bukowskigutentag 13/13: Foodporn
Täglich stellen Millionen Menschen Fotos ihrer Speisen und Getränke ins Netz (selbst der Herausgeber dieses Blogs pflegt diese Unsitte). Warum tun sie das? Mein erster Gedanke – zugegeben – lautete: Tja, den Leuten hat’s wohl stramm in die Petersilie gehagelt. Aber diese Erklärung ist erstens eine bloße Behauptung und zweitens unbefriedigend. Und selbst von mir geschätzte Leute bei Twitter zum Beispiel, denen ich sowohl ein gewisses Maß an Intelligenz wie auch Stil unterstelle, tun es. Was also ist da bloß los? Na dann, mal schauen, was das Netz dazu liefert.
Eine Nachrichten-Community-Seite von wahrscheinlich erheblicher Irrelevanz und Der Freitag melden die These, dass als Ursache wohl Essstörung in Frage käme. Ohne es begründen zu können, aber: Das glaube ich nicht. Bei der Masse an Foodporn postenden Leuten müssten ja rund drei Viertel der Bevölkerung essgestört sein.
Keine Erklärung, aber einen bemerkenswert sinnlosen Info-Text liefert die Facebook-Seite Foodporn. Zitat: »Jeder liebt es, jeder braucht es jeder macht es: Essen (um zu leben). Auf dieser Facebook Seite werden euch Zahlreiche Bilder gezeigt die leckeres, fantastisches und optisch ansprechendes Essen zeigen.«
Hier dann anscheinend ein wissenschaftlich ernstzunehmenderer Beitrag mit einem anderen Erklärungsansatz: Wer sein Essen vor dem Verzehr fotografiert und ins Netz lädt, dem schmeckt’s besser. Ich habe das noch nie probiert, glaube es nicht und werde mich dem Selbstversuch verweigern.
Noch eine Überlegung meinerseits dazu: Vielleicht handelt es sich um eine Art archaischen Reflex. Man könnte sich die Analogie zu einem Jäger denken, der nach erfolgreichem Beutezug der Sippe zuhause seine Beute präsentiert. Möglicherweise ist Foodporn die Beutepräsentation der Neuzeit. Oder die Leute drücken unbewusst Potenz aus im Sinne von: »Seht her, welch köstliche Nahrung ich organisieren kann.« Der Absender empfiehlt sich also als guter Ernährer, sprich potenziell eine gute Partie für die Zeugung von Nachwuchs. Aber das ist natürlich reine Spekulation.
Fazit: Nach einer Viertelstunde Recherche im Netz bleibt die Ausbeute überschaubar. Ich bin auch nicht schlauer und die Sache wird mir vorerst als eines der großen Rätsel des Internet erhalten bleiben. Ich bin gespannt, wann sich die ersten psychologischen Forschungsarbeiten dieser Symptomatik widmen. Ansonsten wäre ich allen Foodpornern dankbar, die beschreiben können, warum sie es tun und welche positiven Gefühle damit verbunden sind. Gerne Kommentare dazu!
P.S.: Autoren, die diesen Beitrag geschrieben haben, haben auch diese Beiträge geschrieben.
2 Kommentare
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Neuropol
Also ich mache das weil ich ein Smart Phone habe, das fotografieren kann. Wäre ja sonst sinnlos, wenn man das nicht benutzt. Natürlich fotografiere ich nur Essen, das in japanischen 5 Sterne Restaurants zubereitet wurde. Damit erwecke ich nicht nur den Eindruck kochen zu können, sondern auch ein Gourmet zu sein. Das ist das Einzige, was mich noch von der Masse abhebt. Der letzte Rest Individualismus, der noch geblieben ist. Danach gibt es nichts mehr…
bukowski
Verstehe, aber Vorsicht!
http://www.sueddeutsche.de/stil/social-media-im-restaurant-bitte-das-essen-nicht-instagrammen-1.1743313