bukowskigutentag 20/12: Let’s do the GEMA-Dance!

anchmal wird es mit der Ironie so über­trieben, dass keiner mehr hinter­her­kommt. Hier zum Beispiel: Hätten Sie als Außenstehender den kleinen Unterschied zwischen den beiden Jungen glei­chen Vornamens bemerkt? Ohne diesen aufklä­renden Tweet keine Chance, darf man annehmen:

Wirklich befremd­lich wurde es neulich eines Abends, als wir einen Film genau 138 mal so schlecht fanden, dass wir ihn schon wieder gut fanden, dass wir ihn schon wieder schlecht fanden und so weiter, bis der Abend gelaufen und wir völlig hinüber waren. Danach lagen wir alle die nächsten Tage mit multi­plen Ironismen darnieder und meinten selbst das schon wieder nicht ernst. Nicht mehr auszuhalten!

Aber jetzt naht Abhilfe, und zwar in Form einer eigens konzi­pierten Ironie-App, die gerade in Programmierung befind­lich ist. Dank dieser App wird man sich solche Exzesse künftig sparen und den Ironisierungsgrad per einfa­chem Tipp aufs Smartphone auf einen Schlag lösen können. Das geht dann so:

Man gibt den gewünschten Begriff ein (Filmtitel, Band, Promi, Künstler o.ä.) und die App berechnet auto­ma­tisch den Ironiefaktor, der in der Einheit »dsw« wieder­ge­geben wird, wobei Anzahl »dsw« für die Anzahl an »dass schon wieder«-Schleifen steht. In Härtefällen, haben erste Tests mit der App ergeben, wird sogar ein Wert in kdsw, also kilo-dsw ausge­wiesen. (Als Testbegriff hatten wir die App mit »Scooter« gefüt­tert, woraufhin uns ein beein­dru­ckender Wert von 1.236 kdsw ange­zeigt wurde.)

Trotzdem hätte ich persön­lich mal Lust auf eine Ironiepause. Umso ärger­li­cher daher, dass in Berlin gerade eine neue und leider schwer ironi­sche Musikbewegung entsteht. Ähnlich wie das höchst alberne Easy Listening der 90er Jahre, nur mit dem Unterschied einer erzwun­genen Ironie; und zwar erzwungen von der GEMA, die derzeit ihre Gebühren für Clubs und Diskotheken angeb­lich so dras­tisch anzieht, dass sich kein Betreiber den Spaß mehr leisten kann. Von Steigerungen um immerhin bis zu 1.400 Prozent ist die Rede.

Die ersten Clubs* in Berlin schalten nun auf die bizarre, gruse­lige, pornöse Mucke um, die lizenz­frei oder sogar völlig gratis zu haben ist, woraus sich unmit­telbar die besagte neue Jugendbewegung entwi­ckelt. Man hört nämlich nicht nur zwangs­i­ro­nisch gemeinte Fahrstuhlmusik und was sonst noch an kosten­loser Beschallung erhält­lich ist, sondern kreiert auch gleich einen eigenen Tanzstil. »Come on ever­y­body, let’s do the GEMA!«, heißt es überall und der neue Stil steht auf dem Sprung, die ganze Welt zu erobern.

Ich persön­lich kann und will aus Altersgründen zwar nicht Teil einer Jugendbewegung sein, aber ich habe den Tanz zuhause selbst auspro­biert (mit beson­derer Betonung auf »ausproBIERt«, hahaha!). Einen Videomitschnitt davon habe ich bereits bei den Vereinten Nationen einge­reicht, die mir inzwi­schen bestä­tigt haben, dass mein GEMA-Dance-Video umge­hend auf den Index der unzu­läs­sigen, ironi­schen Verhör- und Foltermethoden gesetzt wurde, was mich ein klein wenig stolz macht (… is natür­lich ironisch gemeint, jetze).

So weit, so schön. Trotzdem möchte ich noch einmal die Idee einer Ironie-Pause anregen. Ich habe nämlich so eine Ahnung, das selbst diese Idee mit der Ironie-Pause schon wieder ironisch gemeint ist … Jetzt reicht’s aber!

Michael Bukowski

(*mein Wohnzimmer)


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