bukowskigutentag 17/12 – Frau Zwinker & Herr Grins
Streitschrift zur Wiederherstellung der Ehre der Emoticons
Selbstverständlich reden wir hier nicht von der Unzahl an plastischen Emoticons (siehe Abbildung des Grauens). Diese teilweise sogar animierten Niederquerschnittsreifen unter den Bildmissbildungen bleiben selbstverständlich den Vodka-Gummibärchenwasser trinkenden Techno-Fans aus Schnuftihausen bei Pfrimelbach, also den sowieso emoticontional herausgeforderten Leutchen vorbehalten und das möchte bitte auch so bleiben. Danke. Gerne.
Stattdessen packen wir jetzt einen bekannten Kaventsmann von intellektuell dickst möglicher Hose aus unserer Asservatenkammer und hauen uns den und vor allem den hier Gemeinten mal zünftig um die Öhrchen. Die Rede ist von folgender, viel zitierter Statusmeldung: Leute, die Emoticons benutzen, signalisieren damit, dass sie den Empfänger für geistig zu tiefergelegt halten, als dass der die Ironie oder den Witz der Wortmeldung verstehen könnte.
Ui! Haben Sie’s gemerkt? Das hat gesessen!
Ach nee, doch nicht. Und zwar aus folgendem Grund: Nicht nur ich, sondern auch viele mir bekannte und meiner Meinung nach keineswegs durch den cerebralen Festplattenfehler 404 auffällige Zeitgenossen setzen in ihrer täglichen, digitalen Kurz-Korrespondenz auf die Dienste von Frau Smiley :-) und Herr Grins ;-) – wahlweise auch in zeichensparender ;) Kurzform :)
Haben wir es hier mit einem klassischen Anfall von Schwarmdemenz zu tun? Ist der Untergang des Abendlandes mit neuer, noch mal verbesserter Diesmal-aber-wirklich-Wirkformel eingeleitet, weil beim Gebrauch von Zwinker und Grins irgendwo im Moment bei der Lektüre dieses Textes hier ein Deutschlehrer an Finalverbitterung gestorben ist?
Nö.
Digitale Wortmeldungen in Emails, SMSen, Chats, Foren und sonstwo haben sich als hochwirksame Quellen für Missverständnisse und ungewollte Peinlichkeiten ergeben. Ohne Smileys, meine Damen und Herren, gingen mehr Ehen und Karrieren den Bach runter, als dies Ehen und Karrieren möglich machen könnten. Ich möchte sogar behaupten, dass Smileys mehr für den Weltfrieden getan haben als Miss Universum ’93. Denn offensichtlich reichen diese meist schnell aus der Hüfte geschossenen, kurzen Texte nicht aus, um einen bei längeren Formaten gegebenen Zweitkanal zwischen den Zeilen zu transportieren.
Meint jemand ernsthaft, Sportskamerad Goethe oder Onkel Nietzsche hätten, wenn zu ihrer Zeit zum Beispiel Twitter vorrätig gewesen wäre, vorbildlich ohne jedes Emoticon getextet? Meinen Sie etwa, good old Karl Kraus hätte es sich nehmen lassen, seinen Ausspruch »36 Hühner treten auf, gackern und treten wieder ab« in einer WhatsApp-Message zum Beispiel in ein zünftiges )-:< zu fassen oder so? (Ich weiß gerade nicht, ob das das richtige Zeichen für diesen Satz ist. Bei allem, was über :) und ;) hinausgeht, brauche ich noch Nachhilfe, wofür ich mich gerade bei der Volkshochschule um die Ecke im Kiez angemeldet habe.)
Aber selbst wenn es sich hier um ein »Millionen Deppen, eine Meinung«-Phänomen handeln sollte: Da mach ich mit! Und lassen Sie sich bitte auch kein schlechtes Gewissen einreden. Emoticons – in moderater Dosierung versteht sich – sind völlig legitim. (Wenn ich ehrlich sein darf, habe ich sogar neulich herzlich gelacht über so einen gelben Quietsche-Smiley, der animiert war und mir mit einem Bier zuprostete. Grins! Zwinker! Gacker!)
P.S.: Hier noch abschließend meine Gebrauchsanweisung für einen guten Tweet; selbstverständlich mit Smiley. Funzt!
Subjekt Kommafehler Nebensatz Objekt Orthographie-Fail Kommafehler Fav-Wunsch Prädikat Emoticon.
— Michael Bukowski (@mbukowski) Mai 1, 2012
Aufmacherabbildung: freeiconsdownload.com
5 Kommentare
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max
nein.
carmen
find ich gut! echt jetzt! :-)
Lars
Nach meiner Meinung sind alle Emoticons, bis auf den klassischen Smiley, überflüssig. Und selbst der Klassiker ist doch eher zur Unterhaltung gedacht, anstatt dem damit emotionalisierten Text eine höhere, tiefere, was-auch-immer Bedeutung zuzuweisen.
HP
„Festplattenfehler 404“ – soso
Anni
Man kann kann eine Meinung mit oder ohne Smiley äußern, wichtig ist, was dabei rüberkommt. Die Schwarmintelligenz läßt sich nicht aufhalten und jeder ist ein Teil davon- bewußt oder unbewußt! Alles hat immer zwei Seiten und macht die Meinungsbildung seshalb oft so schwer, vielleicht auch überflüssig.
Grüße,
Anni