Aus fürs Grüne-Logo … nicht wegen Design
Die Entscheidung des Grünen-Parteitags gegen das neue Logo und sein Rückzug durch die Parteispitze wird – so Spiegel online – mit zwei Argumenten begründet:
• es sei »von oben übergestülpt« worden und
• »Bündnis 90« sei kleiner geschrieben als »Die Grünen«
Das heißt, wir Designer können uns auf diese Entscheidung nichts einbilden … auch wenn hier im Fontblog (und woanders) mit guten Argumenten gegen die Gestaltung des Logos diskutiert wurde, sogar mit grünen Parteimitgliedern. Design spielt keine große Rolle bei der Akzeptanz einer Logo-Neuvorstellung. Das war beim WM-2006-Logo nicht anders. Politischer Konsens und inhaltliche Interessen sind wichtiger, als die verwendeten Schrifte nund Farben. Oder?
46 Kommentare
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Hilde
Auch die grünen Parteibonzen haben ihre Erbsenzähler und Rotstift-Fetischisten.
thorstenwulff
Aber die Grünen waren schnell, Jürgen, der Link zum pdf ist schon fort…
Jürgen Siebert
Nur gut, dass wir uns alle Dateien als Andenken in den letzten Tagen heruntergeladen haben. Ich bewundere die Webdesigner der Parteien, die 24 Stunden am Tag im Einsatz sein müssen.
thorstenwulff
Ahh, gut. Könntest du mir diesen Leidfaden mal rübermailen bitte?
Severin Wucher
Ein, zumindest aus typografischer Sicht, etwas „grotesk“ anmutendes Zitat von Spiegel Online vom 2.12.06:
Die „GrueneSyntax“ (die wohl auch nur so heißt, weil Fonts keine Umlaute haben?) ist erstens gar nicht die Schrift, die im Logo verwurschtelt (so könnte man das nennen) wurde. Und zweitens: „Auffällig“ waren serifenlose Schriften, lieber Spiegel-Online-Redakteur, vielleicht mal vor 170 Jahren in England …
Peinlicher als all die typografische Inkompetenz finde ich die anal motivierte Wortwahl der Parteiführung auf dem Parteitag: „mit einem gespaltenen Arsch ist keinem geholfen“ (Bütikofer), „Die SPD muss in der Ökologie den Arsch hochkriegen. Und zwar in der Breite.“ (Kuhn)
Aber eine Partei, die bei der Bundestagswahl mit 8,1 % das schlechteste aller etablierten Parteien bundesweit erhalten hat, muss wohl serifenlos (oder, wie man früher sagte, „in Fraktur“ reden), um aufzufallen …
Henning
Naja, das Design spielte hier schon eine Rolle. Aber es stimmt schon, dass die anderen Aspekte bei den meisten wohl im Vordergrund standen.
Gruß aus Köln!
Roman
Ich bin mal gespannt, was jetzt daraus wird… Das neue CD an und für sich und der Leitfaden sind ja bis auf das Logo selbst sehr gelungen, meine ich. (Und schlimm ist das Logo auch nicht.) Hoffentlich wird nicht alles über den Haufen geworfen. Jetzt wo die Fronten geklärt sind (Schrift darf nicht kleiner sein), weiß der nächste Logo-Designer sogar schon, was geht und was nicht…
Heinrich
wenn aber soviele mitentscheiden wollen (hehe) wird es schon »lustig« wer traut sich da schon das logo zu machen?
thorstenwulff
und in 84 Jahren ist Bündnis 90 auch wieder modern…
Severin Wucher
… und serifenlos wird dann vielleicht auch wieder schrullig wirken :)
thomas
bleibt nur die frage, was heraus kommt, wenn wirklich jeder was dazu sagen darf. nein liebe GRÜNE/BÜNDNIS 90, an diesem punkte sollte in der tat schluss sein mit der demokratie, wie ihr sie versteht. das wird zu nichts führen, so viele meinungen, die sich möglicherweise auf ihre persönliche radikalität noch was einbilden wird man nicht sinnvoll unter einen hut bringen können. die verwirrung wird größer sein als bei dieser entscheidung.
aber vielleicht reicht es wirklich, wenn man beide namen gleich groß macht, wenn es euch darum geht, dass der eine sandförmchen genauso groß ist, wie das andere.
thorstenwulff
Das schlimme beim Spiegel ist dass man die Qualität der Texte immer dann bemerkt wenn man selber Ahnung von der behandelten Materie hat… erschreckendes Halbwissen ist dort an der Tagesordnung… Und Frau Roth, na ja, ob sie wohl die Helvetica von der Meta unterscheiden kann?
;)
thorstenwulff
… jetzt kann nur Erik Spiekermann die Situation noch retten!
HD Schellnack
Obwohl ich die Debatte um Bündnis 90 etwas typisch für die Partei finde und eher hinderlich – bei allem Respekt vor den Leistungen des Bündnisses bei der Deutschen Wiedervereinigung: man sollte sich auf einen gemeinsamen klaren Namen einigen können – hat die Frage, ob etwas von «oben» aufgestülpt wird, durchaus mit dem Design zu tun. Und zwar mit dem Designprozess. So klar ich dafür bin, in kleinen Runden finale Entscheidungen zu treffen und nicht Gremiengestaltung zu produzieren, die ausnahmslos schrecklich ist (gutes Design entsteht im kleinen intimen Kreis zwischen Partnern), so wichtig ist es aber doch, im Vorfeld Meinungen einzuholen, mit den Menschen zu sprechen, Verbindlichkeit zu schaffen, Vielfalt widerzuspiegeln. Das ist hier vielleicht auch geschehen, aber anscheinend vielleicht nicht ausreichend…
Und: Design ist (für Laien) oft subkutan. Da ist etwas, aber nicht greifbar. Eine Magie, eine Ausstrahlung. Warum mag man Objekt A in seinem Wohnzimmer, B aber nicht. Jenseits von Geschmack ist bei gutem Design eine AURA. Und… mach man sich mal nix vor: Dieser Logo-Entwurf hat keine Aura. Und ist zudem völlig an dem Naturell der Partei vorbei gemacht. Super für die FDP, böse für die Grünen ;-).
Aber zugegeben: DEN Job möchte ich auch nicht machen müssen, insofern großes Kompliment an die Hirschen, es überhaupt so mutig versucht zu haben.
Heinrich
sie könnten jetzt meta design beauftragen und sich erik als berater hollen ;-)
thomas
ach son schmarrn heinrich!
erik spiekermann ist doch auch nicht die eierlegende wollmilchsau. wenn man clever ist, lässt man JETZT die finger davon, man kann sich nur noch mehr verbrennen. im moment wollen alle parteimitglieder was sagen und werden das wohl auch tun, es kann also nur schlimmer werden. warten wir es ab.
Achim
Die Parteispitze hat mit ihrem Alleingang den großen Fehler gemacht etwas visuell zum Ausdruck bringen zu wollen, was faktisch nicht vollzogen ist. Bütikhofer und Roth haben sich etwas geleistet, dass man vielleicht in einem Unternehmen machen kann wo die Strukturen etwas anders sind. Aber doch nicht in einer Partei ohne vorher die Basis mit einzubeziehen. Es geht tatsächlich so gut wie nicht um das Design. Ich gehe davon aus, dass das überarbeitete neue Logo sowohl die DIN regular, das schwammige blasse Grün, die so bezeichnete „expressionistische“ Sonneblume enthalten wird und auch von der Anordnung her gleich sein wird. Einziger Unterschied wird die Schriftgröße sein. Wetten, dass „Bündnis 90“ und „Die Grünen“ dann gleichgroß geschrieben sind. In jedem Fall können sich die Hirschen auf weitere Schleifen freuen. An diese gerichtet: Bitte gebt der Sonnenblume etwas mehr Kontrast. Im Moment strahlt nämlich nur die Presse, die über den Fauxpas der Grünen berichten darf.
Jens Kutilek
Wir warten gespannt auf das neue basisdemokratische Logo von Bündnis 90/Die Grünen, das als Mittelwert aus allem, was die Mitglieder aus Corel-Cliparts und WordArt zusammenklicken, gerecht berechnet wird ;-)
Heinrich
thomas, eine persönlichkeit wie erik als berater könnte viel bewirken, vor allem als aussenstehender, man müsste ihm nur vertrauen.
Marco Witte
Ich finde die ganze Aktion ist ein großen Armutszeugnis für die Werbeagentur. Die „Hirschen“ müssten ihren Kunden ja nun doch einigermaßen kennen, wo sie schon so langen für ihn Arbeiten und das sie offensichtlich völlig daneben lagen, zeigen ja auch die Reaktionen. Ich denke nicht, dass das Problem nur die Übergehung der demokratischen Strukturen innerhalb der Partei war. Hätte die Agentur ein schlüssiges Gesamtkonzept abgeliefert, wäre es vielleicht nicht so weit gekommen. Aber wie der Leitfaden eigentlich gezeigt hat, haben die „Hirschen“ das offensichtlich nicht getan. Eine gute Wahlkampagne zu entwickeln ist eine Sache, ein gutes Erscheinungsbild eine ganz andere.
Vielleicht schreiben die Grünen jetzt ein Wettbewerb dafür aus! Ich finde übrigens „nodesign“ wären gut geeignet für den Job.
thomas
worauf du anspielst ist wohl eher die respektsperson erik spiekermann, die natürlich gerechtfertigt ist, heinrich, oder? fähige designer gibt es in unserem land reichlich, meinst du nicht auch?
Heinrich
thomas, das ist keine anspielung ich dachte, dass es verständlich ist was ich meine, ich habe doch nicht gemeint, dass erik es machen sollte nur als berater für die grünen tätig sein allerdings müssten sie seine meinung respektieren.
Alexander
Ich vermute, Achim wird mittelfristig Recht behalten. Trotz mancher Mäkeleien ging es nicht wirklich um die Gestaltung, sondern um die relative Größe von „Bündnis 90“ und „Die Grünen“. Und das ist eben keine ästhetische, sondern eine politische Frage.
Paul
Wenn Laien ein Logo interpretieren kommt meistens nur verkrampfte »Ka…« raus. Ein Logo hat natürlich Symbolwert, aber dann den blauen Streifen als Wasser oder Himmel zu interpretieren (wie Frau Roth es gemacht hat) ist einfach ein Krampf.
Man überlädt das Logo mit Symbolik, bis es das 200 Seiten starke Parteiprogramm repräsentiert.
Ich selber hab auch schon erleben dürfen, wie ein Kunde einen (Webdesign-)Entwurf verrissen hat durch hanebüchene Interpretationen. Ich durfte ihr dann erklären, dass es einfach nur gut aussehen soll und das die Verwendung einer Farbabstufungen nicht für Unentschlossenheit sondern für eine gewisse Semantik steht.
Warum ist bei so einer Vorstellung wie dem Grünenlogo nicht einer der Designer selbst vor Ort und erklärt das Teil »fachmännisch«?
thomas
weil ein gutes logo so einfach sein sollten, dass man es in den sand zeichnen kann und jeder versteht es paul. dazu bedarf es keines designers vor ort.
Benjamin Hickethier
ich finde an der ganzen geschichte vor allem bemerkenswert, was hier vielfach kritisiert wurde: dass bei bü90/grünen tatsächlich die basis die souveränität hat, ein logo und symbol für die partei abzulehnen.
so etwas sollte man sich einmal für die cdu vorstellen!
dabei geht es natürlich nicht darum, dass die basis an dem gestaltungsprozess in allen entscheidungen beteiligt wird (was ja völlig unpraktikabel und wenig effektiv wäre). aber dass die mitglieder sich zumindest dagegen wehren können, ein ›im kleinen intimen kreis zwischen partnern‹ final entschiedenes logo übernehmen zu müssen (was wohl noch dazu etwas zu früh als ›entschieden‹ von der parteispitze der öffentlichkeit präsentiert wurde), ist doch ein gutes zeichen für eine diskussionsbereite, demokratische parteiorganisation.
anzumerken ist auch, dass auf diesem parteitag u.a. über einen antrag abgestimmt wurde, der per wiki potentiell basisdemokratisch ausgearbeitet wurde. selbst wenn es diesmal noch nicht so ganz geklappt hat, scheint mir der ansatz relativ fortschrittlich.
joachim
Da ich selbst von ›oben‹ (Uni-Rektorat) mit einem in meinen Augen dubiosen CD gestraft bin (für Interessierte: Leitfaden CD der Universität Bonn) kann ich dem Kommentar von HD Schellnack nur Recht geben: So ganz ohne Einbeziehung der Leute, die sich damit identifizieren sollen, kann und sollte es nicht gehen, auch wenn irgendwann eine definitive sachliche Entscheidung getroffen werden muss.
HD Schellnack
Ich komme auch mehr und mehr zu der Ansicht, daß ein entscheidender Unterschied zwischen Werbeagentur und (gutem) Designbüro die Beratung ist. Agenturen, vor allem ab einer bestimmten Größe, müssen rein ökonomisch exakt das tun, was der Kunde verlangt. Sie beraten nicht, sie setzen um. Wir selbst kommen auch oft genug in diese Situation, die mal okay ist (wenn der Kunde gute Ideen hat und man sich auf die Visualisierung konzentrieren kann) und mal eben nicht. Aber in aller Regel sind wir kleinen Designbüros etwas streitlustiger und hängen mehr an unseren Ideen als Agenturen, in denen Kreation und Beratung arbeitsteilige Prozesse sind und die Angst um Budgets wirklich gnadenlos geworden ist. Schaut euch die durchschnittliche deutsche Werbung an. Da paßt dieser Logoentwurf nahtlos rein, ebenso wie übrigens die Kommunikation aller Parteien. Erschreckend ist eben, dass sich Politik inzwischen mit den gleichen Mitteln und über die gleichen Kanäle und Macher verkkauft wie Waschmittel. Vielleicht, wiel auch hier inzwischen nur substituierbare Gpter am Markt sind?
Till Westermayer
Wow, spannende Debatte. Zum neuen Parteimotto „radikal realistisch“ würde als nächster Schritt jetzt tatsächlich was ganz neues passen — vielleicht sogar ein echter Wettbewerb zwischen verschiedenen Agenturen — und nachher eine Abstimmung auf einem Parteitag auzs drei oder vier verschiedenen Entwürfen. Und das ganze ziemlich offen und transparent geführt, könnte auch medial ganz gut ausgeweidet werden … ich bin gespannt, ob’s in diese Richtung laufen wird, oder ob nicht doch eher Achim recht behält (wäre auch meine Parteimitgliedsprognose), dass versucht wird, so wenig wie möglich zu ändern und ein, zwei Kritikpunkte aufzugreifen.
(BTW: Man. Trackback)
HD Schellnack
Genau. Aus Wettbewerben kommt ja IMMER das Beste Design. Klappt jedesmal. :-D.
Das heißt jetzt echt «Radikal realistisch»? Superduper. Die Realo-Ecke wirds freuen :-D. «Jetzt mit 30% mehr Radikalrealismus». Ich frag mich, wie solche Werbeplattheiten und Teilhabe am Zumüllsystem der Werbeindustrie überhaut zur Partei passen sollen. Die Idee der Müllvermeidung sollte auch im intellektuellen Bereich greifen und Werbung ist definitiv psychosoziale Luftverpestung.
Ich warte auf «Grün ist Geil». Oder «20% auf alles, außer Tiernahrung.» Politik sollte auf Claims, Logos und so weiter irgendwie verzichten, oder sie doch zumindest geschmackvoll einsetzen. Es würde am besten zur Partei passen, nachhaltig, simpel und ehrlich aufzutreten. Das Phänomen Manufaktum zeigt, daß man damit auf Dauer ganz schöne Erfolge verbuchen kann.
lvgwinner
Politischer Konsens und inhaltliche Interessen sind wichtiger, als die verwendeten Schriften und Farben. Oder?
Mir fehlt hier noch der Versuch einer Antwort auf diese Frage.
Meine Meinung: Die Designqualität eines Logos wird nur dann in der Diskussion um politischen Konsens und inhaltliche Interessen berücksichtigt werden, wenn die Gestaltung eine fokussierte Idee zum Ausdruck bringt und exzellent umgesetzt ist.
Das war bei den Grünen nicht der Fall und passiert überhaupt recht selten. Einziges Beispiel was mir dazu in den Sinn kommt ist das Redesign von Tui – ein Logo für das es nur Befürworter und Gegner gibt. Kaum jemandem ist es gleichgültig – erinnern bzw. zeichnen kann es fast jeder. Zudem macht es eine klare Aussage. Und ich weiß aus sicherer Quelle das die Designqualität hier eine große Rolle in der Entscheidung für und für den Erfolg des Logos beigetragen hat.
robertmichael
das problem war ja nicht das logo selbst, sondern es wurde mit den eigentlichen problemen der grünen in verbindung gebracht. das grasgrün war den grünen zu „blaß“ und wurde mit dem „untergang der grünen verbunden“. die „rückbesinnung alter werte“ stand im vordergrund, da kam das neue logo wie gerufen. wie hd schon sagte die grünen waren eigentlich wie die fdp, nur in grün. das logo war zur falschen zeit am falschen ort. die hirschen können da wenig dafür. „abstimmung per handzeichen“ das ist wohl das letzte wie man ein logo bewerten sollte. „mags du das grün? bitte ankreuzen: □ ja □ nein □ vielleicht“ so entscheidet man doch nicht über ein logo. das problem liegt in der partei selbst. unstimmigkeiten, der ehemalige dicke führer ist weg usw. … was den hirschen nun bleibt ist eine rechnung zu schreiben, die sache zu vergessen und sich nochmals 2 jahre hinzusetzten um einen neuen entwurf auszubrüten. ggf. sollte man dann bei der präsentation des logos, die momentane politische lage der grünen beachten und alles wird gut.
Manuel
da muss ich lvgwinner recht geben.
Da gilt mal wieder der alte Satz „Form follows function“
Das Design spielt erst dann eine Rolle wenn es die Funktion und Aussage (des Logos) entsprechend zum Ausdruck bringt.
Tobias
Hallo,
Robertmichal schrieb:
> “abstimmung per handzeichen�? das ist wohl das letzte
> wie man ein logo bewerten sollte.
ein Logo muss in einer Partei, muss bei den Leuten, die es verwenden sollen, auf breite Zustimmung stoßen. Für das Design ist es besser, wenn ein kleiner Kreis es ausarbeitet – aber am Ende muss es auf eine Mehrheit stoßen. Du darfst nicht vergessen: In einer Partei kann jeder Landesverband, jeder Kreisverband, jede Fraktion selbst über ihr Logo entscheiden. Der größten Landesverband, NRW, hat zum Beispiel ein Logo, in dem „Bündnis 90“ durch „NRW“ ersetzt sowie grün und blau vertauscht sind (siehe http://www.gruene-nrw.de). Das heißt: Wenn das Logo nicht eine Mehrheit überzeugen kann, dann nützt es nichts, das Logo offiziell einzuführen – wenn in Realität dann doch viele davon abweichen. Immerhin sind es die Kreisverbände, die in Wahlkämpfen entscheiden, welche Plakate sie aufhängen und welches Material sie verteilen.
Das vorgestellte Logo konnte keine Mehrheit hinter sich versammeln. Es trotzdem durchzudrücken hätte zu einem kunterbunten Mischmasch geführt – einige wären beim alten Logo geblieben, andere wären umgestiegen, andere hätten weiter an Eigenkreationen gebastelt. Mit einer solchen Ergebnis wären auch die Logo-Designer nicht zufrieden gewesen.
Dirk S.
Mir tun in erster Linie die beteiligten Leute leid, die warscheinlich über einen langen Zeitraum viel Zeit und Herzblut investiert haben, warscheinlich viele Nächte gearbeitet und diskutiert haben, und dann – Nix. Bei einem Pitch ist man ja darauf eingestellt, daß man für die Mülltonne arbeitet, aber hier war es ja wohl eine „normales“ Projekt. Das hat warscheinlich schon fast jeder Gestalter erlebt, aber ich ärgere mich immer sehr über die verschwendete „Lebenszeit und -energie“.
Stefan Z.
Am Besten fand ich, als in den Medien behauptet wurde, dass Claudia Roth nur mit um die 60% gewählt wurde, weil den Delegierten die Art und Weise der Logo-Einführung nicht gefallen hat. Also sorry, wer glaubt den sowas? Die Gründe dürften wohl eher mit einer politischen Unzufriedenheit zu tun haben, als mit so einer „Lapalie“…
Jürgen Siebert
Wenn irgendwann mal in den Medien steht, dass eine Politikerin 30 % der Stimmen verloren hat, weil sie Syntax und DIN nicht auseinanderhalten konnte, dann haben wir es geschafft, Leute.
HD Schellnack
Stefan, ein Logo ist keine Lapalie. Natürlich geht es nicht um Schriftwahl, aber um das Gefühl, das in einem Logo kumuliert. Wenn du einen Song hörst, kannst du als Laie vielleichgt auch nicht sagen, daß es gerade diese oder jene Harmoniefolge oder jenes Delay, dieser Basssound, jene Mikrophopnposition an der Snare ist, die dich berührt… dafür gibt es Profis in der Produktion… aber ob der Song als solcher gut ist, kannst du beurteilen. Das hat nicht einmal etwas mit Geschmack zu tun. Ich kann als Laie unabhängig von meinem persönlichen Geschmack sagen, ob eine Uhr als ganzes gelungen gemacht ist oder nicht, auch wenn ich sie grunzenhäßlich finde.
Dieses Logo ist handwerklich suboptimal gemacht, und es tut ja alles, aber bestimmt nicht das (sofern noch vorhandene) Potential dieser Partei auf den Punkt bringen, ganz im Gegenteil. Ebenso wie der alberne Claim ist dieses Logo ein Schritt nach unten, selbst wenn es formalästhetisch sicher besser ist als das alte Gesumms.
Aber das es nicht stimmig ist, spürt auch ein Lokalpolitiker aus Herne oder eine MdL-Politikerin. Gute Logos funktionieren aus den gleichen Gründen aus denen schlechte eben nicht funktionieren.
Das das Logo an sich schlecht ist, weil die Hirschen aus einer entsetzlichen Startposition heraus fahren mußten, ist dabei sicher anzunehmen.
Aber unterm Strich ist es fast lehrbuchhaft, wie das WM-Logo seinerzeit bei Jürgen, für Dinge, die man in einem Logo eben NICHT machen sollte.
florian
ich kann „HD Schellnack“ nur zustimmen. ich möchte nicht wissen wie der bäcker sein brot backt, wichtig ist: es schmeckt und ich vertraue ihm, das alle zutaten die besten sind. (auch wenn dies leider nur selten der fall ist)
thomas
nach »jetzt werden wir albern« beginnen wir nun das spiel »wir drehen uns im kreis« oder? warten wir doch einfach ab, wie es weiter geht. das man jetzt an der »basis« zumindest aufmerksam geworden ist, das da was geschehen ist, was ausserhalb des »basis-dunstkreises« lag ist ja nun klar. das ortsverbände mit dem logo spielen, wie sie corel (sorry kleingeld) haben ist nur ein zeichen der mangelnden stringenten umsetzung, denn aus keinem anderen grund hat man ein manual, DAMIT man es befolgt, und das betrifft auf hermann-josef aus herne. ein manual ist keine demokratische sache, das ist gut gemachte diktatur!
lvgwinner:
»Meine Meinung: Die Designqualität eines Logos wird nur dann in der Diskussion um politischen Konsens und inhaltliche Interessen berücksichtigt werden, wenn die Gestaltung eine fokussierte Idee zum Ausdruck bringt und exzellent umgesetzt ist.«
design ist meiner meinung nach NACH der idee. und wenn es exzellent ist, gibt es keinen diskussionsbedarf, dann ist es überzeugend. die idee um politischen konsens sollte vorher stattfinden, also VOR dem design. das ganze darf dann als gut formuliertes briefing mir ausreichenden entfaltungsmöglichkeiten beim designer ankommen, ein guter designer darf gerne beratend zur seite stehen, denn jeder hat nunmal seine spezialgebiete.
thomas
»Werbung ist definitiv psychosoziale Luftverpestung.« danke HD. gilt am rande für so einiges, kann man aber als designschaffender nicht oft genug sagen, finde ich.
HD Schellnack
>design ist meiner meinung nach NACH der idee.
Ist «Idee» nicht the very definiton of Design? Wo kommt denn dann die Idee her? Vom Kunden? Design erzeugt Idee, im Idealfall im Zusammenspiel mit dem Kunden, im gemeinsamen Entdecken, im Dialog. Oft entdeckt der Kunde im Prozess etwas neues an und über sich. Das leistet kein Briefing, im gegenteil, es reduziert die Komplexität der Klientensituation auf eine Handvoll Worte, schafft hierarchische Befehls- statt gleichwertiger Dialogstruktur.
HD Schellnack
Weil ich gerade drüber stolpere und es zu diesem letzten Eintrag passte:
«I am not a decorator, a packager… I am the author, the storyteller, the creator of meaning.»
Tibor Kalman.
Manuel
im Nachhinein betrachtet finde ich den ganzen Wirbel der um dieses Logo veranstaltet wurde gar nicht so schlecht.
Er hat deutlich gemacht, dass Design (und dessen Aussage) in der Welt der Massenmedien nicht nur passiv konsumiert wird, sondern eine durchaus wichtige Rolle spielt und noch kontroverse öffentliche Diskussionen hervorrufen kann.