Berlin: Kunst mit Zeitungen und Zeitschriften

Für typo­gra­fi­sche Gestalter ist es wahr­schein­lich die span­nendste Ausstellung der Saison: ART and PRESS (Kunst und Presse). Seit dem Wochenende ist sie im Berliner Gropiusbau zu sehen, mit Werken von inter­na­tio­nalen Stars wie Ai Weiwei, Andy Warhol, Damien Hirst, Gilbert & George, Anselm Kiefer, Julian Schnabel oder Jenny Holzer.

Der junge irani­sche Künstler Farhad Moshiri beschäf­tigt sich in seiner Installation »Kiosk de Curiosité« mit dem Thema Zensur

Was gibt es zu sehen? Zum Beispiel ein Zeitungskiosk aus dem Iran, mit Magazinen wie Marie Claire, Essen & Trinken oder Vogue als hand­ge­webte Teppiche – und mit großen ausge­stanzten Löchern, ein Hinweis auf die persi­sche Zensur. Oder ein lebens­großer röhrender Hirsch auf einem Zeitungsstapel, also Mahnung, dass unser Medienkonsum auch ein Stück unserer Natur konsu­miert. Anselm Kiefer hat im Lichthof drei Satz- und Druckmaschinen mit versil­berten Sonnenblumen und Foto-Printrollen drapiert, um sie herum liegen Hunderte von Bleibuchstaben … »Für Kiefer begann ein Prozess der Verarmung, als nicht mehr manuell gesetzt wurde« heißt es im Katalog und: »Die Geschichte unserer Zivilisation wär ohne die Schrift, ohne das Buch, ohne die Zeitung nicht denkbar.«

In ihrem Bilderzyklus »London Pictures« werfen Gilbert & George mit zitierten Schlagzeilen die Frage nach der Produktion von Nachrichten und deren Wahrheitsgehalt auf

Seit Mitte des 19. Jahrhunderts ist die Zeitung Material und Gegenstand der Kunst. Künstler setzen sich mit diesem Medium, ob in der Funktion als Instrument der Aufklärung oder der Manipulation, auf viel­fäl­tige Weise ausein­ander. Motivation und Bedeutung für die Nutzung des Mediums sind dabei immer unter­schied­lich. Art and Press zeigt über 56 künst­le­ri­sche Positionen zu dem Thema. Die Bandbreite der Werke reicht von Malerei und Collage über Skulptur und Installation bis zur Fotografie.

In »A Mallarmé« des italie­ni­sche Künstler Mario Merz bilden Zeitungsstapel eine Bodenskulptur, auf denen ein Zitat aus blauen Neonbuchstaben auf die Beliebigkeit der jour­na­lis­ti­schen Praxis verweist

Viele Künstler haben eigens für die Ausstellung neue Arbeiten reali­siert oder aus ihrem Œuvre ausge­wählt. Gilbert & George werfen in ihrem Bilderzyklus »London Pictures« mit zitierten Schlagzeilen die Frage nach der Produktion von Nachrichten und deren Wahrheitsgehalt auf. Ai Weiwei hat für die Ausstellung eine Rauminstallation aus Armier-Stahl geschaffen. Das Material dafür stammt von einem erdbe­ben­zer­störten Schulgebäude, unter dem über 1000 Schüler begraben wurden – der Stahl als Beweisstück auf der Suche nach der Wahrheit, über die in China nicht berichtet werden durfte.

Die Ausstellung läuft bis zum  24. Juni 2012. Im Herbst kommt Art and Press dann nach Karlsruhe: Das ZKM Zentrum für Kunst und Medientechnologie zeigt die Ausstellung vom 15. 09. 2012 bis 10. 02. 2013.


3 Kommentare

  1. Jan

    Warum wurde hier eigent­lich nicht über den Wochenendteil der SZ neulich berichtet?
    http://​www​.blog​.druckerey​.de/​i​n​d​e​x​.​p​h​p​?​i​d​=​513

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