bukowskigutentag 14/13: Ach, Werbung …

Vorab folgende Fakten: Ich wurde in diesem Monat 45 Jahre alt. Seit etwa zwei Jahren habe ich nicht mehr getextet, sondern vergnüge mich seitdem mit Social-Media-Redaktion, bloggen, twit­tern, habe zwischen­durch zum ersten Mal ein Roman-Manuskript zusam­men­ge­lötet und dann war ich bei all dem Trubel sogar mal’n Eis essen … So weit also alles hübsch.

Plötzlich aber, ohne Zutun meiner­seits, meldeten sich neulich verschie­dene Kollegen, Kunden und Agenturen mit der Bitte, ob ich nicht mal wieder texten wollte. Alle auf einmal, als hätten die sich abge­spro­chen. Das ehrt mich natür­lich und vielen Dank dafür. Trotzdem wundert es mich. Ich habe alle­samt gefragt, was da eigent­lich los sei. Nach meinen Berechnungen müsste ich in meinem vorge­rückten Alter seit mindes­tens zehn Jahren zum alten Eisen gehören. Man fühlt sich ja fast um seinen verdienten Vorruhestand gebracht. Wo steckt denn bitte der Nachwuchs? Wo sind die jungen Wilden? … Keine Ahnung, sagten mir die Leute. »Wir finden irgendwie keine Texter mehr, schon gar keine jungen«, erklärte man mir. Na dann, denke ich, drehen wir mal wieder die eine Runde. Man ist ja auch neugierig zu sehen, ob der alte Motor wieder anspringt. Und immerhin dieses Genre des Schreibens habe ich bestimmt nicht verlernt:

Warum fehlt denn nun der Nachwuchs? Einen schönen Beitrag dazu lieferte kürz­lich mal wieder die Werbeagentur Jung von Matt. Mit ihrem Sixt-Mollath-Motiv haben die allseits beliebten »Kreativen« gerade ein neues, noch tieferes Kellergeschoss ihres Niveau-Untertagebaus erschlossen. (Ein beein­dru­ckendes Worst-of Jung von Matt finden Sie hier bei Stefan Niggemeier.) Das Image der Werber in der Öffentlichkeit rangiert, so liest man, längst unter dem von Politikern und gerade noch vorm Versicherungsvertreter. Dementsprechend braucht man sich über ausblei­benden Nachwuchs keine Sorgen zu machen. Mir liegen natür­lich keine Statistiken dazu vor, weswegen ich zu einem kleinen Trick greife. Nennen wir es mal: bloße Behauptung.

Aber lassen wir mal diese fürs Spektakel sorgenden Agenturen bei Seite. Die sind nämlich weder beson­ders inter­es­sant noch reprä­sen­tativ. Tatsächlich kenne ich viele fähige und intel­li­gente Leute, die in der Werbung arbeiten. Diese Kollegen sind in der Regel weniger mit der eigenen Selbstbeweihräucherung beschäf­tigt als mit dem leid­lich bekannten Problem, dass es einfach viel zu viele austausch­bare und über­flüs­sige Angebote und Produkte gibt, die zu bewerben der Quadratur des Kreises sehr nahe­kommt, weil es meist einfach nichts gibt, für das man werben könnte. 

Etwas Hübsches mag man mittels Werbung noch etwas aufhüb­schen können. Aber eine Tüte heiße Luft bleibt eine Tüte heiße Luft, da hilft auch keine Werbung. Bemüht man sie trotzdem, sind die Ergebnisse bekannt­lich oft einfach nur hilflos. (Ein Beispiel: Kürzlich habe ich ein paar Minuten über diese Anzeige von Blackberry gebrütet. Ich komme beim besten Willen nicht dahinter, womit und wie mich dieses Motiv für die bewor­benen Produkte begeis­tern möchte.)

So weit, so bekannt. Aber deswegen muss es ja nicht so bleiben. Während ich also mal wieder eine Runde texte, schraube ich parallel an einem Plan, wie man es ganz anders und besser machen kann. Damit werde ich mich demnächst aus der Deckung wagen. Als Andeutung dazu diese Gesprächsnotiz: Ich hatte kürz­lich einem Freund von meinem Plan erzählt. Der antwor­tete daraufhin, ich würde mich wie ein 20-Jähriger anhören, der auf Punk macht. “Mag sein”, sagte ich. »Der Unterschied ist nur, dass ich nicht 20, sondern 45 bin, das Business inzwi­schen kenne und trotzdem oder jetzt erst recht Lust auf Punk habe.« Mehr dazu demnächst.

Ach ja, natür­lich gibt es auch Beispiele für gelun­gene Werbung. Über eine char­mante Guerilla-Kampagne berich­tete kürz­lich hier der Postillon.

Michael Bukowski

P.S.: Autoren, die diesen Beitrag geschrieben haben, haben auch diese Beiträge geschrieben.

 


2 Kommentare

  1. Brettone

    Die gängige Arbeitshaltung und die Unterordnung unter „gesetz­mäs­sige“ und angeb­lich legale (von allen Beteiligten mitbe­stimmte, wo und wann,?) Gepflogenheiten, Regelungen und Usancen in der Arbeitswelt werden kommen­tarlos voraus­ge­setzt. Jede/r soll duldsam die herr­schenden Arbeitsbedingungen als gegeben akzep­tieren und sich allein nach jenen ausrichten, sich sogar „freuen“, in deren Rahmen an-ständig „Arbeit“ zu finden, also fremd bestimmt und instru­men­ta­li­siert zu „funk­tio­nieren“ und sich als „an-stän­diger“ Zuarbeiter diesem System unge­fragt, „alter­na­tivlos“, bereit-willig unterzuordnen.

    Freie Selbstbestimmung, Mitsprache, Diskussion über Inhalten und Ausrichtung dieser fremd­be­stimmten Arbeitsbedingungen und -welten sind derzeit „zwecklos, unnötig, uner­wünscht“ und stören den gesetz­lich gere­gelten, wich­tigen Arbeitsfrieden, ..!?

    Gesetze wurden dazu geschaffen, um die allsei­tige Fremdbestimmung zu unter­mauern, zu lega­li­sieren und jegliche Kritik und Infragestellung dessen, daran in unter­wür­figes, devotes Bittstellertum umzu­wan­deln. Eine unter­wür­fige, ängst­li­chen Haltung in der man/frau/mensch sich gnädig und möglichst gegen Zahlung diverser Beiträge an Obrigkeiten und an büro­kra­ti­sche Stellvertreter wenden kann, die ähnlich despo­tisch und von oben herab daher, wie zu Kaisers Zeiten, gnädig „Auskünfte“ erteilen.

  2. davodo

    Also eine wirk­lich gelun­gene Guerilla-Kampagne war die 2009 in Japan durch­ge­führte Friseurkampagne. Die lief fast ein halbes Jahr. Die hatten aus Haarresten Zöpfchen gemacht und die dann als Haltergriffe in den Bussen einge­setzt. Eine Karte hing an jedem Haarbündel. Auch wenn sich das eklig anhört, in Japan kam das richtig gut an.

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