bukowskigutentag 20/12: Let’s do the GEMA-Dance!
anchmal wird es mit der Ironie so übertrieben, dass keiner mehr hinterherkommt. Hier zum Beispiel: Hätten Sie als Außenstehender den kleinen Unterschied zwischen den beiden Jungen gleichen Vornamens bemerkt? Ohne diesen aufklärenden Tweet keine Chance, darf man annehmen:
„Nachbarsjunge und unser Sohn heißen beide Thorben. Aber: Die Nachbarn meinen das ernst. Unser Thorben ist natürlich ironisch gemeint.“
— Michael Bukowski (@mbukowski) Januar 16, 2012
Wirklich befremdlich wurde es neulich eines Abends, als wir einen Film genau 138 mal so schlecht fanden, dass wir ihn schon wieder gut fanden, dass wir ihn schon wieder schlecht fanden und so weiter, bis der Abend gelaufen und wir völlig hinüber waren. Danach lagen wir alle die nächsten Tage mit multiplen Ironismen darnieder und meinten selbst das schon wieder nicht ernst. Nicht mehr auszuhalten!
Aber jetzt naht Abhilfe, und zwar in Form einer eigens konzipierten Ironie-App, die gerade in Programmierung befindlich ist. Dank dieser App wird man sich solche Exzesse künftig sparen und den Ironisierungsgrad per einfachem Tipp aufs Smartphone auf einen Schlag lösen können. Das geht dann so:
Man gibt den gewünschten Begriff ein (Filmtitel, Band, Promi, Künstler o.ä.) und die App berechnet automatisch den Ironiefaktor, der in der Einheit »dsw« wiedergegeben wird, wobei Anzahl »dsw« für die Anzahl an »dass schon wieder«-Schleifen steht. In Härtefällen, haben erste Tests mit der App ergeben, wird sogar ein Wert in kdsw, also kilo-dsw ausgewiesen. (Als Testbegriff hatten wir die App mit »Scooter« gefüttert, woraufhin uns ein beeindruckender Wert von 1.236 kdsw angezeigt wurde.)
Trotzdem hätte ich persönlich mal Lust auf eine Ironiepause. Umso ärgerlicher daher, dass in Berlin gerade eine neue und leider schwer ironische Musikbewegung entsteht. Ähnlich wie das höchst alberne Easy Listening der 90er Jahre, nur mit dem Unterschied einer erzwungenen Ironie; und zwar erzwungen von der GEMA, die derzeit ihre Gebühren für Clubs und Diskotheken angeblich so drastisch anzieht, dass sich kein Betreiber den Spaß mehr leisten kann. Von Steigerungen um immerhin bis zu 1.400 Prozent ist die Rede.
Die ersten Clubs* in Berlin schalten nun auf die bizarre, gruselige, pornöse Mucke um, die lizenzfrei oder sogar völlig gratis zu haben ist, woraus sich unmittelbar die besagte neue Jugendbewegung entwickelt. Man hört nämlich nicht nur zwangsironisch gemeinte Fahrstuhlmusik und was sonst noch an kostenloser Beschallung erhältlich ist, sondern kreiert auch gleich einen eigenen Tanzstil. »Come on everybody, let’s do the GEMA!«, heißt es überall und der neue Stil steht auf dem Sprung, die ganze Welt zu erobern.
Ich persönlich kann und will aus Altersgründen zwar nicht Teil einer Jugendbewegung sein, aber ich habe den Tanz zuhause selbst ausprobiert (mit besonderer Betonung auf »ausproBIERt«, hahaha!). Einen Videomitschnitt davon habe ich bereits bei den Vereinten Nationen eingereicht, die mir inzwischen bestätigt haben, dass mein GEMA-Dance-Video umgehend auf den Index der unzulässigen, ironischen Verhör- und Foltermethoden gesetzt wurde, was mich ein klein wenig stolz macht (… is natürlich ironisch gemeint, jetze).
So weit, so schön. Trotzdem möchte ich noch einmal die Idee einer Ironie-Pause anregen. Ich habe nämlich so eine Ahnung, das selbst diese Idee mit der Ironie-Pause schon wieder ironisch gemeint ist … Jetzt reicht’s aber!
(*mein Wohnzimmer)
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