adresse des Briefingverursachers äußern kann, das kann er bei Jovoto nicht…) Nennt man freie Marktwirtschaft.

    Kann natür­lich sein, dass viele Jung-Grafiker das Beschützende eines Pools brau­chen und lieben. Das wird m. E. aber über Gebühr ausge­nutzt. Wenn Grafikdesigner aber markt­wirt­schaft­lich denken würden, würden sie eine solche Maximal-Anhäufung von Konkurrenten (die anderen Grafiker sind defi­nitiv Konkurrenten, auch wenn das schmerzt) eher meiden denn suchen. Ich rede nicht von einer sple­ndid isola­tion des „Genies“, Kreative brau­chen natür­lich drin­gend krea­tiven Austausch (habe ich auch zu Kreativen). Müssen es aber gleich 3000-5000 sein? Oder gar mehr? Das sehe ich nicht. Ich halte es für stra­te­gisch außer­or­dent­lich unklug, wenn hoff­nungs­volle Kreative ausge­rechnet dahin gehen, wo die anderen Kreativen sich bereits auf die Füße treten. Würde ein mäßiger Jung-BWLer so nie machen (außer auf Parties).

    In diesem Zusammenhang (des ach so geliebten Grafiker-Fachkuschelns) möchte ich auch meine Zweifel äußern, ob es beim Voting wirk­lich gesi­chert mit rechten Dingen zugeht. Wer garan­tiert einem kleinen Junior Art Direktor, dass nicht eine Fan-Crowd eines anderen Junior Art Direktors sagen wir mal gemeinsam dessen Freund hoch­puscht? Ich habe da jeden­falls meine Zweifel. Umfragen, Votings kann man auch beson­ders gut tech­nisch mani­pu­lieren, da braucht es gar keine Fan-Crowd.

    Klar kann man jetzt sagen, das Steinmeier-Logo (konkret jetzt dieser Fall), das ausge­wählt wurde, wurde gleich­be­rech­tigt ausge­wählt, das Voting spielte gar keine Rolle. Wozu braucht man es aber dann?

    Mein Resumée als (zuge­geben) alter Oster-Hase:
    Es wird gezielt die (an sich posi­tive) Spiel- und Kuschel-Bereitschaft von Jungkreativen ausge­nützt. (Tun Werbeagenturen auch mit ihren Junghamstern, I know, war sehr lang in solchen und musste sie in einer Art Sandwichposition begleiten. Sie werden schon sehr ausgenutzt).

    Einzig Positves, das ich an Jovoto sehe, dass sie behut­samer (und anschei­nend korrekt) mit den Nutzungsrechten umgehen als andere Crowd-Plattformen oder dubiose Wettbewerbe.

    Aber reicht das?

    Ich würde Jungkreativen drin­gend raten:
    Habt einen kleinen Kreis zum Austauch und ein paar echte Cracks, die euch auch mal ordent­lich kriti­sieren (das braucht ihr, brauche ich auch immer noch, sonst sitze ich im eigenen Saft) und sucht aber den echten Wettbewerb draußen.

    Positioniert euch! Seid nicht einer unter 10000 Karpfen im großen Teich, meidet also große Crowd-Ansammlungen eures­glei­chen (das Leben ist keine andau­ernde Technoparty, auf der alle lieb zuein­ander sind und Erdbeer-Limes trinken).

    Seid besser 1 Hecht im kleinen Teich. So sollte man zumin­dest anfangen, bevor man Porsche, Collani oder Spiekerman werden will.

    Ich hoffe, ich habe fundiert kriti­siert und mich klar ausgedrückt.

  9. HD Schellnack

    Vroni ist ja kaum was hinzu­zu­fügen, nur noch mal:

    – Design ist nicht Logos in Illustrator zimmern, sondern ein Dialog zwischen Kunde und Designer. Die Grafik ist nur ein Ergebnis. Sachen ie Jovoto machen das NOCH belie­biger als es eh schon ist.

    – Hier steckt die Idee hinter, dass Grafik machen so ein duftes Hobby ist, dass es förm­lich gratis oder im Lotto-Modus passieren darf. Find ich super. Ich möchte, dass demnächst auch Musik,Bücher und Filme so entstehen. Wo ist die Crowsdource-Plattform für Drehbücher?

    – Jedem, der hier Ideen sucht, oder bei 99 Designs, sollte klar sein, dass schon rein ökono­misch viele Leute hier extrem schnell und flach arbeiten müssen.

    – Es gibt keine Feedbackschleifen zwischen Design und Kunde. Da kann nichts gutes bei raus­kommen, außer – immer möglich – einfach qua Zufall.

    – Das Ergebnis ist, dass Halblaien und Laien dann ein best of aussu­chen. Schon groß­artig. es ist natür­lich die Idee von Fotocommunities über­tragen auf Grafik-Design. Ich denke, das ist ein Format, dass Zukunft hat und «echtes» Design noch ordent­lich weiter unter­höhlen kann. Also die Wahrnehmung von Design beim Kunden. Als austauschbar und beliebig.

    Positiv daran finde ich, dass diese Angebote – die nicht verschwinden werden, im Gegenteil – den Markt sehr verän­dern werden. Zum Guten.

  10. Vroni

    @ HD

    „Positiv daran finde ich, dass diese Angebote – die nicht verschwinden werden, im Gegenteil – den Markt sehr verän­dern werden. Zum Guten.

    Letzten Satz ich jetzt nicht komplett verstanden. Kannst du den näher erläutern?

  11. robertmichael

    das mit dem anmelden und darf nicht herein ist wirk­lich das letzte. sowas riecht immer nach adres­sen­fän­gerei und auf so ein elitäres gehabe hab ich sowieso keinen bock.

  12. Matthias

    Und zur so hoch geprie­senen Qualität der „out-of-brief“ Freigeister: In der Agenturarbeit hat sich doch klar gezeigt, dass die Einzigartigkeit, das Alleinstellungsmerkmal, eines Designs oder einer Idee unter einem zu großen Team leided. „Design by committee“ führt doch letzt­end­lich zu Mittelmäßigkeit.
    Natürlich muss ich zugeben, dass ich die Ergebnisse von jovoto nicht verfolgt habe, aber es liegt leider in der Natur der Sache, dass Design kein Demokratischer Prozess ist. Eine beson­dere Idee entwi­ckelt sich fast immer aus dem glück­li­chen Zusammenspiel von wenigen mutigen Köpfen, in der Agentur wie beim Kunden.
    Die Vorstellung, mit mehr Lösungen die Notwendigkeit einer mutigen Entscheidung der Community über­lassen zu können, wird nicht funk­tio­nieren. Am Ende braucht es ein erfah­renes Agentur-Kunde-Gebilde, um die Qualität der Ergebnisse beur­teilen zu können.

  13. texastee

    @thomas junold: bei jovoto werden die ideen ja eben nicht zu Schleuderpreisen wegge­worfen. Die Rechte an der Idee verbleiben bei dem jewei­ligen Nutzer. Dass alle Ideen, Gewinner oder nicht, sichtbar werden im Prozess und nicht in der Schublade verschwinden ist das inter­es­sante an der Sache und das ist auch der Mehrwert den andere commu­nity Mitglieder mit rausnehmen.

    @vroni Ein Hecht in einem kleinen Teich? Klingt für mich über­haupt nicht erstre­bens­wert. Ich versteh nicht so ganz wieso hier jovoto in Konkurrenz zum klas­si­chen Auftrag gesehen wird. Klar können Contest-Plattformen wie jovoto nicht ‚echte‘ Aufträge ersetzten. Genauso soll jovoto ja auch keine Agentur ersetzen. Es füllt viel mehr eine Lücke, die sich auftut weil immer mehr leute selbst­ständig und mobil leben&arbeiten.

  14. bunterberg

    @vroni

    Schön, dass Du den Vergleich mit den Profs anstößt:

    Uns ist übri­gens die Idee zu jovoto gekommen, weil wir in manchen Klassen unserer Universität (UdK) mit kommer­zi­ellen Projekten konfron­tiert wurden, dort gute Ideen rein gegeben haben und diese im schwarzen Loch verschwunden sind. Manche sind sogar nachher in der Umsetzung wieder aufge­taucht. Nach ein wenig Umhören, ist uns klar geworden, dass dies beinahe an jeder Gestaltungs-Fakultät der Fall ist und dies nicht nur in Deutschland.
    Nachdem wir reali­siert haben, dass dort draußen ein tatsäch­li­ches Interesse jungen Ideen ist, haben wir uns gefragt ob man dafür nicht eine trans­pa­ren­tere und vor allem faire Umgebung schaffen kann, in der jede/r weiß woran man ist und sich deshalb auch des spaßes­halber auf die Sache einlassen kann. Zudem schafft jovoto eine gewisse Reichweite für Deine Idee, Kunden, deren Agenturen und andere Community-Mitglieder werden auf deine Arbeiten aufmerksam gemacht. Uns sind da zum Beispiel mehr als 20 Fälle bekannt, in denen Mitglieder aus der Community direkt einen Job gene­riert haben, einige sogar eine Festanstellung.

    Mich irri­tiert vor allem an der Diskussion, dass immer die Frage nach der Tauglichkeit des kommer­zi­ellen Ergebnisses für den Kunden im Vordergrund steht. Nur etwa die Hälfte der Arbeiten in einem Contest wollen über­haupt dieser Tauglichkeit gerecht werden, die andere Hälfte, so z.B. Steinmeier-Simpsons und viele andere Ideen suchen in erster Linie die Interaktion und den Austausch mit Anderen und vor allem die Möglichkeit ohne Regeln an eine Aufgabe heran­zu­gehen als Motivation.

    Durch die Contests wie für Greenpeace, SPD oder die Bahn reali­sieren wir eine zuneh­mende Professionalisierung unter den Mitgliedern. Wir wissen von ein paar wirk­lich etablierten Designern in der Community, die als CD viel zu lange schon auf denselben Farben arbeiten oder die Nase voll haben von Kunden-Feedback und einfach nur mitma­chen, weil sie die ein wenig Abwechslung bekommen. Und auch der Austausch zwischen Establishment und Nachwuchs ist nicht nur für den Nachwuchs interessant.

  15. HD Schellnack

    Ich find ja schon geil, wie ihr die Sache hier als das beste seit geschnitten Brot darstellt. Respekt. Daran, dass es MyHammer ist, ändert das nicht wirk­lich viel – aber ich bin felsen­fest über­zeugt, dass – auf abseh­bare Zeit – Crowdsourcing-Plattformen die Zukunft sind. Die gesell­schaft­liche Entwertung von Design und eine Flut von Leuten, die lieber Gestalter als Bäcker oder Ingenieur sein wollen, kommen da einfach char­mant zusammen. Die Ergebnisse spre­chen ja auch für sich. Ich finde eigent­lich inter­es­sant, dass Design an sich so einen «Hobby»-Charakter hat. Die Idee, dass man aus Spaß an der Freude ein Logo für Steinmeier macht, hat etwas bizarres. Erik Spiekermanns lang­ge­hegte Befürchtung, dass wir alle als «Künstler» durch­gehen und deshalb gleich mal gar kein Geld mehr kriegen sollte, wird langsam wahr, weil Fluten von Leuten so gerne in Illustrator und Photoshop rumwer­keln, dass sie es gleich für eine 1:1000-Chance auf 3000 Euro machen.

    Das Tolle für die Auftraggeber: Keine Designer mehr, die Fragen stellen, die nach­haken, die kritisch sind.

    Die von den Agenturen ja selbst ange­scho­bene Trennung von Beratung und Gestaltung findet so ihre Vollendung.

  16. Christian

    Welche Motivation haben Nutzer von jovoto? Sie sind am Berufsanfang, haben noch nicht viele Referenzen in der Tasche und spielen Auftragslotto. Sie haben in aller Regel nicht sehr viele Erfahrungen (Rekrutierungen an Hochschulen) mit der Abwicklung von Projekten, mit der Feinanpassung bei Schwierigkeiten im Ablauf.

    Was suchen die Auftraggeber? Sie suchen eine Lösung für ein komplexes Projekt (Markierung eines Politikers) und Hilfe, wie man sowas aufzieht. Sie brau­chen jemanden, der den ganzen Prozess über­bli­cken kann und die Fallstricke kennt.

    Was bekommen die Auftraggeber? Sie bekommen Serviervorschläge ohne Ende und wissen nicht einmal, was gekocht wird. Sie bekommen hunderte von Photoshopfiltern und haben sich dabei noch nicht mal für ein Bildmotiv entschieden.

    Ich wundere mich wirk­lich, dass im ganzen Umfeld von Steinmeier niemand in der Lage ist, so weit zu denken. Hält Steinmeier sich diese Menschen aktiv vom Leib?

  17. HD Schellnack

    Vroni:
    Leute, die das wollen, was Jovoto,MyHammer oder 99 Designs bieten, kommen dann gar nicht mehr zu dir oder zu mir. Bleiben die Leute, die Gestaltung, Beratung, Diskurs, Streit, Liebe und all den echten Shit wollen, den dir 100 an die Wand geklatschte Kreise und Pepsi-Nachbauten eben nicht liefern. Und was wir im Herzen ja auch suchen – also ich zumin­dest. Mir geht es wenig drum, irgend­welche Pixel zu schieben. Sondern um die Strategie, die Hand in Hand mit der Gestaltung geht.

    Wer das will, wird von Jovoto & Co enttäuscht sein – so wie viele Leute, die ich kenne von Pitches die Nase bis zum Erbrechen voll haben, aber sich nicht trauen, die kalte Konsequenz zu ziehen und es EINFACH zu lassen – und zu uns kommen. Die anderen, die die mal eben 20 Agenturen zu Pitches laden – oh fucking yes, bitte geht alle zu solchen Plattformen :-D.

    Wer Design als austausch­bare Wurst-Dienstleistung sieht, findet hier eine Lösung. Wer – durchaus zum glei­chen Preis – eine indi­vi­du­elle Beratung und Liebe zum Detail sucht, landet bei uns. Durch McDonalds sind die Restaurants ja nicht pleite gegangen, oder? Und: Die Arthouse-Kinos über­leben, die Cinemaxx-Dinger gehen pleite. Masse ist nicht immer Erfolg.

  18. HD Schellnack

    >füllt viel mehr eine Lücke, die sich auftut weil immer >mehr leute selbst­ständig und mobil leben&arbeiten
    Hä?

  19. oliver

    ich schliesse mich den sehr waisen worten von vroni und hd an (soviel zum thema redundanz;-)
    inter­es­sant finde ich, dass das netz offenbar seine „entwer­tende“ tendenz auf die bereiche bera­tung und design ausge­weitet hat. die schrei­bende zunft klagt ja schon länger über den sinkenden wert ihrer arbeit im netz. das beängs­ti­gende – oder positiv formu­liert – span­nende bleibt dabei: wo wird die entwer­tungs­welle halt machen? auch im inge­nieurs­be­reich soll es ja viele hobby­bastler geben, die ihr wissen auf platt­formen zur verfü­gung stellen könnten um so tech­ni­sche probleme zu lösen … ich glaube die wich­tigste barri­kade gegen solche tendenzen sind persön­liche bezie­hungen, denn die kann das netz trotz allem „commu­ni­ty­getue“ nicht bieten: wenn hd sagt; design ist ein prozess zwischen menschen, dann ist das einfach aber absolut richtig. nur auf dieser ebene lassen sich werte schöpfen und werden auch wert­ge­schätzt. das internet erleich­tert den kontakt, aber es kann ihn nicht halten, dazu ist der delete-knopf einfach zu schnell gedrückt.
    ich behaupte einfach mal: jovoto und co sind experimente,die sich totlaufen werden. am ende lernen wir besten­falls daraus, das es mehr sinn macht, mit wenigen ausge­wählten leuten an einem problem zu arbeiten, als mit 5000.

  20. Tim Skillson

    ich weiß ja nicht meine lieben damen und herren die sich hier kollektiv in meiner meinung nach einseitig in kritik hinein­stei­gern ob Ihr wirk­lich checkt dass hier jemand versucht einen unter­schied zu machen. finde die diskus­sion hier schon ein wenig engstirnig. durch die tren­nung der von kunden- und commu­ni­ty­e­bene so wie von unter­berg beschrieben bekommt jovoto doch eine ganz andere ausrich­tung als sowas wie 99designs oder crowd­spring oder 12designer oder voda. hier geht es doch gar nicht um das verspre­chen fertige produkte zu liefern und schon gar nicht für ein logo, dass der kunde sich aussucht und dann 150€ bekommt. ich finde schon, dass man hier sehen kann (wenn das alles so stimmt was dort gesagt wird) dass jovoto anders ist und das sollte man eher hono­rieren, als in den boden stampfen.

  21. Vroni

    @ bunter­berg

    Euer Ehren, Ihr spielt mir zuviel und zu geschickt mit den über­trie­benen Hoffnungen, schnell_reich_berühmt_und_sexy zu werden.

    Rhetorisch recht geschickt ist es auch, das leid­lich bekannte Ausbeutungssystem „Prof-Inspiration“ als intrans­pa­renten Rückschritt zu geißeln, während das Ressourcen-Verschwendungssystem Community ja voll trans­pa­rent sei und auch schon mal jemand direkt da heraus für einen Job rekru­tiert worden sei. Wow, hört, hört. Da lobe ich mir doch bald wieder meine alten Profs: Einer gab mir nach Abschluss gleich die Empfehlung für 2 Jobs draußen. Was will man mehr. Auch hier ist das gute, alte (leider eben­falls ausbeu­te­ri­sche) Prof-System um Welten effektiver.

    Kreativiät ist harte Arbeit.
    Der Wunsch nach Abwechslung der auf Jovoto zuneh­menden Zahl von Profi-Kreativen (kann die Zahl der älteren Profis leider nicht über­prüfen, Mitglieder haben alle so neumo­di­sche Schüler-VZ-Nicknames.., läster…):

    Der offi­zi­elle geäu­ßerte „Wunsch der Profis nach Abwechslung“ ist doch eine Scheinbehauptung.

    Glaub ich nicht. Designer, alte wie junge, Profis wie Halblaien bemän­teln gern alles ein biss­chen, um nicht den schnöden Anschein zu erwe­cken, dass sie stin­kendes Geld wollten (Brancheneigentümlichkeit bei Designern, ist mir schon oft aufgefallen).

    Zweitverwertungen (die „War geil, aber hat der Kunde nicht genommen-Schublade“

    In Wirklickeit ist es doch eher deren Wunsch, eben auch dort Kohle mit – leicht verän­derten – Zweitverwertungen zu verdienen. Oder über­haupt an Kohle zu kommen. Vielleicht geht es denen ja auch schon schlecht? (Kann sein…, die Zeiten werden nicht besser…)

    Von ihrem lang­wei­ligen Etat und öden Hausfarben genervte ange­stellte Brand-Designer sind doch nicht so bekloppt und schleu­dern ihre Ideen weg. Wer als solcher wirk­lich Wunsch nach Abwechslung hat, macht seinem befreun­deten Musik- und Tonstudiobesitzer ein paar schöne Designs. Oder macht Ausstellungen „Der Raum im Lichte verschie­dener Designtheorien“ :-)
    (Wenn sein Arbeitgeber das erlaubt; ich durfte sowas damals nicht, gab Abmahnungsgefahr)

    Abwechslung findet also ein gelang­weilter Designer überall. Ein Profi verbindet meist das Angenehme geschickt mit dem Nützlichen. Wo ist das Nützliche für ihn auf einer Plattform. Außer Eierstreicheln vielleicht?

  22. HD Schellnack

    Wir haben heute noch drüber disku­tiert, wie das Web – im weiteren Sinne die digi­tale Welt – die Arbeitswelt verändert.
    Ich habe früher massen­weise Sachen per Kurier verschickt und erhalten. Inzwischen gar nicht mehr. Einer unserer Kunden, der bisher Unterlagen ordner­weise mit GO schickte, schickt die jetzt als PDF via Server. Spart Zeit, Geld und ist umweltfreundlicher.
    Oder Scan/Belichtungsservice.
    Mit dem Digitaldruck werden in den nächsten Jahren im Druckereibereich die Zeiten deut­lich härter – und schaut euch an, was eine webba­sierte Firma wie flyer­alarm da an Revolte im Markt macht. Preiskrieg – und Drucken wird so für die Kunden – auch für unsere Kunden – mehr und mehr zum substi­tu­ier­baren Gut, bei dem es nur noch um Preis geht.

    Das wird im Design genau so laufen. Schon heute haben wir Ausschreibungen, die erst über den Preis entschieden wird. Weil Design zum austausch­baren Gut wird.

    Hier voll­zieht sich endgültig die Denke, dass der Kunde bzw seine interne Marketing ja ohnehin selbst Ideen haben bzw bestens woan­ders klauen können und die UMSETZUNG ein komplett von halb­wegs kompe­tenten Halbaffen über­nehm­bares Dienstgewerk ist.

    Die Der-Kunde-hat-Recht-Denke der großen Agenturen, das Kopfnicken der letzten 10 Jahre, kommt jetzt also als Bumerang zurück: «Wenn ich doch eh immer recht habe — wozu brauche ich dann EUCH?»

    Wie gesagt, man sollte aufhören, solche Prozesse wie bei Steinmeier über­haupt als Design zu bezeichnen. Die unter­scheiden sich nur marginal von Lieschen Müller, die mit Clipart und Aldi-Fonts ihre Hochzeitseinladung gestaltet – womit ich jetzt keines­wegs die Qualität der Ergebnisse bei Jovoto meine (liegt mir fern, dort jemanden zu belei­digen) als viel­mehr die Denke des Steinmeier-Teams. Aus dem Tool des Pre-Fab-Ready-made das halb­wegs beste auswählen… Design als Einkaufsprozess im Discount-Supermarkt. So wie Lieschen aus 1000 Fonts den schnör­ke­ligsten wählt, greift Steinmeier halt aus 1000 Logos das halb­wegs passende – ohne das Know-How, dass diese Wahl sicher machen würde. Also – und das ist die Krux: Rein geschmäck­le­risch. Wer Design so begreift, wie man ja auch Pitches aufzieht, dass man mal ne Handvoll Leute was machen lässt – die freun sich ja über jede Form der Beschäftigung, die – und dann SELBST nach eigenem Geschmack das netteste aussucht, dann meine Lieben, ist Jovoto das ganze nur konse­quent zu Ende gedacht. Wer Pitches okay findet, MUSS Jovoto & Co lieben.

    Wir Tante Emmas stehen da neben diesem Aldi-Angebot und winken schimp­fend mit dem Finger, aber das ändert nichts daran, dass dies die Zukunft ist.

    Solange Design nicht wieder als ganz­heit­li­cher, komplexer und nicht substi­tu­ier­barer Prozess verstanden wird, der Beratung braucht.

    Das ist die Zukunft. Das große, anonyme Ding, das durchaus webba­siert laufen kann und wo Kontakt, Gesichter, Menschen egal sind. Aldi, McDonalds, Flyeralarm – durchaus erfolg­reiche Konzepte.

    Und natür­lich daneben die Druckerei vor Ort, die maßge­schneidet arbeitet, auch mal prägen kann, mit Sonderfarben gut klar­kommt und und und… Service plus Ideen plus Gesicht.

    Diese Trennung wird uns alle betreffen. Es macht keinen Sinn, sich über Jovoto aufzu­regen. 99 Designs et al sind nur die Weiterdenke eines Prozesses, der seit 10 Jahren und länger läuft und den keiner von uns aufge­halten hat, im Gegenteil. Wir nehmen ja auch an Pitches teil :-D.

    Der nächste Schritt, ihr ahnt es: Indien, China… warum sollen die Leute, die schon US-Regionalzeitungen in Mumbai schreiben oder den Callservice für deut­sche Airlines machen, nicht auch Design anbieten?

    Für uns Designer, die nicht bereit sind, in der Masse mit 4000 Konkurrenten anonym als quasi-chine­si­sche Könnte-ja-sein-dass-es-Geld-gibt-Spekulanten zu arbeiten (denn, oh ja, Design ist Arbeit) ist die Frage also, wie wir unsere Ziele errei­chen. Da wird viel Mittelbau unter­gehen – aber was am Ende übrig­bleibt, wird besser sein.

    Wie in anderen Branchen – Buch, Film, Musik – ja auch.

  23. timeout

    Dem Ganzen liegt die irrige Vorstellung zugrunde, dass ein Logo ohne Gestaltungskonzept auskommt und für sich allein stehen könnte. Ohne Bezug zu der eigent­li­chen Arbeit eines Grafikdesigners, der Kreation eines Erscheinungsbildes, macht ein Logo nicht viel Sinn. Das »Logoentwerfen« wird somit aus dem Zusammenhang gerissen und zu einem Sport degra­diert. Damit wird das Ganze zu einer Dienstleistung von Ahnungslosen für Ahnungslose auf einem sehr beschränkten Niveau, bei dem der gesamte Hintergrund und die eigent­liche Aufgabe eines Grafikers ausge­blendet wird.

  24. Vroni

    @ HD

    JAAjAAaaa!! (Audio: ausge­spro­chen wie Otto Waalkes es tut…)

    Vergiss nicht, dass es gerade einen immer breiter werdenden Saum an Prospects gibt (poten­zi­ellen Kunden) im mitt­leren Segment der KMUs und auch sparen müssende Kommunen sind dabei, die so etwas wie erstel​len​lassen​.de oder Jovoto dann sehen und entweder nach wie vor mit 20 Agenturen pitchen (macht Spaß, die Werber und Designer-Zirkuspferde gegn Null-Briefings hüpfen und springen zu lassen, voll die Abwechslung vom schnöden Sachbearbeiterdasein im grauen Büro… ich weiß von was ich rede…) Diese Kundschaft geht auf neue Sachen wie Jovoto wie Schmidts Katze. Voll die Abwechslung und schick.

    Der Ideenhaber ist fein raus: OB oder Cheffe lobt den „Ideenhaber“ („gehen wir doch mal zu Jovoto, zu stylen​lassen​.de, auch die Presse berichtet drüber, im Fontblog stehen sie auch schon“…“) Der PR-Nutzen wäre toll (Politiker und KMUs denken grund­sätz­lich in PR-Nutzen, PR ist angeb­lich voll billiger als Werbung, aber auch so ein Irrtum…) Und man zeige mit Crowd-Spaß-Pitching, dass man moderne Wege beschreite. Des Kaisers neue Kleider, dagegen machste erstmal nix. Das Cottbusser Marketing denkt heut noch, dass sie eigent­lich eine moderne Idee hatten :-( und schmollt.

    Zurück zum Jaaajaaa von oben: Bis die „Marktbereinigung“ und Kundenaufgeklärtheit soweit ist, wie du sie skiz­zierst, fließt noch einiges Wasser die Isar runter, das kann ich dir sagen. Das Crowd-Gepitche fängt doch gerade erst an, auf breiter Ebene schick zu werden.

    Wir dürfen nicht vergessen, das wir (Fontblog-Kommentatoren, und Internetgeeks) doch so etwas wie early adop­ters und advanced internet users sind. Wie sind der „tech­ni­schen Deppen Vorhut“ (schimpfte sich früher Avantgarde) und vergessen dabei, dass das was uns längst klar ist und was wir schon durch haben (Blogs sind eben­falls sowas von durch…, Twitter auch bald, wir warten alle auf das next big thing), draußen bei Normalos in den Büros erst anfängt, geistig Fuß zu fassen.

    Und den kleinen Grafikbüros bricht in der Zeit exakt ihre Kundschaft weg. Das ist, das war ihre Kundschaft, wech isse. Und zwar mindes­tens so lange, wie es reicht, um pleite zu gehen.

    Ich bin da also nicht so opti­mis­tisch wie du.

  25. HD Schellnack

    Jaja, ich seh auch schon Theater, die ihre Festivals da gestalten lassen. Echt.
    Der Kostendruck wirds bringen.

    Ist jetzt schon so, dass ein komplettes Festival mit allen Promomedien und 128 Seiten Buch deut­lich unter 10.000 liegen muss.

    Oder eine Kollegin gestern sagte, ein wich­tiger Kunde wolle ihre Agentur unter 50 Euro/Stunde drücken.

    Ich geb dir also absolut recht – was hier passieren wird, in den nächsten 2 Jahren, ist ein Run auf solche Angebote, die sich bis dahin auch deut­lich profes­sio­na­li­sieren dürften… siehe Microstockanbieter (und siehe Spiegel diese Woche :-D).

    Die kleinen Büros arbeiten heute eh an der Grenze zur Selbstausbeutung. Warten auf den großen Durchbruch, eben fast gratis die Promomedien eines Schauspielhauses machen, das keinen Penny in die Marketingabteilung gibt, aber 70% des Etats in den Beamtenapparat stecken muss.

    Das wird eine gruse­lige Marktbereinigung werden und ich bin da beileibe nicht opti­mis­tisch. Obwohl (bisher) an uns Konjunktursachen immer irgendwie komplett vorbei­ge­zogen sind und Kunden, die Sachen wie 99 Designs dufte finden, um mich persön­lich einen Riesenbogen machen dürften.

    Das einzig gute an all dem wäre, wenn endlich mal weniger Leute Design studieren bzw die Studiengänge eng und hart gemacht werden, um der Designerschwemme etwas entge­gen­zu­wirken. Nicht, um uns zu schützen, sondern um die Studenten zu schützen, die in dieser Masse alle auf einen Markt gehen, der sie nicht tragen KANN. Design studieren ist mehr und mehr so, wie eine Band gründen. Maybe you make money -maybe not. Sichere Jobs sehen anders aus. was ja durchaus befreiend sein kann, wenn die Lebensmodelle entspre­chend sind – und ich denke, die werden sich sehr ändern. Ich glaube, das Modell Hartz IV und nebenbei Freelance und Hoffenhoffenhoffen wird sich durch­setzen für viele Studienbeender.

    Am Ende bin ich aber ziem­lich unsi­cher, ob auf solchen Plattformen solide Corporate Designs, Kampagnen und termin­ge­rechte Serienpublikationen denkbar sind. Denke ich mal nicht.

    Mehr Sorgen macht mir fast der Kampf ums Überleben, der jetzt losgehen wird in den nächsten Jahren. Ich sehe jetzt schon so viele pfif­fige Marketingaktionen von Agenturen vor mir. Magmas Abwrackprämie ist da nur ein Anfang, glaub mal.

  26. Vroni

    Kampfansage:

    Ich erkläre hiermit offi­ziell jovotos, desi​gnen​las​sens​.de und myhmams​ters​.de zu meinem Feind und werde sie bekämpfen. Mit meinen Mitteln, gern mit über­zeu­gender Kritik (da wo sie verstanden wird, sonst ist das über­flüssig), notfalls à la Wallraff, notfalls als Undercover-Guerilla, und überall, wo ich bin.

    Wer mit mir über solche Herrschaften disku­tiert, sollte wissen, dass ich gnädige Abgeklärtheit für verfehlt halte und sollte sich warm anziehen. Nennt mich Donna Alphonsa der Grafikszene.

    Es ist soweit, das Kriegsbeil ist ausge­graben. (Klingt jetzt witzig und nied­lich, aber ich würde das nicht als witzig betrachten, wenn ich ein gut bera­tener Feind wäre…, sondern würde als Feind anfangen den Shun Zu zu lesen.)

  27. Christian

    Vroni: lass dir doch bei jovoto ein logo für deinen kampf machen :-)

  28. Vroni

    @ Chrsitian

    „Ich wundere mich wirk­lich, dass im ganzen Umfeld von Steinmeier niemand in der Lage ist, so weit zu denken. Hält Steinmeier sich diese Menschen aktiv vom Leib?“

    Gut gegeben.

    Und ich wundere mich, wieso die feinen Pinkel von AGD und BDG sich nicht auf ihre Hinterfüße begeben und Steini mal was erzählen. DIE Gelegenheit.

    AGD und BDG und iDD und wie sie alle heißen aus dem Bund der Volksfront von Judäe sind doch so grade auf du und du mit Politikern, habe ich gehört. Voll wichtig und voll das große Ding. Das Ohr an der Politik und das Überzeugen der Politik…

    Aber hören tut man nix!!

    Ich weiß schon, warum ich aus der AGD ausge­treten bin…

    Es stimmt: Steinmeier & Co leben in einem Jasager-Vakuum. Warum? Because they can! (Das Obama-Motto mal umge­dreht, so stimmt es nämlich eher, zumin­dest in Europa.)

  29. Vroni

    @ Chrsitian

    Das wäre guerilla, ja.
    Aber jetzt hastes ausge­plau­dert, menno.

  30. HD Schellnack

    Oh Gott – ist die Domain myhamster​.de noch frei? Großartig :-D

    >Dienstleistung von Ahnungslosen für Ahnungslose
    Das Problem ist, dass die Leute so über Design denken. Oberflächlich. Womit wir wieder bei dem Thema von vor ein paar Wochen sind – Respekt und wie man ihn bekommt :-D.

  31. Vroni

    Respekt bekommen viele nur durch klare Ansagen.

    Respekt bekommt man nicht durch nettes Rumlavieren.

  32. HD Schellnack

    Es geht nicht um den einzelnen, sondern um die Branche.

  33. Vroni

    Die Branche sollte das auch für sich beherzigen.
    Leider ist sie ein unge­ord­neter Haufen, mit dem man derzeit alles machen kann.

  34. cordula

    … und was verdient j. dabei? Die machen das aus Freude an der Interaktion. Meiner Meinung nach entsteht als Ergebnis Deko und nicht Design.

  35. Tanja Szelibisk

    @HD und @vroni

    viele jobs habt ihr aber auch nicht bei der zeit die ihr hier rumhängt ;)

  36. HD Schellnack.

    Weiß nicht. Wir finishen gerade 200 Seiten Saisonheft für ein Theater, sitzen an den Korrekturen für 1000 Seiten Katalog eines Auktionshauses, planen und vorlay­outen 112 Seiten Saisonheft für die Philharmoniker, über­ar­beiten einen CD-Auftritt eines großen deut­schen Verbandes im Hinblick auf den Neuauftritt einer Tochter dieses Verbandes, machen ein Corporate Design neu, bereiten uns auf einen Pitch vor und so weiter.

    Gibt n Grund, warum Ulrike auf meine Bio wartet :-D. Die Zeit hier spare ich derzeit beim Rasieren. Und ich mach ja derzeit wirk­lich (leider) nur auf dem FB den Mund auf, selbst mein eigenes Blog ist etwas stumm.

    Hat auch mit der Sache nix zu tun, oder?

  37. Vroni

    Doch, doch Tanja, keine Sorge.
    Bin grad über einer größeren Logo- und Corporate Geschichte und brauche mal wieder: Abwechslung.

    Na, wie schauts denn so mit deiner Zeit aus?
    *natter­natter*

    (Notiz an mich: Ich hasse solche neun­mal­klugen Null-Inhalt-Einwürfe, immer ab dem 30. Posting geht das los und dann ab dem 50. Posting kommt dann irgendwas mit Mr Hitler, so sicher wie was. Dies geht mir gewaltig auf die Semmel. Wann höre ich endlich auf, darauf pseudo-höflich zu reagieren.)

  38. HD Schellnack.

    Vroni, ich finde das mit dem unge­ord­neten Haufen nicht so produktiv. Viele andere Branchen sind noch verpeilter, stehen aber besser da. Schau dir die Romanciers an. Das nicht gerade Leute mit Bänkermentalität oder mit Wir-gründen-einen-Verband-menta­lität Designer werden, sondern Selfmadeleute, Quereinsteiger, Fighter… das macht dei Branche ja so span­nend, schil­lernd und schön. War immer so, wird immer so sein. Peter Saville ist nicht der orga­ni­sier­teste Onkel der Welt, aber DER Designer. Fleckhaus, Aicher, selbst Sagmeister – alles Querköpfe. Anders geht das nicht. Musiker und Filmmacher und Autoren sind das Pattern, nicht AOK-Mitarbeiter ;-D. Ausnahmen bestä­tigen die Regel.

    Was nicht heißt, dass es nicht ein Framework geben kann, dass den gesell­schaft­li­chen Respekt zu erkämpfen versucht. Die Gefahr ist aber groß, dass es dann ein Klassensprecher-Syndrom gibt, gelle? Ich seh nämlich so einen Saville-Typen NICHT in einem Gremium sitzen.

  39. Johannes | precious

    mich würde mal inter­es­sieren, wieviel derje­nigen, die hier über den unter­gang der guten gestal­tung lamen­tieren, bezüg­lich (kreativ)branchen weitaus weniger mitge­fühl zeigen: der musik­in­dus­trie z.b.. oder jour­na­listen. die merken den struk­tur­wandel, der mit der digi­ta­li­sie­rung und vernet­zung einher­geht, schon etwas länger. und gerne wird dann hämisch auf die dummen labels gezeigt oder das verlags­haus, das seine zeitungen nicht mehr verkauft bekommt. schnell sagt man dann: selbst dran schuld, die hätten früher reagieren sollen, und ob jetzt das label pleite geht oder der musiker wieder als bedie­nung im cafe arbeiten muss ist einem egal.

    „nie war die zeit für musik besser als heute“, sagt man dann. und: „die zeitungen sollten die großen chancen des internet nutzen, anstatt am status quo festzuhalten“.

    warum soll das in unsere branche anders sein? design war noch nie so wichtig wie heute und es war tech­nisch noch nie so einfach, gute gestal­tung zu machen. das alles haben wir der tech­no­logie zu verdanken. sie hat uns ein riesiges neues arbeits­feld beschert, sie hat uns güns­tige und bessere werk­zeuge gegeben.

    und nun gibt uns diese tech­no­logie auch etwas, dass uns nicht so gut in den kram passt: crowd sourcing. und nun verdammen wir das. aber man kann nicht nur die vorteile einer tech­no­logie genießen, ohne dass es auch nega­tive aspekte gibt. das war noch nie so.

    wobei es abzu­warten ist, ob die demo­kra­ti­sie­rung des designs und das crowd sourcing gestal­tung zwin­gend schlechter macht. viel­leicht wird es global betrachtet sogar besser: all die metzger, elektro instal­la­teure, bäckeren und steu­er­be­rater, die einfach selbst ein „logo“ mit word gebas­telt hätten und nie auf die idee gekommen wäre, damit einen profi zu beauf­tragen, bekommen über crowd sourcing viel­leicht erträg­li­chere designs verpasst. und um sich von diesem soliden mittelmaß abzu­setzen, müssen die kunden, die mehr wollen eben wieder uns profis beauftragen.

    viel­leicht sehe ich das sehr opti­mis­tisch. aber egal wie’s kommt: wir werden es nicht aufhalten können. wir können nur versu­chen besser zu sein.

  40. Christian

    @ Johannes:
    das scheint mir der Tenor der letzten Diskussionen gewesen zu sein und ist es jetzt auch wohl wieder. Interessant ist hier nur, dass Frank Walter Steinmeier sich für eine Lösung entscheidet, die einfach nicht seinen Anforderungen gerecht wird. Ohne Not. Und bei gleich­zeitig erreich­baren kompe­tenten Alternativen. Bei diesem Verhalten wird der Stellenwert des Designers für dieses Projekt sichtbar. Thats it.

  41. Christian

    Übrigens ist die persön­liche Beziehung vom Designer zum Auftraggeber genau das entschei­dende Merkmal für den Beruf. Daraus resul­tieren die meisten Stärken und Schwächen. Die bishe­rigen Ergebnisse der BDG-Umfrage lassen genau darauf schließen. Aber dazu später mehr.

  42. Vroni

    Fleckhaus war gestern, HD.
    Als Design noch nicht jeder machte.
    Sagmeister hatte das Glück mit den Stones.
    Is auch schon a bissi her, nicht? Das sind doch alles Oldies, da bin ja ich jung wie ein Baby.

    Damit flachst du wieder ab (mit solcher histo­ri­schen Argumentation der guten alten Querkopf-Zeiten), schade. Das ist genau das, was ich bei Grafikern so liebe: Sie schaffen es immer wieder, nach anfäng­lich gutem Argumentieren nach­zu­lassen und urplötz­lich eine unglaub­liche Einzeln-ist-es-toll-Rede auszu­spu­cken. Muss mit Masochismus oder Multi-Veranlagung zu tun haben.

    Kennst du Ton, Steine, Scherben? Allein machen sie dich ein. So alt, ist aber zu Grafikern noch nicht durchgedrungen.

    Und lieber doch ein (1 !) verblö­deter Klassensprecher, ja bitte, als blind weiter in der Pampa!

    (Diese aufkei­mende HD-Freiheitsliebe plötz­lich, wenn es kurz vor dem Schwur ist, kenne ich bei Grafikern gut, ist ne Krankheit…) Denn dann muss man leiden können.

    Grade auf dem Werbeblogger habe ich dem Ausspruch/Zitat von oder durch Olli Voss kolpor­tiert: „Kreative sind doch am besten, wenn sie mit dem Rücken zur Wand stehen.“ etwas Ähnliches erwidert.

    Muss damit zusam­men­hängen, dass morgen Karfreitag ist? Oder der Vollmond? Freiheitlich-libe­rale Querkopf-Selbstschädigungen werden gerne entge­gen­ge­nommen, und bitte jeder nur ein Kreuz?

  43. Vroni

    @ Johannes

    Der Metzger ums Eck in Bayern geht nicht und nie zu Jovoto. Ganz falscher Ansatz. Solche Spinnr-Portale jagen ihm eher Angst ein. (In dem Fall würde ich sagen: das ist gut so.)

  44. Johannes | precious

    @vroni:
    auch die metzger haben irgend­wann internet und wissen, wie man das bedient. auch die metzger!

    man macht bei all diesen diskus­sion immer den fehler, dass wir vom jetzt ausgehen. irgend­wann (bald) wird es ganz natür­lich für jeder­mann, services im internet zu nutzen. meine mutter, haus­frau vom dorf, hobby­ma­lerin, verkauft ihren kram auf dawanda​.de… dann können auch metzger aus bayern jovoto benutzen. und wenn nicht der metzger, dann viel­leicht seine tochter.

  45. nora

    Meine Güte, Vroni, du bist unschlagbar präzise im Denken und Formulieren … Schade, dass du keine Zeit hast zur Typo zu kommen. Dich hätte ich gerne live bei der Diskussion erlebt. Jessas nee, schöne Ostern für alle!

  46. Johannes

    @ johannes|precious

    an dem, was du unter 39 gesagt hast, ist tatsäch­lich einiges dran. der design­be­griff erfindet sich gerade neu. bzw. gehört abge­schafft. design ist am ende genau das: mittelmaß. besser als nur mist, aber eben auch nicht wirk­lich gut. dann will ich aber auch kein desi­gner mehr sein. und stein­meier ist dem design auf dem leim gegangen. was ja wirk­lich nicht soo schade ist.

  47. HD Schellnack

    Ob Stefan so glück­lich mit den Stones war – es klingt bei ihm anders :-D.
    Mit Fleckhaus wollte ich genau das sagen – sag ich ja immer… früher gab es wenige, deshalb konnten die quer sein. Die Masse an Designern zwingt (scheinbar) aufgrund der gewech­selten Symmetrie zwischen Auftraggebern und Designern zu Anpassung. Die – das zeigt eben Crowdsourcing – am Ende zu Strukturen führt, in denen der Auftraggeber gleich gar keinen echten Designer mehr braucht.

    Der Vergleich mit der Musikbranche als GESCHÄFT hinkt etwas. Musiker produ­zieren ein Album im Voraus für viele Abnehmer, Designer produ­zieren zusammen im Dialog mit Kunden ein maßge­schnei­dertes Produkt. Design is like song­wri­ting – der PROZESS ist sehr ähnlich (und auch die Vermarktungsstrukturen glei­chen sich in Zukunft viel­leicht etas an, wenn Design mehr und mehr auch zu Kunst wird)… aber die derzei­tigen Wirtschaftsmechanismen sind ganz anders, die sind am ehesten noch mit Soundtrack-Komponisten vergleichbar.

    Ich hege großes Mitgefühl mit den Bands, kleinen Labels, den Verlagen und der ganzen Kreativindustrie, die das Web als Infrastruktur beein­flusst. Ich hab immer gesagt, das Internet ist besser als der Faustkeil und schlimmer als die Nuklearbombe.

  48. Johannes | precious

    @ johannes (46)

    alle menschen sind desi­gner. so wie ich heute mittag koch war (brat­kar­tof­feln, erbsen und soja-schnitzel), ist meine schwester, die als lehrerin bezahlt wird, auch desi­gnerin, wenn sie einen multiple choice test layoutet. heute abend bin ich viel­leicht hand­werker, sicher­lich aber kein sehr guter. meine schwester ist auch keine so gute gestal­terin, aber meine brat­kar­tof­feln waren sehr lecker.

    herr godin hat auch hierzu mal wieder etwas ganz gut auf den punkt gebracht: http://​seth​godin​.typepad​.com/​s​e​t​h​s​_​b​l​o​g​/​2​0​0​9​/​0​3​/​w​h​y​-​a​r​e​n​t​-​y​o​u​-​r​e​a​l​l​y​-​g​o​o​d​-​a​t​-​g​r​a​p​h​i​c​-​d​e​s​i​g​n​.​h​tml

  49. Vroni

    Da hast du mich wohl falsch verstanden: Der Metzger wird nicht die Internet-Technik fürchten, das nicht. Hat er ja compu­ter­ge­steu­rerte Cutter-Anlagen auch und E-Mail und Dings.

    Nein, rr wird die Typen fürchten. Alle so jung und so hip und so bluna und so gierig. Da verwette ich meinen Hintern: Das ist nicht sein Ding, da nimmt er Reißaus. Zumindest in Bayern

  50. Johannes | precious

    Alle so jung und so hip und so bluna und so gierig.

    dann wird es halt ein jovoto für die boden­stän­digen geben. es gibt ja auch nicht nur myspace, sondern auch wer​-kennt​-wen​.de.

    das tolle des inter­nets ist, dass nischen bedient werden. sogar metzger aus bayern.

  51. Christophe Stoll

    Jovoto ist wichtig. Twitter ist wichtig. Und was haben sie gemeinsam? Sie sind Vorboten verän­derter Strukturen. Sie lassen uns exem­pla­risch an Zukunftscocktails nippen: Design-Crowdsourcing, Echtzeit-Internet.

    Sie sind aber auch unwichtig – als singu­läre Erscheinungen. In 5 Jahren wird niemand mehr über die Jovotos oder Twitters spre­chen, die wir heute kennen. Aber das, wovon sie uns im Moment einen Vorgeschmack anbieten, wird Fahrt aufge­nommen haben – viel­leicht noch viel radi­kaler, als wir es uns heute vorstellen können.

    Solch neue Ideen, Ansätze, Impulse bringen erstmal ein wenig Unordnung in unsere gemüt­li­chen Designerwohnzimmer. Die Damen und Herren Graphiker der alten Schule, was haben sie „damals“ über den Personal Computer geschimpft! Der Niedergang guter Gestaltung, Demokratisierung der Werkzeuge als Anfang vom Ende. Ich freue mich, wenn mal wieder an uns gerüt­telt wird. Und jetzt ist es eben das parti­zi­pa­tive Netzwerkgestalten, aka Crowd Sourcing. Keine Sorge, auch hiermit werden wir fertig werden!

    Im Ernst. Ich glaube auch, daß gute Gestaltung, und vor allem auch Design jenseits seiner eher formalen Ausprägung, am besten im engen Dialog und Diskurs zwischen Gestalter und Auftraggeber funk­tio­niert. Das führt zu den besten Ergebnissen und – noch wich­tiger – es macht am meisten Spaß.

    Aber das ist nur ein Aspekt. Wie entstehen denn diese Partnerschaften? Ok, hier und da im ICE-Speisewagen (dem Golfplatz des kleinen Mannes), per Empfehlung, durch aktives Interesse und Suchen des Auftraggebers nach dem passenden Portfolio, auf Basis einer Freundschaft, durch Gespräche auf Branchentreffs, per Aufmerksamkeit durch Publikationen, gute Presse, Awards … Es gibt sie durchaus, die unmit­tel­bare Beauftragung auf Basis eines Gefühls, daß es irgendwie passt.

    Aber so läuft es eben meis­tens nicht. Letztendlich sind aktu­elle Vermittlerwerkzeuge meis­tens Ausschreibungen oder Pitches. Es gilt sich durch­zu­setzen – mit dem besten Angebot, zum Teil mit krea­tiver Vorleistung. Und dann bekommt einer den Zuschlag, am meisten über­rascht ist meis­tens der Gewinner. Alle anderen verstehen die Welt nicht mehr oder sind das gewohnt und bereiten sich inner­lich bereits auf den nächsten Pitch vor. Alle haben doch ein gutes Angebot gemacht. Alle haben doch ihr Pitch-Theaterstück sehr über­zeu­gend aufgeführt.

    Und am Ende wird alles anders gemacht als beim Pitch. Der Kunde gönnt sich spätes­tens bei Präsentation 3 von 13 ein Nickerchen und verlässt sich auf die Argumentations-Stärke der Pitchenden in der anschlies­senden Fragerunde: es gewinnt dann, wer die stärksten Antworten gibt. Und da man diesselben Fragen ungern 13x fragt, lässt man die anschlies­sende Diskussion (auch aus Zeitmangel!) ab dem 7. Teilnehmer eben unter den Tisch fallen, es gibt ja schliess­lich eh die Präsentation …

    Ich mag keine Pitches. Ich verstehe sie nicht und deshalb machen wir sie auch nicht mit.

    Und jetzt kommt also ein neues Format zur Annäherung zwischen Gestalter und poten­ti­ellem Kunden um die Ecke. Ich bin auch erstmal erschro­cken! Design-Crowdsourcing, das klingt irgendwie nicht so gut. Aber wenn man das mal ein wenig abstra­hiert auch erfri­schend. Passend zum Osterfest: ein süßes, piep­sendes Küken, dem noch die Eierschalen in den Federn kleben und das gerade Laufen lernt.

    Ich bin kein Freund vom Verwässern des Designbegriffs, von Demokratisierung auf Kosten bestimmter, oft imma­nenter Werte von Gestaltung. Ich verachte Preisdumping, Kampfpreispauschalangebote, „Designflatrates“.

    Ein Modell a la Jovoto aber ist ein logi­scher nächster Schritt. Nicht in Sachen Verwässerung oder Dumping, sondern in Sachen verän­derter Rahmenbedingungen. Als posi­tives Alarmsignal dyna­mi­scher Entwicklungsprozesse in poten­tiell verschie­dene Richtungen. Ich kenne Jovoto auch nicht „von Innen“, aber ein Dialog zwischen „Auftraggeber“ und Designer ist auch hier erstmal nicht per se ausge­schlossen, oder?

    Wir müssen uns verän­dern und weiter­ent­wi­ckeln: als einzelne Designer, Studios, Agenturen, als Branche – den Designbegriff als solchen. Wir müssen uns mit neuen Ideen ausein­an­der­setzen (Jovoto ist nur eine von tausenden, die noch kommen werden), mit neuen Geschäftsmodellen, mit neuen Technologien. Wir müssen (oder dürfen) uns immer wieder neu erfinden – Jahre lang! Jeder kann nicht nur Flächen, Objekte, Produkte gestalten, sondern auch sein Umfeld. Ist DAS eigent­lich nicht der Traum eines Designers?

  52. HD Schellnack

    Super – nur ist eine Plattform wie Jovoto nun alles andere als neu. In Crowdsource steckt ja nicht umsonst, siehe oben, Outsource. Es ist der Pitch, den du nicht magst, nur aufs globale gerechnet und für den Auftraggeber zugleich in die Gemütlichkeit des Wohnzimmers gebracht – Null Aufwand, Null Mitdenken, kein Nickerchen in der 3. Präsentationsrunde, sondern eher so eine Art eBay-Feeling – 3-2-1-Scheiss. Throw shit at the wall and see what sticks. Unterbietungsplattformen gibt es seit langer Zeit und von der Macht der Stillen Reserve als Druckmittel hat schon Karl Marx geschrieben. Was hier passiert, und auch das ist nicht so neu, ist, dass Design zur austausch­baren Dumpingtätigkeit wird. Wobei hier eigent­lich eben kein Design statt­findet, sondern… Mediengestaltung oder so.

    Weißt du, so wie ja viele Leute Webdesigner werden, weil sie … im Internet surfen können… so verän­dert sich hier tatsäch­lich der Designbegriff. Schon wahr.

    Nur nicht zum Guten.

    Was GAR kein Lamento ist. Ich hab schon 2002 Studenten gesagt, dass ich nicht sicher bin, ob es unseren Beruf in der jetzigen Form noch in 15 Jahren geben wird und geben sollte. Was auch okay ist – wenn ich mir das Zeug ansehe, dass unsere Branche (wir auch) in Masse produ­zieren, wäre das ja kein großer Verlust. Nichts hält ewig – und das ist auch okay so.

  53. Vroni

    Es ist doch wurscht, wie das Werkzeug heißt, ob Reißbrett (wer kann das noch hier?) oder Computer.
    Wichtig ist, was man in der Birne hat, die Fähigkeit zu denken, zu abstra­hieren und wiederum zu konkretisieren.

    Und da scheint es mir bei vielen „Gestalten“, ähm Gestaltern zu hapern. Es gab mal einen Spruch, der ging in etwa so: Wer nix is und wer nix ko, der gejt zur Post oder zur Eiseboh‘.

    Järchens später tauchte schon dieser Spruch-Klon auf: Wer nix ko und wer nix wird, wird Grafiker oder Wirt.

    Zumindest sind viele Grafiker struk­tu­relle Analphabeten – wie ist es anders zu erklären, dass sie mir noch unin­tel­li­genter und käuf­li­cher vorkommen als Journalisten.

  54. Christophe Stoll

    @HD Schellnack

    „Unterbietungsplattformen“ sind gene­rell viel­leicht nichts neues, aber die spezi­elle Ausprägung von Jovoto und der Fokus auf die (junge) Kreativbranche war mir vorher nicht bekannt. Es gibt ja auch Chats, Instant Messaging und SMS schon länger, und trotzdem ist Twitter auf eine Art inno­vativ und bringt auf verschie­denen Ebenen Bewegung mit sich.

    Wenn es bei einer Crowdsourcing-Plattform wirk­lich ausschliess­lich ums Unterbieten, ums Outsourcen, ums Faulenzen und Geld sparen ginge, fände ich das nicht gut. Ich begrüße es jedoch, wenn dadurch neue Formen der Zusammenarbeit, sozialer Interaktion, Inspiration, von mir aus auch des Wettbewerbs entstehen.

    Klar gibt es ein großes Potential, daß sowas als Massenpitchmaschine miss­braucht wird. All die nega­tiven Dinge, die Du beschreibst. Aber muß nicht, oder nicht ausschliess­lich. Es gibt auch Potential für digital gestützte Gegenentwürfe zum status quo des Pitch.

    Sowohl gegen­sätz­liche als auch sich ergän­zende Kräfte werden zahl­reiche Ansätze und Lösungen mit sich bringen, die geformt werden wollen. Das liebe Internet war ja schon immer ein bunt gemischter Blumenstrauss.

  55. Vroni

    @ Christopher

    Siehst du’s nicht oder kannst du’s nicht sehen.
    Crowdsourcing à la Jovoto ist verstecktes Unterbieten: Kein auch nur mini­malstes Aufwandshonorar, die Chance 1: xxxx etwas zu reißen. Wie unter­boten geht denn noch.

    Wie issses denn so heut­zu­tage an den Gestaltungsfakultäten: Betriebswirtschaftslehre findet wohl nicht mehr statt. Was lehrt man denn statt­dessen. Pixelschönbügeln?

  56. thomas junold

    es geht wirk­lich nicht nur ums unter­bieten. es geht um ideen. wer ist wirk­lich so blöd und schmeisst vorschläge in den raum, die man nur abgreifen muss und leicht verän­dert für sich selber nutzen kann.

  57. Jürgen Siebert

    Darf ich mich zwischen­durch mal bedanken, für die rege Diskussion. Ich hatte heute einen Urlaubstag, musste aber immer wieder hier rein zum Lesen.

    Wenn das hier die TYPO wäre, hätte ich Vroni in den letzten Stunden schon mehrere Weißbier aufs Sprecherpult gebracht. Auf Deine zukünf­tige Rolle als Donna Alphonso freue ich mich riesig. Bitte leb’ sie hier im Fontblog aus :)

  58. Vroni

    Danke, Jürgen.

    Was die Tippfehler betrifft, bin ich meinem großen Vorbild bereits ebenbürtig.

  59. Vroni

    @ Johannes

    „…dann wird es halt ein jovoto für die boden­stän­digen geben. “

    Das ist myhammer​.de. Gibt es schon. (Kriegt man auch bereits unent­gelt­lich Vorentwürfe, habe ich tuscheln hören.)

    Und mit myhammer muss der Metzger es sich gut über­legen. Falls das Finanzamt Schwarzarbeit über­prüfen geht. *hinhint* Wenn ein Billig-Anbieter derwischt wird, hängt der Abnehmer der schwarzen Pixelware nämlich genauso mit drin. Sehr uner­freu­lich das.

  60. Christophe Stoll

    @Vroni

    Ich habe weder BWL noch „Pixelschönbügeln“ gelernt, da ich nie eine Gestaltungsfakultät als Student besucht habe. Und wenn ich Lehraufträge ausübe betrachte ich es als höchstes Ziel und Aufgabe, Offenheit, Experimentierfreudigkeit und ewiges Lernen anzu­regen. Die anderen Dinge kommen dann von alleine, wenn das Engagement stimmt.

    Was ich sagen will, und das willst scheinbar Du nicht sehen, ist, daß man sich in dieser Diskussion bei aller Kritikwürdigkeit einzelner Aspekte nicht zu sehr auf den Einzelfall Jovoto stürzen und anhand dessen so pauschal Schwarzmalen sollte. Unterbieten und Honorare sind durchaus Aspekte, über die man disku­tieren kann und sollte. Aber es gibt auch andere, die ich hier wichtig finde.

    Ich hole mal kurz aus, kannst ja in der Zwischenzeit eins von Jürgen’s imagi­nären Weißbieren genießen ;-)

    Jetzt mal für einen Augenblick unab­hängig vom Honorar betracht sieht der „klas­si­sche“ Entwurfsprozess bei Designbüros ja folgen­der­maßen aus: ein oder mehrere Designer entwi­ckeln nach Briefing 2-5 alter­na­tive Entwürfe und Varianten. Hier gibt es auch jenseits von Crowdsourcing schon den ersten Knackpunkt: warum vertraut man dem Designer nicht mehr und versucht mit konstruk­tiver Kritik, das Bestmögliche aus dem vom Designer vorge­ge­benen Weg raus­zu­holen. Oder um es mit Lagerfeld zu sagen: „No second option“.

    Dann werden diese unter­schied­li­chen Ansätze präsen­tiert und disku­tiert – meist irgendwo zwischen ziel­füh­rend und aben­teu­er­lich, je nach Konstellation. Im Optimalfall ist das Ergebnis ein Votum für eine der erar­bei­teten Richtungen, die Realität bringt jedoch meis­tens eher Hybride hervor: von allem etwas, von jedem das Beste … Aber auch das kann zu span­nenden Entwicklungen und guten Ergebnissen führen, solange die Designer selbst klare Ansagen und genug Zeit einge­räumt bekommen. Dann Zwischenstand auf Zwischenstand, Iteration nach Iteration und Dialog bis alle (oder fast alle) mit dem Ergebnis zufrieden sind. Später Optimierung, Finetuning, evtl. Tests, Reinzeichnung, Produktion …

    Dieser Prozess ist doch prin­zi­piell skalierbar. Es ist eher eine Frage der Organisation und Struktur, wenn anstatt z.B. 2-5 Designern 50 oder 350 an Entwürfen arbeiten. Das ist eine ganz andere Art der Projektkultur, -kommu­ni­ka­tion und -mode­ra­tion, aber es ist nicht unin­ter­es­sant und vor allem lösbar. Auch hier kann eine Art „enge“ Zusammenarbeit zwischen Auftraggeber und Designer entstehen.

    Ich muß dabei an die oft sehr enge und inter­ak­tive Kommunikation zwischen modernen Softwareentwicklern und ihren Nutzern denken. Dafür gibt es heut­zu­tage zahl­reiche effek­tive Tools, und wenn dieser Austausch Teil der Kultur sein soll, lässt sich das recht einfach umsetzen. Nutzer haben damit die Chance, ein Produkt das sie nutzen mitzu­ge­stalten. Die Herausforderung ist auch hier, die eigene Linie zu finden und Kritik und Anregungen von Nutzern best­mög­lich zu mode­rieren und in die Produktentwicklung einfliessen zu lassen. Nutzer bringen sich ein, geben Feedback, aber treffen nicht die Entscheidungen oder stimmen über das Schicksal des Produkts ab.

    Oder zappos​.com, ein ameri­ka­ni­scher ecom­merce-Anbieter, der sich Service und den Dialog mit seinen Kunden per Tagline auf die Fahne geschrieben hat: „Powered by Service“. Das Team, darunter auch der CEO, sind jeder­zeit über verschie­dene Kanäle erreichbar und melden sich sehr zeitnah mit Lösungen zurück. Ich hätte mir schon in einigen „klas­si­schen“ Designprojekt-Konstellation eine ähnliche Ansprechbarkeit und Reaktionsgeschwindigkeit, eine Wertschätzung des Sujets auf Entscheiderebene gewünscht. Da melden sich hunderte Kunden am Tag, und alle werden zeitnah und gleich gut behan­delt. Dafür hat man eine Kultur entwi­ckelt und setzt größ­ten­teils Standardtools wie Twitter, Facebook & Co ein.

    Und wo ist der große Unterschied? Bei der Bezahlung, könnte man entgegnen. Konsumenten haben ein Produkt gekauft und man könnte meinen, sie müssen idea­ler­weise Service erwarten können. Designer wiederum sollen gefäl­ligst für ihre krea­tive Leistung bezahlt werden.

    Aber woher kommt dieser reine Fokus aufs Geld? Einerseits rela­ti­viert sich das ein wenig, wenn es mehr Plattformen dieser Art gibt und man tatsäch­lich Umsätze damit erzeugen kann. Und wenn man über­legt, dass eine Logoentwicklung per große Agentur teil­weise fünf- bis sech­stel­lige Beträge auf die Uhr bringen kann, fragt man sich auch, warum z.B. im Fall Steinmeier nicht 100.000€ einge­stellt wurden – daran ist ja nicht das System schuld, sondern seine Anwender. Dann hätte der Sieger einen Großteil davon bekommen können (ein Budget, das er in seiner persön­li­chen Situation viel­leicht niemals auf anderem Weg hätte aufrufen können für eine Logoentwicklung). Und der Rest hätte unter den rest­li­chen 349 Teilnehmern verteilt werden können.

    Aber es gibt ja bei Designprojekten zum Glück auch mehr als das Geld. Mal ehrlich, wie viele Designer haben immer wieder Leerlauf, während man auf Feedback wartet oder auf die Projektfreigabe. Man tüftelt dann an eigenen, freien Projekten (und so verpuffen oft gute Ideen einfach nur) oder versucht sich in Akquise, ober verplem­pert seine Zeit per Twitter oder Ähnlichem. Zumindest solche Löcher könnte man auch anders nutzen. Ein biss­chen wie auf Facebook rumlun­gern, aber mit produk­tivem Output – und ich bin mir sicher, daß einige der Jovoto-Nutzer das genau so betrachten und betreiben. Oder andere wunder­bare Begleiterscheinungen von Gestaltung: neue Kontakte knüpfen, neue Freunde und Gleichgesinnte finden, lernen besser mit Kritik – auch von Fremden – umzu­gehen, gene­rell neue Erfahrungen machen und neue Dinge lernen, das kann nie schaden und würde auch einigen etablierten Gestaltern oftmals ganz gut tun.

    Mir geht es nicht darum, mit aller Kraft Jovoto zu vertei­digen oder Lobby zu machen für Design-Crowdsourcing im Allgemeinen. Ich habe ja bereits geschrieben, daß ich auch Vorbehalte habe und sehr viele Werte mit Design verbinde. Aber ich mag nicht einseitig disku­tieren und noch weniger nur Lamentieren, sondern möchte gerne auch die Chancen und das Potential für posi­tive neue Aspekte solcher Ansätze beleuchtet sehen. Ich verdiene mein Geld mit Design (und habe einige meiner Freunde durch Design gefunden ;-) und bin davon über­zeugt, daß wir uns noch an einige neue Modelle gewöhnen werden müssen – ich betrachte es unter anderem auch als Herausforderung, so gut wie möglich Einfluß darauf zu nehmen anstatt nur zu verurteilen.

  61. johannes | precious

    nochmal: es nützt über­haupt nichts, sich über jovoto oder ähnliche dinge aufzu­regen oder gar dagegen ankämpfen zu wollen. dass es soetwas gibt, ist eine natür­liche konse­quenz aus angebot und nach­frage, sowie tech­no­lo­gi­schen gege­ben­heiten. wer das nicht einsieht, hat grund­le­gende dinge nicht verstanden. oder will sie nicht sehen.

    crowd sourcing ist ein witz gemessen an dem, was wir noch erleben werden. wie wär’s z.b. mit programmen, die selbst­ständig entwerfen?

    ich sehe über­haupt keine konkur­renz für meine arbeit von solchen platt­formen. der ster­ne­koch hat ja auch keine angst vor der imbiß­bude. im bereich design kann crowd sourcing kaum über das mittelmaß hinaus­kommen (das ist bei wiki­pedia anders, dort funk­tio­niert das prinzip wesent­lich besser). einfache entwurfs­auf­gaben können viel­leicht noch eini­ger­maßen OK gelöst werden, aber – wie schon so oft von anderen weiter oben erwähnt – ist der austausch – manchmal auch die reibung – zwischen gestalter und auftrag­geber wichtig, um richtig gutes design zu schaffen.

    wer sich also nicht mit dem mittelmaß messen will/muss, hat vor crowd sourcing nichts zu befürchten. und wenn es dazu führt, dass 1000 mittel­mä­ßige berufs­de­si­gner durch 100.000 hobby­de­si­gner arbeitslos gemacht werden, wäre das so schlimm? wenn die billigen aufback­bröt­chen aus der tief­küh­truhe besser schme­cken, als das, was ein bäcker­meister in seiner back­stube fabri­ziert, dann hat er am markt keine daseins-berech­ti­gung. warum soll das bei gestal­tern anders sein.

    crowd sourcing kann den effekt haben, dass es eine höhere qualität im unteren sektor gibt (dort, wo es vorher keine budgets für profes­sio­nelle gestalter gab). viel­leicht führt es auch dazu, dass der mitt­leren bereich etwas nach unten nivel­liert wird (firmen, die früher geld für desi­gner ausgeben „mussten“, weil’s kein anderen machen konnnte, aber jetzt die möglich­keit sehen, geld zu sparen). im oberen segment, dort wo man den wert von design erkannt hat und entspre­chen hono­riert, dort wo die design-aufgaben komplex werden, dort wo es auf enge zusam­men­ar­beit und regen austausch ankommt, dort wo ich arbeiten will, kommt crowd sourcing über­haupt nicht hin.

  62. Vroni

    Also jetzt mal an alle die unver­drossen an den Markt und den hoch­hei­ligen Computer glauben. Ich glaubs ja nicht.

    Was muss eigent­lich noch passieren, dass Grafiker begreifen, dass DER MARKT, der alles fein sauber richtet, grade am Derbröseln ist.

    Der Markt ist menschen­ge­macht und keine Religion. EUER MARKT besteht aus Nachfragemarkt ebenso wie aus Angebotsmarkt. Beides bedingt einander. Er ist nicht immer nur Nachfragemarkt, der alles steuert. Auch das Angebot steuert mit. Das ist nur vielen im Lauf der Zeit entfallen.

    Ich hab doch gar nix gegen Neuentwicklungen. Von mir aus gibt es Computer, die endlich, endlich diese Schweinebauchanzeigen machen, damit man keinen Grafiker mehr damit quälen muss.

    Nur: Wenn Grafiker (die Anbieter) etwas heller wären in der Birne und halb­wegs ihre Betriebskosten kalku­lieren könnten (sie können es nicht und viele müssen anschei­nend auch nicht, denn sie wohnen noch bei Mami, da ist Grafik eben nur ein Zubrot), und wenn sie nur etwas mehr Mumm im Kreuz hätten, gäbe es diesen Dumpingmarkt nicht. Ich habe auch gesehen, welche Unverschämtheiten befreun­dete Grafiker sich von „Nachfragern“ gefallen lassen und könnte hier Stories aus dem Nähkästchen erzählen, da fällt einem das Weißbierglas aus der Hand. Muss jedoch Dritte schützen, so weit käm’s noch. Aber eigent­lich gehört es mal erzählt. Das ist hier der Punkt.

    Und über selt­same Marktblüten wie Jovoto oder über Mondayworks müsste man kaum diskutieren.

  63. johannes | precious

    @vroni:
    das markt­gleich­ge­wicht lässt sich natür­lich auch nicht nur auf der nach­frage-, sondern auch auf der ange­bots­seite regu­lieren, da hast du recht.

    nur glaube ich nicht, dass wir groß­artig was an der ange­bots­seite ändern können. wir können uns selbst dafür entscheiden, unter diesen bedin­gung auf der ange­bots­seite nicht zur verfü­gung zu stehen. tun wir mit unserem studio auch nicht, wir machen nicht mal bei „normalen“ pitches mit. und wenn mich ein junger desi­gner fragen würde, ob er bei sowas teil­nehmen soll, dann würde ich ihm abraten. der BDG kann meinet­wegen auch eine aufklä­rungs­kam­pagne starten, ähnlich wie das hier: http://​www​.no​-spec​.com/

    aber glaubt’s du allen ernstes, dass sich dadurch solche dinge verhin­dern oder aufhalten lassen? es wird immer menschen geben, die unter diesen bedin­gungen arbeiten können, wollen, viel­leicht sogar müssen, die es eher als chance, denn als ausbeu­tung sehen.

    was wäre denn dein konstruk­tiver vorschlag, um crowd sourcing / preis­dum­ping einhalt zu gebieten? und wenn du dabei ist, kannst du viel­leicht auch noch einen vorschlag machen, wie die musik­in­dus­trie p2p und „pira­terie“ ausrotten kann.

    viel­leicht sehen wir alle mal ein, dass „wir“ den markt nicht mehr so kontrol­lieren können, wie das noch vor 10 jahren der fall war. der markt „zerbrö­selt“, sagst du. ich würde es wert­freier ausdrü­cken: er wird diffe­ren­zierter, klein­tei­liger. und damit auch unkon­trol­lier­barer. er wird größer, was zunächst einmal chancen bietet, aber aufgrund der nied­rigen eintritts­schwelle auch so viele mitbe­werber anlockt, dass der konkur­renz­druck steigt. denn jeder, der sich corel draw auf dem aldi-pc instal­liert, ist poten­tiell ein desi­gner. und wenn er eine inter­net­ver­bin­dung hat, ist er am markt und kann die brösel aufsammeln.

    da können wir so viel lamen­tieren und weiß­bier trinken, bis wir vom desi­gner-stamm­tisch wegge­tragen werden müssen. damit ändern wir aber nichts. wir können die zeit und energie aber sinn­voll nutzen indem wir uns den gege­ben­heiten anpassen und chancen darin erkennen, anstatt gegen wind­mühlen zu kämpfen.

    und bitte jetzt nicht wieder mit dem argu­ment kommen, ich würde mich dem bösen kapi­ta­lismus fügsam ergeben (oder würde gar den bedin­gungs­losen laissez-faire-kapi­ta­lismus propa­gieren). ich weiss sehr wohl, dass es sich lohnt, für bestimmte dinge zu kämpfen. nur denke ich, dass dies keine schlacht ist, die man führen sollte. in diesem sinne: frohe ostern.

  64. w.lindau

    Liebe Designer, da hier offen­sicht­lich nicht viele Unternehmer, als mögliche Kunden für Euch oder Jovoto, zu Wort kommen, möchte ich mich hier ein wenig betei­ligen um die Intensionen die man als Unternehmen haben kann zu einem Gestalter oder zu Jovoto zu gehen, zu beleuchten.
    Als Nichtdesigner, aber Unternehmer, stehe ich immer mal wieder vor der Aufgabe mein Produkt oder meine Geschäftsidee visua­li­sieren und kommu­ni­zieren zu müssen. Da ich nicht erst seit gestern Unternehmer bin, kenne ich meine Fähigkeiten und hoffent­lich einen Teil meiner Zielgruppe. Nun wandeln sich die Zeiten und ich muß meinen Unternehmensauftritt an die neuen Rahmenbedigungen anpassen. Nun kann ich in mich gehen und aus meiner beschränkten Sicht eine Veränderung meiner Strategien angehen und dieser eingen­händig Gesicht geben. Eine 2. Alternative ist in den Dialog mit einem Gestalter zu gehen,der quasi als Therapeut mein Innerstes nach Außen kehrt und das Ergebnis seiner Analyse der alten bzw der neuen Zielgruppe in Form von gestal­tetem Unternehmensauftritt oder Produktauftritt präsen­tiert. In diesem Prozess präsen­tiert der Gestalter mir Ideen die er aus seinem Erfahrungshorizont heraus als für meine Aufgabenstellung passend empfindet. Ich als Auftraggeber sollte mich und mein Produkt zumin­dest soweit kennen, das meine Intuition mir signa­li­siert welche Idee für mich und mein Unternehmen passend ist und mich daraufhin entscheiden können.

    Nun ist der Erfahrungshorizont sowohl von mir als auch der des Designers beschränkt. Wie alt ich oder auch der Designer auch sein mögen, wir alle leben in sich regel­mäßig selbst bestä­ti­genden Grundannahmen die uns den Blick für andere Realitäten oder Lösungsansätze versperren. Das heißt im unglück­lichsten Fall suche ich mir einen Designer der mir meine Wahrnehmung meiner Umwelt in weiten Teilen bestätigt.

    Wenn ich diese Beschränkung erkennen kann, muß es doch gestattet sein sich ein Screening der Wahrnehmung meines Unternehmens in der Öffentlichkeit zu holen.

    Dies heißt klas­si­cher­weise Marktforschung. Nun kann ich meine Kunden mit Fragebögen oder Telefonumfragen löchern oder andere Methoden anwenden. Ein andere Methode kann Jovoto sein. Die Wahrnehmung von diversen Kreativen mit unter­schiel­di­chem Erfahrungshorizont erwei­tert meinen eigenen Erkenntnishorizont.

    Das daraus mögli­cher­weise eine passende Strategie abzu­leiten ist kann im postivsten Fall sein, enthebt mich aber nicht der Aufgabe diese Strategie mit dem entspre­chenden Ideengeber, in diesem Fall dem Designer von Jovoto, weiter auszuarbeiten.

    Die Teilnahme an Marktforschung, wie zum Beispiel bei Ciao oder Amazon auch Rezensionen genannt ist immer frei­willig und meis­tens auch umsonst. Das Mitteilungsbedürfnis und Partizipationsbedürfnis der Menschen ist unge­bro­chen. Im Gegenteil es explo­diert gera­dezu. Sonst würden Communities nicht exis­tieren und solche Hobbys wie Großunternehmen-Bashing siehe Microsoft, telekom oder DB nicht existieren.

    Ich als Unternehmer empfinde Jovoto als sehr nütz­li­ches Tool über den Tellerrand schauen zu können. Entscheiden muß ich mich, wie Frank Walter Steinmeier, aber selbst. Hier liegt übri­gens auch das Recht auf Irrtum bei einem Unternehmer. Nur das Individuum (Unternehmen) in seiner Beschränkheit glaubt wirk­lich beur­teilen zu können was für sich selbst das Richtige ist. Dies bringt die Designwelt bekann­ter­maßen regel­mäßig zur Verzweiflung. Das Individuum (Unternehmen)sollte sich in dem schick designten Anzug wohl fühlen und ihn leben können. Dies hat mitnichten etwas mit der für die gestellte Aufgabe viel­leicht am Besten nach Außen wirkenden Lösung zu tun. FW Steinmeier muß sich mit dem Logo wohl fühlen, dann kann er es auch leben, das Produktversprechen erfüllen und erfolg­reich sein. Diese Aufgabe kann ihm kein Designer der Welt abnehmen.

    Insofern glaube ich auch das die Designwelt etwas mehr Respekt gegen­über dem Individuum in seiner Beschränkheit haben sollte. Wir alle sind beschränkt in unserer Erkenntnisfähigkeit und können nur leben was wir gelernt haben.

    Auch wenn es Designern nicht passt und diese gerne Unternehmen und Personen eines Besseren belehren wollen, gilt immer noch das es ohne Authentizität keinen Markterfolg gibt.

    Besser ehrlich und klar mit einem schlech­teren Logo antreten, als unehr­lich und hoch­glanz­po­liert Derivate verkaufen.

  65. HD Schellnack

    Vroni, natür­lich funk­tio­niert Markt immer – niemand sagt, dass er gerecht ist, oder positiv, oder fair. Aber Angebot/Nachfrage funk­tio­niert blind immer. Das Ding ist nur: Das Angebot für Design über­schreitet die Nachfrage inzwi­schen bei weiten. Was bedeutet, da funk­tio­nieren eben die klas­si­schen Mechanismen des Marktes, dass die Anbieter bei Mami wohnen, oder Design mit Hartz IV koppeln oder mit den selt­sa­mesten Methoden um Kunden buhlen, ande­rer­seits die Kunde stress­frei die absur­desten Pitches machen können (ich erin­nere mich, eine Freundin in einer großen Agentur hatte einen Pitch, bei dem 10 Agenturen je zwei fertige umfas­sende Neuauftritte vorzeigen mussten… nur damit der Kunde am Ende bei der alten Agentur blieb :-D – ganz zu schweigen, dass wir gerade in Ausschreibung/Pitch für einen Etat sitzen, den man eigent­lich genau so gut auch einfach nach kurzem Vorgespräch an einen von drei mögli­chen Designern hätte vergeben können.) Wir machen das alles mit, weil es mehr Anbieter von Design als Nachfrager gibt. Das war eben bis in die 80er anders. Wäre doch heute undenkbar, dass einer wie Aicher die Lufthansa betreut (machen heute idea­ler­weise gleich drei Agenturen mit 100-400 Mitarbeitern) oder die Olympiade. Heute hast du die Situation nur noch in Ausnahmen – Sagmeister zB.

    Sagmeister zeigt natür­lich auf, dass wir in die Situation kommen, dass Branchenstars teil­weise exor­bi­tante Preise erzielen können, weil die Leute sich mit dem Namen des Designers schmü­cken wollen – wie in der Architektur seit einiger Zeit der Fall, wo es im Falle von Norman Foster ja wirk­lich bizarr geworden ist. Auch das eine Marktfolge aus Überangebot – Markenentwicklung. Wo es zu viele Sakkos zu kaufen gibt, werden die unbe­kannten Marken vertrasht und die High-End-Produkte aufgrund nicht greif­barer Qualitäten zu horrenden Preisen konsu­miert. In der Musikindustrie dito – die via Download mehr oder minder frei verfüg­bare Musik wird mehr und mehr gratis konsu­miert (wer heute bezahlt, tut das ja fast aus einem inneren Ehrenkodex heraus, wider einem ökono­misch sinn­vollen Verhalten)… umge­kehrt zahlen Leute allen ernstes bis zu 200 Euro, um ein schlecht beschalltes Großraumarenakonzert zu sehen, auf dem die Band dann 1/3-Playback macht. Auch das Markt – die «guten» Tickets bestimmter Bands erzielen perverse Preise. Während du die span­nenden Bands nach wie vor für 20 Euro in kleinen Kaschemmen spielen hören kannst ;-D. Und wenn man sich ansieht, mit welcher Gewalt jeder aber auch jeder bei Sendungen wie DSDS versucht «Star» zu werden, wie die Leute sich prosti­tu­ieren und verbiegen und anstrengen… da hast du Markt pur.

    Niemand kann sagen,dass das für die betrof­fenen immer gut ist – ich würde nie sagen, dass Markt rein positiv ist oder für die Gesellschaft als Ganzes «funk­tio­niert». Ganz im Gegenteil, viele Effekte sind zerstö­re­risch, dysfunk­tional, patho­lo­gisch und ich wäre dankbar, wenn wir endlich mal aus diesem Paradigma in ein anderes wech­seln würde (und bin geschockt, dass niemand aber auch niemand die aktu­elle Krise mal dazu benutzen will, es werden einfach nur die Löcher im ohnehin halb abge­wrackten Schlauchboot gekittet, wird schon weiter­gehen die Fahrt… gruselig). Aber die Mechanismen des Marktes greifen. Die Logik, bis man sie ÄNDERT, funktioniert.

    So lange, bis wir in die völlig unkon­trol­lierten Mechanismen von Angebot und Nachfrage in unserem Segment zumin­dest ein paar grobe Regeln einstri­cken, die die völlig bizarren Auswüchse moderieren.

    Aber selbst wenn man sich auf 10 Golden Rules for Designers einigen könnte (wirt­schaft­lich, NICHT gestal­te­risch) – glaubst du ernst­haft, jemand würde sich dran halten?

    «Nimm nicht an unbe­zahlten Pitches teil» – allein eine solche, einfache Regel… die wäre doch SO schnell gebro­chen, wenn der entspre­chende Kunde lockt, oder?

  66. timeout

    »Auch wenn es Designern nicht passt und diese gerne Unternehmen und Personen eines Besseren belehren wollen, gilt immer noch das es ohne Authentizität keinen Markterfolg gibt. Besser ehrlich und klar mit einem schlech­teren Logo antreten, als unehr­lich und hoch­glanz­po­liert Derivate verkaufen.«

    Sehr geehrter Herr Lindau,

    ich verstehe Ihren Standpunkt. Auch die oben genannte Authentizität. Doch gerade die gilt es heraus­zu­ar­beiten. Und diese Arbeit erfor­dert eine gewisse Kenntnis des Unternehmens, der Produkte, des Auftraggebers und der Zielgruppe. Aus diesen Informationen werden Konzepte erar­beitet und Ideen gesam­melt, die weit über die Gestaltung eines Logos hinaus gehen. Diese Arbeit ist die Vorraussetzung für ein Erscheinungsbild. Es wird oft vergessen, dass in der Beschäftigung mit den Inhalten, Zielen und der Identität der Hauptanteil der Arbeit von Designern und Agenturen steckt. Ein schi­ckes Logo kann jeder halb­wegs begabte Grafiker gestalten. Es ist dann aber eben nur ein hübsches Bild, mehr nicht. Die viel­schich­tige und sublime Message eines Erscheinungsbildes beruht auf der rich­tigen Auswahl von Farben, Fotos, Schriften und Form passend zu den Inhalten und dem Selbstverständnis eines Unternehmens. Oft entsteht aus dieser Arbeit heraus ein Logo als Teil eines größeren Ganzen.
    Deshalb ist es für mich der falsche Ansatz, 500 Grafiker ein Logo gestalten zu lassen ohne das die grund­le­gende Vorarbeit geleistet wurde. Man kann das auch gar nicht verlangen, denn wer nimmt diese Arbeit auf sich, ohne dafür bezahlt zu werden? Und so steht man dann wie Herr Steinmeier vor einer großen Wand mit hunderten von Logos und fragt sich, welches davon am besten zu einem passt.
    Hier wird mit Originalität und Kreativität für eine Dienstleistung geworben, die gründ­liche und sach­liche Auseinandersetzung mit einem Thema erfor­dert. Und nur die sach­liche Auseinandersetzung mit einem Thema schafft Authentizität.

  67. Vroni

    @ HD

    Hallo?
    Du liest wohl keine Nachrichten:
    EUER wunder­barer, geprie­sener MARKT funk­tio­niert eben nicht. ER wird mani­pu­liert, in Exzesse getrieben, es gibt nicht einmal einen finan­ziell gerechten MARKT (von sozial rede ich doch gar nicht…) und gab/gibt wohl immer noch eine nahezu relig­löse Verehrung, dass der MARKT alles richte und ehrlich sei. Das tut er nicht, und er ist nicht einmal ehrlich. (Von wegen hart aber herz­lich und so.)

    Damit der MARKT für euch Designer was Positives (zur Abwechslung mal!) macht, müsst ihr ordent­li­cher eigreifen als nur mit: Wir sind halt Querköpfe.

    Markt wäre auch gewesen, dem Steinmeier zu schreiben, auf welch schrägem Brett er aus euerer Sicht rumturnt und wie ihr das seht. Nicht hier im Blog, per BRIEF! Per Anruf! Das wäre doch mal was. Volksnähe andersrum.
    Wer die Büros von Abgeordneten kennt, weiß, dass sie von zig Bürgern ange­rufen und kontak­tiert werden wegen allem Möglichen: Wegen dem Grundstück der Erbtante, wegen der Milchpreise und dem Föhn.

    Nur das Grafikerlein hockt in seinem schi­cken Mac-Büro, flennt sich im Blog aus (Blogs sind unglaub­lich schwache Marktwerkzeuge, weil die Herrschaften, die es angeht, sie gar nicht lesen. Weder KMU liest Blogs, noch Politiker. Sie twit­tern viel­leicht selber weils schick ist und es Obama so machte, aber nur als Hineinscheißen von Botschafststummeln ins schwarze Nichts. Sie lesen doch nicht eure Tweets). Designerblogger, Blogger über­haupt nd fühlen sich prima subversiv dabei. man hat es den Oberen mal so richtig gezeigt, wa?

    Märkte sind Gespräche. Aber nur dort wo man die Herrschaften wirk­lich erreicht. Märkte sind Machtausübung. Mit Gesprächen und vielen Leuten die reden und Politikerbeeinflussung haben baye­ri­sche Bauernverbände über Jahrzehnte ihre Macht ausgeübt. Und die IHK ihre Positionen gefes­tigt. Die saßen nicht in ihren Büros und klagten: „Der ehrliche Markt halt wieder und wir sind so macht­lose Querköpfe! Ludwig Erhard bitt‘ für uns!“ Das taten sie nicht.

    Bitte mal über den Designerteller luren und ab und an etwas über die tollen Jungs der Immobilienmärkte lesen, HR Estate und das ganz tolle Krisengeflenne, wer da grade wieder seinen Krisenreibach macht.

    Aber das ist wohl vielen Kommunikations(sic!)-Gestaltern zu kompli­ziert. Daher wird ein ein Marktblala abge­lie­fert das richtig 90er ist. Tut mir leid.

  68. Johannes

    Da ist mir heute Nach ein Vergleich einge­fallen, der nicht voll­kommen, aber ein biss­chen zeigt, in welche Richtung die Sache geht: die Fotografie. Bis zum Ende des Films lag soge­nannte profes­sio­nelle Fotografie auch noch ausschließ­lich in den Händen der Profis (mal abge­sehen davon, dass natür­lich jeder damals auch schon foto­gra­fieren konnte, aber den Begriff Fotograf trotzdem nicht für sich rekla­miert hätte). Es gab Bildagenturen, einige davon hatten einen großen Ruf. Einige bedienten den Maßenmarkt. Aber hinter den Bildern standen fast ausnahmslos soge­nannte Profis.

    Dann kam die Digitalkamera, das Internet und das Rendering. Das Ergebnis dieser Entwicklung kennen wir: es gibt keine deut­liche Grenze mehr zwischen profes­sio­neller und Amateurfotigrafie. Die heutigen Bildagenturen sind Bilddatenbanken im Internet, die einem die ganze bunte Wiese von Möglichkeiten und Qualitäten servieren und nicht mehr für einen bestimmten Stil oder eine bestimmte Qualität stehen. Vorsortiert wird schon lange nicht mehr, weil es auch keine Trends oder Stile mehr gibt. Irgendwer wird schon irgendwas kaufen, haupt­sache, es taucht auf.

    Gleichzeitig zeigt z.B. Flickr, dass die Grenzen zurecht verwi­schen. Und die Preise fallen. Alles, was ich bei Corbis oder Getty finde, gibt es bei Flickr zum Minipreis. Die Qualität ist nicht schlechter, die Auswahl noch größer.

    Heute ist also tatsäch­lich jeder Fotograf. Und nicht der Schlechteste. Wer von uns beauf­tragt denn noch Fotografen, wenn es um das Abfotografieren unserer Arbeiten fürs Web geht? Wer geht noch zum Portraitfotografen? Und ist nicht das geschickt verwa­ckelte Bild mit den dunklen Belichtungsfehlerecken längst das besser Bild? Wieviele ausge­bil­dete Fotografen stellen sich ihrer­seits auf die Nicht-Stil ein?

    Der zukünf­tige Thalia Theater Intendant Joachim Lux sprach mir gegen­über neulich vom Ende der Autorenfotografie. Er sagte, er wolle keine profe­sio­nelle Theaterfotografie mehr (die Theaterfotografen-Künstler gingen ohm sowieso auf den Senkel). Er wolle die Bilder so, wie Bilder heute eben aussehen: mit dem Handy gemacht, aus der Hüfte geschossen. Mit allen Fehlern, die das Theater/das Leben eben so mit sich bringe (das ist übri­gens auch ein sehr inter­es­santer Nebeneffekt: Handyfotografie gilt ja im allge­meinen als »realis­tisch«. Und Profifotos mehr und mehr als künst­lich und wirklichkeitsfremd).

    Im Theater selbst, dies als Weiterführung der Gedanken von Lux, geht der Trend momentan klar zur Mitmachbühne. Die großen Theater haben mehr und mehr Stücke im Repertoire, die von Laien gespielt werden. Regisseure wie Jürgen Lösch werden zu Stars, weil sie den Profischauspieler quasi abschaffen. Das Deklamationstheater ist entgültig abge­schafft. Doch zurück zur Fotografie:

    Auf der anderen Seite ersetzt der Computer die Kamera. In unserem Büro wird mehr und mehr geren­dert. Die klas­si­sche Produktfotografie entfällt. Wir haben einen Möbelhersteller als Kunden, für den wird jeder Stuhl einmal geren­dert und anschlie­ßend tausend­fach in allen Farben und aus allen Perspektiven abge­bildet. Das rechnet sich.

    In der Automobilfotografie sind die Grenzen zwischen Wirklichkeit und Künstlichkeit längst aufge­hoben. Autobilder sind heute immer eine Mischung aus allem. Und die Fotografen werden sarkas­tisch. Sie merken, dass sie sich, in dem sie diesen Trend selbst bedienen, gleich­zeitig auch selbst abschaffen (das ist sowieso eine ganz merk­wür­dige Kisten: auf der Suche nach dem perfekten Bild haben Fotografen so lange mit Photoshop rumex­pe­ri­men­tiert, bis die Bilder aussahen, als wären sie direkt im Rechner entstanden. Und prompt passiert das nun tatsächlich).

    Das ist also der Stand Fotografie im Jahr 2009: alles geht, jeder kann. Qualität wird kaum noch beur­teilbar. Der Qualitätsbegriff im weiteren Sinne verschwindet. Der klas­si­sche Fotograf als Garant für Qualität eben­falls (jeden­falls denken das viele so).

    Vielleicht ist die Mainstream-Fotografie ein biss­chen besser geworden (Bilder sehen auf Bildschirmen sowieso alle viel besser und bril­lanter aus, als auf Papier). So gesehen hat das alles (inkl. Bildbanken und Computeranimation) durchaus einen Qualitätssprung im nied­rigen Qualitätsbereich nach sich gezogen. Aber die Wertschätzung für den Beruf, den guten Blick, das gute Licht, für die Ausbildung und damit eben doch für das »gute Foto« im klas­si­schen Sinne (und ja: das gibt es nämlich auch noch!!!) ist verloren gegangen. Fotografen (von denen es im übrigen reich­lich gibt, verdienen heute ein Bruchteil von dem, was in der Vergangenheit bezahlt wurde.

    Und was machen die Fotografen, um sich gegen diese Trend der Vereinnahmung, der Abwertung, der Gerinschätzung zur Wehr zu setzen? Immerhin gibt es da ja noch viel mehr Öffentlichkeit. Es gibt Ausstellungen ange­wandter Fotografie (Weltfoto des Jahres, Leadawards). Es gibt den Fotokünstler mit seinen Ausstellungen. Aber ansonsten kriegt man von den Verbänden und den Representanten immer nur wieder solche Kataloge, die den Trend bestä­tigen. Das wirkt alles sehr austauschbar und eben kata­logig. Eine öffent­liche Debatte um das Foto (immerhin über ein Jahrhundert lang ein wesent­li­cher Kulturträger) findet nicht so richtig statt.

    Und damit zurück zum Grafik Design.

    Es gibt viele Parallelen zur Fotografie. Brauch ich glaube ich nicht alles aufzu­zählen, liegt auf der Hand, wenn man die vielen Zeilen zuvor gelesen hat. Und wird nur durch den Blick auf die andere Branche deutlicher.

    Auch der Grafik Designer wird sich, wenn die Entwicklung so weiter­geht, selbst abschaffen. Jeder ist ein Designer, Und Qualität wird mehr und mehr zu einem subjek­tiven Begriff. Es fehlen die Maßstäbe und die Vergleiche. Es fehlt der Beweis, dass es so etwas gibt: »gutes Design«.

    Auch hier gibt es keine öffent­liche Debatte. Und es gibt ohnehin noch weniger Öffentlichkeit, als für die Fotografie, Das ganze mutet ein wenig schick­sa­leer­geben an. »Die Technik wird es richten«, »wir haben es längst nicht mehr selbst in der Hand«. Und es ist ja auch schwer. Die Unterschiede zwischen gutem und schlechtem Design sind ober­fläch­lich kaum noch ausein­an­der­zu­halten. Ein Logo ist ein Logo. Technisch perfekt gemacht, gut repro­du­zierbar. Also ein gutes Logo?

    Wenn wir nicht den selben Weg wie die Fotografen nehmen wollen, müssen wir besser aufklären. Die rich­tigen Argumente haben. Das gelernte Handwerk betonen. Gute Typografie als Qualität betonen und die Unterschiede zu schlechter Typografie heraus­ar­beiten. Nicht auf dem hohen Ross sitzen, sondern zur Basis herab­steigen. Geht nicht anders. Denn eines ist die größte Binse der Welt und dennoch richtig: Qualität setzt sich am Ende durch. Definitiv.

    Lernen von den anderen. Eigentlich kann man überall hinschauen und was mitnehmen. Die Literatur hat durch den Blog eine neue Qualität bekommen, aber sie ist nicht veschwunden, weil eben doch nicht jeder gut schreibt. Dito die Musik: jetzt gibt es Myspace-Karrieren, aber wer den Takt nicht beherrscht, nicht singen kann oder keine Melodie zustande bekommt, wird es am Ende auch nicht schaffen.

    So ist es also überall: es gibt die Imitation von etwas, aber das gute Original ist nur bedingt zu ersetzen. Und darauf muss man aufbauen. Und nicht klein beigeben.

  69. Vroni

    Gibt noch etwas, was besser ist als Aufklären: zu erkennen, dass der Trash-Style (Fotos) nicht mehr „in“ ist. Ich sehe wieder eine Tendenz zum sorg­fäl­tiger gemachten Foto. Auch auf Webseiten. Klar, dass das KMU das noch nicht macht, aber Firmen, die auf sich halten, machen das.

    Hübsch vewa­ckelter Amateur-Trash ist langsam wieder out (genau wie Wigald Boning im Gardinenanzug), man hat sich satt gesehen, gibt es an jeder Straßenecke. Geh mal in die Stern-Foto-Community und zeige mir den „hohen Anteil“ von verpho­to­shop­ptem Wackelkram.

    Das Blöde ist, dass die Preise das nicht kapieren :-) Fotografen-Tagessätze sind in der Tat deut­lich nied­riger und werden wohl kaum mehr höher.

    Vergleich mit den Gestaltern:

    Klar „rettet“ Photoshop und die allen verfüg­bare Technik eine eigent­lich schlechte Gestaltung. Man muss auch nicht mehr tage­lang mit Fix-o-Gum (wer kennt das noch?) kleben und mit ausdüns­tenden Filzmarkern malen können. Da ging höll­lisch viel Zeit drauf, die sich ja irgendwie in der Berechnung ausdrückte.

    Leut vergesst aber nicht: Photoshop und diverse Grafikprofiprogramme SIND teuer. Und diese ewigen kosten­in­ten­siven Updates! Das müsste eiget­lich in die betriebs­wirt­schaft­liche Kalkualtion einfließen. Tut es aber nicht. Sowohl Werbeagenturen wie Freiberufler tun so, als ob sie ihr Zeug lässig kostenlos mit der Fingerkuppe ritzen würden oder als ob das Gratis-Polnische-Jungfrauen mund­ge­bissen hätten.

    Also auch neue arbeits­er­leich­ternde Computertechnik kostet und sie muss als Posten irgendwo mit einfließen. Tut sie aber nicht. Das ist aber nicht das Problem des Auftraggbers, da hat der Kalkulator fett geschlampt, weil er nicht kalku­lieren kann.

    Ich weiß auch die, die diesen Dumping-Prozess voran­ge­trieben haben: Das waren Werbeagenturen. Ihre echten Spendings kriegen die von woan­ders her (Kickbackgeschäfte mit Media-Partnern). Da ist es leicht, dem Kunden den Fixkostenpunkt „Design“ zum Spottpreis zu verschleu­dern. Das nennt man Mischkalkulation.

    Nur: Ein kleiner Freiberufler kann diese Mischkalkulation halt nicht machen, weil er diese Möglickeiten nicht hat, sich mit Diversifikation woan­ders besser zu pols­tern, um Verluste abzufangen.

    Des Grafikerleins Diversifikation heißt im 3. Jahrtausend: „Mami“. Er darf sich dafür bei den „Wir können alles“-Werbeagenturen bedanken, die das seit den 80er Jahren so betreiben und Kunden/Auftraggeber gründ­lich in der Supermarkt-Anspruchhaltung verzogen ahben und gleich­zeitig schlau mit Media dann doch wieder über den Tisch ziehen.

    Wir Kleinen kriegen das geballt ab: Unsere Auftraggeber glauben aus der Lehre dieser Zeiten heraus an Sippenhaftung: wir Kleinen würden sie eben auch dauernd über den Tisch ziehen und drücken daher begeis­tert das eh nied­rige (fehl­kal­ku­ierte) Honorar nochmal um einiges.

    Wohl dem, der ein BWL-Studium hat und wenigs­tens ein biss­chen durch­blickt, was hier getrieben wird. In diesem Gesamtkonzert machen für mich eben die AGD und der BDG keine gute Figur, da zu abge­hoben agie­rend. Wenn ich an den AGD(oder BDG?)-Kostenkalkulator denke, muss ich immer grinsen :-} So leicht ist es, bei mir ein Lächeln auf’s Gesicht zu zaubern, man muss sich gar nicht groß anstrengen…

  70. HD Schellnack

    Wobei Druckereien ja zuneh­mend auch Design als Co-Leistung zum Dumping anbieten, um Druckaufträge zu kriegen.

  71. Vroni

    Haargenau.
    Druckereien seine Daten als offene Daten zu geben ist der abso­lute Sockenschuss. Danach kommen gleich Media-AgentHuren, die probieren das auch und behaupten dreist, sie könnten sonst die Abformate nicht dengeln… (hat irgendwer gesagt, dass es der Job von Media sei, Abformate zu machen…?)

    Verlage

    Verlage bieten güns­tigen Anzeigenplatz an (um nicht zu sagen verram­schen ihn) und machen dem Kunden für 0 Euro die Gestaltung gleich mit dazu.

    War neulich Zeuge eines solchen Gesprächs im Büro eines Prospects und mir war dann sofort klar, als der Prospect sagte, dieses Verlagsangebot wäre zwar ein Schnäppchen um nicht zu sagen ein Mords-Schnappen (150 Euro pro 1…, da hätte meiner­einer sofort 10 Plätze gebucht, geil), aber er könne sich das jetzt trotzdem nicht leisten, ich bei einer solch bedeu­tenden Aussage die rote Ampel aufleuchten sah und eine Auftragsbestätigung drin­gend mit Gegenunterschrift zu schreiben hatte. Sonst sehe ich mein Geld nie. Ich flog dann auch tatsäch­lich raus aus’m Geschäftchen mit der Broschüre :-) Grafiker, die rechnen und zuhören können, sind halt recht unbeliebt :-)

    Das lässt sich unend­lich fortsetzen.

    Ich will nicht wirk­lich wissen, wieviele Grafiker da schon frei­willig gezwungen wurden, nach­zu­geben. Und jetzt denke ich wieder an die AGD, ob diese das jemals auf ihre Agenda gesetzt hat. Ich behaupte: Nein, she never did.

  72. w.lindau

    „Diese Arbeit ist die Vorraussetzung für ein Erscheinungsbild. Es wird oft vergessen, dass in der Beschäftigung mit den Inhalten, Zielen und der Identität der Hauptanteil der Arbeit von Designern und Agenturen steckt.“

    Sehr geehrter Herr Lennartz

    vielen Dank für ihr Statement. Diesen Aspekt sehe ich deut­lich. Dies ist aber nicht das Thema von jovoto und kann es auch nicht sein. In meinem Verständnis beschäf­tigen sich hier Menschen aus welchen Motiven auch immer frei­willig mit einer Aufgabe. Wenn ich die gesam­melten Posts in diesem Blog zu diesem Thema mit einem Stundenhonorar eines Grafikers bewerten würde kämen hier mitt­ler­weile mehre 1000 Euro zusammen. Keiner der hier Postenden ist gezwungen sich zu äussern und sein Gehirn anzu­strengen. Sie alle tun dies wie man erkennen kann mit Begeisterung und Leidenschaft. Sie tun dies auf einem Blog der Fontshop gehört. Auch dies könnte man als Meinungsforschung betrachten. Auch dafür bekommen Sie von Fontshop kein Honorar. Wo ist bitte der Unterschied ? Kein vernünf­tiges Unternehmen wird glauben dass es auf Jovoto ein fertiges Erscheinungsbild finden wird. Dies ist wie von Ihnen beschrieben das Ergebnis eines Prozesses. Allerdings kommt dieser Prozess eher dem eines Unternehmensberaters gleich, da hier sehr viel Analyse und gleich­zeitig auch sehr viel Vertrauen voraus­zu­setzen ist. Der Grafiker kommt als Wolf im Schafspelz daher und möchte eher als Unternehmensberater denn als Gebrauchsgrafiker bezahlt werden. Das Gestalten des bunten Bildes ist, wie von Ihnen beschrieben, schnell erle­digt. Die Designer möchten aber als etwas Anderes wahr­ge­nommen werden. Der ganz­heit­liche Ansatz bei der Findung der CI und des CD ist sicher­lich der einzig Richtige, aller­dings sollte man das Unternehmen doch wohl vorher befragen was es möchte. Ein buntes Bild oder eine Unternehmensberatung die als Prozess deut­lich teurer ist als eine grafi­sche Gestaltung auf Grund einer nicht hinter­fragten Wahrnehmung von Aussen.

    Das Internet verschlingt mitt­ler­weile tausende frei­willig abge­leis­tete Arbeitsstunden von Menschen. Wikipedia ist an Arbeitsstunden mitt­ler­weile sicher­lich Millionen wert. Es werden zu Produkten erwünschte und uner­wünschte Beurteilungen und Rezensionen geschrieben. Kein Mensch stellt dafür eine Rechnung.
    Foren beschäf­tigen sich mit Marken und Produkten. Dies alles sind heute wich­tige Informationsquellen für Unternehmen.

    Wo liegt dann bitte der Unterschied zu Jovoto. Wikipedia erweckt den Eindruck die Information sei valide. Jovoto tut es nicht. Hier handelt es sich um ein von Aussen betrach­tetes Stimmungsbild zu einer Fragestellung die bis dahin nicht beach­tete Aspekte deut­lich machen kann.

    Mehr ist es meiner Ansicht nach nicht. So wie Fontshop von Ihren Meinungen lernen kann, können es die Auftraggeber von Jovoto auch.
    Das danach immer noch ein Reflektionsprozess nötig ist, steht ausser Frage. Dieser wird bei jedem Unternehmen, wie auch bei Steinmeier, mit der Hausagentur oder dem Designer durch­ge­führt werden müssen.

    Insofern kann ich mir durchaus vorstellen, das offenes Crowdsourcing eines Tages ein Teil der Strategie zur Findung einer CI werden kann und von Agenturen selber als stra­te­gi­sches Instrument einge­setzt werden wird.

    Das dieser Prozess dann ein paar tausend Euro mehr kostet kann dem Unternehmen dann auch sicher­lich vermit­telt werden.

  73. Christian

    wenn ich hier einen kleinen Vorgeschmack auf die Umfrage unter Berufsanfängern geben darf: Nur 21% sagen, dass sie immer eine Auftragsbestätigung schreiben. Über 47% schreiben nie eine oder nur wenn sie unsi­cher sind. Später mehr.

  74. Vroni

    „Der Grafiker kommt als Wolf im Schafspelz daher und möchte eher als Unternehmensberater denn als Gebrauchsgrafiker bezahlt werden.“

    So ein Schmarrn.

    Jovoto mit Wikipedia zu vergleichen:
    Wikipedia hat (immer noch) den Geist der frühen Jahre des Internets: Des Gens und Nehmens, des sharing. Wikipedai verspricht auch nicht so dünnes Eis wie: „Mit uns kommt dein Talent ganz groß raus.“

    Wo ist bei Jovoto der Geist des Gebens und Nehmens? Kann mich da mal jemand aufklären?

    Jovoto ist kein Vergleich. Eher so etwas wie DSDS, Deutschland sucht den Supergrafiker.

    Nur mit dem zwei­fel­haften oder echten Glück, dass dich kein Dieter Bohlen fertig­macht mit Sprüchen „Du singst aus wie die Pisse von meinem Hund aussieht“, sondern nur dass die „Crowd“ Votings ablässt.

  75. Vroni

    Herr Lindau

    Sie machen den allseit geliebten Unterschied zwischen Ge_brauchsgrafikern und Corporate Designern.

    Was soll das sein, ein Gebrauchsgrafiker: einer der nur genau das ausführt, was ander vorge­dacht haben, was man gebrau­chen kann aka was man ihm aufträgt? Ein Schild für die Messe, ein Bildchen dazu mass­genau rein­pro­je­zieren. Das fertige Corporate eines Unternehmens aber in 3 D auf Stellwände bringen. Das sind tech­nisch Veranlagte, die schon mal ein Schienensystem gesehen haben und Messe-Designer oder im unteren Fall Schldermacher.

    Schildermacher ist ein ehrbarer Beruf, aber er ist kein Grafiker, auch wenn sich einige so benehmen. Habe übri­gens mein tech­ni­sches Praktikum, das ich vor Beginn des Studium ableisten musste, bei einem Schildermaler gemacht, Aufträge für die Messe und so. Verstand langsam also a bissi was von Miss_brauchsgrafik, und wie der Vertrieb da funktioniert.

    SIE brau­chen als Messebauanbieter eher in der Masse solche. Und nur ganz wenige Corporateler, ist doch in Ordnung.

    In Ihren Augen denkt nur ein Unternehmensberater richtig unter­neh­mens­be­ra­te­risch. Ist auch in Ordnung. Ich habe eben­falls kein Lust auf Kaizen-Beratung in der Production & Supply Chain :-) Kann ich nicht, ist nicht mein Fach. :-)

    Großes Aber:
    Selbst von einem „ausfüh­renden“ Grafiker erwarte ich Mitdenken. Habe solche sogar raus­ge­schmissen bzw. rauschmeißen lassen, die sich auf dem geis­tigen Polster „Aber Sie haben doch gesagt, dass…“ ausruhten. Geht gar nicht. Daher halte ich das Wort Gebrauchsgrafiker für veraltet.

    Sie sehen also: ganz dünnes Eis.

  76. Johannes | precious

    was mich bei der ganzen diskus­sion stört, ist die arro­gante „wer da mit macht, ist dumm“ atti­tüde, die immer wieder durch­scheint. schonmal drüber nach­ge­dacht, dass es viel­leicht menschen gibt, die design als hobby betreiben, die nach feier­abend einfach mal ein logo basteln, weil sie bock drauf haben? so wie andere leute töpfern oder aqua­relle malen. auf platt­formen wie jovoto können sie zeigen, was sie gemacht haben und bekommen dafür viel­leicht auch noch feed­back für ihre arbeiten und lernen andere leute kennen, mit denen sie ihr hobby teilen.

    sicher­lich machen auch (junge und/oder arbeits­lose) desi­gner mit, weil sie sich gute chancen ausrechnen, tatsäch­lich zu gewinnen oder darüber aufträge zu bekommen. sollen sie doch. viel­leicht klappt’s und wenn nicht, liegt es an ihnen, ob und wann sie damit aufhören.

    und nochmal: ich würde es keinem empfehlen, der design als brot­er­werb betreibt oder betreiben will, bei solchen wett­be­werben mitzu­ma­chen. ich würde nicht mal raten, bei unbe­zahlten pitches teil­zu­nehmen. aber wer bin ich denn, dass ich über menschen urteile, die es dennoch tun?

    auf der auftrag­geber-seite sollte man auch – wie herr lindau treff­lich bemerkt hat – jedem das recht zu gestehen, seine fehler selbst zu machen. dann sucht der stein­meier sich halt irgendein 0815 logo aus…

    ob es wohl ein blog von maßschnei­dern gibt, die sich darüber echauf­fieren, dass stein­meier schlecht sitzende anzüge von der stange trägt? wenn es so wäre, würden wir die dummen schnei­der­lein dann dafür belä­cheln? in ihrer wahr­neh­mung ist konfek­ti­ons­ware womög­lich genauso eine miss­ach­tung ihrer profes­sion, wie für uns ein crowd sourcing logo.

  77. Vroni

    Johannes, die Maßschneider würden sich sehr wohl echauf­fieren, wenn Mister Steinmeier zu Maßanzugvorschlägen aufruft, aber seine Maße (110?-130?-90? mal fies geraten) und seine Länge nicht durch­gibt. Dann müssten sie nämlich Rate-Maßanzüge ablie­fern (macht Arbeit das viele Nähen, sowas aber auch) Und gewinnen täte der, der zufällig auf die rich­tigen Maße getippt hat. Come on, get a life!

    Diese Maßschneider würden ganz schnell ihren Verband anrufen, und ihren MDB, dass der in Berlin dem Steinmeier mal so richtig… Und sie bekämen einen Artikel in der FAZ „Steinmeier ohne Maß und Ziel“ . So ist das.

    So wäre das.

    Und nein, auf Jovoto habe ich keine Hobby-Sonntagsmaler und keine Töpfertanten wahr­nehmen können. Deren Logos schauen immer so aus wie das Cottbuslogo, grund­sätz­lich Eso-Geschwurbel-Formalien (Menschlein-Schattenrisse mit empor­ge­reckten Ärmchen, Sonne, Blatt und Regenbogenverläufe, grund­sätz­lich Correldraw-Schriften). Ich rieche das Meilen gegen den Wind :-)

  78. Johannes | precious

    … und ich würde den artikel in der FAZ lesen und denken: ha ha ha.

    sicher­lich ist es wichtig, auch im kollektiv, seine meinung kund­zutun. aber du hast weiter oben lobby­ismus-fälle als positiv-beispiele ange­führt, die ich auf gar keinen fall unter­schreiben würde.

    auf lobby­ismus reagiere ich erstmal äußerst skep­tisch, auch wenn er zu meinem vorteil sein sollte. meis­tens nämlich führt lobby­ismus zu einem vorteil für wenige zum nach­teil von vielen. und jetzt setze ich noch einen drauf: ich behaupte sogar, dass lobby­ismus zum nach­teil der bevor­teilten gruppe führen kann. weil diese gruppe es sich dann in protek­tio­nismus, regu­lie­rungen und subven­tionen bequem macht und dabei vergisst, sich selbst weiter­zu­ent­wi­ckeln. der status quo wird vertei­digt, aber nach vorne gedacht wird nicht. und irgend­wann steht man da und merkt, dass man schon von 10 jahren hätte anfangen müssen klei­nere, effi­zi­en­tere autos zu bauen. oder das copy­right über­ar­beiten müssen.

    von mir aus müssen design­ver­bands­vor­sit­zende keine poli­tiker anrufen oder zum essen einladen. die aufgabe eines verbandes würde ich mir eher darin wünschen, die qualität der arbeit seiner mitglieder zu fördern. und diese qualität dann dem rest der gesell­schaft gegen­über zu kommunizieren.

    ich hab leider noch nicht so ganz verstanden, was du eigent­lich willst oder forderst. beim stein­meier anrufen, stand da irgendwo mal. hast du’s schon gemacht?

  79. Vroni

    Tja Johannes,
    dann müsst ihr Designer halt weiter leiden.
    :-)

    Steinmeier anrufen

    Wir leben in einer Stellvertretergesellschaft: Nur ja nix selber machen. Nur ja nicht auffallen. Jeder sucht sich einen anderen Dummen, der für ihn aufsteht und die Dinge sagt. Damit ist derje­nige im Hintergrund meist fein raus. Jetzt soll ich auch noch für euch Umfaller anrufen, wo ihr mich auch noch ständig anzwei­felt. Sauber.

    So wie ich Grafikdesigner in der Breite und auch deine Begriffstutzigkeit wahr­nehme, habe ich dazu gar keinen Grund und keinen Auftrag im Namen von irgendwem zu spre­chen und b) wäre das glatte Zeitverschwendung, dass ich_für_Stellvertretersucher_da_anrufe.

    Zumindest nicht für ungäu­bige Thomase, die alles zerreden. Nicht mein Ding.

  80. HD Schellnack

    >auf lobby­ismus reagiere ich erstmal äußerst skep­tisch, >auch wenn er zu meinem vorteil sein sollte.
    Wieso? Die verein­fachte Situation vieler KMU ist, dass wir ausge­blutet werden. Sozialbgaben, Steuern, Nebenschauplätze wie KSK oder BG Druck/Papier. Ich hätte nichts gegen jemanden, der versucht das zu ändern.

    Der Mittelstandsverband, der neulich Subventionen à la Autobau einfor­dert, sprach von Architekten, Ärzten und Ingenieuren – die alle ganz gut verkammert/verbeamtet sind, nebenbei – ich jeden­fälls hätte Ärzte nicht als die quint­essen­ti­ellen Freelancer auf dem Radar, auch wenn es der Form halber ja stimmt. Aber die Rede ist eben nicht von Textern, Übersetzern, Designern, Photographen, Werbern und und und, die zwar keine 5000 Jobs schaffen, aber dafür viel­leicht 20.000 mal ein oder zwei Jobs – und die nervt, wenn die Hürde zwischen Brutto und Netto für die Arbeitnehmer immer größer wird und jeder neue Mitarbeiter nicht zum Motor, sondern gleich­zeitig eben auch zum wirt­schaft­li­chen Risiko wird.

    Da hätte ich NICHTS gegen Lobby. Auch wenn ich – wie du – das Funktionärsgeschwurbel nicht wirk­lich bräuchte,schon klar.

    Aber Fakt ist: Unsere Branche schafft Jobs und weil wir alle so nette Künstler sind, finden wir poli­tisch einfach nicht statt. Wir sind einfach als Stimme nicht wichtig.

    Muss ja nicht sein, oder?

  81. Johannes | precious

    also kannst oder willst du keine konkreten, konstruk­tiven vorschläge machen. dachte ich mir… lieber wieder süffi­sante belei­di­gungen ins kommen­tar­feld tippen.

    und liebe vroni: ich leide doch gar nicht. ich will doch gar nicht, dass jemand was für mich macht. ich dachte, das geht recht klar aus dem hervor, was ich geschrieben habe. deut­li­cher kann man es doch kaum formu­lieren. mir ist es egal, wieviel crowd sourcing und logo wett­be­werbe es gibt, solange mich keiner zwingt, mitzumachen.

  82. Vroni

    Johannes,
    du wirst es nicht glauben, mir ist es auch egal, solange mich keiner zwingt.

    Hört aber das Nachdenken immer an der eigenen Haustür auf?

    Das Blöde ist auch, dass das ein Zeichen für eine Entwicklug ist, die man zumin­dest SEHEN muss. Viele sehen gar nicht, was da noch auf sie zurollt. Du auch nicht. Noch nicht.

  83. Johannes | precious

    HD, ich gebe dir recht, es gibt dinge, die stören mich auch, da würde ich es auch begrüßen, wenn jemand die inter­essen vertritt.

    ABER: es gibt entwick­lungen, die sind so groß und funda­mental, dass selbst die politik nichts dagegen tun kann, selbst wenn sie wollte. crowd sourcing ist eine klit­ze­kleine ausge­burt einer tech­no­lo­gi­schen entwick­lung, die niemand aufhalten wird. und hier finde ich lobby arbeit falsch.

    so wie die musik­in­dus­trie sich mit ihren lobby-bemü­hungen in den letzten jahren lächer­lich und unbe­liebt gemacht hat, möchte ich die design branche nicht sehen. ich will nicht, dass ein design verband rumheult, weil er sich vom internet und seinen auswüchsen bedroht fühlt.

  84. Johannes | precious

    vroni, dann erleuchte mich und die anderen deppen doch: was rollt da auf uns zu? was sehe ich nicht?

    hilf mir doch, du weisst es doch!

  85. Vroni

    Johannes, nicht das Internet „bedroht“ Designer.
    Das Werkzeug ist doch wurscht. Es ist die Denke, dass das alles nur bunte Gaudi ist.

    Was für Werber schon länger gilt, ist jetzt auch fällig für Grafiker:

    „Sag meiner Mutter nicht, dass ich in der Werbung arbeite, sie glaubt, ich bin Pianist in einem Bordell. Jaques Seguela.“

  86. Vroni

    Appelle an Helfersyndrom-Synapsen werden bei mir unge­hört verhallen. Bin schon verkalkt.

  87. HD Schellnack

    >es gibt entwick­lungen, die sind so groß und >funda­mental, dass selbst die politik nichts dagegen tun >kann

    Das ist nicht wirk­lich wahr – die Politik scheint das Web ja in Sachen Copyright und Kinderpornographie in die Hand kriegen zu wollen. Wird nicht klappen, aber zwischen PirateBay und Jovoto ist ja doch ein Unterschied.

    Aber – das will ich auch gar nicht. Ich sehe das Web keine Sekunde als Bedrohung. Absolut nicht. Warum auch?

    Mann darf hier zwei Dinge nicht verwech­seln. Ich bin nicht für Kammern und Lobbyheinis. Aber ich bin dafür, dass wir gemeinsam als Branche versu­chen – versu­chen! – einen Weg zu finden, Standards zu defi­nieren, mit einer Stimme nach außen zu kommu­ni­zieren, etwas brei­tere Schultern zu kriegen, weniger einander in die Hacken zu treten und klar dafür zu sorgen, dass unsere Branche, die ja eigent­lich ganz toll ist, prospe­riert und wir zugleich nicht ganze Generationen von Studenten in die Selbstausbeutung jagen.

    Es gibt in unserer Branche nicht ansatz­weise etwas wie «die» Musikindustrie. Es gibt besten­falls Musiker aller Couleur. Die Musikbranche hat sich aus Gründen unbe­liebt gemacht, die nichts oder wenig mit der Situation von Musikern zu tun hat. Abgesehen von der Frage, wieviel dem Nutzer eine krea­tive Leistung wert ist.

    Da gibt es auch keine abso­luten Antworten und sowieso niemanden, der uns alle retten will oder soll – wir alle sind ja Designer, WEIL es ein freier und unver­be­am­teter Job für Einzelkämpfer ist, in dem von Kunst bis Business alles machbar ist. Der Wildwuchs ist der Spaß – selbst sowas wie Crowdsourcing ist doch irgendwie amüsant. Insofern geht es mir eher um ganz prag­ma­ti­sche Dinge. Steuern, Sozialabgaben, Mittelstandsgedöhns. Und gene­rell – im Überbau sozu­sagen – um die Frage, wie man Design als kultu­rellen und wirt­schaft­li­chen Faktor in die Gesellschaft kommu­ni­ziert. Also einer­seits ganz prag­ma­tisch Dinge wie die BG Druck oder die KSK, die Steuerschraube und Mitarbeiterregelungen – ande­rer­seits, auf längere Sicht, die Frage, wie man mehr Respekt/Relevanz bekommt. Stuff like that.

    Und ich bin der erste, der bei so gestrie­gelten Lobbyfuzzis Pelz auf der Zunge kriegt. Aber es macht schon Sinn, wenn in den USA Leute wie Chip Kidd oder Michael Beirut eine gesell­schaft­liche Relevanz haben. Die bei uns ein Fons Hickmann oder Johannes Erler (leider!) eben nicht hat. Das sollte man ändern, hm? Ich meine, Erik kann ja nicht ALLES alleinemachen.

  88. Hendrik Ahlers

    Also ich hab jetzt einen Login bei jovoto und verstehe die größ­ten­teils nicht halt­bare Kritik über­haupt sehr wenig. Da laufen Wettbewerbe bei denen es gar nicht um Design geht sondern eher um eine bezo­gene Meinungsumfrage oder so. @w.lindau kann sich mit dem Marktforschungsargument dort durchaus wieder­finden. Und dann sehen die Wettbewerbsbeiträge auch eher so aus, als würde sich eine Community einen Spaß machen und nicht wirk­lich „arbeiten“. Die Qualität der Arbeiten ist sehr hoch und alles andere als Mittelmaß.
    Also ich bin kein Freund von Plattformen a la 12designer oder trawlix, weil diese sehr einseitig ohne große Communityaspekte anschei­nend nur im Interesse der Auftraggeber funk­tio­nieren aber ich finde bei jovoto steckt mehr dahinter.

    Etwas leid tun mir die (ober­fläch­li­chen) Wortführer in diesem Thread sind viel zu verbohrt und darunter leidet hier die Diskussion massiv. Schade.

  89. HD Schellnack

    Okay, hendrik – ich halt jetzt mal bis Mittwoch mein Maul und wir sehen, wie konstruktiv deine Beiträge sind.

    Vielleich tkommt ja was zum Thema Respekt, Augenhöhe, Austausch mit dem Auftraggeber, Dialog. Du weißt schon, die Sachen, die diesen Job zu mehr als billiger Pixelschubserei machen. Die Qualität von Arbeiten, die ohne diese Faktoren passiert mag gut aussehen – aber in Wirklichkeit sind es diese Ergebnisse, die «ober­fläch­lich» sind, nicht mein viel­leicht etwas altmo­di­sches Beharren darauf, dass es bei Design um mehr geht als um Oberflächendekor.

  90. johannes | precious

    das gefühl, dass desi­gner nicht erst genommen werden, habe ich über­haupt nicht. na klar kann es frus­trie­rend sein, wenn leute oft über­haupt nicht verstehen, was ein gestalter so macht. bzw. wofür das über­haupt gut sein soll. das thema design ist eben etwas abstrakter als bröt­chen backen. und selbst beim archi­tekt, der ja auch gestalter ist, verstehen die leute besser, was er macht. so ein haus macht ja auch mehr her als ein logo.

    ich bin aber davon über­zeugt, dass der beruf des desi­gners immer wich­tiger wird. viel­leicht sehen das hier einige anders, weil sie haupt­säch­lich oder ausschließ­lich print gestal­tung machen. in diesem bereich gibt’s bestimmt keine großen wachstumsraten.

    wir haben mit unserem studio in den letzten monaten zwar auch ein wenig print-gestal­tung gemacht, aber haupt­säch­lich websites, iphone apps, audio soft­ware und TV-menüs entwi­ckelt. alles relativ neue felder für designer.

    aber hier hört die arbeit für einen gestalter nicht auf. geschäfts­pro­zesse kann man gestalten, design-firmen wie ideo entwi­ckeln völlig neue service produkte. das betä­ti­gungs­feld für menschen mit einer bega­bung für gestal­te­ri­sches denken wird doch immer größer. man muss nur mal über den druck­bogen schauen.

    desi­gner werden immer mehr gebraucht, weil unsere umwelt immer komplexer wird. und desi­gner sind dieje­nigen, die das komplexe einfach machen.

    HD, ich glaube wir liegen mit unseren ansichten was die inter­es­sens­ver­tre­tung (klingt besser als lobby­ismus) gar nicht weit ausein­ander. vieles der dinge, die du ansprichst, steuern und mittel­stands­ge­döns, sind ja aber kein reines problem der design-branche. damit haben ja viele andere auch zu kämpfen.

  91. Vroni

    @ Hendrik Ahlers
    „Da laufen Wettbewerbe bei denen es gar nicht um Design geht sondern eher um eine bezo­gene Meinungsumfrage oder so. “

    Wo ist da eine Meinungsumfrage? Habe auf Jovoto keine gefunden. Habe einen Account dort und bin/war drin. (Aus gutem Grund: Ich schreibe über nichts, was ich nicht selber gesehen habe. Und das habe ich nicht gesehen. Was ich gesehen habe, waren Aufforderungen, zu dem oder dem Kunden eine Kampagne zu entwickeln.)

  92. Joe

    Ich arbeite wenn ich Zeit und Lust habe an Projekten bei http://​www​.desi​gnen​lassen​.de mit und kann die Abneigung einiger Leute nicht nach­voll­ziehen. Solche Plattformen verdrängen doch keine Agenturen, sondern erschließen neue Zielgruppen. Das Startup oder der Tante-Emma-Laden von nebenan hätte doch niemals eine Agentur beauf­tragt. Durch Plattformen wie desi​gnen​lassen​.de bekommen aber auch solche kleinen Firmen ein vernünf­tiges Logo, Website etc.

  93. Hendrik Ahlers

    @Joe naja Designenlassen​.de ist doch genau das Böse: 100 Personen arbeiten auf einer Aufgabe und der Auftraggeber sucht sich für 100€ ein Logo aus. Wenn Du Dir Crowdspring anschaust (von dem desi​gnen​lassen​.de ein reines copycat ist) siehst Du, wo dies hinführt. Denn auch etablierte/große compa­nies pitchen da jetzt immer regel­mä­ßiger nach Entwürfen. Also dann wirk­lich lieber jovoto, zumal hinter den aufgaben mehr steckt.

  94. Carsten Ulbricht

    Wie die Diskussion hier zeigt, machen Crowdsourcing Aktionen gerade für die Kreativen nur Sinn, wenn Rahmenbedingungen fair und ausge­wogen gestaltet sind.

    Nicht zuletzt die Frage, wer eigent­lich die Risiken trägt, sollte das jewei­lige Crowdsourcing Produkt (wenn auch nur vermeint­lich) die Rechte Dritter verletzen, ist dabei von nicht uner­heb­li­cher Bedeutung.

    Unter dem Titel „Crowdsourcing – Wer trägt die recht­li­chen Risiken“ habe ich mich vor einiger Zeit auf meinem Blog inten­siver ausein­an­der­ge­setzt see http://​www​.rechtzweinull​.de/​i​n​d​e​x​.​p​h​p​?​/​a​r​c​h​i​v​e​s​/​4​7​-​C​r​o​w​d​s​o​u​r​c​i​n​g​-​R​e​c​h​t​-​W​e​r​-​t​r​a​e​g​t​-​d​i​e​-​r​e​c​h​t​l​i​c​h​e​n​-​R​i​s​i​k​e​n​.​h​tml

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