Adidas Laces: Orientierungssystem, Interior Design

Bewegte Buchstaben, schwin­gende Schrift
Text: Büro Uebele und Zieglerbürg, Fotos:  Werner Huthmacher, Christian Richters

Die engli­sche Bezeichnung »laces« (Schnürsenkel oder Spitzen) bildet die Metapher für die gebaute Kommunikation eines welt­weit agie­renden Unternehmens, das in der Entwicklung von Sportartikeln und Sportmode führend ist. Das Wesen des Sports ist Bewegung, und sie bestimmt auch die grafi­sche Sprache, bewegte Typografie durch­zieht das neue Adidas Design Center (Architektur: kada­witt­feld­ar­chi­tektur). Sie zeigt sich selbst in der Schrift des Orientierungssystems: leicht und schnell schwingt sie sich über Wände und Geländer, vibrie­rend verän­dert sie ihre Form.

Worte bezeichnen Orte, werden zu Farbflächen, Reliefs und Skulpturen. Laces ist der Entwicklung und dem Design gewidmet. Es ist ein sach­li­cher Ort in Schwarz und Weiß, der den Mitarbeitern einen neutralen Raum für die bunten Produkte bietet. In den Besprechungszonen der oberen Etagen ist die weiße Schrift, scheinbar mitten in der Bewegung, zu einem Wandrelief erstarrt. Auf den Glasbrüstungen der Stege, die das Innere des Gebäudes durch­ziehen, wirken die Buchstaben wie aus einem hauch­dünnen, durch­sich­tigen Vlies ausge­stanzt. Die Konturen bestehen aus hoch­spie­gelnder Folie und erzeugen so ein flir­rendes Bild. An beson­deren Orten verdichten sich die Schriftzeichen zu abstrakten Flächen oder bilden Paravent, Empfangstresen und Mitarbeitereingang. In den Untergeschossen werden die reli­ef­artig wirkenden Wandbilder der Besprechungszonen, die Namen diverser Unternehmensprodukte tragen und den Räumen ihre unver­wech­sel­bare Identität geben, in zwei­di­men­sio­nalen Farbklängen ausge­bildet. Zusätzlich werden Wände, die der Orientierung dienen, durch die Farben Blau, Rot, Gelb, Grün und Schwarz markiert.

Orientierungssystem

Das Haus bildet eine räum­liche Schleife. Freischwebende Stege über­spannen ein Atrium und schnüren den Baukörper, ähnlich den Schnürsenkeln eines Sportschuhs, zusammen. Sie verbinden die einzelnen Abteilungen des Gebäudekomplexes und sorgen so für kurze Wege und vermeiden störenden Verkehr in den Büros. Das Orientierungssystem unter­stützt diesen Gedanken, indem es an Knotenpunkten über die Lage der Gebäudeteile infor­miert. Auf den gläsernen Brüstungen sind die Namen der Besprechungszonen zu sehen, die beim Blick durch die Halle ein bewegtes, aber zurück­hal­tendes Bild erzeugen und den Besuchern den Weg weisen.

Die Hausschrift, eine Entwicklung auf Basis der FF DIN, ist aufge­löst. Die Konturlinien der Buchstaben und der Pfeile werden, vertikal versetzt, rhyth­misch wieder­holt: daraus entwi­ckelt sich der Eindruck einer sport­li­chen Bewegung. Die schil­lernden – wie im Zeitraffer erstarrten Zeichen – werden zu wech­selnden Mustern kombi­niert und bieten dem Betracher ein abwechs­lungs­rei­ches, laces-typi­sches »Schnürmuster«.

Um eine gute Lesbarkeit zu gewähr­leisten wird jeweils ein Buchstabe und ein Pfeil der Sequenz von einer dicken Konturlinie über­la­gert. Als Zielbestätigung wird ein alpha­be­ti­scher Code vor den Eingängen zu den Abteilungen gezeigt. Im Erdgeschoss und im Hof ist diese Zielbestätigung über­di­men­sional in die para­vent­ar­tige Fassade aus dünnen Stahlröhren inte­griert. Sie sind von jedem Standpunkt der Halle zu sehen und bieten eine selbst­er­klä­rende Orientierungshilfe. Das Motiv der bewegten Schrift bildet inter­es­sante Muster wie gehä­kelte Spitzen – laces. Die – auf den ersten Blick abstrakten Muster – geben deut­liche Hinweise auf die verschie­denen Räumlichkeiten, wie Konferenzraum, Restaurant, Athlete Services und Brand Archive.

Interior Design

Die Lounges, die als Besprechungsräume mit angren­zenden Teeküchen dienen, sind für die Entwicklung des Produktdesigns wich­tige infor­melle Zonen. Ihre Bedeutung wird durch eine signa­le­tisch prägnante Ausformung der Wände unter­stützt. Die Reliefs mit den Schriftzügen berühmter Produktpersönlichkeiten geben diesen offenen Räumen nicht nur den Namen, sondern auch eine unver­wech­sel­bare Identität und Orientierungshilfe. Beispielsweise sind sämt­liche Oberflächen der Teeküche in einem Buntton gehalten. Die Farbe leuchtet durch die Ausgabetheke in die weiße Welt der Besprechungszonen und unter­stützt die unter­be­wusste Orientierung. Auch die Vorhänge der Besprechungsräume sind innen farbig und außen weiß. Das Bunte kann, wenn es als störend empfunden wird, zur Seite geschoben werden. Die kräf­tigen Töne folgen einem sport­li­chen Prinzip. Der äußerst spar­same Einsatz von Farben setzt in der schwarz-grau-weißen Skala einen frischen Akzent. Die leuch­tende Buntheit kommu­ni­ziert den Unternehmenszweck: Sport.


8 Kommentare

  1. Stefan

    Uebele = DIN :-)

  2. christoph

    macht immer wieder spaß, die arbeiten des büros uebele zu sehen. wenn es um grafik im raum geht hat die agentur eine wirk­lich beein­dru­ckende ausnahmestellung.

  3. Mattes

    sorry den ausdruck, aber einfach nur * G E I L *

  4. Frank

    Schlecht is’ ned. (Wie man in der frän­ki­schen Heimat des Sportartikelherstellers im Überschwang der Begeisterung gerne lobt.)

  5. Klaus

    Sehr gut!

  6. koni

    Machen neugierig die Fotos. Ich glaub, das schau ich mir mal vor Ort an.
    Aus den Fotos und den Entwürfen kann ich aber weder Orientierung noch System erkennen. Bischen viel Spektakel für meinen Geschmack.

  7. simon

    ich vermute mal, dass das kein öffent­li­ches gebäude ist!?
    mehr bilder: Link
    was ein orien­tie­rungs­system leisten muss hängt davon ab, wie das gebäude genutzt wird. wenn z.b. da nur mitar­beiter unter­wegs sind, dann sind das ganz andere voraus­set­zungen als bei einem öffent­li­chen gebäude. das kann man so nicht beurteilen.

  8. tristan

    das ist phänomenal!

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