Auf vielfachen Wunsch: mein Pecha-Kucha-PDF

Vor drei Wochen fand der 25. Berliner Typo-Stammtisch statt, mit einem amüsanten Pecha-Kucha-Vortragsreigen:

  • Ole Schäfer »Rockdesign«
  • Alex Branczyk »Keine Bahnhofs-, eine Flughafenschrift!«
  • Jürgen Siebert »Die 10 größten Designjobmissverständnisse«
  • Frank Rausch »Money, Money, Money«
  • Georg Seifert »Glyphs (Teil 2)«
  • Andreas Frohloff »Einblicke in meine Federsammlung«
  • Christine Gertsch »Modono Mio«
  • Silke Schaffrath & Ilja Wanka »Kultur gut stärken«

In meinem Beitrag habe ich versucht, binnen 6 Minuten ein über­zeu­gendes Sanierungskonzept für die Kommunikationsdesignbranche anklingen zu lassen. Auf 20 Folien pran­gerte ich – in einem Countdown à la David Letterman – die 10 bestän­digsten Vorurteile der Designszene an, begin­nend mit Platz 10 und endend mit Platz 1, dem Top-Jobmissverständnis der letzten Jahre. Eine Schnellumfrage unter einem Dutzend Design-Koryphäen hat mir dabei geholfen, die Thesen umfas­send zu entwi­ckeln. Jede der 10 Thesen wird auf 2 gespie­gelte Sichtweisen präsen­tiert, als:

  1. entlar­vendes, teils bereits verin­ner­lichtes Selbstbild der Designer
  2. als sprach-takti­sches Manöver des Auftraggebers

Die Erkenntnisse dieser Recherche waren die Basis für meine aktu­elle PAGE-Kolumne, die vor wenigen Tagen in der gedruckten Ausgabe erschien und seit gestern auch online nach­zu­lesen ist. Wer keine Lust zum Lesen langer Texte hat, klicke sich einfach durch das PDF meines Vortrags. Dabei ist ledig­lich zu beachten, dass man die gelbe These heftigst ablehnen sollte, um die darauf folgenden Zitate auf Rot unmit­telbar zu belä­cheln. Nach den 20 Folien seid ihr gerüstet für ein selbst­si­cheres Gespräch mit eurem Auftraggeber.


19 Kommentare

  1. Shawi

    Finde ich super richtig und wichtig!
    Ein paar „kurze Konter“ wären auch noch witzig.

    Vielen Dank für diesen Beitrag!

  2. Oliver Adam

    Genau, die Konter wären das Salz in der Suppe. Ich wäre bereit, daran mitzu­ar­beiten. Dann wird daraus so etwas wie ein abschluss­ori­en­tierter Gesprächsleitfaden …

    Für mich eigent­lich auf Platz 1 ist der jetzige Platz 10: »Ideen kosten nichts, nur deren Umsetzung.« … Ich meine, wir leben von den Ideen!

  3. Caleb

    9x Kopfnicken und 1x ein lautes Lachen im Büro um 9:21 Uhr :-D

    Also die Nummer 1 der ist defi­nitiv auch meine Nummer 1. Wie oft schon durfte ich mir HAARGENAU dieses „kreativ-takti­sche Manöver“ von Kunden anhören! Herrlich entlar­vend verfasst und und schön gestaltet, danke!

  4. Vroni

    Schöne Folie, die man auch gleich gewissen Herrschaften Aufttraggeber und auch gewisse Herrschaften Grafiker schi­cken kann.
    Allerdings muss einem dann schon klar sein, dass das Verhältnis, das mit einer ziem­li­chen Sicherheit vorher schon kein sehr gutes war, dann abrupt beendet werden wird. In sehr harten Fällen will man das ja unbe­wusst auch …

    Ne, war’n kleiner Scherz, mir ist schon klar, dass das ein Diskussionspapier ist.

    Den Glaubenssatz: „Designer sind Lieferanten“ habe ich bis jetzt aller­dings zu über 80% von Auftraggeberseite gehört. Grafiker, die so unter­wegs sind, sind komi­sche Gesellen …

    (Mein Dienstleistungsbegriff ist eh ein anderer: Dienst leisten für Designer ist, wenn es hilf­reich ist. Es ist nicht hilf­reich, weder für das Projekt noch für den Auftraggeber, einfach nur servil auszu­führen. Damit habe ich mir aller­dings schon kräftig Gegenwind einge­heimst. Nur gut, wenn man inner­lich und äußer­lich nicht abhängig ist.)

  5. Patrick

    Vielen Dank!

    Habe herr­lich geschmunzelt.

  6. Simon Wehr

    Danke! Ich vermisse schmerz­lich die bissig-poin­tierte Audiospur von Jürgen Siebert, kann sie mir aber auch lebhaft vorstellen. Dieses PDF könnte ich mir jeden Morgen vor Arbeitsbeginn durch­lesen. Eben grade weil einige Ansichten schon von »uns« (fast) so geteilt werden. Auf jeden Fall eine unter­halt­same Gestaltung und schön aufbereitet. 

    Ach Jürgen, könn­test Du mir die InDesign-Dateien schi­cken? Dann könnten wir das intern noch ein wenig anpassen …

  7. Vroni

    Es gibt extra Seminare, in denen Kreativen beigebracht wird, Konter und Argumentationsführung gegen­über takti­schen Manövern aufzubauen.

    Auf der einen Seite gut, auf der anderen Seite muss man sich schon fragen, in welcher Welt wir leben, wo Designern das notdürf­tigste halb­wegs geschickte Verhalten erst extra beigebracht werden muss. 

    [Vielleicht wäre ein Schuss Rhetorikübung und ein Schuss weniger Masochismus bereits zuhause im Elternhaus hilf­reich gewesen. Viele Kreative, wenn sie ehrlich sind, haben bereits von Kindesbeinen an „gelernt“, dass das, was sie machen, zwar ganz nett ist, aber nichts wert, nicht nütz­lich. Und dass sie besser Maschinenbau oder Beamter studiert hätten, hören sie mindes­tens bis sie 40 sind, und drüber… So ein „Herangewachsener“ setzt sich auch kaum mit dem notwen­digen Selbstbewusstsein gegen­über taktisch orien­tierten Auftraggebern durch, noch hinter­fragt er über­haupt fremde Killerphrasen noch eigene Glaubenssätze.]

  8. R::bert

    »Was nur ein Entwurf? Könnten Sie wenigs­tens noch an den Farben drehen? Und den Schriften! Sieht irgendwie so nach Baumarkt aus!«

    Danke für Deine Unterstützung, Jürgen! ; )

  9. Vroni

    R::bert,
    oder wie ist der:
    „Wieso machen Sie mir drei Entwürfe, wenn Sie mir nur einen davon beson­ders empfehlen?“

    Tja, auf diese Aufraggeber-Denke muss man erstmal kommen! (Seitdem immer nur 1 Entwurf, dieser Dame darf ich unend­lich dankbar sein bis ans Ende meiner Tage …)

    Kein Tag vergeht ohne geis­tige Überraschungen der beson­deren Art.
    Manche sind so, dass selbst ein ausge­buffter Rhetoriker erstmal verblüfft guckt …

    Jürgens 10-er Liste ist gut ausbaufähig.

  10. JessyRamon

    Hehe, sehr schön!
    Habe auch schon einige der Kommentare zu hören bekommen – würde mich daher eben­falls über ein paar „kurze Konter“ freuen. =)

  11. Vroni

    Auch immer wieder nett: „Kunden aus der Hölle“
    http://​kunden​.ausder​hoelle​.de/

    Die „Hölle“ fängt aber schon damit an, dass wir sie wie auf dieser und vielen anderen Mecker-Websites üblich üblich „Kunden“ nennen. Ein Kunde aber ist einer, der in den Laden marschiert und ein fertiges Produkt haben will, das da schon steht, hier, jetzt sofort. Er will Supermarché.
    Ist also in den Anfängen bereits eine selber­ge­bas­telte Hölle. Homemade.

    Ein Auftraggeber hingegen weiß in der Regel, dass er etwas noch nicht Existierendes in Auftrag gibt. Benimmt sich also bereits am Anfang etwas anders.

    Wer aufge­passt hat, sieht, dass da bereits nütz­liche Konter enthalten sind, man muss sie nur finden wollen …
    sag ich jetzt in meiner unnach­ahm­li­chen Arroganz und boden­losen Aufmerksamkeits- und Geldgier.

    An Jürgens Liste finde ich vor allem gut, dass er sich nicht damit begnügt, wohl­feil über „Kunden“ zu meckern, sondern die eigene Zunft kräftig an der Nase zieht. War überfällig.

    Kritik, aber nicht schimpfen bitte: Unter der Kolumne „Spaß“ würde ich so einen Beitrag jedoch nicht bloggen und abspei­chern. Das wertet ihn ab.
    Die Gemeinde sanieren zu wollen, ist kein Spaß, oder nur ein herber, da bin ich wortempfindlich.

  12. HD Schellnack.

    Vielen Dank dafür!
    Ich muss zugeben, mit den gelben Tafeln kann ich wenig anfangen – nicht einer dieser Sätze würde auch nur als Satire zu dem Denken der meisten Designer kennen, die ich kenne. 

    Aber zumin­dest jeweils einen der «roten» Sätze pro Tafel habe ich in den letzten zwei Dekaden auch schon gehört, oft mehr als einen. Man kann immer nur dagegen argu­men­tieren, verführen und weiter nach Partnern suchen, die den Wert unserer Arbeit für ihre Arbeit richtig einschätzen. Da gibts ja auch genug.

  13. Christian

    @ 9 | Vroni

    Viele Kreative, wenn sie ehrlich sind, haben bereits von Kindesbeinen an „gelernt“, dass das, was sie machen, zwar ganz nett ist, aber nichts wert, nicht nützlich.

    Die Nützlichkeit unseres Tuns wird sich spätes­tens dann erweisen, wenn der letzte Euro den Bach hinunter gespült wurde und die Menschen anfangen um ihre nackte Existenz zu kämpfen.
    Es ist alles relativ, Vroni. Meine Eltern haben mir auch immer geraten: „Lerne lieber was Gescheites“. Heute bin ich 40 und ich muss sagen (wenn ich ehrlich zu mir selber sein will): „Ja verdammt nochmal, sie hatten eigent­lich Recht.“

  14. Jürgen Siebert

    Ich muss zugeben, mit den gelben Tafeln kann ich wenig anfangen – nicht einer dieser Sätze würde auch nur als Satire zu dem Denken der meisten Designer kennen, die ich kenne.

    Sehr gut – so war es auch gemeint.

  15. Ben

    Das Tagebuch eins Gestalters :-)

  16. HD Schellnack.

    >so war es auch gemeint
    I know :-D.

  17. nora

    Schade, dass Berlin so weit im Osten und ich so weit im Westen … Diesen Kurzvortrag hätte ich gerne im „Siebertschen O-Ton“ gehört!

  18. Thilo

    @ 11 | Vroni und alle:
    Bestellt Euch als Ergänzung zu Jürgens sehr tref­fender Präsentation das englisch­spra­chige Buch »Clients from Hell« als Gute-Nacht-Lektüre (ISBN 978-0-9824739-3-1); darin wird die miss­ver­ständ­liche Sicht auf unsere krea­tive Arbeit in zahl­rei­chen wunder­baren Geschichten nach­er­zählt. Diese sind wahr, unfassbar und daher brüll­witzig komisch!

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