Aufpassen, Bund Deutscher Kriminalbeamter [Update]

Im Juni 2009, auf dem 14. Deutschen Präventionstag in Hannover, stellte der Bund Deutscher Kriminalbeamter (BDK) sein Projekt Web-patrol vor, eine Art 110-Notruf fürs Internet. Das Informationsportal soll ziel­grup­pen­ori­en­tiert über Fragen der Sicherheit und des Verhaltens im Netz infor­mieren. Parallel dazu gibt es eine kleine Software, über die verdäch­tige Inhalte direkt an eine »unab­hän­gige Clearingstelle« gemeldet werden können.

Der Hamburger Vielsurfer Hanno Zulla (@hzulla) hat jetzt fest­ge­stellt, dass es der BDK mögli­cher­weise mit dem Urheberrecht nicht so genau nehme. Gegenüber Nerdcore fragt er sich, ob der Bund Deutscher Kriminalbeamter mögli­cher­weise Anschluss zur Remix-Kultur suche: »Man vergleiche das Logo auf dem (sehr merk­wür­digen) offi­zi­ellen BDK-Blog mit diesem Bild des Silver Surfers« (Abbildung oben). Die zitierte Vorlage ist eine Illustration des Bosnischen Künstlers Adi Granov und entstand 2003 für das Cover eines Marvel-Comic-Heftes.

Natürlich wissen wir nicht 100 Prozent, ob sich der BDK viel­leicht doch um eine Lizenz für die Konturzeichnung bemüht hat. Nötig wäre sie sicherlich.

[Update: Das Logo wurde inzwi­schen von der Webseiten des Bund Deutscher Kriminalbeamter entfernt. In diesen PDFs ist es noch zu finden:

Vortragsmanuskript Web-Patrol
Flyer-Web-patrol]


31 Kommentare

  1. Uwe Borchert

    Hallo,

    Lizenz? Schadensersatz und Schmerzensgeld wären da angemessener!

    MfG

  2. Matthias Ries

    Schmerzensgeld an die User für die Zumutung eines solchen Logos? :)
    – für mich wieder ein pein­li­cher Versuch, cool zu wirken. Bitte… mit Marvel! Nee…

    Haben die das Logo mitt­ler­weile von der Seite entfernt oder such ich nicht richtig?

  3. kumi

    So wie es aussieht, haben die schnell den Admin geweckt und das Logo ausgetauscht :-)

  4. John Inglehoe

    So schwer ist der Link nicht zu finden. Gleich der erste, oben.
    Web-patrol.

  5. Tilo

    … und der graue Hintergrund kommt mir auch sehr bekannt vor … er ist von Apple und heißt „Aqua Graphite“ … wie, die benutzen Macs?!

  6. HD Schellnack.

    Ist Silver Surfer nicht eher ein Begriff für ältere Internetnutzer?

    Vor allem – warum dann nicht wirk­lich einen Comiczeichner nehmen? Leute wie Granov (auch wenn der gerade eher mit Iron Man beschäf­tigt sein dürfte) oder Marko Djurdjevic (der ja aus Deutschland kommt) kann man ja auch einfach mal beauf­tragen. Wobei das Logo etwas so aussieht, und das Theme des Blogs auch, als sei da kein Budget für irgendwas im Spiel. Bei diesem wich­tigen Thema Netzsicherheit etwas schade.

  7. Johannes

    @ HD: genau! das würde nämlich geld kosten… dieses logo hat der sohn vom freund vom chef durch­ge­paust. der ist nämlich gut in kunst und hat einen mac.

  8. Uwe Borchert

    Hallo,

    ein gutes Logo kostet Geld. Und das Logo war billig, aber garan­tiert nicht preis­wert. Ist der Wert der Grafik schon so weit gesunken? … fragt sich ein Nicht-Grafiker …

    MfG

  9. Oliver Adam

    »Durchgepaust« … Wenn’s das mal wäre! Der »Illustrator« hat ja doch die Proportionen nicht so ganz getroffen. Zum Beispiel die Beinstellung: So, wie das Bein am Rand des Boards steht, würde das Board schön nach oben wegklappen ;-) : Aussage: Das BDK geht baden?!

  10. Anderer Jürgen

    Mal eine ernst­ge­meinte Frage:
    Ohne die Qualität dieser „Logozeichnung“ beur­teilen zu wollen, ist das nicht genug „Schöpfungshöhe“ für ein eigen­stän­diges Werk? Hätte der Illustrator der (offen­sicht­li­chen) Vorlage wirk­lich Chancen vor einem Gericht irgend­einen Cent Honorar geltend zu machen? Ich hege da ehrlich gesagt Zweifel…immerhin besteht, außer der extrem verein­fachten und zudem modi­fi­zierten Kontur keinerlei Gemeinsamkeit mit der Vorlage/Illustration.

  11. Oliver Adam

    @10: Ja, dem stimme ich zu …

  12. Daniel

    Das ist ganz sicher kein eigenes Werk. Kleinste Details zeigen die simple Kopie – z.B. die »Auswüchse« im Beinbereich, die sich bei einer tatsäch­lich eigenen Schöpfung nicht ergeben würden, weil sie in der vorlie­genden Form als reine Kontur keinen Sinn ergeben, bzw. das Werk im Gesamteindruck eher negativ beein­flussen, abwerten und als »Fehler« erscheinen.

    Keines des gebräuch­li­chen Kriterien zur Definiton der Schöpfungshöhe greift hier – max. eins:

    * Es muss eine persön­liche Schöpfung des Urhebers vorliegen. – nee
    * Sie muss einen geis­tigen Gehalt haben. – öhm… nein
    * Sie muss eine wahr­nehm­bare Formgestaltung aufweisen. – joar…
    * Es muss in ihr die Individualität des Urhebers zum Ausdruck kommen. – muhaha… nein, nicht wirklich

  13. Anderer Jürgen

    Ich sehe sehr wohl das die Übernahme der Kontur offen­sicht­lich ist. Nur frage ich mich ob das für recht­liche Ansprüche ausrei­chen würde. Den Surfer gibt es seit 1966, ich wag nicht zu schätzen wieviele Zeichnungen von zahl­losen Illustratoren von dem Surfer im Umlauf sind (und evtl. auch schon dem Bosnischem Maler als Vorlage gedient haben?)

    Alsonochmal die Kriterien:
    * Es muss eine persön­liche Schöpfung des Urhebers vorliegen. – nunja, die grau umran­dete Silhoutte ist eine persön­liche Schöpfung, der Mann auf dem Surfbrett ist es hier und auf der Vorlage eher nicht.

    * Sie muss einen geis­tigen Gehalt haben. – k.A. was diesen „Gehalt“ umfasst, wenn die Idee eine bekannte Comicfigur zu zitieren ausreicht, dann trifft auch dieses wohl zu…

    * Sie muss eine wahr­nehm­bare Formgestaltung aufweisen. – eindeutig ja

    * Es muss in ihr die Individualität des Urhebers zum Ausdruck kommen. – Tja, bei derart redu­zierten Formen eher schwierig, aber gerade das könnte wiederum ein Argument sein das es sich hier nicht um ein Plagiat handelt – immerhin ist die Form fast bis zur Unkenntlichkeit redu­ziert – von allen iden­ti­täts­stif­tenden Eigenschaften der illus­trierten Vorlage (Licht, Farbe, Anatomie, Plastizität, Kontrast, Ausdruck) ist nichts übrig, also auch nichts „kopiert“.

  14. Jürgen Siebert

    Das Logo wurde inzwi­schen von der Webseiten des Bund Deutscher Kriminalbeamter entfernt. In diesen PDFs ist es noch zu finden:

    Vortragsmanuskript Web-Patrol
    Flyer-Web-patrol

  15. Axel

    Also ich weiß nicht, was Ihr habt. Für mich sieht das BDK-Logo mit leicht zuge­knif­fenen Augen aus wie ein Rehbock, der mit groß aufge­ris­senem Maul steil nach links oben über ein Gatter springt.

    Es könnte aber auch das BDK-Logo der Ortsgruppe Niedersachsen sein.

  16. HD Schellnack.

    Anderer Jürgen, es ist einfach ein Tracing – da hat jemand einfach Granovs Version des von Marvel urhe­ber­recht­lich geschützten Charakters abge­paust und fertig. Ein künst­le­ri­scher Bruch, wie etwa bei Warhol ist hier nicht zu erkennen, sorry. Ich bin ganz und gar der Meinung, dass Design nicht immer total «neu» sein kann und muss, aber bei einem Signet darfs schon etwas mehr sein als in Photoshop schram­melig was nach­malen. Vor allem, wenn es so GAR nicht zum Thema passt. Oder nur unter Satiregesichtspunkten.

  17. Andreas Dantz

    Ob es recht­lich reicht oder nicht, pein­lich ist die Aktion allemal. Die andere Frage ist, ob es den Rechteinhaber über­haupt inter­es­siert. Wo kein Kläger…

  18. Daniel

    Abgesehen davon, daß die Details zwei­fels­frei belegen, daß hier einfach nur »kopiert« wurde, weil Sie sich nur im Original logisch ergeben, ist der Umgang des BDK mit der Angelegenheit schlicht und ergrei­fend blamabel.
    In beschä­mender Art und Weise wird kommen­tarlos das Logo entfernt, die Beiträge und Kommentare im Blog erscheinen wie das Geschreibsel eines puber­tären Dunning-Kruger-Opfers… wer auch immer dafür verant­wort­lich ist, sollte sich einfach nur schämen, und der BDK hier schnellst­mög­lich adäquat reagieren.

  19. Anderer Jürgen

    Keine Frage, dieses „Logo“ hat a) eine erbärm­liche „Konzeption“ und sieht b) auch noch fürch­ter­lich aus.
    Mir geht es aber eher um die Einschätzung ob ein „Plagiat“ dieser Größenordnung (Kontur abge­paust) ausrei­chen würde um finan­zi­elle Forderungen seitens des Urhebers erfolg­reich durch­zu­setzen. Hat da irgend­je­mand schonmal Erfahrungen gemacht? Ich nicht, mich inter­es­siert aber wie Gerichte diese Art Inspiration/Zitat/Kopie bewerten würden. Bleibt vermut­lich eine offene Frage.

  20. Oliver Adam

    Am besten, ein kompe­tenter Rechtsanwalt äußert sich dazu. Vielleicht hat Sylvio Schiller Lust?

  21. Henning Krause

    Ich habe die Erfahrung gemacht, dass es sehr schwer sein kann, finan­zi­elle Forderungen aus einer solchen Aneignung abzu­leiten. Dabei steht ausser Frage, dass es sich in diesem Beispiel um eine amateur­hafte Interpretation des Granov-Covers handelt, eine Reihe Kritikpunkte zur künst­le­risch-tech­ni­schen Dürftigkeit sind mit Recht bereits genannt worden.

    Um über­zeu­gend die abseh­baren Abwehrargumente (eben­falls bereits genannt: »Völlige Neuinterpretation«, »wo ist der Schaden«, »ist doch eh schon tausendmal inter­pre­tiert worden« etc) wegzu­ar­gu­men­tieren, braucht man einen guten Fachanwalt, Geld, Zeit, gute Sachverständige. Marvel hätte das zwei­fellos zu bieten. Da bei einem Prozeß um die Silver-Surfer-Rechte gegen den BDK so irre viel Pressemusik aufspielen würde, dass es völlig irre­vant wäre wer am Ende gewinnt, sehe ich im drohenden PR-Gau den eigent­li­chen Grund, warum der BDK risi­ko­ver­mei­dend das Dilettantenskribble flugs entfernt hat.

    Denn ohne eine solch realis­ti­sche PR-Drohkulisse hätte man sich auch jahre­lang vor Gericht beha­cken können. Dort wäre es dann vor allen Dingen um die Qualität der Anwälte und Sachverständigen gegangen, mithin also nach dem finan­zi­ellen Aufwand, den die Beteiligten zu gehen bereit sind. Solche Verfahren enden regel­mäßig in Vergleichen, wenn endlich die Erschöpfung der Prozeßbeteiligten groß genug ist. Denn vor Gericht wird nicht Recht, sondern ein Urteil gespro­chen, wie ein Bonmot sagt.

    Noch weit unter­halb der juris­ti­schen Schwelle befremdet den Bürger in mir aller­dings, dass in diesem Fall gerade jenen Menschen der Stift ausrutscht, deren beruf­liche Beschäftigung mit Verhalten im Internet eine gewisse Sensibilisierung auch zu Fragen des Urheberrechts und des gewerb­li­chen Rechtsschutzes mit sich bringen müsste.

  22. xaver b. liebig

    so oder so, wollen die wirk­lich ernst genommen werden im corel-draw nologo-universum….

  23. Oliver Adam

    @23 Uwe: Wobei diese Aufkleber selbst sehr dilet­tan­tisch sind: zum einen, was das grot­tige Design angeht, und zum anderen, was die Orthografie betrifft: »dilet­tan­tisch« im Sinne von stüm­per­haft wird immer noch mit Doppel-l geschrieben … ;-)

  24. Uwe Borchert

    Hallo,

    @Oliver: Huhu! Du hast’s kapiert! ;-)

    MfG

  25. Oliver Adam

    Ok., ok., die Ironie las ich nicht heraus ;-)

  26. Uwe Borchert

    Hallo,

    Nachtrag @Oliver: Ich habe da nicht so richtig aufge­passt … Entweder mindes­tens zwei Fehler oder kein Fehler. Wenn schon daneben sollte es nicht so aussehen wie ein Flüchtigkeitsfehler. :-(

    MfG

  27. Sylvio Schiller

    Etwas verzö­gert möchte ich der netten Einladung noch folgend und eine kurze juris­ti­sche Bewertung abgeben. Auch ich denke, dass es gar nicht so offen­sicht­lich ist, dass hier die Urheberrechte des Comiczeichners verletzt werden.
    Es könnte auch eine freie Benutzung iSd § 24 UrhG gegeben sein. Ich würde meinem Mandanten in diesem Fall jeden­falls ohne weiteres raten dagegen vorzugehen.
    Entscheidend für die Beantwortung der Frage, ob eine freie Benutzung vorliegt ist der Abstand das jüngere Werk gegen­über dem älteren. Denn eine nach § 24 zuläs­sige freie Benutzung eines geschützten älteren Werkes kann nur ange­nommen werden, wenn das neue Werk gegen­über dem benutzten Werk selb­ständig ist und damit im Vergleich zu einer abhän­gigen Benutzung gem. § 3 UrhG [Bearbeitungen] einen weiteren Abstand zu dem benutzten Werk einhält. Das bestimmt sich nach allge­meiner Auffassung danach, ob ange­sichts der Eigenart des neuen Werkes die entlehnten eigen­per­sön­li­chen Züge des geschützten älteren Werkes verblassen und demgemäß so zurück­treten, dass das ältere in dem neuen Werk nur noch schwach und in urhe­ber­recht­lich nicht mehr rele­vanter Weise durchschimmert.
    „Verblassen“ heißt danach nicht, dass das benutzte Werk in dem neuen Werk nicht mehr erkennbar ist. Vielmehr muss es in dem neuen Werk noch in irgend­einer Weise zutage treten – es muss in dem neuen Werk sogar noch die Individualität des benutzten Werkes durchschimmern.
    Bezüglich der erfor­der­li­chen Schöpfungshöhe meine ich, dass diese vorlie­gend ausrei­chend ist, denn es gibt einige Unterschiede zur „Vorlage“. Einerseits ist die neue Zeichnung ledig­lich ein stili­sierter Surfer, der nur die Konturen aufweist und sämt­liche räum­liche Elemente verloren hat und zum anderen würde ein Aufeinanderlegen der Grafiken zeigen, dass auch die Konturen gerade nicht 1:1 über­nommen wurden.
    Meiner Meinung nach sind die die Schutzfähigkeit begrün­denden eigen­schöp­fe­ri­schen Elemente und deren Eigentümlichkeitsgrad von der neuen Zeichnung gerade nicht über­nommen wurden, denn diese sind für mich die körper­be­tonte Zeichnung des Surfers, dieser bedroh­liche Hintergrund und das dyna­mi­sche Board.
    Es geht im Urheberecht entgegen dem Markenrecht nicht um Verwechslungsgefahr, die vorlie­gend wahr­schein­lich gegeben ist. Ich würde meinem Mandanten jeden­falls nicht ohne den Hinweis auf meinen Bedenken empfehlen, gegen die Verwendung der Zeichnung vorzugehen.

    Ciao

    Sylvio Schiller

  28. Oliver Adam

    Es könnte auch eine freie Benutzung iSd § 24 UrhG gegeben sein. Ich würde meinem Mandanten in diesem Fall jeden­falls ohne weiteres raten dagegen vorzugehen.

    Wenn es eine freie Benutzung wäre, hieße es doch, dass diese Illustration explizit erlaubt wäre. In diesem Falle würdest Du Deinem Mandanten – dem ursprüng­li­chen Comic-Zeichner – doch eher abraten, dagegen vorzugehen?!

  29. Sylvio Schiller

    Hm der letzte Satz ist tatsäch­lich etwas unglück­lich, ja ich würde ihm eher abraten und sollte er trotzdem etwas unter­nehmen wollen, deut­lich auf meine Bedenken hinweisen.

  30. Oliver Adam

    @Sylvio: Danke :-)

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